Tagesordnungspunkt

TOP Ö 5: Investitionskostenförderung für die Tagespflegeeinrichtungen, a) Sulzbach, Bahnhofstr./Mühlweg b) Stadtprozelten, Am Gräulesberg 34

BezeichnungInhalt
Sitzung:18.06.2012   BKS/001/2012 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Anlage zu a):
Vertragsentwurf Sulzbach

 

Verwaltungsamtsrat Vill erläuterte den Sachverhalt:

 

a) Im „Seniorenpolitischen Gesamtkonzept“ 2009, S. 145, wird zum Bedarf an Tagespflegeplätzen im Landkreis festgestellt, dass die vorhandene Kapazität zwar den rechnerischen Bedarf im Landkreis bei Weitem deckt. (Gegenwärtig gibt es im Landkreis 137 Tagespflegeplätze (Tabelle auflegen), für das Jahr 2012 wurde ein Bedarf von 71 Plätzen festgelegt.)

Weiter wird im „Seniorenpolitischen Gesamtkonzept“ aber ausgesagt: „Da anders als bei der vollstationären Pflege bei der Tagespflege die räumliche Nähe zur Wohnung eine besonders wichtige Rolle spielt, können sich schon jetzt örtliche Bedarfe darstellen, obwohl die Gesamtzahl aller Tagespflegeplätze den Bedarf im Landkreis eigentlich decken würde. So sollte vor allem darauf geachtet werden, dass im Bereich nördlich von Obernburg noch entsprechende Angebote geschaffen werden.“

Gegenwärtig findet sukzessive der Bezug der Immobilie „Sorglos Wohnen“ in der Sulzbacher Ortsmitte, Ecke Bahnhofstr./Mühlweg statt. Die Fa. Dreger hat dort einen Neubau mit Geschäften und 21 barrierefreien Wohnungen erstellt. Dort werden auch vom Kreiscaritasverband Räumlichkeiten angemietet für eine Tagespflegeeinrichtung mit vorausichtlich 20 Plätzen (Träger: Franziskus gGmbH). Die Eröffnung ist im Herbst 2012 geplant. Im gleichen Haus will Caritas daneben auch noch einen ambulanten Pflegedienst unterbringen. Mit Schreiben vom 29.12.2009 hatte der Kreiscaritasverband Investitionskostenförderung für die Tagespflegestätte beantragt.

Es solle eine Investition von ca. 100.000 € für die Tagespflege erfolgen, vor allem für Inneneineinrichtung, Büroausstattung, Beleuchtung sowie Tapezier- und Malerarbeiten. Für solche Fälle ist in den zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen Förderrichtlinien ein Fördersatz für Inneneinrichtung (= „Schaffung von teilstationären Pflegeplätzen ( … ) durch alleinige Erstausstattung der Inneneinrichtung“) von bis zu 510 € je Platz vorgesehen.

Rechnerisch entspricht die geplante Platzzahl von 20 Tagespflegeplätzen etwa dem nach Einwohnerzahlen hochgerechneten Anteil alleine der unmittelbar umliegenden Gemeinden am prognostizierten Bedarf für den Gesamtlandkreis.

Mit der Förderung und Inbetriebnahme dieser Tagespflegestätte in Sulzbach wird also der augenblicklich letzte noch offene Tagespflegebedarf im Landkreis abgedeckt, nämlich der seitherige „weiße Fleck“ nördlich von Obernburg.

Die Bewilligung erfolgt nach den maßgeblichen Richtlinien in Form eines zins- und tilgungsfreien Darlehens, welches nach Ablauf der dreißigjährigen Zweckbindung bei zweckentsprechender Mittelverwendung erlassen wird.

 

 

Kreisrätin Weitz hinterfragte, ob der Bedarf in Sulzbach auch tatsächlich gesichert sei.

 

Verwaltungsamtsrat Vill antwortete, man werde beim nächsten Punkt sehen, dass man mit der damaligen Einschätzung ziemlich gut gelegen habe. Der Bedarf sei außerdem im Seniorenpolitischen Gesamtkonzept festgestellt worden. Der Bedarf sei fachlich begründet und durch den Kreistag beschlossen worden, insoweit bestehe auch ein Anspruch der Caritas.

 

Landrat Schwing fügte hinzu, ein Träger baue auch nicht zum Selbstzweck, sondern das Angebot müsse sich ja tragen. Außerdem sei ein Anspruch vorhanden. Man habe bereits einen Prozess  deswegen verloren, wo man nachzahlen musste. Auch ein Controlling nutze hier nichts.

 

Verwaltungsamtsrat Vill fügte hinzu, die Caritas müsse anteilig zurückzahlen, sofern die Einrichtung vor Ablauf der 30jährigen Bindungsfrist aufgelöst werde und nicht mehr als Tagespflegeeinrichtung genutzt werde.

