Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Grundsatzentscheidung zum Abfallkonzept des Landkreises: Beschluss zur Errichtung eines weiteren Wertstoffhofes

BezeichnungInhalt
Sitzung:20.10.2014   KT/005/2014 
Beschluss:mehrheitlich beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Noch der alte Kreistag, so Landrat Scherf, habe ein Gutachten zur Optimierung der Wertstofferfassung, zur Frage der Notwendigkeit zusätzlicher Wertstoffhöfe sowie deren Organisation in Auftrag gegeben. Auftragsformulierung und die Vergabe des Auftrags seien mit dem Kreistag abgestimmt und einstimmig beschlossen worden.

Nach der Kommunalwahl hatte das beauftragte Büro Schmidt & Bechtle sein Konzept vorgelegt. Dies sei dem Kreistag und dem zuständigen Ausschuss für Energie, Natur- und Umwelt ausführlich am 14. Juli 2014 vorgestellt worden und liege den Anwesenden schriftlich vor.

Wegweisend sei seines Erachtens, dass man seitens der Verwaltung zwei Varianten vorgelegt habe, die es politisch zu bewerten galt. In einem intensiven und sehr sachlichen, seiner Erachtens sehr gewinnbringenden, Prozess habe sich die Umsetzung von Variante 1 – Bau eines zusätzlichen Wertstoffhofes Süd – sowohl in der Verwaltung als auch in den Fraktionen durchgesetzt.

 

Dies bringe folgende Vorteile mit sich:

  • Zunahme der erfassten Wertstoffe: ökonomisch wie ökologisch sinnvoll
  • Besserer Service für die Bürger/innen im südlichen Landkreis
  • Entlastung auf dem Wertstoffhof Erlenbach sei in Ruhe nachhaltig beobachtbar, um evtl. Variante 2 zu einem späteren Zeitpunkt umzusetzen.

 

Die Frage des Betriebs des Wertstoffhofes durch einen privaten Betreiber von Kreisrat Ullmer sei bereits bei dieser Vorstellung des Gutachtens am 14.07.2014 an den Gutachter Herrn Schmidt gestellt worden.

Herr Schmidt habe damals empfohlen, den/die neuen Wertstoffhöfe selbst zu betreiben und sei kurz auf rechtliche Probleme – wie die Gebührenerhebung oder den Umsatzsteuervorteil des Landkreises – eingegangen.

 

Dies heiße im Detail:

  • Eine Privatfirma könne keine Gebühren erheben. Wie behandele man die gebührenpflichtigen Anlieferung oder größere Anlieferungen? Bei der Kostenerhebung durch eine Privatfirma müsse auf die „Gebühren“ des Landkreises 19% Umsatzsteuer aufgeschlagen werden.
  • Dies würde zu unterschiedlichen Kosten für die Bürger in Erlenbach und Guggenberg und dem neuen Wertstoffhof führen.
  • Derzeit genieße die Kommunale Abfallwirtschaft für hoheitliche Aufgaben noch einen Umsatzsteuervorteil. Für Leistungen des eigenen Personals falle keine Umsatzsteuer an, d.h. die Personalkosten fallen um 19% günstiger aus.

 

Zusätzlich gelte es zu beachten, dass wir ein bestehendes System zweiter Wertstoffhöfe haben:

  • Eine Sondersituation würde eine private Trägerschaft schaffen, da man dann zwei Wertstoffhöfe nach dem einen, den dritten nach einem anderen Konzept fahren würde.
  • Synergieeffekte bei Personal- und Maschineneinsatz würden zunichte gemacht werden.
  • Es liege ein detailliertes Gutachten zur Prüfung der Sinnhaftigkeit und der Art weiterer Wertstoffhöfe vor, auf dessen Grundlage man seit 14.07.2014 intensiv berate. Auch habe sich der Gutachter ausführlich zur Frage der privaten Betreiberschaft geäußert. Eine Notwendigkeit zu einer erneuten Prüfungsphase – die dann auch eine ähnliche Zeitspanne in Anspruch nehmen würde – sei nicht nötig.

