Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Beschluss: Konzept für den flächendeckenden Ausbau von Jugendsozialarbeit an Schulen im Landkreis Miltenberg

BezeichnungInhalt
Sitzung:19.10.2010   JHA/010/2010 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat Schwing leitete den Tagesordnungspunkt ein. Man diskutiere ja bereits seit einigen Jahren über dieses Thema und zum Ende hin immer gegensätzlicher und auch emotionaler. Verschiedene Positionen seien aufgebaut worden. Insbesondere war eine Annäherung aber nicht erkennbar. Die Finanzierung habe stark im Vordergrund gestanden. Vor der Sommerpause habe er die Notbremse gezogen, die Diskussion sei eingestellt worden und noch vor dieser Sitzung wurde zu einem Runden Tisch eingeladen, an dem jeweils zwei Vertreter der Schulen, des Staatlichen Schulamtes, zwei Bürgermeister sowie Jugendamtsleiter Winkler und er selbst vertreten waren. Die Ferienzeit sei für eine intensive Beratung und Abstimmung genutzt worden. Schnell sei man der Überzeugung gewesen, man wolle eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Jugendsozialarbeit an Schulen anbieten, an der auch möglichst viele finanziell beteiligt sind, damit sie für alle tragbar sei und damit man langfristig Erfolg habe. Er sei der Meinung, mit dem folgenden Vorschlag sei man auf eine gute Resonanz gestoßen. Entscheidend sei nun der Jugendhilfeausschuss, hier müsse es vorberaten und ein Empfehlungsbeschluss für die Haushaltsberatungen gefasst werden, damit es im Laufe des nächsten Schuljahres verwirklicht werden könne.

 

Jugendamtsleiter Winkler erläuterte sodann den Sachverhalt anhand beiliegender Präsentation. Er bemerkte, er habe einen Austausch auch mit anderen Jugendamtsleitern in Bayern, und kaum ein Landrat nähere sich mit soviel Herzblut der Jugendsozialarbeit an Schulen. Es sei daher wichtig für ihn, gemeinsam mit dem Landrat Ideen einzubringen und Lösungskonzepte zu finden.

 

Er erläuterte:

 

Ausbaustand der Jugendsozialarbeit an Schulen zum Schuljahr 2010/2011:

 

Hauptschulen mit staatlicher Förderung:

n  Erlenbach, Kleinwallstadt, Klingenberg, Leidersbach, Obernburg, Sulzbach

Förderschulen mit staatlicher Förderung:

n  J. Korczakschule Erlenbach, H. E. Stötznerschule Miltenberg

Förderfähige Anträge für das Schuljahr 2011/2012:

n  Elsenfeld, Faulbach

Ohne staatliche Förderung: Großwallstadt, Miltenberg

Weitere Sozialarbeit an Schulen:

n  E-Schulklassen in Elsenfeld und Miltenberg

 

Die Landkreisverwaltung ist davon überzeugt, dass nur ein bedarfsgerechtes, flächendeckendes Angebot von Jugendsozialarbeit an Schulen es ermöglichen wird, die schulischen Probleme der Gegenwart und der Zukunft zu lösen. Die Problematik erstreckt sich auf alle Förder- und Hauptschulen bzw. Mittelschulverbünde, auch wenn bisher nicht alle Hauptschulen einen Bedarf angemeldet haben. Eine fachliche Qualität kann nur bei der Anbindung an die Jugendhilfe umfassend gewährleistet werden. Es handelt sich um einen nicht umkehrbaren Prozess: Wenn der Landkreis jetzt einsteigt, bedeutet dies ein dauerhaftes Engagement. Es ist jeder Schule freigestellt, das Angebot des Landkreises anzunehmen, kein Gießkannenprinzip, keine Verpflichtung!

