Tagesordnungspunkt

TOP Ö 5: Förderung der Vermittlung von sozialem Wohnraum für Wohnungssuchende

BezeichnungInhalt
Sitzung:05.04.2016   BKS/001/2016 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Ausschuss empfiehlt dem Kreistag einstimmig, zu beschließen:

 

1.     „Der Landkreis Miltenberg gewährt ab sofort bis vorläufig 31.12.2020 eine Förderung zur Finanzierung einer beim Caritasverband für den Landkreis Miltenberg e.V. (Kreiscaritasverband) zu schaffenden Stelle zur Vermittlung von angemessenem Wohnraum für Wohnungssuchende des nachgenannten Personenkreises im Landkreis Miltenberg.

Personenkreis: Bezieher von Leistungen nach SGB II, SGB XII, dem Wohngeldgesetz oder vergleichbarer Leistungen, Personen die vom Bezug solcher Leistungen bedroht sind, Personen die von Obdachlosigkeit bedroht sind, Menschen mit niedrigem Einkommen.

2.    Die Förderung umfasst die Personal- und notwendigen Sachkosten für eine geeignete Fachkraft (Vergütung maximal vergleichbar TVöD EG 9) bei einem Stellenumfang von zunächst 25 Wochenstunden abzüglich eines zehnprozentigen Eigenanteils des Trägers. Verfügbare Fördermöglichkeiten durch Dritte sind ebenfalls vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die Abrechnung erfolgt nach Vorlage einer Gesamtkostenabrechnung (Defizitnachweis) und eines Tätigkeitsberichts jeweils im Folgejahr, im laufenden Jahr wird ein angemessener Abschlag gezahlt.

Über eine etwaige Erhöhung des Stellenumfangs in den nachfolgenden Jahren wird bei Bedarf gesondert beschlossen.“


Herr Vill trägt vor, dass in den mittlerweile 60 Flüchtlingsunterkünften im Landkreis derzeit 1311 Menschen (Stand: 08.03.16, incl. 155 Bew. in Erstaufnahme Kleinheubach) wohnen würden, davon 194 anerkannte Flüchtlinge, sogenannte „Fehlbeleger“. Diese seien verpflichtet, aus den Flüchtlingsunterkünften auszuziehen und würden dafür angemessenen Wohnraum benötigen. Die Zahl der anerkannten Flüchtlinge werde weiter steigen. Die Verknappung des Angebots an angemessenem Wohnraum durch den zusätzlichen Bedarf der anerkannten Asylbewerber treffe jedoch auch Wohnungssuchende ohne Migrationshintergrund.

Mit „angemessenem Wohnraum“ sei Wohnraum im Rahmen der vom Landkreis festgelegten Mietobergrenzen gemeint, die vor allem bei Hartz IV-Bezug maximal anerkannt werden, aktuell:

Personen

Wohnräume

Fläche qm

Grundmiete

1

1-2

50

300,00 €

2

2-3

65

349,00 €

3

3

75

400,00 €

4

4

90

456,00 €

5

5

105

525,00 €

jede weitere Person

 

zuzügl. 15

zuzügl. 57 €

(Nebenkosten sowie die angemessenen Heizkosten würden noch hinzukommen.)

Bis zur Schaffung von ausreichend neuem Wohnraum in diesem Mietpreissegment würden Menschen, die auf solchen Wohnraum angewiesen sind, Hilfestellung benötigen.

Mit dem im Beschlussvorschlag genannten Personenkreis seien zunächst die oben genannten Fehlbeleger abgedeckt, die nach Anerkennung in der Regel vom AsylbLG-Bezug zum Jobcenter wechseln, jedoch auch andere Sozialhilfe- und Hartz IV-Empfänger, Wohngeldempfänger und in der Regel auch Menschen in der Schuldnerberatung. Gerade in Schuldnerberatungsfällen komme es häufig vor, dass auch Mietschulden entstehen würden und dadurch Obdachlosigkeit drohe oder sich bei zu hoher Miete schon aus diesem Grund ein Umzugsbedarf in günstigeren Wohnraum ergebe.

Die Formulierung „Menschen mit niedrigem Einkommen“ lasse etwas Auslegungsspielraum für Härtefälle zu. Im Zweifelsfall könne aber auf die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII verwiesen werden, die geringfügig höher liege als der Hartz-IV-Bedarfssatz.

