Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Abwicklung Firma Factron

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Sitzung:28.09.2010   NU/007/2010 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Regierungsrätin Ott erläuterte den Sachverhalt.

 

In der Presse sei vor kurzem der Fall Factron wieder zur Sprache gekommen. Darin sei die Verärgerung der Betroffenen zum Ausdruck gekomme, für eine Leistung zum zweiten Mal zur Kasse gebeten zu werden. Der Presse seien die Gründe ebenso ausführlich dargelegt worden wie den Betroffenen, die sich im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur Wehr setzen.

 

Nach der Insolvenz der Firma Factron sei es unsere Pflicht, einen Ersatz für die Entsorgungskosten einzufordern. Die Rechtslage sei eindeutig, sie sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt worden. Hätten die Abfallerzeuger den Müll bei den landkreiseigenen Anlagen angeliefert, wäre es nicht zu einer doppelten Inanspruchnahme gekommen.

 

Der aktuelle Stand sehe folgendermaßen aus:

 

Die Gesamtkosten der Entsorgung durch den Landkreis  betrugen 177.980,21 €.

 

Um einen Teil dieser Kosten zurückzuerhalten, sei man an insgesamt 45 Abfallerzeuger herangetreten, dabei handele es sich um 39 Firmen, fünf Privatpersonen und einen Verein.

 

Die angeforderten Nachzahlungen reichen von 29.628,11 € bis zu 115,09 €. Insgesamt betrage die Summe der angeforderten Nachzahlungen rund 76.000 €.

 

Bisher haben bereits 30 Abfallerzeuger gezahlt. Es seien bisher ca. 68.000 € eingegangen.

 

Es gebe  bisher neun bestandskräftige Bescheide, bei denen die Kosten in Rechnung gestellt werden. Bisher sei im Falle eines Großanlieferers Klage erhoben worden, die jedoch wieder zurückgezogen worden sei, bevor ein Verhandlungstermin festgesetzt wurde.

 

Im Rahmen der Anhörung stehe man derzeit mit den verbleibenden Abfallerzeugern in Kontakt. Man beabsichtige in Kürze gegen die noch verbleibenden Abfallerzeugern Kostenfestsetzungsbescheide zu erlassen.

 

Der Verwaltungsaufwand sei enorm, so dass die Aufarbeitung des Falles noch eine Weile in Anspruch nehmen werde.

 

 

Landrat Schwing ergänzte, die Kosten wären noch deutlich höher geworden, wenn es uns nicht gelungen wäre, auf dem Verhandlungswege die Bank dazu zu bewegen, auch einen Teil der Entsorgung zu ermöglichen. Damit habe man die Kosten erheblich drücken können.

 

Kreisrat Dr. Fahn könne die Bürger verstehen, die sagen, sie müssten nun zweimal bezahlen. Natürlich sei es juristisch korrekt, aber nicht im Sinne der Bürger. Auch das Geld einzutreiben bedeute einen hohen Verwaltungsaufwand. Daher stelle er sich die Frage der Relation. Hoher Verwaltungsaufwand für geringe Summen und Nachteil für die Bürger, damit erkläre er die Politikverdrossenheit.

 

Landrat Schwing entgegnete, es verwundere ihn sehr, dass gerade diese Wortmeldung von Kreisrat Dr. Fahn als Landtagsabgeordneter komme. Daher stellte er ihm die Frage, ob er glücklich damit sei, wenn er als Bürger mit einem Teil der Müllgebühren, die er zahle, ebenfalls Entsorgungskosten für andere übernehme. Andere, die das Schlupfloch eines privaten Entsorgers gewählt haben, weil sie ein paar Euro sparen wollten, der es dann nicht entsprechend entsorgt hat. Nun müsse die Allgemeinheit, sprich der Landkreis, diesen Müll entsorgen, und die Allgemeinheit solle dafür zahlen. Das könne wohl nicht sein! Noch dazu sei keiner gezwungen worden, über private Entsorger zu entsorgen. Der Landkreis als Kommune könne dies gesetzlich übrigens nicht ändern. Landrat Schwing fügte allerdings hinzu, er wolle dies auch nicht ändern. Wenn jemand das Risiko eingehe, müsse dieser danach auch dafür einstehen und nicht die Allgemeinheit dafür bezahlen lassen.