 

Organisation, Kosten:

 

16 Hauptschulen

=          8      Vollzeitstellen

Fachliche Leitung, Personalführung

=          0,5   Vollzeitstellen

Verwaltung, Abrechnung, Förderung

=          0,5   Vollzeitstellen

Gesamtbedarf:

=          9      Vollzeitstellen

 

 

Nur Landkreis: 2 Förderschulen

=          1      Vollzeitstelle

2 E-Schulklassen

=          0,77 Vollzeitstellen

Kosten: 9 * 50.000 €

=          450.000 €

Sachkosten (Landratsamt):

=            25.000 €

Fortbildung/Supervision

=            20.000 € 

Gesamtkosten

=          495.000 €

Förderung: 16.360 * 8

=          130.880 €

Restkosten:

=          364.120 €

Landkreis 50 % = 182.060     

Gemeinden/Aufwandsträger = 182.060 €

Ansatz 2011 (September bis Dezember)

=          60.690 €

 

 

 

 

 

Kreisrat Scherf äußerte, das Konzept alleine, sollte es so politisch befürwortet werden, sei ein großer Schritt und ein wichtiger Moment für diesen Ausschuss und auch für den Landkreis Miltenberg. Der Landrat habe recht, dass man seit Jahren gegensätzlich und emotional diskutiert habe, dennoch sei es immer um die Sache gegangen. Das Konzept sei der Lohn für alle Beteiligten. Es handele sich um einen enormen Qualitätssprung für den Landkreis Miltenberg und eine riesige Chance. Man habe zahlenmäßig eine gute Versorgung in Sachen Jugendsozialarbeit an Schulen gehabt im Vergleich zu anderen Landkreisen in Unterfranken oder Bayern. Gut finde er ebenso die Leistung der E-Klassen, ohne rechtliche Verpflichtung des Landkreises. Offene Fragen seien die Trägerschaft, die finanziellen Beteiligung und das Gelingen der Kooperation von Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit an Schulen gewesen. Es bestehe die Gefahr des Verzettelns, jede einzelne Schule oder Kommune mache Jugendsozialarbeit, wird nicht koordiniert bestehe die Gefahr der Isolation der einzelnen Jugendsozialarbeiter. Er selbst sei im Arbeitskreis Klingenberg gewesen. An der Hälfte aller Schulen allgemein scheitere die Jugendsozialarbeit auf Grund der fehlenden Koordination. Eine gute Begleitung und Unterstützung sei notwendig. Die offenen Fragen seien seines Erachtens durch das vorgelegte Konzept geklärt zum Wohle der Kinder im Landkreis, die die Unterstützung brauchen, um ihren Platz in Beruf und Gesellschaft zu finden. Er finde es gut, dass der Landkreis Miltenberg sage, man brauche Jugendsozialarbeit an jeder Hauptschule. Die Entwicklung zeige, es werden weniger Kinder, aber die Zahlen steigen leider. Eine Trägerschaft der Jugendsozialarbeit durch den Landkreis sei gut und wichtig. Dies garantiere die Koordination mit der Jugendhilfe. Dies sei eine enorme Chance für die Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe. Eigentlich arbeite man am selben Patienten Kind, habe aber keine gute Verzahnung. Die Jugendhilfe könne sich dadurch weiterentwickeln und verändern, aber auch Schule werde durch diese Zusammenarbeit viel lernen und sich verändern können. Beide könnten sich dadurch zusammen zum Wohle der Kinder sehr weiterentwickeln. Sehr gut empfinde er auch das Einbeziehen der Grundschulen. Aber auch da glaube er, man bekäme nicht die Solidarität der 32 Kommunen. Wesentlich sei daher hier nicht das Geld, sondern das freiwillige Angebot an die Kommunen, die fachliche Arbeit an das Landratsamt abzugeben. Jugendsozialarbeit und Jugendhilfe aus einer Hand. Von daher sei wichtig, dass man die fachliche und personelle Verantwortung übernehme. Dies sei eine enorme Entlastung für unsere Kommunen. Das sei ein sehr gutes Angebot des Landkreises. Daher ein großes Danke und Anerkennung an Jugendamtsleiter Winkler und besonderen Respekt und ein ebensolches Dankeschön an Landrat Schwing. Dieser habe nicht versäumt, an einem bestimmten Punkt ein Stopp auszusprechen und neu zu denken, so müsse Politik sein. Daher seine Hochachtung, dies sei nicht selbstverständlich. Er werbe daher um Unterstützung für das Konzept und wünsche sich, dass dieses für die nächsten Jahre mit Leben erfüllt werde.

