Tagesordnungspunkt

TOP Ö 4: Anpassung der Richtlinien zur Investitionskostenförderung von voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen sowie von Einrichtungen der Kurzzeitpflege

BezeichnungInhalt
Sitzung:25.11.2010   BKS/007/2010 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Verwaltungsamtsrat Vill erläuterte den Sachverhalt anhand der Anlagen:

 

Es ist nach wie vor eine Pflichtaufgabe der bayerischen Landkreise im eigenen Wirkungskreis, darauf hinzuwirken, dass ein bedarfsgerechtes Netz an Pflegeeinrichtungen und -diensten im Bereich der Altenpflege zur Verfügung steht. Während aber bis 31.12.2006 in diesem Zusammenhang eine gesetzliche Verpflichtung bestand, für bedarfsgerechte Pflegeeinrichtungen Investitionskostenförderung zu erbringen, ist dies seit Anfang 2007 mit der Einführung des bayerischen Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) eine Ermessensentscheidung nach Maßgabe bereitgestellter Haushaltsmittel (Art. 74 Abs. 1 Satz 2 AGSG).

 

Bereits vor dieser Gesetzesänderung hatte sich der Freistaat Bayern gänzlich aus der voll- und teilstationären Investitionskostenförderung zurückgezogen, u. a. auch, weil der Bedarf nach zusätzlichen Pflegeplätzen in Bayern weitgehend gedeckt sei.

 

Die zum 01.07.1999 erstmals beschlossenen Förderrichtlinien des Landkreises waren seitdem bereits zweimal jeweils im Sinn einer Absenkung der Fördersätze angepasst worden, nämlich zum 15.12.2003 und zum 27.03.2006.

 

Der nun vorliegende Beschlussvorschlag sieht im Wesentlichen eine weitere Reduzierung der Fördersätze vor, wobei gleichzeitig nach der Pflegebedarfsplanung im „Seniorenpolitischen Gesamtkonzept“ auch davon ausgegangen werden muss, dass der Bedarf nach zusätzlichen vollstationären Pflegeheimplätzen ohnehin bis etwa 2017 gedeckt ist.

 

Landrat Schwing ergänzte, momentan liegen weiterhin keine Anträge vor. Daher sei dies ein günstiger Zeitpunkt, jetzt entsprechende Angleichungen vorzunehmen.

 

Verwaltungsamtsrat Vill führte weiter aus:

 

Wesentlichste Inhalte der Neufassung:

maximale Fördersätze - „bis zu“

Förderung vollstationär Neubau/Platz

1.500,00 € 1)

Förderung vollstationär Umbau/Platz

1.500,00 € 1)

Modernisierung vollstationär/ berücksichtigungsfähige Kosten

10%

Förderung Tagespflege Neubau/Platz

1.500,00 € 1)

Förderung Tagespflege Umbau/Platz

1.500,00 € 1)

Förderung Tagespflege, wenn nur durch  Erstausstattung der Inneneinrichtung neue Plätze geschaffen werden / Platz

500,00 € 1)

Modernisierung teilstationär/  berücksichtigungsfähige Kosten

10%

( 1) Erhöhung bis zum Doppelten möglich, wenn nach Bestätigung des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) eine Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität älterer Menschen in Einrichtungen in besonderem Maße gewährleistet ist)

 

Der Vorschlag sieht bei Neu- und Umbau gleiche Festbeträgen von 1.500 € vor, allerdings mit der Möglichkeit eines Zuschlags von bis zu 100 %, wenn sich aus einer Stellungnahme des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) ergibt, dass das Vorhaben die Anforderungen des KDA für unterstützenswerte Projekte erfüllt und eine Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität älterer Menschen in Einrichtungen in besonderem Maße unterstützt. Diese Regelung entspricht weitgehend dem Inhalt der aktuellen Förderrichtlinien des Landkreises Aschaffenburg.

 

Die Reduzierung der Fördersätze ist im Rahmen des gegebenen Ermessens damit zu begründen, dass - wie der Staat bereits festgestellt hat - der Bedarf an zusätzlichen Einrichtungsplätzen weitgehend gedeckt ist, was auch für unseren Landkreis im Rahmen des „Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes“ bestätigt wurde.

