Tagesordnungspunkt

TOP Ö 7: Ausbau bzw. Sanierung der MIL 06 von Weckbach nach Vielbrunn einschl. Krötentunnel; 2. BA

BezeichnungInhalt
Sitzung:20.10.2016   KT/005/2016 
Beschluss:mehrheitlich beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Kreistag fasst den mehrheitlichen

 

Beschluss:

 

1. Aufgrund des Empfehlungsbeschlusses des Ausschusses für Bau und Verkehr vom 15.09.2016 genehmigt der Kreistag für den Ausbau bzw. die Sanierung der Kreisstraße MIL 06 von Weckbach nach Vielbrunn die entstehenden Mehrkosten von 120.000,00 Euro durch ungünstige Ausschreibungsergebnisse und 115.000,00 Euro für nachträglich erforderliche Schutzeinrichtungen (Leitplanken).

 

2. Den nicht unmittelbar auszuführenden Arbeiten für das Amphibienleitsystem in Höhe von 150.000,00 Euro (Gesamtkosten 210.000,00 Euro abzüglich bereits beauftragter Tunnelarbeiten in Höhe von 60.000,00 Euro) werden aufgrund des Empfehlungsbeschlusses des Ausschusses für Bau und Verkehr vom 04.10.2016 zugestimmt.


Herr Wosnik trägt folgenden Sachverhalt vor:

 

 

 

Lageplan

 

Die grundsätzliche Empfehlung zum Bau eines Amphibienleitsystems (Krötentunnel) wurde in der Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr am 7.12.2015 mit dem Haushalt als Empfehlung an den Kreistag gefasst. Der Kreistag ist dieser Empfehlung im Rahmen der Haushaltsbefassung gefolgt und hat den Ausbau der MIL06 einschließlich Krötentunnel am 9.2.2016 beschlossen.

 

In der Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr vom 15. September 2016 wurde dargestellt, dass die ursprünglich im Haushalt vorgesehenen 600.000 € für Ausbau und Sanierung der MIL 06 nicht ausreichen werden.

 

a)    Zusätzlich zu den im Rahmen der Planung geschätzten drei Krötentunneln, waren nach Hinzuziehen eines auf Amphibienleitsysteme spezialisierten Beraters insgesamt 7 Durchlässe unter der Straße erforderlich. Die Kosten für diese Tunnel inkl. Leitsystem auf der Talseite werden auf 210.000 € (brutto) aus einem bereits nachverhandelten Nachtrag seitens des Staatlichen Bauamtes angegeben.

 

b)    Weiterhin wurde ein Leitsystem für die KFZ (Leitplanken) erforderlich, das ursprünglich nicht eingeplant gewesen war. Für diese Maßnahme fallen ca. 115.000 € an zusätzlichen Kosten an (Kostenberechnung seitens STBA).

 

c)    Für die ursprünglich geplanten Maßnahmen wurde ein Submissionsergebnis erzielt, das 120.000 € über dem Kostenansatz des STBA lag. Grund hierfür ist nach Aussage des STBA in erster Linie die gute Auftragslage bei den Unternehmen durch die gute Konjunktur.

 

Zu den Kostenerhöhungen (120.000 € Kostenmehrung und 155.000 € für Leitsystem KFZ – Leitplanken) durch die Sachverhalte hat der Ausschuss für Bau und Verkehr nach eingehender Beratung am 15.09.2016 folgenden Empfehlungsbeschluss gefasst:

Der Ausschuss für Bau und Verkehr empfiehlt dem Kreistag einstimmig, der Kostenerhöhung für den Ausbau bzw. die Sanierung der MIL 06 von Weckbach nach Vielbrunn im Rahmen des Straßenhaushalts 2016 zuzustimmen.“

 

Dabei wurde für die Kostenerhöhung zu a) die Verwaltung aufgefordert, die genaue Ausdehnung der Krötentunnel zu überprüfen. Ferner sollten Alternativen geprüft werden, zum Beispiel die Verwendung von Standardrohrprofilen. Weiterhin sollten die Details zu den durch die Maßnahme für den Landkreis anfallenden Ökopunkte aufgezeigt werden.

 

 

 

Ausführlich wurden die Ergebnisse der Aufträge in der Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr am 4.10.2016 vorgestellt. Zusammenfassend wird hierzu ausgeführt.

