Tagesordnungspunkt
TOP Ö 5: Einführung von Altkennzeichen im Landkreis Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 18.03.2013 KT/001/2013 |
Beschluss: | zur Kenntnis genommen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Herr Rosel erläuterte den Sachverhalt:
Die Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV)
wurde am 19.10.2012 geändert. Es kam zu einer begrenzten
Kennzeichenliberalisierung, indem in § 8 Abs 2 FZV bestimmt wurde, dass bereits
abgeschaffte Altkennzeichen wieder ermöglicht werden.
Angestoßen wurde die Gesetzesänderung von einer „Initiative
Kennzeichenliberalisierung“ der Hochschule Heilbronn unter Leitung des
Studiendekans des Studiengangs Tourismusmanagement Ralf
Bochert. Studenten der Fachrichtung Tourismusmanagement haben
in den Jahren 2010 bis 2012 in über 200 ehemaligen Kreisstädten
sowie Kreisstädten, die durch Kreisfusionen ihr Kennzeichen verloren, Umfragen
zur Wiedereinführung von Altkennzeichen durchgeführt.
Die Gesetzesänderung war von Anfang an stark umstritten. So haben sich etwa
der deutsche und der bayerische Landkreistag
gegen eine Änderung ausgesprochen. Insbesondere wurde betont, dass hier alte längst überkommene
Strukturen wieder aufleben.
Die Kennzeichen werden auf Antrag der Länder vom
Bundesverkehrsministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vergeben. Im Freistaat
Bayern beschloss das Kabinett im Januar 2013 die Voraussetzungen für die
Wiedereinführung. Zur Begründung sagte Wirtschaftsminister Zeil: „Wir stärken
die lokale Identität, die regionale Wirtschaft und den Tourismus“. Die
Wiedereinführung erfolgt allerdings nur auf freiwilliger Basis. In einem Landkreis
kann allein der Landrat festlegen, ob die Altkennzeichen wieder eingeführt
werden. Allerdings steht es dem Landrat frei, die Kreisgremien zu befragen.
Im Landkreis
Miltenberg könnten die Altkennzeichen OBB für Obernburg und MAR für
Marktheidenfeld wieder eingeführt werden. Diese Kennzeichen wurden im Zuge der
Gebietsreform in Bayern im Jahr 1972 abgeschafft.
Bei
Wiedereinführung können diese Kennzeichen von allen Kreisbürgern als Wunschkennzeichen
(10,20 €) frei gewählt werden. Auch wäre es möglich, nur eines der beiden Kennzeichen
wieder einzuführen. Bei einer Umkennzeichnung von MIL auf OBB/MAR würden noch
ca. 40 € an Gebühren anfallen, neben den Kosten für das Kennzeichen selbst.
Die Entscheidung
des Landkreises muss allerdings bis zum 30.04.2013 dem Staatsministerium für
Wirtschaft, Verkehr und Tourismus zugeleitet werden, damit beim Bund die Freigabe
beantragt werden kann. Voraussichtlich am 10.07.2013 würden dann die
genehmigten Altkennzeichen im Bundesanzeiger veröffentlicht und zur Ausgabe an
der Kfz-Zulassung zur Verfügung stehen.
Landrat Schwing fügte hinzu, um die
Verwirrung zu steigern, wäre es auch denkbar, dass beispielsweise der Landkreis
Aschaffenburg aufgrund zweier jetziger Ortsteile von Großostheim OBB einführe.
In Bayern gehe es momentan kreuz und quer. Der Nachbarlandkreis Main-Spessart
habe sich beispielsweise einstimmig dafür entschieden, es bei dem jetzigen
Zustand zu belassen.
Kreisrat Ritter meldete sich zu Wort, er sei
damals beteiligt gewesen, dass es heute MIL im ganzen Landkreis gebe. Dies sei
gut so und man habe im Landkreis eine gute Zusammenarbeit. Er sei dafür, es so
zu belassen.
Kreisrat Dr. Linduschka schloss sich Kreisrat
Ritter an. Er verwehre sich gegen den Begriff „Liberalisierung“. Es handele
sich um platten Populismus, der mit der Sache nichts zu tun habe. Man sollte
dem auf keinen Fall näher treten.
Kreisrat Kern erklärte, die SPD-Fraktion habe
diesen Punkt innerhalb von einer Minute abgehandelt, es sei wirklich
antiquiert. Man habe nun 40 Jahre geschafft. Er wies auch auf den Artikel in
der Zeitschrift des Bayerischen Landkreistags hin, und er stimme der dortigen
Aussage von Landrat Schwing voll und ganz zu.
Kreisrat Kaiser stimmte ihm hier zu.
Kreisrat Walter Berninger meldete sich als
Bürgermeister von Obernburg zu Wort, es handele sich ausschließlich um Halter
von historischen Fahrzeugen, die gern wieder OBB auf ihrem Fahrzeug hätten. Die
Entscheidung lege er allerdings in seine Hände.
Kreisrat Scherf erklärte, man habe eine
intensive und kontroverse Diskussion innerhalb seiner Fraktion geführt. Zum
einen sei man davon beeindruckt, dass der Verkehrsminister trotz einiger
Großprojekte noch für solche Projekte Zeit habe; man sei weniger darüber
überrascht, dass der Wirtschaftsminister für dieses wiederum Zeit habe. Trotz
dem geringen emotionalen Zugang seiner Fraktion zum Thema Auto wolle man sich
dem Projekt nicht verweigern und sei dafür, dass alle Bürger selbst entscheiden
sollten.
Kreisrat Schötterl plädierte dafür, diesen
Unsinn nicht mitzumachen.
Kreisrat Stappel vertrat ebenfalls die
Meinung, man sei ein Landkreis Miltenberg und sollte das nach außen auch
demonstrieren.
Landrat Schwing dankte ihm für dieses
Schlusswort und äußerte sich seinerseits zu diesem Thema. Er halte dies für
einen ausgesprochenen Krampf, ausgerechnet im Jubiläumsjahr „40 Jahre Landkreis
Miltenberg“ so etwas vorzulegen. Scheinbar habe man keine anderen Probleme. Man
sei als Landkreis Miltenberg aus zweieinhalb Landkreisen gut zusammengewachsen,
dies haben auch die Feierlichkeiten zu diesen Anlässen unterstrichen. Die
Landkreisidentität sei da. Dies zeige auch, dass bis zum heutigen Tage kein
einziger Antrag (weder von einer Privatperson noch von einer Kommune) vorliege.
Die Menschen haben wirklich andere Sorgen und Probleme. Er wisse aber auch aus
anderer Sicht, dass Kennzeichen die Menschen unheimlich emotional beschäftigen
könnten. Er sei der Meinung, man brauche nach einer gelungen
Landkreisgebietsreform über 40 Jahre keinen Rückschritt. Er sei stolz auf den
Kreistag, in dem die überwiegende Mehrzahl es genauso sehe wie er.
Auf Rückfrage von Kreisrat Weber nach der
Anzahl der aktuell noch zugelassenen OBB-Kennzeichen antwortete ihm Herr
Stegmann, dass derzeit davon noch 455 zugelassen seien (396 davon seien alte
Zugmaschinen, der Rest Motorräder und Anhänger).
Der Kreistag nahm die Ausführungen zur Kenntnis.