Tagesordnungspunkt

TOP Ö 16: Anerkennung ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements; Einführung der Bayerischen Ehrenamtskarte im Landkreis Miltenberg; Beschlussfassung

BezeichnungInhalt
Sitzung:17.12.2015   KT/006/2015 
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Kreistags fassen den mehrheitlichen

 

B e s c h l u s s:

 

Der Kreistag beschließt die Einführung der Bayerischen Ehrenamtskarte nach dem vorliegenden Konzept und beschließt, die notwendigen personellen Ressourcen in Form einer Vollzeitstelle in der Einführungsphase (1. Jahr) bzw. 13 Wochenstunden (3 Stunden BE-Fachkraftstelle, 10 Stunden Verwaltungsstelle) im regulären Verlauf (ab dem 2. Jahr) bereitzustellen.


Landrat Scherf trägt vor, dass die Bayerische Ehrenamtskarte ein sichtbares Zeichen der Anerkennung für besonderes Bürgerschaftliches Engagement sei. Ehrenamt finde größtenteils vor Ort statt – in der Gemeinde, der Stadt, dem Landkreis, in dem die Ehrenamtlichen wohnen. Und doch leiste jedes Bürgerschaftliche Engagement einen Beitrag zum Gemeinwohl, der über die jeweilige Gemeinde-, Stadt- oder Kreisgrenze hinaus wirke und letztlich dem gesamten Freistaat zu Gute komme. Deshalb arbeiten der Freistaat Bayern, die kreisfreien Städte und die meisten Landkreise Bayerns seit Jahren erfolgreich zusammen, um mit dieser bayernweit gültigen Ehrenamtskarte ein „Dankeschön“ an die besonders engagierten Bürgerinnen und Bürger zu richten.

Auch in Anbetracht der enormen bürgerschaftlichen ehrenamtlichen Leistungen im Jahr 2015 und zahlreicher Nachfragen aus den Reihen der Ehrenamtlichen lassen die Einführung der Ehrenamtskarte auch im Landkreis Miltenberg sinnvoll und notwendig erscheinen.

 

Allgemeine Infos:

Ziel der Bayerischen Staatsregierung ist die flächendeckende Einführung der Ehrenamtskarte.

Aktuell beteiligen sich 75 der insgesamt 96 bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte an der Bayerischen Ehrenamtskarte.

Es beteiligen sich aktuell nur 13 Landkreise noch nicht:

Augsburg, Bad Kissingen, Bayreuth, Donau-Ries, Erding, Landshut, Lindau, Miltenberg, Neu-Ulm, Oberallgäu, Ostallgäu, Regensburg und Rhön-Grabfeld.

Bisher sind bereits ca. 100.000 Ehrenamtskarten in Bayern ausgegeben (Stand 25.November 2015)

 

Die Vorteile für Ehrenamtskarteninhaber/Innen:

Die Inhaber der Ehrenamtskarte erhalten verschiedene Angebote und Vergünstigungen im Landkreis. Des Weiteren gelten auch alle Angebote der an der Ehrenamtskarte teilnehmenden Landkreise und kreisfreien Städte in Bayern für Karteninhaber gleichermaßen.

 

Voraussetzungen für den Erhalt der Ehrenamtskarte:

Der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in dem bzw. in der die Ehrenamtlichen wohnen, muss sich an der Einführung der Ehrenamtskarte beteiligen.

 

Ehrenamtliche müssen persönliche Voraussetzungen erfüllen, wenn sie eine blaue Bayerische Ehrenamtskarte (begrenzter Gültigkeit von drei Jahren) oder eine goldene Ehrenamtskarte (unbegrenzte Gültigkeit) erhalten wollen. Diese sind der ausführlichen Konzeption zu entnehmen.

 

 

Ausgangslage für den Landkreis Miltenberg:

In der Sitzung vom 2.7.2014 wurde im zuständigen Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales ein Antrag der SPD-Fraktion beraten, in dem die Verwaltung beauftragt werden sollte, ein Konzept zur Verleihung der Ehrenamtskarte im Landkreis Miltenberg zu erstellen. Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales fasste einstimmig einen dementsprechenden Beschluss.

 

 

Konzept:

Die Einführung der Ehrenamtskarte erfolgt, die Bearbeitung wird im LRA verortet

·         Informationen für Ehrenamtliche

Die Ehrenamtskarte kann bei der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement des Landkreises Miltenberg beantragt werden. Dazu ist ein Antragsformular auszufüllen, das online verfügbar ist  Der Verein bzw. die Organisation, in der die oder der Ehrenamtliche aktiv ist, bestätigt die Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen und ergänzt das Antragsformular um die relevanten Angaben. Das ausgefüllte und bestätigte Antragsformular ist bei der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement einzureichen. Dort wird es geprüft und bearbeitet.

