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TOP Ö 8: Jahresrückblick 2014

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Sitzung:18.12.2014   KT/006/2014 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Landrat Scherf führt zum Jahresrückblick 2014 aus:

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

das Jahr 2014 neigt sich dem Ende zu. Ein Jahr, das in der ersten Jahreshälfte durch die Kommunalwahlen geprägt war. Deshalb danke ich ausdrücklich allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich bei den Wahlen im März 2014 als Bewerber/in für ein Amt im Gemeinde-, Stadtrat oder Kreistag zur Verfügung gestellt haben.

In den Dank schließe ich alle gewählten ehrenamtlichen Stadt-, Markt-, und Gemeinderätinnen und -räte, aber auch die Vertreter/innen im Kreistag ausdrücklich ein.

Der Vollständigkeit halber blenden wir im Hintergrund ein, was der Kreistag in seiner Gesamtheit in Zahlen ausgedrückt geleistet hat.

Insgesamt wurden vom Kreistag und seinen Ausschüssen im Jahr 2014  63 Sitzungen gehalten.

 

Das kommunale Ehrenamt ist ebenso wie das Ehrenamt im Allgemeinen, mit viel Verantwortung und zeitlicher Beanspruchung verknüpft. Für ihr Engagement gebührt allen Ehrenamtlichen und deren Familien Anerkennung! Unsere Gesellschaft kann ohne dieses Engagement nicht existieren, unsere Demokratie ist nicht lebensfähig ohne das ehrenamtliche Engagement.

 

Deshalb freue ich mich auf den Ehrenabend am 5. Februar als Aufwertung für die Aushändigung des Ehrenzeichens des Ministerpräsidenten und die Landkreis-Ehrungen der Ehrenplakette und des Ehrenzeichens. Im September schließt sich der Tag des Ehrenamtes an.

 

Ich möchte Sie alle ermutigen, neue Wege in der Anerkennungs- und Wertschätzungskultur gegenüber unseren unzählig ehrenamtlich aktiven Menschen zu gehen. Über den Weg zur Einführung der Ehrenamtskarte werden wir uns im kommenden Jahr ebenfalls detailliert und konkret unterhalten müssen.

 

Apropos „unterhalten“. Auch ich schätze den Austausch zwischen der Landkreisverwaltung und Vertreter/innen aus Wirtschaft, Bildung, Verbänden. Deswegen werde ich Sie im ersten Halbjahr 2015 zu einem Zukunftsdialog mit Empfang einladen. Auch hier die Ermutigung: Gehen Sie den neuen Weg mit.

 

Mut und die Bereitschaft neue Wege zu gehen sind notwendig angesichts der zahlreichen Herausforderungen. Dazu gehört es auch, dass anders als in der Vergangenheit gewohnt, nicht alle Entscheidungen im Kreistag bereits von der Verwaltung vorgetroffen werden. Sie sind als Kreisrätinnen und Kreisräte nicht gewählt, um Vorentscheidungen der Verwaltung durch ihr Abstimmungsverhalten zu legitimieren.

Egal ob es um die Frage weiterer Wertstoffhöfe, um die Frage eines neuen Führungskonzepts unserer Kreisbrandinspektion, um die Frage der Alarmierung der Feuerwehr in Mömlingen geht: Für bestmögliche Entscheidungen und eine funktionierende, die Menschen überzeugende Demokratie ist ihre Kompetenz gefragt und es ist von Ihnen mehr gefordert als Ja oder Nein zu sagen!

Gerade in der Kommunalpolitik haben wir durch sachlich fundierte Diskussionen die Chance, die Attraktivität der Demokratie zu stärken.

Wir – und da schließe ich alle, die im Landkreis Miltenberg in Behörden und Kommunen, Politik und Gesellschaft Verantwortung tragen, mit ein – haben im auslaufenden Jahr vieles auf den Weg gebracht, was mich auch für die Zukunft unseres so vielfältigen Landkreises mit Zuversicht erfüllt.

 

Dies geht nur durch eine gemeinsame Anstrengung. Gemeinsam hier im Kreistag ebenso wie im Miteinander von Landkreis und den 32 Kommunen und im Miteinander der Kommunen.

Hier möchte ich besonders die interkommunale Zusammenarbeit in den drei Allianzen Südspessart, Spessartkraft und Bayerischer Odenwald hervorheben. Diese Kooperation über die Gemeindegrenzen hinweg ist wegweisend und Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft.