 

Der Beschluss einer vollständigen Einstellung jeglicher Investitionskostenförderung würde gerichtlich dagegen vermutlich nicht Stand halten können, weil dies einem unzulässigen „Ermessensnichtgebrauch“ gleichkäme.

 

Im Bereich der - ohnehin ebenfalls bereits reduzierten - Förderung von Modernisierungsmaßnahmen sollte eine noch weitere Absenkung nicht erfolgen. Denn hier geht es nicht um die Schaffung zusätzlicher Pflegeplätze sondern um die Gewährleistung eines den aktuellen Anforderungen entsprechenden Standards unserer bestehenden Pflegeheime. Reine Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sind hierbei aber von vorneherein ausgeschlossen.

 

Weitere wesentliche Änderungsvorschläge:

·         Bei beiden Richtlinienentwürfen wurde unter der früheren Ziff. 3.2 die Antragsberechtigung des Bauträgers gestrichen. In der Praxis kam die Förderung eines Bauträgers bislang nicht vor. Die Darlehensgewährung verbunden mit der Zweckbindungsauflage macht auch gegenüber dem Bauträger wenig Sinn, weil allein der Einrichtungsträger die Gewähr für die zweckentsprechende Mittelverwendung übernehmen kann (vgl. Ziff 7 „Zweckbindung“).

Auch der Bayerische Landkreistag sieht diese Regelung in seinen Musterrichtlinien mittlerweile nicht mehr vor.

·         Bei beiden Richtlinienentwürfen erfolgt unter Ziff. 4 nunmehr der ausdrückliche, dem Gesetz entsprechende Hinweis, dass Förderung ausschließlich „im Rahmen der im Kreishaushalt dafür bereitgestellten Mittel“ möglich ist.

 

 

 

Landrat Schwing erklärte, dies alles habe momentan keine praktischen Auswirkungen. Der Bedarf sei gedeckt bis mindestens 2017. Es könnte lediglich bei Modernisierungen Auswirkungen haben, hier habe sich aber nichts geändert, der alte Satz gelte wie bisher. Alle übrigen Sätze habe man an den Landkreis Aschaffenburg angepasst. Es sei trotzdem wichtig auf dem neuesten Stand zu sein.

 

Kreisrat Dr. Linduschka erklärte sich einverstanden, fragte aber zu Punkt 5.3 nach einer Senkung von 13 %.

 

Verwaltungsamtsrat Vill erläuterte ihm dies, es handele sich um die Anpassung im Rahmen der teilstationären Einrichtungen, da er keinen Grund sehe, dies Einrichtungen besser zu stellen als vollstationäre Einrichtungen.

 

Kreisrat Dr. Linduschka fragte weiterhin zum Thema Kurzzeitpflege, ob auch hier der Bedarf bis 2017 gedeckt sei.

 

Verwaltungsamtsrat Vill antwortete, Kurzzeitpflege sei eine schwierige Sache. Man habe bereits in der Vergangenheit im Landkreis Miltenberg eine Kurzzeitpflegeeinrichtung betrieben, dies sei aber wirtschaftlich nicht zu führen. In den Stoßzeiten seien diese überbelastet und in der restlichen Zeit stehen sie leer. Daher werden in unserem Landkreis Kurzzeitpflegeplätze in die vorhanden vollstationären Einrichtungen eingestreut.

 

Kreisrat Dr. Linduschka fragte in Bezug auf Vorbehalt des Finanzhaushaltes und der Verfügbarkeit, ob dies nicht für einen Investor die Planungssicherheit verringere.

 

Verwaltungsamtsrat Vill erläuterte, es handele sich zum Einen um einen relativ geringen Betrag, zum Anderen müsse der Investor vor Baubeginn den Antrag stellen, so wisse dieser bereits vorher, was er bekomme. Weiterhin sei man daran gebunden, das Ermessen sachgerecht auszuüben.