 

  1. Wirtschaftlichere Alternativen

Zu den Alternativen hat das STBA geprüft, inwieweit Standardrohrprofile Kosteneinsparungen ergeben würden. Ebenso wurde durch das STBA geprüft, ob ein Einpressen ggf. auch nachträglich möglich und wirtschaftlich wäre. Hierzu wurden dem Ausschuss für Bau und Verkehr die Ergebnisse dargelegt. Eine günstigere oder auch nachträglich noch zu realisierende Maßnahmenalternative wurde nicht gefunden.

 

Auch der Sachverständige Herr Niederstraßer wurde zu Möglichkeiten der Kostenreduktion durch eine geringere Anzahl der Tunnel oder der Verwendung von Standardrohprofilen noch einmal abgefragt. Hierzu stellte Herr Niederstraßer dar, das eine Verminderung der Anzahl der Durchlässe stellt, nach Aussage des Gutachters, die Wirksamkeit der Gesamtmaßnahme in Frage. Zur Verwendung soll ein nach unten offenes Rechteckprofil, das für einen kapillaren Feuchtetransport zur Sohle des Tunnels hin sorgt, kommen. Der Sachverständige riet dringend von einem geschlossenen Profil ab, da hier der Boden austrocknen würde oder teuer eine Auffüllung hergestellt werden müsste. Zudem hätten die Standardrohre ein kleineres Lichtraumprofil.

 

  1. Information zu den geldwerten Vorteilen durch die Maßnahme (Ökopunkte) sowie Prüfung von Fördermöglichkeiten:

 

a)    Durch die Maßnahme werden Ökokonto-Wertpunkte in Höhe von 69.000 Wertpunkten erzielt. Dies entspricht beispielsweise der Anlage einer 1,4 ha großen Streuobstfläche. Die Wertpunkte können für künftige Baumaßnahmen des Landkreises eingebracht werden und werden ab sofort mit 3 % zehn Jahre lang verzinst. Bei einer fiktiven Berechnung kommt man daraus auf ca. 55.000 €.

 

            Öko-Wertpunkte und finanzielle Förderung schließen sich gegenseitig aus.

 

Der Ausschuss für Bau und Verkehr hat daraufhin in der Sitzung am 04.10.2016 mehrheitlich beschlossen, dem Kreistag der Kostenerhöhung in Höhe von 210.000,00 Euro für die Arbeiten für das Amphibienleitsystem zur Zustimmung zu empfehlen.

 

 

Vorgezogene Beauftragung der zwingend in 2016 durchzuführenden Arbeiten

 

Das STBA hat zu der Sitzung die für 2016 zwingend erforderlichen Baumaßnahmen / Baukosten in Bezug Amphibiendurchlässe zusammengestellt. Demnach müssten auf jeden Fall die 7 Amphibiendurchlässe, möglichst mit talseitigen Portalelementen, hergestellt werden, so dass die Asphalttragschicht und die Asphaltdecke eingebaut werden können, um die Durchführung der Gesamtmaßnahme noch in 2016 sicherzustellen. Die Kosten für diese Maßnahmen beliefen sich auf rd. 60.000 €.

 

Für die Umsetzung der Straßenbaumaßnahme wurde daher am 04.10.2016 seitens des Ausschusses mehrheitlich folgender Beschluss gefasst:

„Der Ausschuss für Bau und Verkehr beschließt mehrheitlich die Beauftragung der Tunnelbauarbeiten in Höhe von ca. 60.000 €.“

In Folge des in der Sitzung ergangenen Hinweises auf die Geschäftsordnung des Landkreises Miltenberg bestätigte Herr Landrat Scherf im Rahmen seiner Eilentscheidungskompetenz gem. Art. 34 LKrO diesen Beschluss. Hiervon wird der Kreistag in Kenntnis gesetzt.

 

 

Kreisrat Scholtka äußert, dass ihm Artenschutz persönlich wichtig sei. Er dokumentiere das auch immer. Es sei nicht nur hohles Gerede, sondern seine Gemeinde Mömlingen beteilige sich aktiv im Artenschutz. Man habe tatsächlich hier im Haushaltsansatz für diesen Bauabschnitt 600 Tausend Euro gehabt. Der Bauausschuss sei am 15.09. dann mit der Kostenmehrung von 120 Tausend Euro und der Kostenmehrung für diesen Bauabschnitt von 115.000,00 Euro für die Schutzplanken konfrontiert worden. Zusätzlich seien dann die 210 Tausend Euro für diese Krötentunnel zur Sprache gekommen. Wenn man alles insgesamt hochrechne, komme man bei dieser Maßnahme von 600 Tausend auf insgesamt 1 Million Gesamtkosten. Dies seien bei ihm 66% Kostenerhöhung aus unterschiedlichen Gründen. Auf seine Frage hin sei noch einmal klargestellt worden, dass es eine freiwillige Leistung des Landkreises sei, die man nicht im Haushaltsansatz drin hatte, und die jetzt aus dem laufenden Haushalt herausgenommen werde. Man habe Kompromissvorschläge gemacht, die von dem Sachverständigen ausgeschlossen worden seien. Dies müsse man so zur Kenntnis nehmen, habe ihn persönlich aber nicht überzeugt. Für ihn seien die Kosten unverhältnismäßig, und die Maßnahme sei auch zu spät thematisiert worden. Man habe im September darüber gesprochen, und da sei die Baumaßnahme schon am Laufen gewesen. Das Gremium habe dadurch unter Zeitdruck gestanden, diese Entscheidung zu treffen. Daher kann er diesem Beschluss nicht zustimmen.

