Tagesordnungspunkt
TOP Ö 1: Förderung der Vermittlung von sozialem Wohnraum für Wohnungssuchende
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 12.05.2016 KT/003/2016 |
Beschluss: | einstimmig beschlossen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Der Kreistag beschließt einstimmig:
1.
Der
Landkreis Miltenberg gewährt ab sofort bis vorläufig 31.12.2020 eine Förderung
zur Finanzierung einer beim Caritasverband für den Landkreis Miltenberg e.V.
(Kreiscaritasverband) zu schaffenden Stelle zur Vermittlung von angemessenem
Wohnraum für Wohnungssuchende des nachgenannten Personenkreises im Landkreis
Miltenberg.
Personenkreis: Bezieher von Leistungen nach
SGB II, SGB XII, dem Wohngeldgesetz oder vergleichbarer Leistungen, Personen
die vom Bezug solcher Leistungen bedroht sind, Personen die von Obdachlosigkeit
bedroht sind, Menschen mit niedrigem Einkommen.
2.
Die
Förderung umfasst die Personal- und notwendigen Sachkosten für eine geeignete
Fachkraft (Vergütung maximal vergleichbar TVöD EG 9) bei einem Stellenumfang
von zunächst 25 Wochenstunden abzüglich eines zehnprozentigen Eigenanteils des
Trägers. Verfügbare Fördermöglichkeiten durch Dritte sind ebenfalls vorrangig
in Anspruch zu nehmen. Die Abrechnung erfolgt nach Vorlage einer
Gesamtkostenabrechnung (Defizitnachweis) und eines Tätigkeitsberichts jeweils
im Folgejahr, im laufenden Jahr wird ein angemessener Abschlag gezahlt.
Über eine etwaige Erhöhung des Stellenumfangs in den nachfolgenden Jahren wird bei Bedarf gesondert beschlossen.
Herr Vill trägt
vor, dass in den mittlerweile 62 Flüchtlingsunterkünften im Landkreis derzeit 1249
Menschen wohnen würden, davon 197 anerkannte Flüchtlinge, sogenannte
„Fehlbeleger“. Diese seien verpflichtet, aus den Flüchtlingsunterkünften
auszuziehen und würden dafür angemessenen Wohnraum benötigen. Die Zahl der
anerkannten Flüchtlinge werde weiter steigen. Die Verknappung des Angebots an
angemessenem Wohnraum durch den zusätzlichen Bedarf der anerkannten
Asylbewerber treffe jedoch auch Wohnungssuchende ohne Migrationshintergrund.
Mit „angemessenem
Wohnraum“ sei Wohnraum im Rahmen der vom Landkreis festgelegten Mietobergrenzen
gemeint, die vor allem bei Hartz IV-Bezug maximal anerkannt werden, aktuell:
Personen |
Wohnräume |
Fläche qm |
Grundmiete |
1 |
1-2 |
50 |
300,00 € |
2 |
2-3 |
65 |
349,00 € |
3 |
3 |
75 |
400,00 € |
4 |
4 |
90 |
456,00 € |
5 |
5 |
105 |
525,00 € |
jede weitere Person |
|
zuzügl. 15 |
zuzügl. 57 € |
(Nebenkosten sowie
die angemessenen Heizkosten würden noch hinzukommen.)
Bis zur Schaffung
von ausreichend neuem Wohnraum in diesem Mietpreissegment würden Menschen, die
auf solchen Wohnraum angewiesen sind, Hilfestellung benötigen.
Mit dem im
Beschlussvorschlag genannten Personenkreis seien zunächst die oben genannten
Fehlbeleger abgedeckt, die nach Anerkennung in der Regel vom AsylbLG-Bezug zum
Jobcenter wechseln, jedoch auch andere Sozialhilfe- und Hartz IV-Empfänger,
Wohngeldempfänger und in der Regel auch Menschen in der Schuldnerberatung.
Gerade in Schuldnerberatungsfällen komme es häufig vor, dass auch Mietschulden
entstehen würden und dadurch Obdachlosigkeit drohe oder sich bei zu hoher Miete
schon aus diesem Grund ein Umzugsbedarf in günstigeren Wohnraum ergebe.
Die Formulierung
„Menschen mit niedrigem Einkommen“ lasse etwas Auslegungsspielraum für
Härtefälle zu. Im Zweifelsfall könne aber auf die Einkommensgrenze nach § 85
SGB XII verwiesen werden, die geringfügig höher liege als der
Hartz-IV-Bedarfssatz.
Ausgeschlossen
wäre jedoch, dass finanziell gut situierte Wohnungsuchende dieses kostenlose Angebot
nutzen würden.
Konkret wären von
der Stelle vor allem folgende Aufgaben zu übernehmen:
·
Aktive
Akquise von anmietbarem angemessenem Wohnraum (Unterstützer suchen bei Gemeinden,
Aufrufe in Amtsblättern, leerstehende Mietobjekte finden, deren Eigentümer
aktiv ansprechen usw.)