 

Kreisrätin Tulke erwähnte die letzte Sitzung des Jugendhilfeausschusses, die etwas emotionaler abgelaufen sei auf Grund des Antrages der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, hier sei die eindeutige Haltung in Form der Trägerschaft, Fachberatung und Begleitung der Jugendsozialarbeit gefordert worden. Es freue sie ganz besonders, dass hier der Landkreis Miltenberg und Landrat Schwing diese eindeutige Haltung übernehmen und auf die Forderungen eingegangen sei und die Verantwortung sehe. Das Ergebnis des Runden Tisches könne sich sehen lassen und sie schloss sich an die Aussage des Kreisrates Scherf an. Von Seiten der SPD könne man dies daher nur unterstützen. Endlich sei dies dort angesiedelt, wo es hingehöre, nämlich an das Jugendamt durch die enge Anbindung an die Jugendhilfe. Die fachliche Begleitung sei sehr wichtig. Natürlich seien noch organisatorische Klärungen notwendig und sicherlich werden noch Fragen aufkommen. Letztendlich gebe es ja schon bestehende Gefüge, die teilweise sehr gut laufen. Sie hoffe, dass die JaS-Kräfte, die es bereits gebe, bei fachlicher Eignung uneingeschränkt übernommen werden. Die bestehenden Synergieeffekte bei der Jugendarbeit können weiter bestehen bleiben. Sie fragte aber nach der Möglichkeit der Kostenerstattung, wenn eine Fachkraft bei einer Kommune beschäftigt sei und weiterhin, ob bei der Übernahme der Stellen dieselbe Eingruppierung erfolge wie bei der Kommune. Sie könne weiterhin nachvollziehen, dass die Grundschulen aus dem Gesamtgefüge herausgenommen werden, da nur die Grundschulen Erlenbach und Elsenfeld durch ihren hohen Migrantenanteil die Förderung erhalten könnten. Sie hoffe aber, dass sowohl in Erlenbach als auch in Elsenfeld die jeweiligen Stadt- und Gemeinderäte autark seien und dafür stimmen, um die Jugendsozialarbeit an Grundschulen eigenständig laufen zu lassen. Sie finde es schade, dass die Grundschulen von den 1.000 Stellen Jugendsozialarbeit abgezogen worden seien, aber dafür könne der Landkreis nichts, dies müsse man an die Gremien weitergeben.

 

Landrat Schwing antwortete, man sei sich sicher einig, die Problematik an den Grundschulen sei eine andere als an den Hauptschulen und noch lange nicht so hoch in der jetzigen Situation. Man wisse natürlich nicht, wie sich dies weiterentwickeln werde. Die Weichen seien allerdings gestellt, damit in beiden Bereichen etwas passieren könne, wenn der Wille und der Bedarf da seien. Zu den Fragen gebe es eine Fülle an Details, dies sei erst einmal das äußere Gerüst. Sollte der Jugendhilfeausschuss zustimmen, werde man dies in die Haushaltsberatungen einspeisen, um es für das nächste Jahr einzuplanen. Man werde dann die entsprechenden Anträge auf Umstellung der Verträge stellen, und man werde von Fall zu Fall mit jeder Kommune sprechen müssen. Ein Kostenersatz sei noch nicht geklärt, eventuell werde man dies im Ausschuss tun, sofern dies nicht die Arbeitsebene klären könne. Es sei allerdings klar, dass die Übernahme nur bei Eignung erfolgen könne. Die Eingruppierung werde erfolgen wie im Landratsamt.

 

Kreisrat Köhler bemerkte, auch er und seine Fraktion seien der Meinung, dies sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und eine riesige Chance. Wichtig sei auch die Vernetzung, zum Teil mit Grundschulen, aber auch mit der offenen Jugendarbeit. Er gehe davon aus, dass die Diskussion um die Finanzen auch kleiner ausfallen werde.

