Südamerikanische Rhythmen an einem windigen Winterabend

Vier Musiker auf Bühne
Das große Finale von „Brettschneiders Wohnzimmer“ brachte alle Gäste auf der Bühne zusammen (von links): Laurens Tauber, Vania Ballhaus, Selenia Gulino und Florian Brettschneider. Foto: Winfried Zang

Südamerikanische Rhythmen, dazu eine Prise Klassik, etwas Jazz und Pop – genau das Richtige für einen windigen und regnerischen Winterabend. Den Gästen, die am Sonntagabend, 7. Dezember, zu „Brettschneiders Wohnzimmer“ in das Bürgerzentrum Elsenfeld gekommen waren, gefiel es – abzulesen am lauten Applaus nach 110 Minuten.

Lokalmatador Florian Brettschneider, vielfach ausgezeichneter Gitarrist, erfüllt sich mit der Veranstaltungsreihe, dem Nachfolgeformat der „Ovationen“, seinen Traum: Er lädt befreundete, aufstrebende Musikerinnen und Musiker zum Spielen ein, plaudert mit ihnen über ihre musikalischen Hintergründe und lässt es sich nicht nehmen, mit ihnen gemeinsam zu konzertieren. Zu den zwei avisierten Gästen – Jazzpianist Laurens Tauber und Sängerin Selenia Gulino – gesellte sich noch ein Überraschungsgast, die peruanische Percussionistin Vania Ballhaus. Eine gute Wahl, denn ohne den Trommelrhythmus, der einfach zum vielfältigen südamerikanischen Kulturgut gehört, hätte dem Abend etwas gefehlt.

Von fast jedem Musikgenre solle an diesem Abend etwas zu hören sein, versprach Brettschneider, „außer Heavy Metal“. Und so fusionierten an diesem Abend Jazz, Rumba, Flamenco, Bossa Nova, Klassik und Pop – und das passte! Vom klassischen „Liebe ohne Worte“ aus Felix Mendelsohn-Bartholdys Werk, mit dem Laurens Tauber mit viel Verve den Abend auf dem Klavier eröffnete, sprang er zu „Olha Maria“, einem Werk des bekannten brasilianischen Sängers, Pianisten, Gitarristen und Komponisten Antonio Carlos Jobim, aus dessen Feder unter anderem der Klassiker „Girl From Ipanema“ stammt. Im Gespräch verriet Tauber, dass ihm die Vorgaben klassischer Klavierstücke zu restriktiv waren, so dass er schließlich in den Improvisationen der Jazzmusik seine Heimat fand. In Köln, wo er lebt, finde er viele Gleichgesinnte für Sessions, erzählte er.

Florian Brettschneider widmete sich anschließend den Etüden „Bach 1, 2 und 5“, die der spanische Gitarrist Andrés Segovia für die Gitarre arrangiert hat. Vor allem vor der Etüde Nr. 5 habe er etwas Angst, gestand Brettschneider, aber er meisterte dieses Repertoire mit enormer Fingerfertigkeit und Bravour. Mit Cajon, Djembe und Bongos brachte Vania Ballhaus Lebensfreude und Rhythmus in das Bürgerzentrum – zum einen mit einem traditionellen Lied der peruanischen Festejo-Musik sowie mit einem Song des spanischen Flamenco-Gitarristen Vicente Amigo. Erstaunlich war zu sehen und zu hören, welche Klänge man der einfachen Holzkiste, dem Cajon, entlocken kann. Die Künstlerin aus Peru, die ausgezeichnet Deutsch spricht, erzählte unter anderem, dass sie in Lima auf die deutsche Schule ging.

Auch wenn die Jazz-Größen Billy Strayhorn und Sam Rivers nicht allen im Publikum ein Begriff waren, so zeigte Laurens Tauber dennoch, dass man sich deren Werk durchaus widmen sollte. Jazz-Legende Duke Ellington etwa war von Strayhorn, mit dem er 30 Jahre lang eng zusammenarbeitete, begeistert. Saxophonist Sam Rivers wurde vor allem für seine Werke im Avantgarde-Jazz bekannt. Die von Tauber vorgetragenen Stücke zeigten, dass Jazz sich häufig dem schnellen Musikkonsum verschließt, manche Stücke muss man einfach des Öfteren hören, um einen Zugang zu finden.

Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme überzeugte Selenia Gulino die Gäste im Bürgerzentrum. Ob Jazz, Soul, Latin oder Pop – Gulino verstand es, ihr Publikum zu fesseln. Großartig ihre Interpretation des auch schon fast 100 Jahre alten Songs „Softly As In A Morning Sunrise“. Der strahlt Melancholie aus, vermittelt aber auch Hoffnung, denn so wie die Sonne aufgeht, geht es auch mit der Liebe. Ihr Studienabschlusskonzert wird sie am 26. Januar 2026 in Mannheim geben und wer die junge Frau gehört hat, dürfte keinen Zweifel haben, dass das großartig werden wird. Auch „L’appuntamento“ aus der Feder der vor kurzem verstorbenen italienischen Grande Dame des Chanson, Ornella Vanoni, schlich sich in die Gehörgänge des Publikums.

Gemeinsam präsentierten sich Florian Brettschneider, Vania Ballhaus und Selenia Gulino gegen Ende mit „Soledad y el Mar“ der zeitgenössischen mexikanischen Sängerin Natalia Lafourcade und einer schönen Version des 1979 erschienenen Michael-Jackson-Lieds „Can’t Help It“. Gemeinsam mit Laurens Tauber bildeten das mitreißende „Tres Notas Para Decir Te Quiero“ (Vicente Amigo) und ein in kapverdischem Kreolisch gesungenes Stück das Ende dieses gelungenen Sonntagabends.

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