·         Informationen für Vereine, Verbände und Organisationen

Vereine und  Verbände sowie Organisationen können dem Landkreis Miltenberg  engagierte Bürgerinnen und Bürger melden, die eine Bayerische Ehrenamtskarte erhalten möchten. Das Antragsformular, das von den Ehrenamtlichen auszufüllen und von Ihnen zu bestätigen ist, steht zur Verfügung

·         Informationen für Partner der Ehrenamtskarte 

Akzeptanzpartner fördern das bürgerschaftliche Engagement vor Ort und werden Partner der Ehrenamtskarte. Damit drücken Sie gemeinsam mit dem Landkreis Miltenberg  sowie den Vereinen und Organisationen, in denen sich Ehrenamtliche engagieren, Dank und Anerkennung für besonderes ehrenamtliches Engagement aus. Sinnvoll ist es, wenn sich viele Akzeptanzpartner zur Verfügung stellen und den zukünftigen Ehrenamtskarten-Inhabern besondere Angebote und Vergünstigungen gewähren. Hierzu ist ein Akzeptanzpartnervertrag zu erstellen.

·         Voraussetzungen für die Umsetzung

Für die Einführung und den weiteren kontinuierlichen Verlauf der Ehrenamtskarte im Landkreis Miltenberg bedarf es personeller und organisatorischer Ressourcen.

Die personellen Vorstellungen orientieren sich ebenso wie die prozessorientierte Umsetzung an den Erfahrungen des Landratsamtes Aschaffenburg.

1.    Konzeptionelle Vorbereitungsphase, die von der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement geleistet wurde  (ca. 3 Monate 100% im Rahmen einer ½ Stelle),

2.    Akzeptanz- und Einführungsphase: Vollzeitstelle, befristet für 1 Jahr :

a.    Gewinnung von Partnern/Akzeptanzstellen

b.    Gewinnung der Bürgermeister/in und der Landkreisgemeinden

c.    Information der Ehrenamtlichen sowie Vereine und Verbände, Organisationen

d.    Öffentlichkeitsarbeit: Veröffentlichung in den Mitteilungsblättern der Gemeinden, Flyer, Plakate, Aufkleber etc. u.a. für die Akzeptanzstellen

 

3.    Laufender Betrieb: Seitens der BE- Fachkraftstelle ein Stundenanteil pro Woche ca. 3 Stunden und zusätzlich eine Verwaltungsstelle mit 10 Wochenstunden.

Die Verwaltung der Ehrenamtskarte, die Akquise der Partner und die Antragsbearbeitung etc. erfolgt über die Verwaltungsstelle. Verantwortlich für die gesamte EA-Karte incl. Gesprächsterminen, Öffentlichkeitsarbeit etc. ist die Fachstelle BE. Anfallende Kosten werden über den Etat der Fachstelle bezahlt.

Die Gewinnung von vielen Akzeptanzpartnern sowie die gute Einführung der EA-Karte wären laut Aussage die Kolleginnen aus Aschaffenburg ohne die Vollzeitstelle nicht möglich gewesen. V.a. für den “laufenden Betrieb“ zeige sich die Verwaltungsstelle im Umfang von 10 Wochenstunden als unerlässlich.

 

Unterstützung durch das Staatsministerium in Form von:

 

·         Anschubfinanzierung in Höhe von 5000,00 Euro

·         Flyer

·         Plakate

·         Aufkleber

·         Kartenrohlinge

·         Kartendrucker

·         Beratung

 

Der Beschluss wurde im Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales am 09.11.2015 vorberaten und dem Kreistag einstimmig empfohlen.

 

Kreisrat Stappel befürwortet die Ehrenamtskarte, aber er könne sich mit der Umsetzung nicht anfreunden, weil der Stil und wie die Unterstützung zustande komme, für ihn nicht gerecht sei. Er gehe davon aus, dass die Ehrenamtskarte für Ehrenamtsträger, die sie verdienen, auch erstellt werden solle, aber wie und wer bei dieser Aktion mitmache, im Einzelhandel, in den kleinen Geschäften und vor allen Dingen bei denjenigen, wo das Geschäft gerade noch zum Lebensunterhalt reiche, wisse er nicht, wie da die Situation und wie die Stellungnahme sei. Wenn er davon ausgehe, dass so eine Ehrenamtskarte, bei ALDI, LIDL oder sonstigen Discountern keinen Anklang finde, warum sollen dann gerade die „Kleinen“ hier zur Seite stehen.

