Tagesordnungspunkt
TOP Ö 2: Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen zur PVC-freien Baudurchführung;
Beschlussfassung
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 12.09.2013 BA/004/2013 |
Beschluss: | einstimmig beschlossen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Herr Wosnik erläutert:
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt in ihrem Antrag vom 26.06.2013, einen weitgehenden Verzicht auf PVC-haltige Materialien in Ausschreibungsrichtlinien festzuhalten. In besonders sensiblen Bereichen soll ein vollständiger Verzicht auf PVC-haltige Materialien angestrebt werden. In Fällen, in denen auf das Material nicht verzichtet werden kann, soll ein umfangreicher Prüfungs- und Bewertungsprozess durch die Verwaltung durchgeführt werden.
Im Beschlussfall für den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind im erheblichen Umfang zusätzliche Kosten- und Zeitaufwände für Voruntersuchungen, Recherchen, Prüfungen und Fortbildungen der Mitarbeiter erforderlich. Zudem wird ebenfalls ein externer Sachverstand für die geschilderte Problematik erforderlich werden. Es ist zu erwarten, dass es auch zu Mehrkosten im Bauprozess kommen wird. Solange die gesamten Baukosten innerhalb der förderfähigen Kosten liegen, bestehen bei der Regierung von Unterfranken keine Einwände gegen eine Auswahl von PVC-freien Baustoffen.
Der Aufwand für die zusätzlichen Planer- und Gutachterleistungen, bei einem generellen Verzicht bzw. dem vorgeschlagenen Vorgehen, lässt sich nicht beziffern, dürfte jedoch erheblich sein und wäre vornehmlich als besondere Leistung im Rahmen der HOAI zu vergüten. Diese Kostensteigerungen schlagen sich gänzlich auf die Kosten des Landkreises nieder, da der Fördersatz von 9% der Baukosten für die Nebenkosten bereits zum jetzigen Zeitpunkt regelmäßig überschritten wird. Zudem entstehen durch die dargestellten Prüfungs- und Bewertungsprozesse erhebliche verwaltungsinterne Mehraufwände.
Zurzeit sind die Erfahrungen mit der Thematik aus Sicht des Kreisbauamtes insgesamt nicht ausreichend, um die Auswirkungen eines solchen Grundsatzbeschlusses auf die Baupraxis beurteilen zu können. Es wird daher angeregt, die gegenwärtige Praxis eines weitgehenden Verzichtes auf PVC weiter beizubehalten und künftig auch den Einsatz halogenfreier Verkabelungen zu prüfen.
Ab Juli 2013 verlangt die
Bauproduktenverordnung der Europäischen Union (EU-BauPVO) eine neue
Begleitinformation für Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung. Falls das Bauprodukt
besonders besorgniserregende Stoffe enthält, muss dies angegeben werden.
Alternativ ist - falls vorhanden - ein Sicherheitsdatenblatt beizufügen. Diese
neue Verordnung wird bei den neuen Planungsaufgaben beachtet. Hierzu wird der
Bauausschuss informiert.
Der Beschlussvorschlag wurde mit dem UB 2,
der Abt. 4 und dem SG 11 abgestimmt.
Kreisrätin Becker begründet ihren Antrag, es wundere sie, wie Herr
Wosnik den Teufel an die Wand male bezüglich umfangreicher Prüfungs- und
Vergaberichtlinien. Das Thema PVC und Gefährlichkeit sei seit mehr als 20
Jahren in der Diskussion, auch Aschaffenburg habe diese Richtlinien und ihr sei
nichts bekannt, dass da irgendetwas nicht funktioniere oder teurer geworden
sei. Im Gegenteil: Sie würden sogar Bauherren Beratung anbieten, um auf solche
Baustoffe zu verzichten. Also könne man dies ihrer Meinung nach umsetzen, aber
der gute Wille fehle. Trotz der angeblich bereits vorliegenden weitgehenden
Vermeidung sollte es in der Main-Limes-Realschule großflächig eingebaut werden.
Es gebe nämlich im Bundestag seit 1992 eine Encete-Kommission zum Schutz
des Menschen und der Umwelt, Bewertungskriterien und Perspektiven für
umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft. Diese
beschäftige sich u.a. und mehrheitlich mit dem Werkstoff PVC in Deutschland und
es seien keine Verzichtsbeschlüsse nach 2006 aufgehoben worden, im Gegenteil,
die Stadt Wien habe sogar nochmal 2006 aufgrund dieser Diskussion von einem
unabhängigen Institut prüfen lassen, ob mittlerweile PVC genutzt werden könne.