 

In der langen Phase der fraktionsinternen Vorbereitungen des Grundsatzbeschlusses bis zur Sitzung des Umweltausschusses am 30.09.2014 sei diese Frage in keiner Kreistagsfraktion wieder angesprochen worden.

Erst in der Sitzung vom 30.09.2014 erneuerte Kreisrat Ullmer, diesmal ausführlicher und auch unter beispielhafter Nennung von Firmen, seine Anfrage zu einem privaten Betreiber des geplanten neuen Wertstoffhofes. Diese Fragen seien, soweit auf die Schnelle möglich, im Ausschuss beantwortet worden.

 

Daraufhin habe es einen mehrheitlichen Empfehlungsbeschluss für die vorgeschlagene Variante 1 zum Bau eines neuen Wertstoffhofes im Süden des Landkreises mit der Gegenstimme von Kreisrat Ullmer gegeben.

Nun liege der Verwaltung ein schriftlicher Antrag der Neuen Mitte zu diesem Sachverhalt vor, wozu er gerne der Neuen Mitte das Wort erteile.

 

 

Kreisrat Oettinger erklärt, er habe sich die Ausgangslage noch einmal angesehen. In diesem Auftrag heiße es „die gutachterliche Beurteilung solle folgende Rahmenbedingungen beachten: 1. Der Betrieb der Wertstoffhöfe erfolge grundsätzlich mit kreiseigenem Personal inklusive der teilweise notwendigen Transportleistungen“. Damit sei natürlich dem Gutachter auch die Hauptrichtung vorgegeben, um was er sich kümmern soll. Die Frage des Nachtrags der Umsatzsteuer werde sich in einigen Jahren ohnehin pulverisieren, wenn die UN endlich mit ihrem Antrag durchdringe, europaweit auch die öffentlichen Auftraggeber in der Umsatzsteuer mit zu behandeln. Zum anderen sei es dem Anlieferer völlig egal, wer den Wertstoffhof leite, er möchte seine Wertstoffe abgeben. Der Neuen Mitte gehe es darum, wenn man solch weitgreifende Entscheidungen treffe, die mit erheblichen Investitionen behaftet seien, dass man solche Entscheidungen nur treffen könne, wenn die Frage intensiv untersucht werde, ob solche Leistungen auch von Dritten erbracht werden können. Ganz gleich, ob dies Kommunen oder gewerbliche Unternehmer seien. Das hätte man gern von dem Gutachter gewusst. Im Landkreis Miltenberg gebe es sicherlich genug Unternehmen, die diese Aufgabe erledigen könnten. Er bitte daher noch einmal alle, dass man diese Möglichkeit der Übertragung noch einmal prüfe. Momentan fühle er sich nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, da das Gutachten nur sehr spärlich Auskunft darüber gebe, warum es unbedingt ein hoheitlicher Träger sein müsse.

 

Landrat Scherf gibt zu bedenken, man habe gemeinsam und einstimmig diesen Auftrag für dieses Gutachten so formuliert. Seit einem Vierteljahr diskutiere man intensiv auf Grundlage dieses Gutachtens und im Vorfeld der finalen Entscheidung, nach dem Empfehlungsbeschluss, falle einer Gruppierung ein, dass man es hätte anders machen sollen. Er betone auch, man habe zwei bestehende Wertstoffhöfe. Man würde zwei parallele Systeme schaffen. Man dürfe es sich auch nicht so einfach vorstellen, denn man müsse noch einmal komplett in die Überprüfungsphase einsteigen. Wenn man sich am Ende dann trotz der genannten handfesten Bedenken dafür entscheiden würde, dann gebe es ganz am Ende ein Ausschreibungsverfahren. Dann hole es sich möglicherweise einer der großen Entsorger.

