Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Antrag des Landkreises Miltenberg auf Aufnahme in das Modellprojekt „Gesundheitsregionen plus“ des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege

BezeichnungInhalt
Sitzung:18.12.2014   KT/006/2014 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Herr Dr. Dittmeier erläutert, die Sicherung der Gesundheitsversorgung gehört zu den elementarsten Aufgaben der gesellschaftlichen Daseinsfürsorge. Dieser kann sich niemand entziehen weder auf Bundes-, noch auf Landes- und auch nicht auf kommunaler Ebene, unabhängig davon ob er den gesetzlichen Sicherstellungsauftrag hat oder nicht hat oder ob er die Aufgabe wie bei der stationären Krankenhausversorgung bei uns im Landkreis Miltenberg an einen privaten Krankenhausbetreiber abgegeben hat.

 

Im Landkreis Miltenberg bestehen im Bereich der Gesundheitsversorgung zur Zeit folgende Probleme:

 

·         Bereits seit Jahren besteht ein großes Problem bei der Wieder- bzw. Nachbesetzung von Hausarztsitzen vor allem in den Seitentälern des Spessarts und Odenwalds, vereinzelt aber auch im Maintal. Dies wird aufgrund des hohen Durchschnittsalters der Hausärztinnen und Hausärzte im Landkreis von zur Zeit 53,4 Jahren und des Faktums, dass rd. jede fünfte Hausärztin / jeder fünfter Hausarzt 63 Jahre und älter ist, in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen.

 

·         Ganz aktuell besteht ein dringliches Wieder- bzw. Nachbesetzungsproblem im Südspessart, nachdem dort Ende März 2014 ein Hausarzt seine Praxis in Faulbach geschlossen hat und im Mai bzw. Juni 2014 zwei ältere Hausärzte in Hasloch im benachbarten Landkreis Main-Spessart und in Collenberg gestorben sind. Zu einer Problemlösung ist es bisher nicht gekommen.

 

·         Ein weiteres großes Problem stellt die Bedarfsplanung da, da diese weiterhin weder das Alter der Ärzte, noch die Praxisgrößen, noch die Ärzteverteilung innerhalb der jeweiligen Planungsbereiche und auch nicht die Infrastruktur und verkehrstechnische Anbindung der einzelnen Gemeinden berücksichtigt. Aufgrund dessen weist diese für den Landkreis Miltenberg auch rein rechnerisch bis auf wenige Ausnahmen eine Überversorgung aus, obwohl für die Bevölkerung eine wohnortnahe ärztliche Versorgung weder wahrnehmbar noch tatsächlich vorhanden ist.

 

·         Des Weiteren besteht ein dringender Handlungsbedarf bei den Fachärzten und hier insbesondere bei den Kinderärzten, auch wenn derzeit offiziell für letztere nur ein halber Arztsitz zu besetzen ist. Die zurzeit im Landkreis tätigen sechs Kinderärztinnen und -ärzte sind massiv überlaufen und überlastet, so dass sie für ihre Praxen bereits Annahmestopps verhängt sowie Eltern mit ihren Kindern an die Hausärzte und auch schon an das Gesundheitsamt verwiesen haben.

 

·         Ein weiteres Problem, welches ansteht und bisher noch nicht gelöst ist, stellt die Neuorganisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes und die Einrichtung zentraler Bereitschaftsdienstpraxen im Rahmen der neuen Bereitschaftsdienstordnung dar. Auch hier besteht weiterhin Handlungsbedarf.

 

·         Last but not least wurden Mitte Oktober 2014 auch noch die Umstrukturierungspläne der Helios-Kliniken im Landkreis mit einer Verlegung der gesamten Akutmedizin und Notfallversorgung an die Klinik Erlenbach und dem Weiterbetrieb der Klinik Miltenberg nach einer Verlegung der geriatrischen Rehabilitationsabteilung von Erlenbach dorthin nur noch als Reha- und Belegklinik bekannt. Diesen Prozess gilt es nach der Entscheidung des Krankenhausplanungsausschusses konstruktiv zu begleiten.