 

Kreisrat Dr. Steidl erläuterte ebenfalls, die Rechtslage sei doch eindeutig. Man müsse hier eine Ersatzvornahme durchführen und die Kosten hierfür müssen natürlich eingefordert werden von denen, die zunächst eingespart haben, indem sie einen unseriösen Entsorgungsweg gewählt haben. Er hoffe natürlich auch auf einen gewissen Lerneffekt, der sicherste Weg sei nun einmal die Entsorgung über den Landkreis. Es wäre nicht akzeptabel, wenn die Allgemeinheit ein solches Verhalten subventioniere. Eine andere Regelung wäre völlig unverständlich.

 

Landrat Schwing fügte hinzu, wenn der Landkreis dies nicht fordern würde, setze man sich der Gefahr von Vorwürfen aus, man habe nicht rechtmäßig gehandelt und die Einnahmen eingefordert, die man bekommen müsse, und dies zu recht.

 

Kreisrätin Almritter hoffe darauf, dass man in Zukunft ein schärferes Auge darauf habe und rechtzeitig einschreite.

 

Landrat Schwing entgegnete, dies sei die billigste Art und Weise, jemandem die Schuld zuzuschieben. Man wisse doch, gerade in Bezug auf die Firma Factron, dass der Landkreis jahrelang versucht habe, sich gegen das Verwaltungsgericht durchzusetzen, da dort kein Urteil gefällt worden sei, weil Einigung gefordert worden sei. Als der Landkreis dies nicht mehr mitmachen wollte, sei die Firma zum Insolvenzrichter gegangen. Ähnlich lief dies auch bei der Firma Spall. Weiterhin könne man in der Zwischenzeit Sicherheiten verlangen, aber in der Vergangenheit sei dies eben noch nicht möglich gewesen. Man müsse daher die Historie dazu sehen. Der Landkreis habe nun den Ärger, die Arbeit, die Kosten und den Aufwand. Daher sollte man die gewährleistete umweltgerechte Entsorgung über den Landkreis empfehlen.

 

Kreisrat Dotzel ergänzte, natürlich sei man nach so einem Vorfall wachsamer. Damit würden nun sicherlich auch anderen Firmen mehr Knebel und Pflichten auferlegt. Dies seien eben die Auswirkungen nach solchen Vorfällen. In diesem Fall habe die Firma etwas Unrechtes getan, und der Landkreis habe nun für die ordentliche Entsorgung sorgen müssen. Insofern müsse er sagen, es sei hier sehr gut gehandelt worden und er unterstütze jeden Versuch, damit die notwendigen Gelder, die aufgewendet werden müssen, um dieses Material ordnungsgemäß zu entsorgen, auch wieder hereinkommen. Es liege eine eindeutige Rechtslage vor. Es könne nicht sein, dass alle Landkreisbürger hier mitfinanzieren müssen.

 

Kreisrat Dr. Fahn ergänzte noch, dass Versorgungsbetriebe für den Fall einer Insolvenz Sicherheiten hinterlegen müssten. Leider habe es dieses Gesetz zu dieser Zeit noch nicht gegeben und rückwirkend sei dies nicht möglich.

 

Landrat Schwing entgegnete, er soll froh sein, dass dieses Gesetz wenigstens jetzt gelte. Er wies darauf hin, dass dies in den letzten Jahren ein sehr schwieriges Geschäft für den Landkreis gewesen sei, insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das richtige Mittelmaß zu finden. Beim Baustoffrecycling beispielsweise ließen sich kaum noch Betriebe finden, die so etwas machen. Man müsse eben seriöse von unseriösen Betrieben trennen. Daher solle man den Menschen empfehlen, beim Landkreis abzuliefern, dann habe man solche Fälle nicht. Weiterhin gehe der Gewerbemüll seit Jahren gegen Null, er verwies auf die Probleme mit Einführung der Gewerbetonne.

 

Regierungsamtsrat Röcklein wies darauf hin, dass auch eine Sicherheitsleistung bei der Firma Factron nichts gebracht hätte. Factron habe ein Mehrfaches gelagert als genehmigt gewesen sei. Eine Sicherheitsleistung hätte vielleicht für 100 Tonnen gereicht, aber nicht für diese Unmengen.