 

Landrat Schwing ergänzte, man habe dies in der Vergangenheit bereits so praktiziert und es habe nie Probleme gegeben, auch nicht in anderen Bereichen. Viel ärgerlicher sei doch das Verhalten des Freistaates Bayern. Dieser ziehe sich zurück, wenn auch aus guten Gründen, da der Bedarf landesweit gedeckt sei. Aber die Kommunen vor Ort müssen weiter finanzieren, dies sei nicht in Ordnung.

 

Kreisrätin Weitz erwähnte, dies entspreche auch der politischen Forderung „ambulant vor stationär“. Vor Ort sei daher gefordert, entsprechende Maßnahmen zu treffen, insbesondere an die Träger, Möglichkeiten zu schaffen, dass ein Leben im häuslichen Umfeld so lange möglich ist wie es gehe. Auch die Kommunen müssten daher die Barrierefreiheit städtebaulich umsetzen. Dies sei der richtige Weg und es sei nicht sinnvoll, jetzt riesige Klötze an stationären Einrichtungen zu fördern, die dann letztendlich gar nicht belegt werden können.

 

Landrat Schwing wies darauf hin, vielfach seien dies auch Renditeobjekte von Privatinvestoren. Er erinnere, der Landkreis Miltenberg habe ein einziges Haus selbst gebaut in Erlenbach a.Main. Alle anderen seien von Wohlfahrtsverbänden oder von privat.

 

Kreisrätin Fichtl fragte in Bezug auf Punkt 7 – Zweckbindung nach der Überwachung der Beträge.

 

Verwaltungsamtsrat Vill bemerkte, es werde eine Sicherheit eingetragen, in der Regel sei für das Darlehen eine Grundschuld gefordert. Die Sicherheit sei daher vorhanden. Abweichungen würden weiterhin der Heimaufsicht auffallen.

 

Kreisrätin Follner erwähnte, auch sie habe sich das Seniorenpolitische Gesamtkonzept vorgenommen und fragte, was passiere, wenn der Bedarf zunehmen werde.

 

Verwaltungsamtsrat Vill entgegnete, es sei durchaus denkbar, dass trotz nicht bestehenden Bedarfes Einrichtungen gebaut werden. Momentan sei das Haus in Mömlingen neu hinzugekommen und eines entstehe in Niedernberg. Unter Berücksichtigung dieser beiden Einrichtungen sei der Bedarf bis 2017 gedeckt. Private Investoren stellen meist keinen Antrag auf Investitionskostenförderung, da sonst die Kommunen Mitspracherecht hätten. Daher verzichten diese auf Grund der relativ geringen Fördersätze auf einen Antrag und bauen trotzdem. Da könne es durchaus sein, dass die vorhandenen Pflegeplätze dem Bedarf ein Stück weit voraus seien. Falls aber Bedarf bestehe, habe man die Richtlinien und werde danach fördern, sollte es bis dahin die Investitionskostenförderung noch gebe.

 

Landrat Schwing ergänzte, man müsse immer überlegen, was man erreichen wolle. Die Förderung wolle ja etwas bewirken, der Staat oder die Kommunen verschenken kein Geld, sondern es werde damit etwas beabsichtigt. Der Bau von Pflegeplätzen sei gewollt gewesen, daher der Anreiz der Förderung. Nun habe man genug Pflegeplätze und auch genug Investoren. Man müsse aufpassen, dass man nicht leere Betten in großem Umfang herumstehen habe. Es existiere ein Wettbewerb untereinander, der nur über das Personal ausgetragen werde, da die Hauptkosten in solchen Häusern nun einmal die Personalkosten seien. Das wäre das Schlechteste, was passieren könne. Daher versuche man hier gegenzusteuern. Er sei aber überzeugt davon, sollte sich irgendwo ein Bedarf abzeichnen, seien die Privatinvestoren sofort da. Die Häuser werden auch ohne uns gebaut.

 

 

Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales empfahl dem Kreistag einstimmig den folgenden

 

B e s c h l u s s zu fassen:

 

Die Richtlinien zur Investitionskostenförderung von voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen sowie von Einrichtungen der Kurzzeitpflege werden in der beiliegenden Fassung beschlossen.

 

 

 

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