 

Kreisrätin Hecht erklärt, es wäre schön gewesen, wenn der Antrag etwas intensiver mit Daten gefüttert gewesen wäre. Erkennbar sei nicht, dass es sich um ein prüfungswertes Konzept handele. Eine vorsichtige Orientierung wäre gut gewesen, mit welcher zeitlicher Verzögerung und mit welchen finanziellem Unterschied oder Vorteil zu rechnen gewesen wäre. Generell vermittle der Antrag den Eindruck, dass es günstiger sei, eine private Lösung zu wählen. Warum dies so sein soll, erschließe sich ihr nicht unmittelbar. Unter anderem deshalb, weil es einfach in der Natur von privaten Unternehmen liegen müsse, gewinnorientiert zu arbeiten. Abgesehen davon könne man auch auf die Nase fallen was die Qualität angehe. Alles in allem liegen mit dem Gutachten alle Daten auf dem Tisch, sie sei dafür, sich nicht weiter zu verrennen und den Weg nicht aus den Augen zu verlieren. Dies könne nicht zielführend sein. Ihre Fraktion lehne den Antrag ab.

 

Kreisrat Reinhard erklärt, man habe in den Gremien einen Konsens für einen weiteren Wertstoffhof gefunden und dies intensiv diskutiert. Die Fragestellung habe einen privaten Betreiber ausgeklammert, das sei richtig. Der Gutachter habe dies auch erklärt. Es seien aber keine Zahlen und Daten dazu vorhanden. Es gehe um Investitionen, Gebühren und auch um Qualität. Es gehe nicht darum, dass ein privater Betreiber besser oder gleich gut sein könne, es gehe darum, dass Private Synergien eher nutzen können. Für ihn müssen Qualität und Kosten zählen. Dies sei nicht erörtert, sondern nur pauschal dargestellt worden. Darum gehe es in dem Antrag, diese Daten noch einmal zu hinterfragen.

 

Landrat Scherf hält es für wagemutig zu sagen, dass ein privater Betreiber mehr Synergien habe, als wenn der Kreis einen dritten Wertstoffhof betreibe.

 

Kreisrat Dotzel erklärt, die Frage sei ja, ob man ohne Alternative hier einem dritten Wertstoffhof zustimme, oder ob man in jedem Fall wolle, dass das Gutachten in diesem Punkt erweitert werde. Es würde die Möglichkeit geben, auch einmal Zahlen zu sehen. So könnte man adäquat entscheiden. Er gehe davon aus, das Gutachten habe ein halbes Jahr gedauert, dass diese Ergänzung nur ein paar Monate dauern würde. Daher gehe es keine zeitliche Verzögerung, diese Darstellung halte er für überzogen. Grundlagen seien wichtig, damit man auf einer sicheren Ebene entscheiden könne. Daher schließe sich die CSU-Fraktion auch dem Antrag der Neuen Mitte an.

 

Kreisrat Oettinger ergänzt, man hätte gern einfach die Frage geprüft, das heiße nicht, dass man unbedingt die Vergabe an Dritte befürworte. Nicht mehr und nicht weniger. Es gehe schließlich um den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger. Es gehe um eine Ergänzung zum Gutachten.

 

Auf Wortmeldung von Kreisrat Schuck, dass auch Kommunen in Frage kommen könnten, entgegnet Herr Röcklein, dies sei falsch, das Gesetz regele eindeutig (Art. 7 und 8 Bayerisches Abfallgesetz), die Beteiligung von Kommunen an der Abfallwirtschaft ist eine öffentlich-rechtliche Aufgabenübertragung.

 

Kreisrat Dr. Fahn erklärt, seine Fraktion wundere sich über den Antrag der Neuen Mitte. Bei Beratung über die Aufgabenstellung in 2013 sei nichts zu dem Thema gekommen. Der Antrag sei auch relativ allgemein. Ein Doppelsystem bringe Probleme, meine er, und in den zeitlichen Vorgaben werde man auch zurückgeworfen.

