Tagesordnungspunkt
TOP Ö 2: Resolution gegen die Bedrohung der kommunalen Wasserversorgung durch die EU–Konzessionsrichtlinie (auch Anträge der Freien Wähler vom 15.03.2013 und der SPD vom 02.05.2013)
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 16.05.2013 KT/002/2013 |
Beschluss: | einstimmig beschlossen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Schwing erklärte, eigentlich sei dies
kein Thema, was direkt den Landkreis betreffe. In der Zwischenzeit haben aber
auch die vier kommunalen Spitzenverbände eine entsprechende Erklärung
abgegeben, die wir auch unterstützen sollten.
Herr Fieger erläuterte den Sachverhalt:
Derzeit wird im Europäischen Parlament über die Einführung einer Konzessionsrichtlinie diskutiert. Die erste Abstimmung fand am 24. Januar 2013 im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz statt.
Es ist zu befürchten, dass durch eine solche Richtlinie eine Liberalisierung des Wassersektors „durch die Hintertür“ erreicht wird. Wird die geplante Konzessionsrichtlinie Wirklichkeit, so ist die Wasserversorgung in Bayern in kommunaler Hand bedroht, da der Wassermarkt liberalisiert und für große Konzerne und Weltmarktführer geöffnet wird. Unser wichtigstes Lebensmittel, das Trinkwasser darf nicht leichtfertig dem wirtschaftlichen Gewinnstreben von Unternehmen preisgegeben werden.
Die Richtlinie ist grundsätzlich abzulehnen, da keine Notwendigkeit einer Regelung der Dienstleistungskonzession auf EU-Ebene besteht. Zum einen reichen die Regeln des Primärrechts und die EuGH-Rechtsprechung vollkommen aus. Zum anderen drohen auch eine zusätzliche Verrechtlichung, mehr Verwaltungsaufwand, kostenintensiver Beratungsbedarf und zeitliche Verzögerungen.
Insbesondere besteht aber die Gefahr einer tiefgreifenden Strukturänderung im Wassersektor. Darüber hinaus wird unnötigerweise in das Grundrecht der kommunalen Selbstverwaltung eingegriffen. Die geplante Konzessionsrichtlinie verstößt gegen den Grundsatz der Subsidiarität und gegen die durch den Vertrag von Lissabon garantierte kommunale Selbstverwaltung, die den lokalen Behörden eine wichtige Rolle und einen weiten Ermessensspielraum einräumt.
Die bayerische Wasserversorgung muss sicher bleiben. Hier geht es um unser wichtigstes Lebensmittel – Grund genug, die bewährte Struktur der Trinkwasserversorgung zu erhalten und das Jonglieren mit Liberalisierung und Privatisierung zu Gunsten einiger Wirtschaftsbetriebe zu vermeiden. Wasser ist kein Wirtschaftsgut wie jedes andere, sondern lebensnotwendig für die Bevölkerung.
Die vorstehenden Ausführungen sind einem gemeinsamen Schreiben des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Gemeindetags und des Bayerischen Städtetags vom 21.01.2013 sowie einer Pressemitteilung des Präsidenten des Bayerischen Landkreistags vom selben Tag entnommen.
Auch die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen lehnen die Richtlinie ab, was sie in einem gemeinsamen Schreiben vom 09.01.2013 an die deutschsprachigen Mitglieder der zuständigen Ausschüsse zum Ausdruck gebracht haben.
Zur weiteren Erläuterung:
Mit Schreiben vom 15.03.2013 hat die Kreistagsfraktion der Freien Wähler beantragt, dass der Kreistag Miltenberg eine Petition an den Bayerischen Landtag richtet mit dem Ziel, in das neue LEP eine klare Festlegung für den Erhalt der kommunalen Wasserversorgung einzufügen.
Mit Schreiben vom 02.05.2013 hat die SPD-Kreistagsfraktion beantragt, eine Resolution gegen die Liberalisierung und damit Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung zu beschließen. In der Begründung des Antrags wird darauf hingewiesen, dass der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments am 24.01.2013 einen faulen Kompromiss beschlossen habe. Demnach sei vorgesehen, die Wasserversorgung nur zeitlich begrenzt bis 2020 aus dem Anwendungsbereich der Konzessionsrichtlinie zu nehmen. Die endgültige Abstimmung erfolge voraussichtlich im November 2013 im EU-Parlament.
Die zu beschließende Resolution soll antragsgemäß auch der Bayerischen Staatsregierung zugeleitet werden. Der Bayerische Landtag hat mit Beschlüssen vom 29.11.2013 und vom 20.03.2013 auf entsprechende Anträge der CSU, FDP, SPD und der Freien Wähler die Staatsregierung bereits aufgefordert, sich auf europäischer Ebene weiterhin intensiv gegen eine Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Trinkwasserversorgung einzusetzen. Die Bayerische Staatsregierung hat schon im Februar 2012 in vier Ausschüssen des Bundesrats Anträge für eine Subsidiaritätsrüge gegen den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission eingebracht. Der Bundesrat hat daraufhin am 2. März 2012 eine Subsidiaritätsrüge beschlossen (BR-Drs. 878/11 und LT-Drs. 16/15977 vom 25.03.2013)
Kreisrat Schötterl dankte im Namen der Freien
Wähler für die unmittelbare Behandlung ihres Antrages und auch für den breiten
Konsens in dieser Sache.