 

Bereits aufgrund der geschilderten Probleme im ambulanten Bereich hatte Herr Landrat Scherf die Initiative ergriffen und für den 06. August 2014 Vertreterinnen und Vertreter der Ärzte-, Zahnärzte- und Apothekerschaft, der Krankenhäuser, der Krankenkassen, des Hospiz-, Palliativ-, Pflege- und Selbsthilfebereichs sowie der Kommunalpolitik zu einem Gespräch über die Gesundheitsversorgung im Landkreis Miltenberg eingeladen. Rund 30 Personen waren der Einladung gefolgt und trugen äußerst engagiert ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Beurteilungen vor. Der Vorschlag des Landrats, sich für die weitere Zusammenarbeit und Bewältigung der anstehenden Probleme zusammenzutun und um eine Aufnahme in das geplante neue Modellprojekt „Gesundheitsregionen plus“ des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zu bewerben, erntete dabei breite Zustimmung und wurde allseits unterstützt und befürwortet.

 

Am 15. September 2014 fand dann in einer kleineren Runde noch ein Gespräch mit den beiden Regionalen Vorstandsbeauftragten der Bezirksstelle Unterfranken der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns statt, nachdem diese am vorgenannten Gespräch verhindert waren und nicht teilnehmen konnten. Auch von diesen wurde die Bewerbung des Landkreises Miltenberg um eine Aufnahme in das geplante neue Modellprojekt ausdrücklich begrüßt und befürwortet.

 

Die Bewerbung / Interessensbekundung um eine Aufnahme in das geplante neue Modell-projekt „Gesundheitsregionen plus“ beim Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erfolgte mit Schreiben vom 11. August 2014.

 

In einem Telefonat mit dem Gesundheitsministerium am 24. September 2014 wurde deren / dessen Eingang bestätigt und die Projektausschreibung für das geplante neue Projekt bis Mitte November 2014 angekündigt.

 

Mit Schreiben des Gesundheitsministeriums vom 24. Oktober 2014 wurde der Eingang der Bewerbung und Interessensbekundung auch noch einmal schriftlich bestätigt. Desweiteren wurde u.a. darin mitgeteilt, dass die Abstimmung des Konzeptes zurzeit noch im Gange sei und deshalb noch keine Anträge entgegengenommen werden können. Die Zusendung des endgültigen Konzeptes wurde uns aber zugesagt. Außerdem wurde uns bestätigt, dass der Landkreis Miltenberg mit seiner Bewerbung auf dem richtigen Weg sei. Die Bestandserhebung sei quasi schon durchgeführt worden. Unsere Erwartungen deckten sich weitgehend mit den Zielen des Projektes.

 

In einem weiteren Telefonat mit dem Gesundheitsministerium am 28. November 2014 teilte dieses mit, dass sich leider die Projektausschreibung und Konzeptveröffentlichung noch etwas hinausziehe. Bei den Bewerbungen / Interessenten stehe der Landkreis Miltenberg aber „ganz oben“.

 

Dieser Bericht bis hierher – einschließlich der Informationen zum geplanten neuen Modellprojekt mit Stand: Mai 2014 – wurde auch bereits bei der Sitzung des Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales am 10. Dezember 2014 gegeben. Irgendwelche Entscheidungen konnten damals noch nicht getroffen werden, da die Projektausschreibung und das Konzept für das neue Projekt noch nicht vorlagen.

 

Mit E-Mail vom 16. Dezember 2014 wurden nun vom Ministerium der Verwaltung das Konzept für das neue Projekt (Stand: 15. Dezember 2014) und sowie weitere Unterlagen zugesandt.

 

Danach ist Ziel des geplanten neuen Projektes ein Netzwerk auf kommunaler Ebene zur Sicherung einer hochwertigen und wohnortnahen medizinische Versorgung sowie zur Stärkung der Gesundheit der Bevölkerung.

 

Alle Gesundheitsakteure vor Ort sollen noch stärker miteinander vernetzt und ihre Zusammen-arbeit noch verbessert werden.