 

Landrat Scherf merkt an, dass man mit dem Beschluss bereits am 07.12.2015 schon mit Amphibienleitsystem gestartet sei.

 

Herr Wosnik erwidert, dass das ein optimaler Projektverlauf gewesen sei, sondern das Gegenteil. Man müsse die Gesamtmaßnahme der MIL 06 nehmen. Dort seien es zwei Bauabschnitte gewesen mit jeweils 600.000,00 Euro Kosten, von denen im zweiten Bauabschnitt erst festgestellt worden sei, dass das Einpflegen des Amphibienleitsystems hier zu spät erfolgt sei.

Man sei momentan 445.000,00 Euro teurer, wobei sich die 445.000,00 Euro aus 115.000,00 Euro für die Leitplanken und aus 150.000,00 Euro für die vier zusätzlichen Krötentunnel zusammensetzen. Diese Mehrkosten hätte man berücksichtigen können, wenn man sie denn gewusst hätte. Der Rest gehe auf die Kostensteigerung in den Ausschreibungen zurück.

 

Kreisrat Schuck fragt, ob man einige Krötentunnel einsparen könne, weil auf der einen Seite bedeutend weniger Kröten seien.

Er möchte von Herrn Wosnik wissen, ob man die Kröten von oben abweisen könne. Er habe sich bereits bei einem Krötenfachmann erkundigt, der das bejaht habe.

 

Herr Wosnik dankt Kreisrat Schuck für sein Engagement. Man habe allerdings extra für die Beurteilung dieses Systems einen Krötensachverständigen eingeschaltet. Was Kreisrat Schuck jetzt vorschlage, ist im Prinzip letztendlich genau das gleiche, was dem UB 5 widerfahren sei. Man ändere im laufenden Verfahren den Kurs. Dies sei ein Problem, das dazu führe, dass die Kosten höher würden.

 

Kreisrat Reinhard merkt an, dass es relativ hohe Summen seien, die für den Krötenschutz aufgebracht werden. Es sei auch dadurch begründet worden, dass die Ehrenamtlichen den Krötenschutz auf Dauer nicht leisten könnten. Er möchte wissen, ob es geprüft worden sei, ob man das Ehrenamt bezahlt machen könne.

 

Landrat Scherf erklärt, dass man diese Möglichkeit bereits im Bauausschuss besprochen habe. Dies sei eine völlig neue Dienstleistung, die es bislang nicht gebe.

 

Herr Biller erklärt, dass er leider auch schon die Erfahrung haben machen müssen an der 2310 Bürgstadt-Freudenberg. Man habe sich damals auch mit einem Gutachten rumgeschlagen, warum ein Krötentunnel her müsse. Aber es sei anerkannt in der Fachwelt. Wenn man naturschutzrechtliche Maßnahmen mache, dann müsse man diese richtig und ordentlich machen. Die Kosten von 210.000,00 Euro seien aus seiner Sicht in Ordnung. Er sei für einen einfachen Krötentunnel an einem Radweg auch schon bei 130.000,00 € auf einer kürzeren Strecke gelandet sei. Wenn man jetzt eine Kursschwenkung mache, habe man Stillstand. Dann habe man ein Problem. Er meint, man solle hier kein Bauproblem heraufbeschwören.