Dabei sei herausgekommen, dass die Bemühungen der PVC-Industrie, ihre Produkte
ökologisch vorteilhafter darzustellen, auf keiner sachlichen Grundlage beruhen.
Dafür habe sie sich das letzte Mal schimpfen lassen müssen und bei Herrn
Zang entschuldige sie sich übrigens auch nicht, das wolle sie nur an der Stelle
mal loswerden. Es gebe keine technologische Entwicklung, die ein Abgehen vom
Verzicht auf PVC-haltige Produkte gerechtfertigt erscheinen lasse. Im Rahmen
der laufenden Erarbeitung von Kriterienkatalogen für einen ökologischen Einkauf
der Stadt Wien habe daher auch weiterhin ein grundsätzlicher Verzicht
Berücksichtigung zu finden. Dann stehe außerdem im Internet, besonders in
Schulen und in Kindergärten sei auf PVC zu verzichten, in Kindergärten vor
allem, weil die Kinder noch krabbeln und dadurch die Dämpfe einatmen könnten.
Sie wisse nicht mehr, wie viel 100.000 Euro man im Kreistag schon ausgegeben habe
für Brandschutzmaßnahmen. Da sei man sich einig und gerade wenn es brenne,
werde nämlich PVC zum ganz gefährlichen Stoff, der Verätzungen in den
Atemorganen, Rauchvergiftung und gleichzeitig Korrosionen an Gebäuden
verursache. Eine Erarbeitung von Vergaberichtlinien sei ein einmaliger
zeitlicher Mehraufwand.
Landrat Schwing antwortet Kreisrätin Becker, es liege bei ihr, ob sie
sich bei Herrn Zang entschuldige oder nicht, dies müsse sie mit ihrer
Kinderstube vereinbaren, ob das in Ordnung sei oder nicht. Er habe es ihr
letztes Mal nahe gelegt, nachdem sie doch ziemlich massiv Herrn Zang angegangen
habe.
Weiterhin zeige man mit dem Beschlussvorschlag, dass man versucht habe,
ihrem Antrag weitgehend Rechnung zu tragen, aber auch darauf hinweise, wenn man
es ganz konsequent machen wolle, Arbeit und auch Kosten anfallen. Man suche
einen vernünftigen Weg.
Er habe bereits beim Spatenstich den Verzicht auf PVC erklärt. Wir seien
alle daran interessiert, dass von unseren Schulen und Bauten keine Gefahren
ausgehen. Übrigens deshalb auch der massive Einsatz für Brandschutz, den jeder
machen müsse, ob er wolle oder nicht.
Er könne nur noch einmal daran appellieren, die Emotionen herauszulassen
und auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren. Weiterhin könne er nur dafür
werben, den vernünftigen Vorschlag von Herrn Wosnik näher zu treten.
Kreisrat Spinnler bemerkt, das Problem sei erkannt. Niemand wolle doch,
dass gefährliche Stoffe irgendwo eingebaut werden, vor allem nicht in sensiblen
Bereichen, seien es jetzt Kindergärten oder Schulen. Mit dem Vorschlag von
Herrn Wosnik könne doch eigentlich jeder leben. Wenn es Situationen gebe, in
denen es vielleicht mal nicht ohne PVC geht, was er sich nicht vorstellen
könne, dann würde nach dem Vorschlag des Bauausschusses darauf hingewiesen und
nach Alternativen gesucht werden. Er könne sich mit dem, was der Herr Wosnik
vorgetragen habe, identifizieren und könne dem auch zustimmen, weil er denke,
dass damit dem Antrag von Bündnis90/Die Grünen auch Rechnung getragen werde.
Herr Wosnik erläutert, es gebe Produkte, da bekomme man nicht ohne eine
weitgehende oder eine sehr umfangreiche Recherche heraus, ob PVC enthalten sei
oder nicht. Als Beispiel nennt er den Bereich der technischen Geräte, die zum
Teil gar nicht kennzeichnungspflichtig seien. Bei Produkten, wo es ganz klar
sei, und man leicht filtern könne, habe er überhaupt kein Problem und fühle
sich ein bisschen von Kreisrätin Becker falsch verstanden.
Kreisrätin Becker fragt nach einer bestehenden Richtlinie.
Herr Wosnik antwortet ihr, man lege gerade hier den Beschluss vor, der
den weitgehenden Verzicht erkläre.
Der Bauausschuss fasst einstimmig den
B e s c h l u s s :
Die bereits zurzeit praktizierte weitgehende Vermeidung von PVC in den Bereichen Bodenbeläge und raumseitige Oberflächen ist aufrecht zu erhalten und da, wo es sinnvoll ist, auszubauen.