 

Landrat Scherf entgegnet, dass der Wortbeitrag von Kreisrat Stappel zeige, dass man für die Akzeptanz- und Einführungsphase sehr viel Zeit und Energie brauche, um die Menschen zu überzeugen.

Weiterhin werde Landrat Scherf die Person, die die Karte einführen soll, gerade nicht als erstes zu Lidl und Aldi schicken. Die Ehrenamtlichen engagieren sich für unsere Region und für unsere Heimat. Dies könne Hand in Hand gehen. Wer sich hier für seine Heimat engagiere, der kaufe auch hier in der Region ein. Das könne auch eine gegenseitige Stärkung sein. Zum Gerechtigkeitsfaktor antwortet Landrat Scherf, dass er kein Problem damit habe, zu sagen, es bekomme jemand eine Vergünstigung, der 24 Stunden am Tag z.B. für die Feuerwehr oder den Rettungsdienst parat stehe. Wenn man dieses ehrenamtliche Engagement nicht hätte, dann würde die Gesellschaft keinen einzigen Tag funktionieren.

 

Kreisrat Reinhard merkt an, dass es nicht darum gehe, dass die Ehrenamtskarte generell eingeführt werde. Es sei wichtig, dass man das ehrenamtliche Engagement anerkenne. Es hänge allerdings viel davon ab, dass der Personalaufwand, der in der Einführungsphase gemacht werde, funktioniere. Ohne Angebote sei die Karte wertlos. Dies sei ganz entscheidend. Er möchte dies noch einmal betonen. Die Person für die Einführungsphase müsse richtig Gas geben, sonst werde die Ehrenamtskarte floppen.

 

Kreisrat Dr. Fahn sagt, dass sich Ehrenamtliche mindestens fünf Stunden pro Woche oder 250 Stunden im Jahr engagieren müssen, um diese Karte zu bekommen. Dies seien Leute, die sich wirklich für die Allgemeinheit einsetzen.

Die Aussage von Kreisrat Stappel, dass kleine Betriebe benachteiligt seien, stimme nicht. Bestimmte Akzeptanzpartner sehen das als Werbung in der Region. Es habe sich in Aschaffenburg schon gut bewährt, da seien insgesamt fast schon 300 Geschäfte Akzeptanzpartner. Man könne auch mittel- und langfristig etwas für den Umsatz erwarten, weil die Leute eventuell noch andere Dinge einkaufen. Die Ehrenamtskarte sei ein Wirtschaftsfaktor auch für Handel und Mittelstand.

Wenn man diese Ehrenamtskarte habe, dann könne man in ganz Bayern in dem Landkreis, wo diese Karte eingeführt worden sei, auch diese Vergünstigungen bekommen. Dies sei sehr wichtig, zu wissen, dass 77 Landkreise schon insgesamt dabei seien.

Kreisrat Dr. Fahn kritisiert den Freistaat Bayern, der jedem Landkreis nur 5.000 Euro dafür gegeben habe.

 

Kreisrat Dr. Linduschka warnt davor, dieses Thema noch weiter zu zerreden. Man solle nicht die Leute untereinander ausspielen. Es gehe hier um freiwillige Mitarbeit, deshalb sei es ganz entscheidend, die entsprechenden Akzeptanzstellen zu gewinnen. Die ersten Ergebnisse in den Vorfelduntersuchungen haben gezeigt, dass die Bereitschaft unglaublich groß sei, bis hin zu öffentlichen Veranstaltungen. Man werde viele Akzeptanzstellen gewinnen, und das werde die Ehrenamtskarte entscheidend aufwerten. Die Ehrenamtlichen müssen das Gefühl bekommen, dass man ihre Arbeit wirklich schätze und nicht nur in Sonntagsreden.

 