·
Entgegennahme
von Angeboten vermietungswilliger Vermieter des oben genannten Mietpreissegments
·
Angebote
der Wohnbaugesellschaften einbeziehen
·
Vermittlung
an Wohnungssuchende des oben genannten Personenkreises
·
Unterstützung
von Jobcenter und Sozialamt in Streitigkeiten über die Verfügbarkeit angemessenen
Wohnraums
·
Netzwerkarbeit
(Zusammenarbeit mit Kirchengemeinden / Gemeinden / Ehrenamtlichen vor Ort /
Beratungsstellen / Sozialleistungsträgern / Sozialpaten)
·
Öffentlichkeitsarbeit
Eine solche Stelle
bestehe seit 2005 beim Caritasverband für den Landkreis Haßberge (84.000 EW)
und werde dort mit zuletzt 15 Wochenstunden vom Landkreis gefördert. Die
Strukturen würden dem Vorschlag der Verwaltung entsprechen. Bei der Größe des
Landkreises Miltenberg (128.000 EW) sei ein Stellenumfang von 25 Wochenstunden
vergleichbar und erscheine angemessen.
Auch im Landkreis
Miltenberg sollte die Stelle – wie in Haßfurt – beim Kreiscaritasverband
angesiedelt werden, weil dort neben der Asylsozialberatung (in der sich die
Fehlbeleger zuvor befanden) auch ein allgemeiner Sozialdienst mit 0,5 VZK
(keine Personenkreisbegrenzung!) angeboten werde, daneben aber vor allem auch
die ebenfalls vom Landkreis geförderte Schuldnerberatung mit 1,5 VZK, mit der
aus den oben genannten Gründen häufig Überschneidung im Beratungsbedarf bestehe.
Weitere Vorteile seien
die Nähe des Caritasverbandes zu den Kirchengemeinden beider Konfessionen
(Gemeindecaritas), zu vielen Ehrenamtlichen in den Gemeinden und letztlich auch
das bei Caritas angesiedelte Sozialpatenprojekt unseres Jobcenters.
Die Vorgehensweise
– vor allem auch die beabsichtigte Zuweisung der Stelle an Caritas – sei am 16.03.2016
in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Landkreis Miltenberg (ARGE
Wohlfahrt) einvernehmlich besprochen worden. Es habe dort durchgängiger Konsens
hinsichtlich Notwendigkeit einer solchen Stelle sowie auch zur Sinnhaftigkeit
der Beauftragung des Kreiscaritasverbandes bestanden. Wenn überhaupt, dann sei
nur beim Caritasverband aufgrund der bereits bestehenden Strukturen und
Vernetzungen eine Umsetzung des oben genannten Aufgabenkatalogs durch eine
Kraft mit 25 Wochenstunden vorstellbar.
Eine Umsetzung des
Beschlusses bei Einstellung ab 01.06.2016 würde eine Zahlung an Caritas für
2016 von bis zu ca. 25.000 € bedeuten, in den Folgejahren bis zu ca. 40.000 €.
Die Förderung
beruhe auf der Verpflichtung des Landkreises als Sozialleistungsträger, darauf
hinzuwirken dass auch Beratungsstellen hinreichend zur Verfügung stehen (§§ 14,
17 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) I). Der festgelegte Personenkreis betreffe
weit überwiegend die Zuständigkeit des Landkreises. Dies gelte hier vor allem
auch für die Hartz-IV-Empfänger, weil es dabei um die Kosten der Unterkunft gehe,
für die alleinige Zuständigkeit des kommunalen Trägers bestehe, ebenso
weitgehend für das Klientel der Schuldnerberatung (§§ 11 Abs. 5 SGB XII, 16a Nr. 2 SGB II). Sozialhilfeleistungen sollten
gemäß § 15 Abs. 1 SGB XII auch schon im Vorfeld eines Leistungsbezugs erbracht
werden.
Die Vorlage sei
mit dem Jobcenter Miltenberg abgestimmt und werde von dort befürwortet.
Haushaltsmittel seien eingestellt.
Der Ausschuss für
Bildung, Kultur und Soziales habe dem Kreistag in seiner Sitzung am 5. April
2016 einstimmig empfohlen, dem Beschluss zuzustimmen.
Kreisrat Oettinger äußert für die Neue Mitte die Bitte, zusätzlich zu den Fördersätzen eine Tabelle mit Fördersätzen für Wohnungsgemeinschaften (WGs) für Singles zu erstellen.
Die Vorteile seien, dass anerkannte Singles so überhaupt Wohnraum finden könnten, denn es gebe im gesamten Landkreis keine freien Single-Wohnungen. Und wenn, seien diese größer als 50m² und auf jeden Fall teurer als 300,00 €. Single-Wohnungen lägen bei 7 bis 8 € pro m² und hätten eine Größe ab 65 m².
Für WGs müsste z.B. nur eine Einrichtung für die Küche oder das Wohnzimmer gefunden werden. Der Tagesablauf sei bei Singles, die sich gegenseitig unterstützten, leichter darzustellen und bei Aufnahme einer Berufstätigkeit ließen sich besser Fahrgemeinschaften bilden.
Herr Vill nimmt die Anregung mit.