Tagesordnungspunkt

TOP Ö 11: Haushaltsentwurf;
Empfehlungsbeschluss

BezeichnungInhalt
Sitzung:06.11.2014   JHA/002/2014 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Landrat Scherf leitet mit den folgenden Worten ein, dass hinter der Aufstellung von Ausgaben und Einnahmen, Zuschussbedarf und Erstattung, zumeist gesellschaftliche Veränderungen, menschliche Schicksale oder Auswirkungen auf den beruflichen Alltag der hier Beschäftigten stecken. Ein guter Grund, genauer hinter die Entwicklungen zu schauen, die sich im Haushaltsansatz abbilden. Jedem sei bewusst, dass die Bedeutung der Jugendhilfe in der Gesellschaft seit 2005 stark angestiegen sei. Gründe seien die Einführung des Schutzauftrages nach §8a SGB VIII, aber auch der erweiterte Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz, hier vor allem im Krippenbereich.

Insgesamt sei interessant, dass bundesweit 700.000 Fachkräfte hier beschäftigt seien. Wenn man dann noch die Hausmeister und Hauswirtschaftskräfte in den Einrichtungen dazu nehme, spreche man von übe 800.000 Beschäftigten im Jugendhilfebereich. Im Vergleich dazu habe es im Schuljahr 2012/2013 in Deutschland rund 760.000 Lehrer und Lehrerinnen an allgemeinbildenden Schulen. Wen das nicht beeindrucke, dem sei gesagt, das selbst in der Automobilindustrie inklusive Zulieferer 720.000 Beschäftige arbeiten.

Der Fachkräftemangel habe hier also schon begonnen. Die Einführung der Jugendsozialarbeit habe auch dazu geführt, dass wir gutes Personal im Landkreis Miltenberg sichern konnten. Die Auswirkungen der minderjährigen Flüchtlinge seien dazu heute schon besprochen worden. Dies bilde sich auch im Haushalt ab. Was sich auch abbilde, sei die flächendeckende Jugendsozialarbeit an Förder- und Mittelschulen. Zum einen sehe man dies am deutlichen Zuwachs an Personalstellen, den Jahresarbeitsstunden, aber auch eben in einem Beitrag zu deutlich sinkenden Fallzahlen.

Durch die Jugendsozialarbeit können soziale Probleme im lebensnahen schulischen Umfeld frühzeitig angegangen werden; frühe niedrigschwellige Angebote außerhalb der Jugendhilfe wie z.B. die Nutzung von Vereinsangeboten und Formen der Ganztagsbetreuung von Schulkindern leisten ihren Betrag, dass Hilfen zur Erziehung nicht mehr in dem Umfang wie bisher notwendig werden. So führen aber diese Veränderungen in der Summe nicht zu einer Entlastung im Allgemeinen Sozialen Dienst. Hier sei feststellbar, dass seit 2008 der Arbeitsaufwand für die „allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie“ um 77% gestiegen sei. Hierunter fallen auch die Beratung, Begleitung und Betreuung von Familien, die zu keiner Hilfe bereit seien, aber einen hohen Hilfebedarf haben, der durch den ASD sichergestellt werden müsse.

Mit der Konkretisierung des Schutzauftrags nach §8a SGB VIII sei bundesweit die Zahl der Inobhutnahmen seit 2006 nach oben gegangen. Gleichzeitig sei die Nachfrage nach Heimplätzen, vor allem für Säuglinge und Kleinkinder stark angewachsen, während man zuvor diese Betreuungsform zugunsten von Pflegefamilien weitestgehend aufgegeben hatte. Eine statistische Auswertung, ob damit die Gefährdungen von Kindern zurückgegangen seien und die negativen Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern erfolgreich abgewendet werden könne, sei aktuell nicht verfügbar. Wohl aber sei feststellbar, dass das Bundesverfassungsgericht in mehreren richtungsweisenden Verfahren die Sorgerechtsentzüge gegen die Eltern aufgehoben und die Jugendämter verpflichtet habe, Maßnahmen gemeinsam mit den Eltern zu erarbeiten und in Gefährdungssituationen umzusetzen. Der klare Auftrag sei, die Sicherheit eines Kindes nicht auf Kosten von grundlegenden Eingriffen in die Entwicklung von anderen Kindern zu erkaufen. Wir kommen diesem Auftrag stets nach und seien als Jugendamt frühzeitig bei der Einführung der KoKi und der Frühen Hilfen dabei gewesen.

Auch im kommenden Jahr werden wir hier unser Engagement weiter ausbauen und mit finanzieller Unterstützung durch die Bundesinitiative Frühe Hilfen die Entwicklung vorantreiben.

