Tagesordnungspunkt

TOP Ö 8: Beschluss: Umsetzung der Neuerungen im Vormundschaftsrecht

BezeichnungInhalt
Sitzung:30.11.2011   JHA/002/2011 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Herr Leiblein erläuterte:

 

In der Vergangenheit haben Fälle von Kindesmisshandlungen und Kindesvernachlässigungen mit Todesfolge oder mit der Folge erheblicher Körperverletzung gezeigt, dass in der Praxis des bisherigen Vormundschaftsrechts leider Defizite bestanden. Auch ein bestellter Vormund hat die ihm anvertrauten Kinder immer hinreichend vor den Gefährdungen aus ihrem Lebensumfeld zu schützen. Deshalb wurde das neue Vormundschaftsrecht geschaffen, das am 06. Juli 2011 in Kraft getreten ist. Die Neuregelung im SGB VIII zur Senkung der Fallzahlen wird am 05. Juli 2012 in Kraft treten.

 

Die Vorschriften, die am 06. Juli 2011 in Kraft getreten sind, beinhalten

-       die Verpflichtung zu kontinuierlichem Kontakt zwischen Vormund und Mündel

-       das Gebot, die Pflege und Erziehung des Mündels persönlich zu fördern und zu gewährleisten

-       Berichtspflichten an das Familiengericht im Hinblick auf die persönlichen Kontakte.

 

Die Vorschriften, die ein Jahr später in, am 05.07.2012 in Kraft treten, betreffen

-       die familiengerichtliche Aufsicht über die Vormünder/ Pfleger

-       die Neuregelungen des § 55 Abs. 2 und 3 SGB VIII, nämlich

      - die Anhörung des Kindes/ Jugendlichen vor Auswahl der die Vormundschaft führenden Fachkraft

      - die Begrenzung auf 50 Fallzahlen pro Vollzeitkraft

              - die Maßgabe, dass der Kontakt zum Kind/ Jugendlichen durch den Amtsvormund persönlich wahrzunehmen ist.

 

Mit dem versetzten Inkrafttreten wollte der Gesetzgeber den Jugendämtern ausreichend Zeit geben, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen, insbesondere auf die notwendige Aufstockung der personellen Ressourcen. Trotz dieses Aufschubs sind die Anforderungen an den Kontakt zwischen Vormund und Mündel bereits jetzt wirksam. Der Gesetzgeber entlastet die Jugendämter dadurch, dass Verstöße gegen die Pflicht das Kind/ den Jugendlichen einmal im Monat zu treffen, für ein Jahr „sanktionslos bleiben“ soll.

 

Die Zahl 50 geht auf die Dresdner Erklärung von vor 10 Jahren zurück, als die Forderung, dass der Amtsvormund Kontakt zu den Mündeln haben sollte, gänzlich neu und von einem regelmäßigen Kontakt noch nicht die Rede war. Dies bedeutet aber auch, dass die Zahl 50 die gesetzlich zulässige Obergrenze darstellt. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) geht in seiner Stellungnahme vor dem Deutschen Bundestag vom 23.02.2011 von 40 Betreuten pro Vollzeitstelle aus. Für Berufsbetreuer gilt in Bayern nach dem AGSG, bestätigt vom Landesjugendhilfeausschuss, eine Obergrenze von 30 Betreuten.

 

Im Bereich Vormundschaften/ Pflegschaften/ Beistandschaften stellt sich die aktuelle Personalsituation im Landkreis Miltenberg folgendermaßen dar:

 

 

Personalbedarf Beistandschaft/ Vormundschaft/ Pflegschaft

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tätigkeiten

Fallzahlen

Schlüssel zu 1

rechnerischer
Personalbedarf

notwendig

Anmerkung

 

 

 

 

 

 

Beistandschaften

715

240

2,98

2,98

DIJuf, KGST

Beratungsfälle

2250

4375

0,51

0,51

DIJuf

Beurkundungen

650

2188

0,30

0,30

DIJuf

Vormund-/Pflegschaften

40

40

1,00

1,00

DIJuf

 

 

 

 

 

 

Personalbedarf

 

 

4,79

4,79

 

 

 

 

 

 

 

aktueller Personalbestand

 

 

 

3,80

 

 

 

 

 

 

 

zusätzlicher Personalbedarf für diesen Bereich

 

 

 

0,99

 

 

Aufgrund der gesetzlichen Neuerungen kann dieses Aufgabenfeld nicht mehr im bisherigen Rahmen abgedeckt werden. Eine Stellenmehrung um 1 Stelle ist deshalb unumgänglich.

 

 

Landrat Schwing fügte hinzu, er müsse sich hier sehr zusammenreißen, da man solche Fälle immer häufiger von Bund- oder Land serviert bekäme und man bekomme hierfür keinerlei Ausgleich. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Bayerischen und des Deutschen Präsidiums habe er immer wieder darauf hingewiesen, dass man als Kommune an die Wand fahre und ausgetrocknet werde. Allein in Bayern haben die Kommunen jährlich 250 Mio. Euro Mehrkosten im sozialen Bereich zu tragen. Auch wenn man in Bayern immer noch den besten Finanzausgleich in der ganzen Bundesrepublik habe, reiche dies nicht. Nur die Kommunen in Deutschland haben in der Zwischenzeit 46 Mrd. Euro Kassenkredite außerhalb des Haushaltes. Dazu trage Bayern kaum etwas bei.

Er habe nichts gegen das Einführen von vernünftigen Regelungen. Aber man müsse sich klar sein und diese Diskussion brauche man: Was will und was kann man sich leisten? Wer beschließe müsse auch bezahlen. Er sei nun 25 Jahre im Amt und dies gehe schon seit dieser Zeit so.

 

Der Jugendhilfeausschuss fasste einstimmig den

 

B e s c h l u s s :

 

Der Jugendhilfeausschuss beschließt, aufgrund des neuen Vormundschafts- und Betreuungsrechtes die Stellenmehrung um eine Stelle im Bereich der Vormundschaften/ Pflegschaften dem Kreisausschuss zu empfehlen.

 

 

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