Herr Biller erklärt, dass das Staatliche Bauamt nicht ganz unschuldig sei. Vielleicht hätte man sagen müssen, die Entscheidung, die Maßnahmen auszuschreiben, sei nicht reif. Das wäre vielleicht insgesamt konsequenter gewesen. Aber man müsse sich auch vorstellen, dass nächstes Jahr Investitionshochlauf sei. Die Preise würden bereits jetzt schon steigen. Dies müsse man auch berücksichtigen. Herr Biller sei heute auch hier, um deutlich zu sagen, dass das Staatl. Bauamt auch nicht unschuldig sei an der Situation. Man hätte in der Zusammenarbeit viel früher die Gefahr erkennen müssen, dass es zu Problemen führen könnte. Man habe diesen Krötentunnel unterschätzt und den Umfang nicht umreißen können. Er bittet, dies so ehrlich anzunehmen. Auch das Staatl. Bauamt könne Fehler machen. Es sei allerdings eine Schadensbegrenzung eingetreten.

 

Landrat Scherf unterstreicht, dass all die Negativbeispiele, die in den Medien über nicht funktionierende Krötenleitsysteme seien, das sei immer dann, wenn die Politik eingegriffen und gesagt habe, man spare.

 

Kreisrätin Becker sagt, dass Artenschutz nicht umsonst zu bekommen sei. An Kreisrat Scholtka gewandt erklärt sie, dass Artenschutz auch Vielfalt bedeute. Man könne Artenschutz nicht selektiv durchführen, sondern es gelte, alle Arten möglichst lange zu schützen. Es sei auch nicht nur im Tropenwald, wo man sich erdreiste, den Einheimischen vorzuwerfen, was die alles abholzen, sondern Artenschutz finde auch in Deutschland statt. Wer schon einmal Kröten über die Straße getragen habe, der wisse, wie gefährlich das sei, gerade wenn es regnet und blendet. Man müsse sich wundern, dass im Laufe der Zeit nicht noch mehr passiert sei. Das Problem sei mit ordentlichen Krötentunneln für lange Zeit gelöst. Es sei auch so, dass Kröten nicht nur einmal über die Straße laufen, sondern im Herbst würden die Kröten auch wieder zurück in den Wald laufen. Dann sei noch einmal die Gefahr, dass sehr viele Kröten auf der Straße seien. Dies werde immer vergessen. Es sei gefährlich für die Menschen und für die Autofahrer, wenn die Krötenwanderung massiv auftrete. Es sei sehr rutschtig, so dass Unfälle passieren könnten.

Sie bittet die Mitglieder des Kreistages, dem Beschluss zuzustimmen.

 

Kreisrat Borgwardt sagt, dass man in der letzten Stunde im Nachtragshaushalt gehört habe, wie gut es dem Kreis gehe. Er fände es lächerlich, wenn man für diese sinnvolle Artenschutzmaßnahme das Geld nicht zur Verfügung stellen würde. Er fordert die Mitglieder des Kreistages auf, dem sinnvollen Beschluss zuzustimmen.

 

Kreisrat Dr. Kaiser dankt Herrn Biller für die Offenheit.

Er möchte wissen, wer bei einem Unfall wegen mangelnder Sicherheit bei Krötenlauf hafte.

 

Aus den Reihen des Kreistags wurde geantwortet, dass man selbst hafte, weil man mit angepasster Geschwindigkeit fahren müsse.

 

Kreisrat Wolz bemerkt, dass er sich im Bauausschuss sehr kritisch geäußert habe. Seine Kritik sei hauptsächlich in die Richtung gegangen, dass er gerne ein Gesamtkonzept für den Landkreis inclusive aller Straßen hätte, weil es ja auch alle Straßen betreffe. Die Verwaltung habe die Zusage gemacht, ein solches Gesamtkonzept zu erstellen, daher werde er heute dem Beschluss zustimmen und bittet die Mitglieder des Kreistags, dies ebenfalls zu tun.

 

Kreisrat Scholtka erwidert zu Kreisrätin Becker, dass Vielfalt für ihn das Argument sei, hier nein zu sagen. Für eine Tierart gebe man hier 210.000,00 Euro aus, wobei man sicherlich mehr als 100 Tierarten habe, die schützenswert seien.

 

Kreisrat Luxem berichtet, dass ihm im ersten Moment die Nackenhaare hochgestanden seien, als er die Beschlussvorlage gelesen habe. Er ist der Meinung, dass niemand im Kreistag sitze, der Artenschutz grundsätzlich in Frage stelle. Er möchte sich Kreisrat Dr. Kaiser anschließen, Respekt vor „mea culpa“. Er möchte, dass das Gremium berücksichtige, dass man in einem laufenden Bauverfahren sei. Es gebe im Grunde genommen kein Zurück, außer am Stock. Im Moment sei auch keine andere Lösung absehbar. Er appelliert, dem Beschluss zuzustimmen. Allerdings dürfe diese Verfahrensweise so nicht mehr passieren.

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