 

Landrat Schwing ergänzte, die Unterstützung von Seiten des Jugendhilfeausschusses sei äußerst wichtig. So etwas müsse man gemeinsam auf den Weg bringen. Aber damit habe man noch lange keinen Erfolg. Der Erfolg hänge natürlich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab, teilweise vom Jugendamt, aber auch von denen vor Ort (Schule, Eltern, Lehrer und alle Beteiligten).Daher sei ein einheitliches Signal notwendig, schließlich koste dies auch Geld. Aber nicht die Finanzen seien ausschlaggebend, sondern was für die Kinder wichtig sei, und auch für die Schulen, die Lehrer und die Eltern. Man habe zuerst mit dem politischen Willen argumentiert, und dann die Verteilung so geregelt, dass jeder ein Paket habe, welches er tragen könne. Der Charme des Konzeptes sei, dass die fachliche Seite sauber geregelt und da angesiedelt sei, wo die höchste Fachlichkeit zu erwarten sei, nämlich beim Jugendamt. Alle drei Beteiligten (Freistaat Bayern, Landkreis und die Kommunen) seien somit mit im Boot, aber für jeden überschaubar. Bei der Maximalforderung, wenn der Landkreis alles hätte schultern müssen, hätten einige Punkte Kreisumlage im Raum gestanden. Dies könne man aber keinem zumuten. Die Umlage auf die Kommunen habe man vermeiden wollen. Man müsse sich allerdings im Klaren sein, wenn man sich hier einmal engagiere, sei so etwas kaum zurückzuholen. Aber es gehe nicht darum, den Haushalt zu schonen oder nicht zu schonen, sondern um das Bestmögliche für die Kinder.

 

Kreisrätin Hotz bedankte sich für die Fraktion der Freien Wähler ebenfalls bei Landrat Schwing, dass dieses sich mit soviel Herzblut für diese Sache eingesetzt habe. Ihre Fraktion sei nie gegen diese Sache gewesen, man wollte Gleichheit. Dieses Konzept würden sie nun gerne und mit gutem Gewissen mittragen.

 

Landrat Schwing ergänzte, niemand sei gegen die Jugendsozialarbeit an Schulen gewesen, es ginge immer um Struktur und Bezahlung.

 

 

Der Jugendhilfeausschuss fasste einstimmig den

 

B e s c h l u s s :

 

Der Landkreis übernimmt die Trägerschaft der Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) für alle Mittelschulverbünde im Landkreis und stattet diese auf Antrag des Schulaufwandsträgers mit einer halben Stelle je Schule aus (Grundausstattung). Er übernimmt die arbeitsrechtliche und fachliche Personalführung incl. der erforderlichen Fort- und Weiterbildung des sozialpädagogischen Fachpersonals. Die Kosten für die Grundausstattung werden nach Abzug der staatlichen Förderung zur Hälfte zwischen den beteiligten Gemeinden sowie dem Landkreis aufgeteilt. Die bedarfsgerechte Versorgung der Grundschulen mit Jugendsozialarbeit an Schulen kann im Einzelfall ebenfalls in Trägerschaft des Landkreises sichergestellt werden, wenn der Schulaufwandsträger die nach Abzug der staatlichen Förderung verbliebenen Kosten übernimmt.

 

Der Start in den einzelnen Schulen kann erst nach Beginn der staatlichen Förderung erfolgen. Die Vereinbarung gilt nur, solange die staatliche Förderung gewährt wird.

 

Es wird ein begleitender Beirat eingerichtet, der die Arbeit der Jugendsozialarbeit an Schulen begleitet und ggf. auf notwendige Änderungen und Anpassungen hinwirkt.

 

Mitglieder: Schulamt, Schulleiter/in, Jugendamt, JaS-ler, Bürgermeister/in, Kreisrat/rätin

Dem Jugendhilfeausschuss wird jährlich berichtet.

 

 

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