Tagesordnungspunkt

TOP Ö 10: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Landkreis Miltenberg

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Sitzung:02.07.2014   BKS/001/2014 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Frau Appel berichtet, nach einer Erhebung des Bundesfachverbandes Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. wurden im Jahr 2012 mehr als 4.300 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) von deutschen Jugendämtern in Obhut genommen. Wenngleich die einzelnen Bundesländer unterschiedlich stark davon betroffen sind, macht die Zahl deutlich, dass die Unterbringung und Betreuung dieser jungen Menschen die Jugendhilfe und ihre Kooperationspartner vor große Herausforderungen stellt.

 

Gemäß der Durchführungsverordnung Asyl liegt die Aufnahmequote der umF in Unterfranken bei 10,8 %. Bisher war von 108 Zugängen jährlich in Unterfranken auszugehen. Für den Landkreis Miltenberg liegt die Quote bei 9,5%. Dies bedeutet ein Aufnahmebedarf von 10 Jugendlichen.

Seit 01.05.2014 besteht für den Landkreis Miltenberg in der Berufsbildungsstätte Himmelthal die Möglichkeit der Unterbringung für 8 Jugendliche (umF). Aufgenommen werden können dort männliche umF, die in der Regel das 16. Lebensjahr nicht überschritten haben und bereits das Clearingverfahren durchlaufen haben.

 

In der Heilpädagogischen Wohngruppe werden die jungen Menschen aktuell von einem Psycho-logen, zwei Sozialpädagogen und einer Erzieherin betreut. Des Weiteren stehen der Gruppe noch Ausbilder und ein „Übergreifender Dienst“ unterstützend, stundenweise, zur Verfügung. Von Seiten unseres Jugendamtes werden die Jugendlichen durch eine Mitarbeiterin des ASD und durch eine Kollegin aus der Vormundschaft betreut.

 

Die ersten 6 Jugendlichen, die seit dem 12.05.2014 in Himmelthal leben, kommen fast alle aus dem Landkreis Rosenheim. Dort haben sie das Clearingverfahren durchlaufen und eine Hilfe zur Erziehung in Form von Heimerziehung (§§ 27 i.V.m. 34 SGB VIII) wurde eingeleitet. Nach Aufnah-me in der Jugendhilfeeinrichtung in Himmelthal ergeht von der Regierung ein Zuweisungsbescheid an das Jugendamt. Aktuell haben wir von 2 der 6 Jugendlichen eine Zuweisung erhalten. Die jugendhilferechtliche Zuständigkeit richtet sich nach der Vorgabe zur Fallübernahme gemäß SGB VIII. Das abgebende Jugendamt beantragt die Fallübernahme mit Versendung der Teilakte. Nach Austausch zwischen den ASD-Sachbearbeitern wird der Übergabetermin in Absprache mit der Wirtschaftlichen Jugendhilfe festgelegt. Die Zuständigkeit wird vom aufnehmenden Jugendamt erklärt. Außerdem geht die Vormundschaft vom abgebenden Jugendamt auf das aufnehmende Jugendamt über. Hierfür ist ein Familiengerichtsbeschluss erforderlich.

 

Die Zielbereiche in der Arbeit mit den Jugendlichen sind im Wesentlichen: Alltagskompetenz / Familie und Umgang mit Erwachsenen / Gesundheit / Persönlichkeit / Schule, Ausbildung, Beruf / Versorgung und soziale Kompetenz.

Im Rahmen der Hilfeplanung werden diese Bereiche zusammen mit den Jugendlichen bearbeitet. Hauptziel ist die Entwicklung einer Perspektive und Verselbständigung. Die Federführung für die Ausgestaltung der Hilfe (Hilfeplanerstellung und Fortschreibung) sowie die Feststellung des pädagogischen Bedarfs über die Volljährigkeit hinaus liegen beim ASD. In einem relativ kurzen Zeitraum müssen im vgl. zu einem normalen Jugendhilfefall zahlreiche Schritte vollzogen werden. Spezielle Kenntnisse sind erforderlich sowie spezielle Kontakte, bspw. zum Ausländeramt und anderen Behörden. Im Rahmen der Vormundschaft erhalten die Jugendlichen eine rechtliche Vertretung sowie die Vertretung im Asylverfahren (Klärung des Aufenthaltsstatus). Dies bedeutet eine sehr intensive Betreuung mit Klärung asyl- und ausländerrechtlichen Fragen.

 

In den ersten Wochen nach Aufnahme besuchen die Jugendlichen von Montag bis Freitag einen Deutsch-Intensivkurs (1,5 Std. täglich + betreute Hausaufgabe). Nach einiger Zeit wird die Unterrichtsdauer auf 4 Std. täglich erhöht. Dies findet in der Einrichtung statt. Im Anschluss an den grundlegenden Unterricht sollte eine Einmündung in die Regel- oder Berufsschule (Berufsschul-klasse für Flüchtlinge) stehen. Aufgrund des fachlichen Angebotes der BBS Himmelthal im Werkbereich wird vor Ort die Möglichkeit der beruflichen Orientierung geboten.

 

Neben der schulischen und beruflichen Förderung ist die Integration in das soziale Umfeld ein zentrales Ziel der Arbeit. Neben zahlreichen freizeitpädagogischen Angeboten in der Einrichtung besteht die Möglichkeit der Einbindung der jungen Menschen in Vereine in den Nachbargemeinden.

 

Für die Jugendhilfe stellen im Zusammenhang mit dem Thema Asyl jedoch nicht nur die umF eine große Herausforderung dar.

 

Asylbewerberfamilien erfahren durch die Koordinierende Kinderschutzstelle (Koki) und den ASD Beratung und Unterstützung.

 

Ferner mussten auch bereits aus Gemeinschaftsunterkünften heraus Kinder in Obhut genommen und in Bereitschaftsfamilien untergebracht werden.

 

In manchen Gemeinden entstehen Probleme, den nicht geplanten Bedarf an Plätzen in Kindertageseinrichtungen kurzfristig zu decken.

 

Die Kindergartengebühren werden recht schnell über die wirtschaftliche Jugendhilfe übernommen.

 

Neben flucht- und kulturspezifischen Aspekten ergeben sich besondere Probleme aus dem Spannungsfeld des Kinder- und Jugendhilferechtes auf der einen und des Aufenthalts- und Asylrechtes auf der anderen Seite.

 

Es muss unser aller Bestreben sein, hier in einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit für eine möglichst gute und ihrem Wohl förderliche Entwicklung der jungen Menschen in unserer Gesellschaft zu sorgen.

 

Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

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