 

Kreisrat Dr. Linduschka erklärte, er sei der Ansicht, die Verwaltung habe mit den Grundgedanken recht. Aber man liege ja jetzt schon mit 100 % über dem errechneten Bedarf. Man unterstütze nun 20 Plätze in Sulzbach, habe allein in Obernburg 33 Plätze – dies komme ihm auch bedenklich vor. Aber dies gehe den Kreis nichts an und der Landkreis trage kein Risiko. Wohnortnah sei schön, aber nicht unproblematisch.

 

Landrat Schwing antwortete, er habe auf der einen Seite recht, auf der anderen aber handele es sich natürlich auch um Statistik. Die meisten der Häuser seien Pflegeheime.

 

Verwaltungsamtsrat Vill erläuterte weiter:

 

b) Die Seniorentagespflegeeinrichtung in Stadtprozelten, Am Gräulesberg 34 (ebenfalls Träger: Franziskus gGmbH), mit 15 Pflegeplätzen ist seit 01.08.2008 in Betrieb.

Vorangegangen war eine Feststellung im Pflegebedarfsplan 2002, der für den Südspessart einen lokalen Bedarf von damals 6 Tagespflegeplätzen festgestellt hatte, ebenfalls mit der Begründung der besonderen Bedeutung der Wohnortnähe bei der Tagespflege, obwohl auch damals der rechnerische Gesamtbedarf für den Landkreis bereits gedeckt war.

Die als notwendig anerkannten 6 Plätze wurden daher mit Bescheid vom 08.12.2006 in Höhe von 6 x 4.912 € = 29.472 € gefördert (Bericht im Kreisausschuss am 14.12.2006). Der Förderbetrag pro Platz lag höher, weil wegen erheblicher Umbaukosten die Maßnahme als Umbau einzustufen war.

Im März 2012 teilte der Kreiscaritasverband nunmehr mit, dass er den Betrieb der Tagespflege in Stadtprozelten etwa in der zweiten Jahreshälfte als Träger aufgeben wolle. Die 15 Plätze seien mitunter zu weniger als 2/3 ausgelastet gewesen, wodurch regelmäßiges wirtschaftliches Defizit entstanden sei. An einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Lösung sei man aber interessiert. Insbesondere sei man gerne bereit, einen Folgeträger im Rahmen der Möglichkeiten zu unterstützen.

Die Entwicklung zeigt, dass die im Pflegebedarfsplan 2002 berechnete Einschätzung des Bedarfs nicht abwegig war. Problematisch ist aber nach wie vor der Umstand, dass eine solitäre Tagespflegeeinrichtung erst ab einer gewissen Größe und entsprechender Inanspruchnahme wirtschaftlich betrieben werden kann. Eine Einrichtung nur mit den 2002 festgestellten 6 Plätzen zu betreiben, wäre nicht möglich gewesen. Andererseits ist auch für den Südspessart ein gewisser Bedarf wie auch eine regelmäßige Nachfrage nach Tagespflege ohne Zweifel vorhanden. Trotz prognostisch rückläufiger Gesamteinwohnerzahlen im Südspessart wird sich dort laut der Bevölkerungsprognose aus 2008 die Zahl der 80-jährigen und älteren Menschen tendenziell noch einige Jahre erhöhen und dann vergleichsweise konstant halten:

 

Su. Altenbuch, Collenberg, Dorfprozelten, Stadtprozelten, Faulbach

2008

2011

2018

2028

Gesamteinwohner

 

9.863

9.404

8.833

80-jährige und ältere Menschen

359

 

683

649

 

Aus diesem Grund wäre ein Erhalt der Einrichtung aus Landkreissicht im  Sinne der Pflegebedarfsplanung sehr erstrebenswert. Auch die Stadt Stadtprozelten hat hieran Interesse, ebenso die Eigentümerin und Vermieterin der Immobilie, die ihr „Haus Gräulesberg“ konzeptionell als Mehrgenerationenprojekt versteht. In dieser Anlage werden gleichermaßen Wohnungen für junge Familien wie auch Seniorinnen und Senioren angeboten, die sich gegenseitig im Bedarfsfall unterstützen sollen.

Sofern kein Wohlfahrtsverband bereit ist, die Nachfolge des Kreiscaritasverbandes anzutreten, wird gegenwärtig in Erwägung gezogen, einen Förder- und Trägerverein zu gründen, der sich womöglich für Teilbereiche des Betriebs die Fachlichkeit von einem Wohlfahrtsverband hinzukaufen könnte.