Egal ob mitten im Spessart, im Südspessart oder im Bayerischen Odenwald – hier entscheidet sich die dauerhafte Zukunftsfähigkeit des Landkreises Miltenberg; können wir überzeugende Perspektiven auch auf dem Land bieten. Mit dem starken Wirtschaftszentrum im Maintal können wir eine überzeugende Kombination von Leben und Arbeiten in der wundervollsten Naturlandschaft Deutschlands bieten.

 

Egal ob in den drei Kommunalen Allianzen oder in der LAG Main4Eck - zukunftsweisend ist die intensive Einbindung der Bürgerinnen und Bürger. Ihre Ideen und Kompetenzen tragen uns.

Nur so konnte eine überzeugende Lokale Entwicklungsstrategie unter dem Titel „Vielfalt leben“ entwickelt werden und nur so wird es uns gelingen die Weichen richtig zu stellen bei Themen wie

 

-       der Umsetzung unseres Klima- und Energiekonzepts: Das Jahr 2014 war das erste ganze komplette Jahr unserer Energie-Agentur. Und sie hat ihre Leistungsfähigkeit angedeutet. Mit dem Auftrag für die Weiterentwicklung der Energieberatung hat der neue Ausschuss für Energie & Umwelt den richtigen Impuls gegeben. Die Einrichtung eines Solarpotentialkatasters, die Zonierung für die Windkraft im Bayerischen Odenwald und Schritte für ein erweitertes Mobilitätskonzept stellen die Weichen in die richtige Richtung. Auch hier leben wir von der Vernetzung der Regions- und Landkreisebene mit den lokalen Initiativen und Allianzen, genauso wie bei der

 

-       Zukunftssicherung des ländlichen Raums mit Themen wie Breitband, Gesundheitsregion plus oder eine funktionierende  Verkehrsinfrastruktur auf Straße und Schiene. Für Letzteres konnte der neue Ausschuss Wirtschaft & Tourismus bereits wertvolle Impulse geben, wenn ich an die Besuche bei den Weltunternehmen Haacon und Erbacher & Josera erinnern darf, gerade im Hinblick auf Bedürfnisse der Anbindung mit Schiene oder Straße.

 

-       Ein 3. zentrales Zukunftsthema ist die Qualitätssteigerung in Sachen Bildungslandkreis sowohl beim Thema Generalsanierung unserer Schulen als auch beim qualitativen Ansatz mit der Qualifizierung zur Bildungsregion in 2015. Sowohl finanziell als auch hinsichtlich der zeitlichen Ressourcen wird dies ein Schwerpunkt der kommenden Jahre.

 

-       Ferner sind die Weichen gestellt für eine Beteiligung des Kreistags und seiner Gremien in Bereichen wie Kultur oder Tourismus. Hier kann und wird die Politik gefordert sein zu sagen, was der Landkreis will, wie er es erreichen soll und welche Mittel er bereit ist auszugeben.

 

-       5. Das alles gelingt uns nur mit einer soliden Finanzpolitik. Zum Ende des Jahres sinkt der Schuldenstand aufgrund vorgezogen erhaltender Fördermittel auf 30,5 Millionen Euro. Auch für die Zukunft werden wir uns an der Selbstverpflichtung einer soliden Haushaltspolitik ohne Netto-Neuverschuldung orientieren müssen, denn Handlungsspielräume besitzen wir nur, wenn wir solide wirtschaften.

 

Für 2015 haben wir den Spielraum, die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen an den Gymnasien in Erl. & Mil. anzugehen bzw. diese an der Realschule in Obb fortzusetzen. Dies sind wir den jungen Menschen schuldig. Jahr für Jahr müssen wir aber stets neu entscheiden, mit dem Blick auf das Gebot des soliden Wirtschaftens, wie der nächste Schritt verantwortbar aussehen kann.

Neben den großen Zukunftsthemen haben uns zwei Themen in 2014 ganz besonders beschäftigt, die wohl jeden Jahresrückblick dominieren:

Im November erreichte uns besonders die für Miltenberg und den südlichen Landkreis schockierende Nachricht von bedeutenden Umstrukturierungen in unseren seit 2005 privat geführten Krankenhäusern, was bei vielen Menschen als „Schließung“ ankam.