Kreisrat Kern erklärte, das Thema habe ihn in
den letzten Wochen stark beschäftigt. In vielen Sachen sei man konform. Auch
wenn der Kreistag nicht zuständig sei, sei es wichtig, dass man die Stimme
erhebe, wenn es um das Gemeinwohl gehe, denn auch viele Bürgerinnen und Bürger
machen sich Sorgen. Auch wenn die Verwaltung den Resolutionsentwurf der SPD
etwas abgeändert habe, trage man diesen mit. Auch wenn die Regelung erst im
Jahr 2020 in Kraft trete, müsse man heute schon etwas tun. An einem Beispiel
verdeutlichte er, die Stadt Aschaffenburg habe mit den Stadtwerken und dem
Rechtsnachfolger AVB einen Konzessionsvertrag über die Versorgung mit Strom,
Gas, Wasser und Fernwärme abgeschlossen, der am 28.08.2020 auslaufe. Die
Versorgung der Umlandgemeinden, z.B. Niedernberg, sei dort auch beinhaltet. Es
könne sein, dass aufgrund dieser Konzessionsrichtlinie dort vertragliche
Probleme auftreten, dies müsse man gleich zu Beginn unterbinden. Der Stadtrat
Aschaffenburg habe auch einstimmig eine Resolution verabschiedet. Ebenfalls
habe der Markt Sulzbach bereits am 25.04.2013 etwas unternommen, was er sehr
gut finde. Ihm gehe es darum, dass jede Partei und Gruppierung hier
unterstütze. Man müsse einen gewissen Druck auf die Bundesregierung ausüben,
diese habe die beste Möglichkeit, die Konzessionsrichtlinie zu unterbinden. Erfreulich
finde er, in der Zwischenzeit seien 1,5 Mio. Unterschriften zur Petition
erfolgt. Das Quorum sei erreicht. Nun müsse sich die EU-Kommission mit diesem
Thema beschäftigten. Er empfinde es daher als sehr positiv, dass der Kreistag
Miltenberg heute diese Resolution verabschieden wolle.
Landrat Schwing berichtete, er sei zwei Tage
beim Bayerischen Landkreistag in Altötting gewesen, wo auch der
Ministerpräsident eine Rede gehalten habe. Er habe auch ausdrücklich gefordert,
dass das Trinkwasser vollständig aus der Richtlinie herauskomme. In anderen
Fällen sei dies auch schon gelungen, so sollte es hier auch möglich sein.
Kreisrat Scholz freute sich darüber, dass
sich der Kreistag einig sei, ein Zeichen zu setzen und Einigkeit zu zeigen.
Kreisrat Dr. Linduschka erklärte, die FDP sei
vollständig für die vorgeschlagene Resolution der Verwaltung. Er lege großen
Wert auf Einigkeit, wenn es um existenzielle Grundversorgung und Privatisierung
gehe.
Kreisrat Andre erklärte den
Verwaltungsvorschlag für gut und wichtig. In Bayern stehe bereits eine starke
Allianz, die Staatsregierung habe sich ebenfalls eingemischt. Die Zahl der
Unterschriften habe ihn auch sehr gefreut, er habe nachgelesen, von den 1,4
Mio. Unterschriften stammen 1,2 Mio. nur aus Deutschland, der Rest aus
Österreich, Belgien und Polen. Die Resolution sei nicht entscheidend, sondern
auch der Beitrag des Europäischen Parlaments. Die CSU habe sich von Anfang an
vollständig gegen diese Richtlinie gewandt. Nun sei es so, die Kommission wolle
eine Klarstellung vornehmen, ein Tun sei angekündigt, aber die Sache sei noch
nicht in trockenen Tüchern. Daher sei es wichtig, dass man hier reagiere. Nicht
nur wegen des Wasser selbst, sondern auch zur Sicherung eines der wichtigsten
Rechte der Kommunen und die Möglichkeit zur Erhaltung der interkommunalen
Zusammenarbeit.
Kreisrat Scholz antwortete ihm, die
Bayerische Staatsregierung habe erst vor fünf Wochen ihre Meinung geändert.
Vorher habe sie die kommunale Zuständigkeit streichen wollen.
Landrat Schwing wies ihn darauf hin, man
müsse schon bei der Wahrheit bleiben. In der Gemeindeordnung sei dies als
Pflichtaufgabe der Kommunen zugewiesen. Die Staatsregierung und die tragenden
Parteien haben sich darauf verständigt, dass das LEP verschlankt werden solle.
Den Wunsch habe eigentlich jeder gehabt, und da sei nicht nur das Wasser
vorgeschlagen worden, sondern beispielsweise auch der Straßenverkehr und
verschiedenen andere Dinge. Als man erkannt habe, dass dies falsch
interpretiert worden sei, habe man sich einmütig entschlossen, diese Streichung
nicht zu vollziehen. Es sei nicht wegen einer Privatisierung herausgenommen
worden.
Kreisrat Dr. Steidl ergänzte, abgesehen
davon, dass sich alle einig seien, sei die Intention der EU gewesen, eine
Quersubventionierung zu verhindert, so dass beispielsweise erhöhte Wasserpreise
verlangt werden. Dies sei ein typischer Fall für gut gemeint, aber schlecht
gemacht.
Der Kreistag fasste einstimmig den
Beschluss:
Der Kreistag Miltenberg beschließt folgende Resolution:
Keine Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung!
Die Trinkwasserversorgung muss in öffentlicher Hand bleiben!
Die Trinkwasserversorgung wird aus der Richtlinie des Europäischen Parlaments und Rates über die Konzessionsvergabe ersatzlos gestrichen!
Die Bundesregierung und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden zum Handeln aufgefordert!
Die Verwaltung wird beauftragt, diese Resolution an die Bayerische Staatsregierung, an die Bundesregierung und an die unterfränkischen Europaabgeordneten weiterzuleiten.