Auch die 2006 bewilligte Investitionskostenförderung von 29.472 € wurde als Darlehen bewilligt, welches nach Ablauf der 30-jährigen Bindungsfrist erlassen worden, bei zweckfremder Verwendung jedoch (anteilig) zurückzuzahlen wäre. Nach nunmehr ca. 4-jährigem Betrieb sind somit also ca. 26.000 € grundsätzlich vom Kreiscaritasverband an den Landkreis zurückzuzahlen.

Sofern jedoch ein geeigneter Nachfolgeträger gefunden würde, der die Einrichtung weiter betreibt, wäre es sachgerecht, diesem als Rechtsnachfolger des Kreiscaritasverbandes bei entsprechender Einigung aller Beteiligten die bewilligten anteiligen Fördermittel in geeigneter Form gutzubringen.

Dies sollte dann möglichst durch direkte Weitergabe der Fördermittel erfolgen, was ganz oder teilweise womöglich auch durch die Überlassung vorhandener Sachgüter vorstellbar wäre.

Gleichzeitig müsste der Rechtsnachfolger sich aber verpflichten, auch die Rückzahlungspflicht aus dem Darlehensschuldverhältnis bei einer erneuten Betriebseinstellung vor Ablauf der Bindungsfrist in entsprechender Weise zu übernehmen.

 

Landrat Schwing fügte hinzu, unser Ziel sei es, die Einrichtung zu erhalten. Am einfachsten sei dies mit der Überleitung der Förderungen an einen neuen Träger. Es wäre schade, wenn es eingestellt werden müsste, denn es solle doch den Menschen zugute kommen.

 

Kreisrätin Kappes unterstütze die vorherigen Aussagen und stellte die Präsenz und die Wichtigkeit dieser Einrichtung im Südspessart klar und die Chance dieser, auch auf eine andere Weise fortzubestehen. Es sei klar, dass der Bedarf vorhanden sei. Daher sei es unumgänglich und sozusagen moralische Verpflichtung der Südspessartgemeinden hier Unterstützung zu leisten. Mit den anderen Bürgermeistern habe sie sich bereits besprochen, auch diese werden den neu zu gründenden Verein unterstützen. Ein Stamm von zehn bis 12 Personen sei auch vorhanden, die die Einrichtung besuchen. Aber man müsse auch akzeptieren, dass sich die Caritas zurückziehe. Sie habe sich aber kooperativ gezeigt, nicht auf einen festen Schließungstermin bestanden und einen nahtlosen Übergang unterstützt. Sie bat daher um Zustimmung der von der Verwaltung vorgelegten Vorschläge.

 

Kreisrätin Fichtl stimmte ihr zu, der Bedarf sei vorhanden, aber die Zukunft insbesondere im Hinblick auf die Annahme werde sich erweisen. Es sei noch nicht überall in der Bevölkerungen angenommen, es gebe viele, die dorthin könnten. Sie hob auch lobend für den Landkreis Miltenberg heraus, wie unbürokratisch die Überleitung erfolgen könnte, sofern der Beschluss in dieser Form gefasst würde. Sie halte es für eine segensreiche Einrichtung auch für die Zukunft, die sich sicherlich tragen werde.

 

Kreisrat Dr. Linduschka unterstützte dies ebenfalls, in diesem Bereich sei etwa 3% der Bevölkerung über 80 Jahre, in zehn Jahren werden dies bereits 9% sein, also deutlich mehr. Man sollte einem Verein mit privater Trägerschaft nicht noch zusätzliche Belastungen schaffen, es sei für sie sowieso schon einiges zu schultern. Daher sei es ein schönes Zeichen des Landkreises, wenn man hier die Unterstützung übernehme.

 

Kreisrätin Follner äußerte sich ebenfalls positiv, die Einrichtung sei eine tolle Sache und sie werde dies unterstützen.

 

Kreisrätin Weitz erklärte, sie halte Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung für notwendig und regte daher Publikationen an.

 

Kreisrätin Kappes stimmte ihr zu, diese Information müsse erfolgen, gerade im Hinblick auf die Kostenübernahme der Pflegekassen.

 

 

Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales fasste einstimmig den

 

Beschluss:

 

a)    Dem Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags über die Gewährung einer Investitionskostenförderung für die Seniorentagespflegeeinrichtung der Franziskus gGmbH Miltenberg in Sulzbach, Bahnhofstr./Mühlweg, wird zugestimmt.

b)    Die Verwaltung wird ermächtigt, die Rechtsnachfolge eines geeigneten etwaigen Nachfolgeträgers für die Seniorentagespflegeeinrichtung in Stadtprozelten, Am Gräulesberg 34, hinsichtlich der mit Bescheid vom 08.12.2006 gewährten Investititionskostenförderung zu gestatten.

 

 

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