Entsprechend der Position des Bayerischen Landkreistags lehne ich auch als Landrat eine Trägerschaft von Krankenhäusern in privater Betreiberschaft entschieden ab. Renditeziele von bis zu 15 % haben bei Fragen der stationären Gesundheitsversorgung nichts verloren. Krankenhäuser gehören in kommunale Verantwortung.

Nichtsdestotrotz gilt es nun, sich nicht in Vergangenheitsbewältigung zu verlieren, sondern Verantwortung zu übernehmen für eine gute Versorgung unserer Menschen besonders in Sachen Notaufnahme im Krankenhaus, Sicherstellung von Rettungsdienst und Notärzteversorgung.

 

Als sehr gut hat es sich erwiesen, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen und offen alle aufgeworfenen Fragen klar zu formulieren und Antworten bzw. Handelsbedürfnisse zu ermitteln.

 

Ergebnisse:

1.    Das offene Gespräch ist eine gute Grundlage für ein konstruktives Zusammenarbeiten; für die Veränderungen bei der Notaufnahme wurde die direkte Kommunikation von Krankenhaus, Rettungsdienst und Notarzt vereinbart;

2.    Die Notaufnahme des Krankenhauses in Erlenbach wird personell optimiert, eine Erhöhung der Intensivbetten ist kurzfristig möglich – wir bauen auf die Zusagen von Helios.

3.    Zur Sicherstellung des Rettungsdienstes hat der Landrat dem Rettungszweckverband einen Prüfauftrag (für das Institut für Notfallmedizin) erteilt; Umsetzung der Strukturreform zum 1.1.2015 ist zu kurzfristig, selbst das Krankenhaus ist unter einem kaum zu verantwortendem Zeitdruck; gehandelt wurde seitens des Landkreises umgehend nach der Information über die geplanten Veränderungen im Haus Helios bzw. nach Bekanntwerden von Problemen in der Einhaltung einer 12-Minuten-Frist beim Rettungsdienst in Kirchzell.

4.    Zur Verbesserung der bes. im südl. Landkreis kritischen Notärzteversorgung ist Helios auf Bitten der Kassenärztlichen Vereinbarung bereit, unter der Woche zu Tageszeit den Notarzt zu stellen. Eine Umsetzung scheint erst Mitte 2015 möglich; hier bestand dringender Handlungsbedarf, da die niedergelassenen Ärzte dies in der gegebenen Tageszeit nicht gewährleisten können; verantwortlich ist die Kassenärztliche Vereinigung;

5.    Im Krankenhausstandort Miltenberg wird neben der geriatrischen Reha das Beleghaus mit den Abteilungen Chirurgie, Urologie und Gynäkologie fortbestehen. Zu den Kernzeiten können viele „Notfälle“ auch in der chirurgischen Notfallpraxis behandelt werden (Platzwunde, Armbruch etc.)

6.    Für die Sicherstellung des Katastrophenschutzes hat Helios seine dauerhafte Mitarbeit am Beirat für Katastrophenschutz im Landkreis Miltenberg erklärt ebenso wie sein Interesse, an Übungen teilzunehmen.

7.    Am Krankenhausstandort Erlenbach wird es voraussichtlich im 1. Halbjahr zur Einrichtung einer Praxis für den Ärztlichen Bereitschaftsdienstes kommen. Das ist ein wichtiger Schritt für ein enges und partnerschaftliches Miteinander von ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung.

 

Zur Sicherstellung des Rettungsdienstes trifft sich im Januar der Landrat gemeinsam mit dem Bürgermeister von Kirchzell mit dem Geschäftsführer des Rettungszweckverbands.

Fragen zur Gesundheitsversorgung im Landkreis wie Ärztlicher Bereitschaftsdienst oder Allgemeinarztversorgung können in der geplanten Gesundheitsregion plus bearbeitet werden, die ein unverzichtbares Instrument ist für eine dauerhaft gute Gesundheitsversorgung im Landkreis Miltenberg.

 

Neben den gravierenden Umstrukturierungen in den Krankenhäusern war die zweite große Herausforderung die Aufnahme von Menschen auf der Flucht; angesichts der weltweit größten Flüchtlingswanderung seit Ende des 2. Weltkriegs oder über anderthalb Millionen Flüchtlingen alleine in der Türkei wirken die etwa 4000 Flüchtlinge unterfrankenweit trotz der Steigerung von 1831 Flüchtlinge in Unterfranken im Jahr 2013 eher gering … und doch ist dies eine große Herausforderung für uns, denn wir haben Ansprüche an eine menschenwürdige Unterbringung.