Ausgeschlossen wäre jedoch, dass finanziell gut situierte Wohnungsuchende dieses kostenlose Angebot nutzen würden.

Konkret wären von der Stelle vor allem folgende Aufgaben zu übernehmen:

·           Aktive Akquise von anmietbarem angemessenem Wohnraum (Unterstützer suchen bei Gemeinden, Aufrufe in Amtsblättern, leerstehende Mietobjekte finden, deren Eigentümer aktiv ansprechen usw.)

·           Entgegennahme von Angeboten vermietungswilliger Vermieter des oben genannten Mietpreissegments

·           Angebote der Wohnbaugesellschaften einbeziehen

·           Vermittlung an Wohnungssuchende des oben genannten Personenkreises

·           Unterstützung von Jobcenter und Sozialamt in Streitigkeiten über die Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums

·           Netzwerkarbeit (Zusammenarbeit mit Kirchengemeinden / Gemeinden / Ehrenamtlichen vor Ort / Beratungsstellen / Sozialleistungsträgern / Sozialpaten)

·           Öffentlichkeitsarbeit

Eine solche Stelle bestehe seit 2005 beim Caritasverband für den Landkreis Haßberge (84.000 EW) und werde dort mit zuletzt 15 Wochenstunden vom Landkreis gefördert. Die Strukturen würden dem Vorschlag der Verwaltung entsprechen. Bei der Größe des Landkreises Miltenberg (128.000 EW) sei ein Stellenumfang von 25 Wochenstunden vergleichbar und erscheine angemessen.

Auch im Landkreis Miltenberg sollte die Stelle – wie in Haßfurt – beim Kreiscaritasverband angesiedelt werden, weil dort neben der Asylsozialberatung (in der sich die Fehlbeleger zuvor befanden) auch ein allgemeiner Sozialdienst mit 0,5 VZK (keine Personenkreisbegrenzung!) angeboten werde, daneben aber vor allem auch die ebenfalls vom Landkreis geförderte Schuldnerberatung mit 1,5 VZK, mit der aus den oben genannten Gründen häufig Überschneidung im Beratungsbedarf bestehe.

Weitere Vorteile seien die Nähe des Caritasverbandes zu den Kirchengemeinden beider Konfessionen (Gemeindecaritas), zu vielen Ehrenamtlichen in den Gemeinden und letztlich auch das bei Caritas angesiedelte Sozialpatenprojekt unseres Jobcenters.

Die Vorgehensweise – vor allem auch die beabsichtigte Zuweisung der Stelle an Caritas – sei am 16.03.2016 in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Landkreis Miltenberg (ARGE Wohlfahrt) einvernehmlich besprochen worden. Es habe dort durchgängiger Konsens hinsichtlich Notwendigkeit einer solchen Stelle sowie auch zur Sinnhaftigkeit der Beauftragung des Kreiscaritasverbandes bestanden. Wenn überhaupt, dann sei nur beim Caritasverband aufgrund der bereits bestehenden Strukturen und Vernetzungen eine Umsetzung des oben genannten Aufgabenkatalogs durch eine Kraft mit 25 Wochenstunden vorstellbar.

Eine Umsetzung des Beschlusses bei Einstellung ab 01.06.2016 würde eine Zahlung an Caritas für 2016 von bis zu ca. 25.000 € bedeuten, in den Folgejahren bis zu ca. 40.000 €.

Die Förderung beruhe auf der Verpflichtung des Landkreises als Sozialleistungsträger, darauf hinzuwirken dass auch Beratungsstellen hinreichend zur Verfügung stehen (§§ 14, 17 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) I). Der festgelegte Personenkreis betreffe weit überwiegend die Zuständigkeit des Landkreises. Dies gelte hier vor allem auch für die Hartz-IV-Empfänger, weil es dabei um die Kosten der Unterkunft gehe, für die alleinige Zuständigkeit des kommunalen Trägers bestehe, ebenso weitgehend für das Klientel der Schuldnerberatung (§§ 11 Abs. 5 SGB XII,  16a Nr. 2 SGB II). Sozialhilfeleistungen sollten gemäß § 15 Abs. 1 SGB XII auch schon im Vorfeld eines Leistungsbezugs erbracht werden.

Die Vorlage sei mit dem Jobcenter Miltenberg abgestimmt und werde von dort befürwortet.

Haushaltsmittel seien eingestellt.

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