Am 1. Januar 2012 sei das Bundeskinderschutzgesetz in Kraft getreten, dass die Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Kinderschutz vor dem Hintergrund vielfältiger Erfahrungen und Erkenntnisse aus Praxis und Forschung der Kinder- und Jugendhilfe auch für andere Berufsgruppen weiter konkretisiere.

Unser Ansatz sei es, den Familien stets mit Achtung und Respekt gegenüberzutreten, denn niemand könne einem Kind grundsätzlich adäquat die Eltern ersetzen. Dieser Grundsatz finde auch bei zum Schutz von Leib und Wohl des Kindes notwendigen Interventionen stets Anwendung, weshalb er die bundesweit erhobenen Vorwürfe gegenüber Jugendämtern wegen steigender Zahlen von Inobhutnahmen in keiner Weise nachvollziehen könne.

Eine weitere Entwicklung sei die zu einer inklusiven Gesellschaft, in der öffentlich wahrnehmbaren Diskussion gehe es oftmals um den Bereich der inklusiven Beschulung. Dabei werde leicht übersehen, dass dies viel früher losgehe, dass Eltern behinderter Kinder schon im Kindergarten damit begonnen haben, sich einen Platz für ihr Kind in der natürlichen Umgebung zu erkämpfen. Hier leisten die Kindertagesstätten wirklich Großes, und über die Fachberatung werde die Jugendhilfe zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung beitragen, denn es gebe noch tatsächliche und im Kopf befindliche Hürden zu überwinden.

Auch die Elternbildung werde sich dieser Thematik weiter annehmen. Weiter gelte es, allen Kindern und Jugendlichen Zugang zum Vereinsleben, zu einer gemeinsamen Freizeitgestaltung und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu sichern. Hier sei es Aufgabe der kommunalen und präventiven Jugendhilfe, sich klar für eine inklusive Gesellschaft zu positionieren und die notwendigen Impulse zu geben.

Gefordert sei die Jugendhilfe auch bei der inklusiven Beschulung. Auch wenn in Artikel 2 BayEuG geregelt sei, dass inklusiver Unterricht Aufgabe aller Schulen sei, werde vielfach über die Jugendhilfe ein Schulbegleiter oder eine Schulbegleiterin angefordert, um das Recht auf inklusiven Unterricht zu verwirklichen. Der Landkreis stelle sich gern dieser Aufgabe und sei auch bereit, entsprechende Mittel aktuell zur Verfügung zu stellen, bis der Umbau aller Schulen zu Inklusionsschulen erfolgt sei. Dann werde es aber Aufgabe des Kultusministeriums sein, den inklusiven Unterricht für alle auch ohne Schulbegleitung durch die Jugendhilfe sicherzustellen.

Er führt zuletzt aus, er hoffe, dass es deutlich werde, dass man mit der Jugendhilfe nicht nur auf Entwicklungen reagiere, sondern immer auch gestalte. Trotz aller Zwänge durch die Entwicklungen versuche man, diesen Anspruch weiter zu leben. Er übergibt Herrn Winkler das Wort.

 

 

Herr Winkler erläutert anhand der Anlagen:

 

Im Jahr 2014 wird das Sachgebiet Kinder, Jugend und Familie bei Ausgaben von voraussichtlich 7.120.193 € und Einnahmen von voraussichtlich 1.696.082 € mit einem Zuschussbedarf von ca. 5.424.111 € abschließen.

 

Für das Jahr 2015 werden Ausgaben von 8.630.450 € und Einnahmen von 2.826.450 € veranschlagt.

 

Das ergibt einen geplanten Zuschussbedarf von 5.804.000 €.

 

Der Haushaltsentwurf wurde auf Grundlage der Ist-Zahlen vom 30.09.2014, hochgerechnet auf das voraussichtliche Jahresergebnis 2014, erstellt. Weiter wurden aktuelle Entwicklungen und geplante Veränderungen mit berücksichtigt.

 

Weitere Einzelheiten, insbesondere die Veränderungen in den jeweiligen Haushaltsstellen, entnehmen Sie bitte dem beigefügten Entwurf sowie den Erläuterungen in der Jugendhilfeausschusssitzung.

 

Der Jugendhilfeausschuss fasst einstimmig den

 

B e s c h l u s s :

 

Der Haushaltsansatz 2015 für das Sachgebiet: Kinder, Jugend und Familie (Jugendamt) mit einem Volumen bei den Ausgaben von 8.627.316 € sowie mit Einnahmen von 2.826.450 €, d. h. einem Zuschussbedarf für 2015 in Höhe von 5.804.000 €, wird angenommen und dem Kreistag zur Zustimmung empfohlen.

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