 

Kreisrat Dr. Fahn ergänzte, die Aussagen seien zwar richtig, aber es gebe Leute die sagen, der Landkreis habe dies nicht rechtzeitig gesehen. Natürlich müsse man nach außen tragen, man solle beim Landkreis abliefern, aber bei vielen Firmen sei dies auch eine Frage des Preises, so dass diese woanders entsorgen. Daher müsse der Landkreis die Müllgebühren entsprechend kalkulieren.

 

Landrat Schwing entgegnete, er möchte Kreisrat Dr. Fahn sehen, wenn der Landkreis Versorgungsanlagen bauen würde, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend. Natürlich koste dies Geld, daher seien in der Vergangenheit nicht legale Sachen geschehen, die nun die Allgemeinheit bezahlen solle. Dies sei nicht in Ordnung und passe auch nicht in unser System. Daher könnten alle Kreisräte zum Lernprozess beitragen.

 

Kreisrat Dr. Steidl richtete an Kreisrat Dr. Fahn, der Landkreis Miltenberg solle eine günstigere Versorgungsvariante anbieten, damit die Firmen nicht an unseriöse private Unternehmen abwandern, aber wo solle denn dann gespart werden!? Solle man die Gehälter der Mitarbeiter kürzen oder eventuell bei den Deponieabdichtungen sparen oder aus der Kreiskasse zuzahlen? Diese Argumente halten einer seriösen Diskussion nicht stand.

 

Kreisrat Dotzel fragte bezüglich der Rechtslage nach dem Anschluss- und Benutzungszwang, ob man dies nicht von den Bürgern auch auf Betriebe ausdehnen könne.

 

Regierungsamtsrat Röcklein erläuterte, nach § 13 Absatz 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in der noch geltenden Fassung gelte für die Privathaushalte sei der Landkreis für die Abfallbeseitigung und –verwertung zuständig (ausgenommen einer zulässigen Eigenverwertung, also Eigenkompostierung auf dem eigenen Grundstück). Für sonstige Herkunftsbereiche, also Gewerbe, gelte, dass die Abfälle zur Beseitigung ebenfalls dem Landkreis abzuliefern sind; Abfälle zur Verwertung (z. B. Ersatzbrennstoffe) allerdings dürfen frei verwertet werden. Somit sei dies außerhalb der Reichweite des Landkreises.

Beispielsweise habe man in Bezug auf den Gelben Sack vermutet, wenn Walldürn in Betrieb gehe, komme der Gelbe Sack nach Walldürn. 40 % allerdings gehen deutschlandweit in andere Sortieranlagen.

Weiterhin erwähnte er die neue Deponieverordnung, auf Grund derer man nun seit Neuestem auf der Deponie Guggenberg Gasuntersuchungen zweimal jährlich (statt vorher nur alle drei Jahre) und Oberflächenuntersuchungen viermal jährlich (statt vorher einmal jährlich) durchführen müssen. Auch diese Kosten kommen auf uns zu.

 

Landrat Schwing ergänzte, die von Kreisrat Dr. Fahn gewünschten Wertstoffhöfe würden noch mehr kosten, somit werde dies noch teurer für die Privaten; auch die Deponieerweiterungen kosteten Geld und der Ausschuss habe dies sogar einstimmig beschlossen.

 

Kreisrat Dr. Fahn wies die Aussage von Kreisrat Dr. Steidl zurück und erwähnte, am 16.12.2008 habe der Ausschuss einstimmig beschlossen, der Landkreis werde sich beim Bayerischen Innovationsring um die Durchführung eines Benchmarkings für die Abfallwirtschaft einsetzen und daran teilnehmen. Bisher habe er allerdings nichts davon erfahren.

 

Landrat Schwing wies darauf hin, dass der Bayerische Innovationsring diese Thematik auf Grund der unterschiedlichen Strukturen strikt abgewiesen habe. Darauf habe er ihn damals bereits hingewiesen.

Er bat nochmals alle Kreisräte darum mitzuhelfen, das Bewusstsein zu stärken, beim Landkreis in guten Händen und dauerhaft auch am günstigsten abzuliefern.

 

 

 

 

 

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