Ich möchte Danke sagen den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, aber auch den Verantwortlichen in unserer Verwaltung sowie bei der Caritas und Kommunen, ohne die wir die Unterbringung und Versorgung der asylsuchenden Menschen nicht bewältigen könnten. Dabei freue ich mich persönlich, dass das „Klima“ bei den Menschen in den Städten und Gemeinden überwiegend spürbar von Hilfsbereitschaft und Offenheit geprägt ist. Dies ist ein großer Schatz, den wir auch dadurch bewahren können, dass wir in unserer Wortwahl große Vorsicht walten lassen.

Auch die Anstrengungen in unseren Kindertagesstätten und Schulen, den sehr hohen Anteil junger Menschen an den knapp 450 Flüchtlingen im Landkreis Miltenberg zu integrieren, sind nicht hoch genug einzuschätzen. Hier wird vieles geleistet.

Unter dem Strich – das müssen wir angesichts stumpfsinniger Parolen immer wieder betonen - zahlt die Gruppe der Menschen ohne deutschen Pass in Deutschland mehr in die staatlichen Kassen ein als ihnen überwiesen wird.

Es geht aber auch darum darauf hinzuweisen, dass das Asylrecht im Grundgesetz verankert ist und wir eine Verpflichtung haben, den Schwächsten und gerade auch neu angekommenen Flüchtlingen die Hand zu reichen. Zu Recht weist Regierungspräsident Dr. Beinhofer in seiner Weihnachtsbotschaft darauf hin, dass dies eine Menschenpflicht ist.

Das Matthäus-Evangelium erzählt uns nicht nur die Geschichte von der Geburt Jesu und der Menschwerdung Gottes, sondern auch deren Bedeutung. Mit ebendiesen Worten Jesu: „Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen“ hat Würzburgs Bischof Friedhelm Hofmann vor wenigen Wochen seinen Dank an die caritativen Einrichtungen, an die Pfarreien und Ordensgemeinschaften für deren Engagement bei der gemeinsamen Sorge um die Asylbewerber zum Ausdruck gebracht. Der Evangelische Landesbischof und neue EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat anlässlich seiner Predigt zu 1000 Jahre St. Stephan in Würzburg auf die Notwendigkeit zur gemeinsamen Sorge um Flüchtlinge und Asylbewerber eindrucksvoll hingewiesen. Staat, Kommunen und Kirchen sind gemeinsam in der Pflicht, den Asylsuchenden zu helfen. „Christen interessieren sich für alle Menschen und ihre Not“, so Landesbischof Bedford-Strohm, der damit seinen Dank auch gegenüber den Behörden und Gemeinden verband.

Auch wenn wir – krankheitsbedingt – auf die Einbürgerungsfeiern im Jahr 2014 verzichtet haben – der Landkreis Miltenberg ist offen und dankbar für jeden Fremden, der eine unserer 32 Städte und Gemeinden zu seiner neuen Heimat macht und „Ja“ zu Deutschland und unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sagt.

 

Gemeinsam unserer Verantwortung bewusst werden und entsprechend handeln, für unsere Heimat, den Landkreis Miltenberg – das ist auch die Überschrift für das kommende Jahr und für unser gemeinsames Wirken im Kreistag.

 

Mit der schon 2014 bewiesenen Einsatzfreude und Auseinandersetzungsbereitschaft des Kreistags ist mir ebenso wenig bange wie beim Blick auf die Einsatzbereitschaft der Verwaltung.

 

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein ruhiges, besinnliches gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute und besonders Gesundheit für ein friedliches Jahr 2015.“

 

 

Kreisrat und stellvertretender Landrat Thomas Zöller fügt hinzu, im Jahresrückblick seien viele spannende Themen dabei gewesen. Er wolle auch Landrat Scherf herzlichen Dank sagen. Anfang Mai habe er wohl auch noch nicht gewusst, was ihn alles erwarten werde und mit was er sich jetzt beschäftigen müsse. Auch im Namen des Kreistags sage er ihm Danke für die kollegiale Zusammenarbeit.

 

Der Kreistag nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

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