Tagesordnungspunkt
TOP Ö 3: Sachstandsbericht unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 28.04.2015 JHA/001/2015 |
Beschluss: | zur Kenntnis genommen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Scherf und Herr Winkler erläutern:
Neben der Aufnahme und Unterbringung gilt
ist es Aufgabe der Jugendhilfe, die Vormundschaft für die Kinder und
Jugendlichen zu übernehmen, bei der Bewältigung von traumatischen Erlebnissen
wie Verlust der Familie oder die Flucht mit z. T. lebensgefährlichen
Situationen zu helfen, Unterstützung zu geben, um sesshaft zu werden und eine
persönliche und berufliche Perspektive entwickeln zu können. Um in der hiesigen
Gesellschaft anzukommen, ist der Spracherwerb, die Kenntnis von kulturellen,
sozialen und rechtlichen Zusammenhängen sowie Erlangung einer persönlichen
Reife unter erschwerten Bedingungen notwendig. Neben der Vielfalt der Aufgaben
stellt die Zahl der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge eine große
Herausforderung dar: Im Jahr 2015 ist mit der Ankunft von rund 5.000
unbegleiteten Flüchtlingen in Bayern zu rechnen, von denen Unterfranken 10,3 %
aufnehmen muss. Auf den Landkreis Miltenberg entfallen 9,6 %, so dass eine
Aufnahmeverpflichtung von 50 Personen besteht.
Nach Aussagen der Staatsregierung können wir
bei den unbegleiteten Minderj. Flüchtlingen von einem nahezu hundertprozentigen
dauerhaften Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland ausgehen.
Aktualisierung: Nach letzten Informationen
des Regierungspräsidenten werden die Zuweisungen der Jahre 2014 und 2015
zusammengefasst. Demnach beträgt die Gesamtzuweisung für den Zeitraum 83
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Bisher wurden insgesamt 23 Flüchtlinge
aufgenommen, so dass für 2015 noch die Aufnahme von 60 Flüchtlingen aussteht.
Derzeit können in den beiden Wohngruppen in
Himmelthal 16 Personen aufgenommen werden. Ab Mai steht durch die Evangelische
Kinder- und Jugendhilfe in Miltenberg eine weitere Einrichtung mit 9 Plätzen
zur Verfügung. Daneben gibt es aktuell zwei Plätze in Pflegefamilien sowie die
Möglichkeit der Unterbringung in Form von betreutem Wohnen sowie in
eingestreuten Plätzen. Es sind weitere Anstrengungen notwendig, um die
Abnahmeverpflichtung zu erfüllen. Derzeit laufen einige Aktivitäten mit dem
Ziel, neue Aufnahmemöglichkeiten zu schaffen.
Ab dem Schuljahr 2015/2016 wird in der
Berufsschule eine sogenannte BAF-Klasse (Berufsausbildung für Asylbewerber und
Flüchtlinge) eingerichtet, um die Schulpflicht der Jugendlichen erfüllen und
die berufliche Ausbildung ermöglichen zu können. Unterstützend dazu ist auch
die Einrichtung einer Stelle für die Jugendsozialarbeit an der Berufsschule
(TOP 8) vorgesehen. An den Mittelschulen in Obernburg und Leidersbach gibt es
jeweils Übergangsklassen. Darüber hinaus gibt es an den Mittelschulen im
Landkreis zusätzliche Fördermaßnahmen für die Beschulung von schulpflichtigen
Flüchtlingen und Asylsuchenden.
Auf Initiative aus der Wirtschaft hat
Landrat Scherf gemeinsam mit Industrie und Handwerk, Arbeits-agentur,
Wohlfahrtsverbänden, Berufsschule und Landratsamt eine Ausbildungsinitiative
gestartet, um geeignete junge Flüchtlinge erfolgreich in eine duale Ausbildung
zu bringen. Dies eröffnet für die Flüchtlinge, die dauerhaft in Deutschland
bleiben wollen und dürfen, die Chance für eine gelungene berufliche
Integration. Aber auch für den Fall der Rückkehr in das Heimatland bedeuten
eine abgeschlossene Berufsausbildung und die guten Deutschkenntnisse einen
Zugewinn.
Für die Bewältigung der Aufgaben in
Zusammenhang mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen konnten zwei
erfahrene Kräfte für den Allgemeinen Sozialen Dienst speziell für Flüchtlinge
mit je 10 Wochenstunden aus anderen Einsatzgebieten heraus gewonnen werden.
Diese sind für die Hilfeplanung zuständig, halten die Kontakte mit den
Einrichtungen und den Bezugspersonen, den Schulen und später mit den
Ausbildungsbetrieben. Weiter stellen sie die Schnittstelle zur wirtschaftlichen
Jugendhilfe dar. Im Bereich der Vormundschaften und bei der wirtschaftlichen
Jugendhilfe konnte je eine halbe Vollzeitstelle für die Asylbetreuung neu
eingerichtet werden. Die übrigen Aufgaben werden von den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern neben dem bisherigen Arbeitspensum erledigt. Es wird weiter
geprüft, ob die Übernahme von Vormundschaften an die freie Wohlfahrtspflege im
Rahmen einer Vereinsvormundschaft übertragen werden kann.
Die Verantwortung für die minderjährigen
Flüchtlinge endet nicht mit der Volljährigkeit. Vielmehr ist stets der Bedarf
der jungen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und es ist bei einem
festgestellten Bedarf an Hilfen zu Entwicklung einer selbstbestimmten,
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit auf Antrag über das 18. Lebensjahr hinaus
in der Regel bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Jugendhilfe zu gewähren.
Die direkten Produktkosten dafür werden erstattet, für den Verwaltungsaufwand
wird es ab diesem Jahr eine Erstattung durch den Freistaat Bayern geben, die
nach der Anzahl der aufgenommenen Flüchtlinge gestaffelt sein wird.
Der Ausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.