 

Kreisrat Dr. Linduschka erklärt, für ihn gebe es in Sachen Wertstoffhof keine dringende Notwendigkeit, dieses Feld in private Hand auszulagern. Es sei sicherlich kein pausenloses Defizitgeschäft zu erwarten. Daher sehe er keinen Grund, dem zuzustimmen. Im Antrag sei nichts, was ihn dazu bringe, eine weitere Verzögerung zu befürworten. Er sei dafür, die Entscheidung so zu fällen, wie sie im Beschlussvorschlag stehe.

 

Es gehe um die Grundsatzentscheidung eines zusätzlichen Wertstoffhofes im südlichen Landkreis, so Kreisrat Weber. Eine Forderung, die die SPD schon lange gestellt habe, und die nun auch durch das Gutachten bestätigt worden sei. Dass der Betrieb zunächst beim Landkreis sei, sei eine klare Sache, der Kreis sei in der Verantwortung. Ob sich die Verwaltung später privatwirtschaftlich bedient, sei ein anderes Thema und stehe heute nicht zur Diskussion.

 

Kreisrat Ullmer erklärt, er sei neu im Kreistag seit Mai, er habe daher vorher nicht mitstimmen können und bringe nun als neuer Kreisrat neue Ideen ein. Es handele sich um eine einfache Frage. Er befürchte, das Guggenberg geschwächt werde.

 

Landrat Scherf stellt klar, das Konzept sehe eine Stärkung von Guggenberg vor.

 

Kreisrätin Frey ist der Meinung, die Erfassung sollte beim Kreis bleiben.

 

 

Der Antrag der Neuen Mitte vom 13.10.2014 auf erneute Begutachtung eines Wertsthoffhofs im Landkreis Miltenberg wird mehrheitlich abgelehnt.

 

Der Kreistag fasst bei fünf Gegenstimmen mehrheitlich den

 

B e s c h l u s s :

 

Das Bringsystem wird verstärkt. Dazu errichtet der Landkreis vorgezogen einen Wertstoffhof für Abfälle aus Haushalten und für die Annahme von haushaltsüblichen Mengen entsprechend der Variante 1 des Gutachters Schmidt & Bechtle im Raum Miltenberg.

Die beiden bestehenden Wertstoffhöfe Erlenbach und Guggenberg sollen als Schwerpunkt-Wertstoffhöfe, auch für die Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen als private Haushalte und für die nicht regelmäßig in den privaten Haushalten anfallenden Abfälle, wie Erdaushub und Bauschutt, dienen.

Der Wertstoffhof Guggenberg wird auf der Grundlage der Entwurfsplanung des Ing.-Büros Eilbacher mit einem Annahmebereich für schwere Abfälle ausgebaut.

Die Umsetzung der Variante 2 des Gutachtens Schmidt & Bechtle mit einem weiteren Wertstoffhof im Nordteil des Landkreises wird zurückgestellt.

Die Verwaltung wird beauftragt die Entlastung des Wertstoffhofes Erlenbach durch Verlegung der Grünabfallannahme und Neubau des Wertstoffhofes Süd sowie Ausbau des Wertstoffhofes Guggenberg zu beobachten und dem Umweltausschuss zu gegebener Zeit einen Bericht vorzulegen.

Der Ausschuss für Energie, Natur- und Umweltschutz und die Landkreisverwaltung werden mit der Umsetzung beauftragt.

Die Landkreisverwaltung wird mit der Standortsuche, der Erstellung einer Entwurfsplanung und einer ersten Kostenberechnung beauftragt.

Die erforderlichen Finanzmittel sind in den Müllhaushalten 2015 und 2016 einzuplanen.

© 2011 Landratsamt Miltenberg | Brückenstr. 2 | 63897 Miltenberg | Tel: 09371 501-0
Fernwartung