 

Für die Aufnahme in die Projektförderung ist die Einrichtung folgender Gremien / Stellen erforderlich:

 

·         Ein Gesundheitsforum als zentrales Management- und Steuerungsorgan unter dem Vorsitz des Landrats oder Oberbürgermeisters mit maximal 20 bis 30 Mitgliedern (u.a. Vorsitzende/r des Ärztlichen Kreisverbandes, örtliche/r Vertreter/in der Kassenärztlichen Vereinigung, Vorsitzende der lokalen Ärzte- und Apothekennetzwerke, Vertreter/in der lokalen  Krankenhäuser und örtlichen Krankenkassen, Patientenvertreter/in; Kommunalpolitiker/innen usw.).

 

·         Zwei Pflichtarbeitsgruppen zur Gesundheitsversorgung vor Ort sowie zur Gesundheits-förderung und Prävention. Für weitere lokale Problemlagen können zusätzliche Arbeitsgruppen eingerichtet werden. Mitglieder in den Arbeitsgruppen sollen die zuständigen Akteure und Experten sein.

 

·         Eine Geschäftsstelle zur zentralen Organisation und Koordination innerhalb und zwischen den „Gesundheitsregionen plus“. Die Aufgaben der Geschäftsstelle sind im Wesentlichen u.a. die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen, der Informationstransfer zwischen den Gremien, die Betreuung der eingesetzten Arbeitsgruppen, die Begleitung der initiierten Projekte sowie die Umsetzung des Umsetzungsplans zur Sicherung der Ergebnisse anhand halbjährlicher Fortschrittsberichte.

 

Die Förderung erfolgt ohne Rechtspflicht im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel.

 

Sollten mehr Anträge eingehen als Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, werden sie in der Reihenfolge des Eingangs der vollständigen Anträge berücksichtigt.

 

Die Zuwendung wird in Form einer Projektförderung als Anteilfinanzierung in Höhe von bis zu 70 % der förderfähigen Ausgaben – höchstens in Höhe von 50.000 Euro je Jahr – gewährt.

 

Der Zuwendungsempfänger muss einen Eigenanteil von mindestens 20 % erbringen.

 

Zuwendungsfähig sind alle Ausgaben, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Geschäftsstelle der Gesundheitsregion plus in den Handlungsfeldern „Gesundheitsförderung und Prävention“ sowie „Gesundheitsversorgung“ stehen und den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen.

 

Bei den zuwendungsfähigen Ausgaben dürfen Personalkosten nur im Umfang einer Stelle mit höchstens der Vergütungsgruppe E 13 TV-L bzw. TVöD berücksichtigt werden. Empfohlen wurde von der fachlichen Leitstelle beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 1 Vollzeitstelle mit der Qualifikation als Gesundheitswissenschaftler/in oder Sozialarbeiter/in mit dem Ausbildungsschwerpunkt „Gesundheitsförderung“ und Erfahrungen im Gesundheitsbereich / Gesundheitsmanagement.

 

Der Bayerische Landtag hat im Doppelhaushalt 2015 / 2016 Haushaltsmittel und Verpflichtungsermächtigungen für die Förderung von insgesamt 24 Gesundheitsregionen plus bewilligt.

 

Die Förderung erfolgt längstens bis zum 31. Dezember 2019.

 

Der Antrag für die komplette Laufzeit ist einmalig.

 

Unabdingbar für das Projekt ist auch die Teilnahme von Vertreterinnen und Vertretern der Kommunalpolitik.

 

Der Kreistag fasst einstimmig den

 

B e s c h l u s s :

 

Der Landkreis Miltenberg beantragt seine Aufnahme in das Modellprojekt „Gesundheitsregionen plus“ des Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und ist bereit, eine „Gesundheitsregion plus“ zu bilden, diese nach den im Konzept des Staatsministeriums dazu dargestellten Grundsätzen zu organisieren und sich den Haupthandlungsfeldern „Gesundheitsförderung und Prävention“ sowie „Gesundheitsversorgung“ zu widmen.

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