Kreisrat Berninger findet, Kreisrat Dr. Linduschkas sowie Landrat Scherfs Aussagen machen es schwer, eine Position zu beziehen, die zwar den Sinn des Ehrenamts anerkenne, aber an der Durchführung Zweifel hege. Es sei wirklich ganz schwer, dagegen zu argumentieren, weil man sofort in eine Ecke gestellt werde, dass man gegen die Unterstützung des Ehrenamts sei, weil man vielleicht eine andere Meinung zur Wirksamkeit der Ehrenamtskarte habe. Er habe von Anfang an gesagt, als der Gedanke zur Ehrenamtskarte aufgekommen sei, dies gehe in die falsche Richtung. Er habe das in vielen Diskussionen auch betont. Er möchte dies an zwei Punkten festmachen. Die Ehrenamtskarte sei zwar gut gedacht, aber für das, was an Ergebnis herauskomme, sei der Aufwand viel zu groß. Für ihn gehe der Ansatz in die falsche Richtung. Er könne aus Erfahrung aus Gesprächen mit den Vereinen berichten, wie man die Ehrenamtlichen unterstützen könne. Das Ergebnis sei ganz klar: „Helft uns bei der Bürokratie, die Ihr uns als Politiker auferlegt habt.“ Dies sei der große Wunsch der Vereine. Man habe nachgefragt, ob die Vereine die Ehrenamtskarte haben wollen. Keiner der Vereine in Erlenbach habe die Einführung dieser Ehrenamtskarte unterstützt. Kreisrat Berninger verstehe jeden, der für die Einführung der Ehrenamtskarte plädiere, weil dies plakativ sei und im ersten Moment sei die Überschrift eine tolle Botschaft. Er sei allerdings nach wie vor felsenfest davon überzeugt, dass es dadurch nicht mehr Ehrenamt gebe. Er fragt sich, was die Ehrenamtskarte bringe, damit in Bayern oder im Landkreis Miltenberg das Ehrenamt unterstützt werde. Der Erfolg werde sehr bescheiden sein. Es werde nicht mehr Ehrenamt geben. Und dafür, dass nicht mehr passieren werde, sei ihm der Aufwand zu groß.

 

Landrat Scherf entgegnet, die Landtagsabgeordnete Gerlach sei mehrfach auf ihn zugegangen und habe ihm mitgeteilt, dass Ehrenamtliche aus dem Landkreis Miltenberg darum bitten, dass die Ehrenamtskarte endlich eingeführt werde. Genau wie beim Workshop zum Tag des Ehrenamts am 05. Dezember. Dort war das Ergebnis auch, dass zur Förderung der Anerkennung die Einführung der Ehrenamtskarte gewünscht sei. Parallel zur Anerkennung gehe es um wirkungsvolle Unterstützung. Diese beiden Verpflichtungen – Anerkennung und Unterstützung – dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, so Landrat Scherf.

 

Kreisrat Stappel stellt noch einmal klar, dass er nichts gegen die Ehrenamtskarte habe. Nur die Art und Weise, wie sie sich finanzieren solle, störe ihn. Er vertrete nicht eine Einzelmeinung, sondern die Meinung von vielen kleinen Unternehmen, die sich hierzu nicht äußern können.

Er meint, man müsse einen anderen Weg finden.

 

Landrat Scherf erwidert, dass es keinen Automatismus gebe. Es sei niemand aus dem Handel gezwungen, die Ehrenamtskarte bei sich einzuführen.

 

Kreisrätin Wolf-Pleßmann fände es schade, wenn man diese kleine Anerkennung den engagierten Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis Miltenberg vorenthalten würde.

 

Kreisrätin Passow findet, dass eine kritische Diskussion hierzu stattfinden dürfe. Es stelle sich die Frage, ob die Ehrenamtskarte der richtige Weg sei, die Arbeit der Ehrenamtlichen anzuerkennen. Praktische Hilfestellungen, die die Ehrenamtlichen im täglichen Leben bei ihrer Arbeit brauchen, werden durch die Ehrenamtskarte nicht gelöst werden. Die Anerkennung des Ehrenamts müsse allerdings ganz klar erfolgen.

 

Landrat Scherf bestätigt, dass eine kritische Diskussion gut und wichtig sei. Er warne allerdings davor, die Ehrenamtskarte gegen die praktische Hilfe auszuspielen. Im Landratsamt habe am Tag des Ehrenamts ein Workshop mit etwa 70 Ehrenamtlichen stattgefunden. Hier seien Handlungsempfehlungen ausgesprochen worden und zur Anerkennung sei hier von den Ehrenamtlichen ganz klar die Aussage getätigt worden, dass die Ehrenamtskarte eingeführt werden solle. Genauso seien dort Handlungsfelder benannt worden, an denen inhaltlich gearbeitet werden müsse. Es sei ganz gefährlich, diese beiden Themen gegeneinander auszuspielen. Der Kreistag müsse heute darüber final abstimmen und Kreisrat Scherf bittet die Mitglieder, sich den Beschluss gut zu überlegen.

 

Kreisrat Dr. Fahn berichtet, dass am Tag des Ehrenamts die großen Probleme benannt worden seien, und zwar der Abbau von bürokratischen Hemmnissen. Dies wolle man auch angehen, aber man könne jetzt nicht das eine gegen das andere ausspielen. Das sei zwar ein wichtiges Problem, aber die Ehrenamtskarte sei vor allem auch geeignet für Leute, die nicht in Vereinen seien.

© 2011 Landratsamt Miltenberg | Brückenstr. 2 | 63897 Miltenberg | Tel: 09371 501-0
Fernwartung