Tagesordnungspunkt

TOP Ö 4: Kreismülldeponie Guggenberg - Bericht zum Sickerwasserproblem: Fachliche Information durch Herrn Prof. Dr. Weigand, FH Gießen, und Herrn Wabersich, Büro IBU

BezeichnungInhalt
Sitzung:03.05.2010   NU/005/2010 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat Schwing begrüßte zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Prof. Dr. Weigand von der Fachhochschule Gießen.

 

Regierungsamtsrat Röcklein trug vor, dass die Arbeitsgemeinschaft Kreismülldeponie Guggenberg (ARGE KMD) im Juni 2009 damit begonnen, die Entwässerungsschicht auf den neuen Deponieabschnitten und im Nordhang des alten Deponieabschnittes 2 aufzubringen. In verschiedenen Stärken seien bis September 2009  18.000 Tonnen Schotter mit den vorgeschriebenen bauphysikalischen Werten durch die Subunternehmer der ARGE KMD angeliefert und von der ARGE KMD eingebaut worden. Die Maßnahme sei vom Ingenieurbüro IBU und von einem Fremdüberwacher mineralisch (ROOS Geoconsult) überwacht worden. Im Gegensatz zum Einsatz von Recyclingbaustoffen, deren Einsatz durch die damalige Deponieverwertungsverordnung stark reglementiert sei, gebe es für natürliche Baustoffe keine chemischen Parameter. Aber auch das hätte nichts genutzt, denn ROOS Geoconsult sei ein Gutachten vorgelegt worden, dessen Werte auch hinsichtlich Arsen völlig unbedenklich gewesen seien.

 

Ab dem Aufbringen der Entwässerungsschicht gebe es, wie heute bekannt, Arsenausträge aus den neuen Deponieabschnitten. Bei der ersten turnusgemäßen Fremdüberwachung im Juli 2009 seien im gereinigten Sickerwasser leicht erhöhte Arsenwerte festgestellt worden, die jedoch noch weit von den geltenden Grenzwerten entfernt gewesen seien. Erst als Ende Dezember 2009 die Untersuchungsbefunde der Oktober-Überwachung beim Landratsamt Miltenberg eingegangen seien, sei klar geworden, dass etwas nicht in Ordnung sei. Zuerst sei daraufhin beim Untersuchungsinstitut nachgefragt worden, ob vielleicht ein Fehler bei der Datenübertragung vorliege.

 

Am 15.01.2010 sei der vollständige Bericht des Untersuchungslabors beim Landratsamt Miltenberg eingegangen, der die hohen Arsenwerte bestätigt habe. In Absprache mit der Wasserwirtschaftsverwaltung seien eine Nachuntersuchung der eingefrorenen Gegenprobe vom Oktober 2009 und die Untersuchung einer aktuellen Sickerwasserprobe durchgeführt worden. Diese Ergebnisse seien am 01.02.2010 beim Landratsamt Miltenberg eingegangen und hätten  das Vorliegen eines Arsenproblems bestätigt. Daraufhin sei sofort die Ableitung von gereinigtem Deponiesickerwasser eingestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt seien noch alle von einem Abfallproblem auf den in Betrieb befindlichen Deponieabschnitten ausgegangen. Mit einem großen Untersuchungsprogramm jeder einzelnen Anfallstelle sei man dann dem eigentlichen Problem auf den Grund gekommen und am 04.02.2010 sei klar gewesen, dass das Problem nicht auf abgelagerte Abfälle zurückzuführen sei.

 

Die inzwischen umfassend informierten Aufsichts- und Fachbehörden seien am 08.02.2010 zu einer großen Behördenkonferenz mit Mitarbeitern des Sachgebietes Abfallwirtschaft zusammengekommen. Dabei seien vom Wasserwirtschaftsamt erste Unterlagen und Daten über den Steinbruch in Sailauf, Landkreis Aschaffenburg, zur Verfügung gestellt worden. Ab diesem Zeitpunkt sei auch klar gewesen, dass nicht nur das Sickerwassersystem, sondern auch das Oberflächenwassersystem mit der DK 0-Deponie und der Nordböschung vom Arsenproblem betroffen seien. Das vorhandene Regenüberlaufbauwerk für Oberflächenwasser sei provisorisch umgerüstet worden, um es als Absetzbecken für Feinstoffe nutzen zu können. Die Nordböschung sei umgeleitet worden, damit auch dieses Wasser über das RÜB abfließe.

 

Der Landkreis Miltenberg habe diesem Zeitpunkt auch mit den ersten Versuchen zur Fällung des Arsens in der Deponiesickerwasserreinigungsanlage begonnen. Vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) habe man Unterlagen über eine mögliche Strahlenbelastung des Schotters durch das dort geogen enthaltenen Uran und Thorium erhalten. Die inzwischen vom Landesamt für Umwelt durchgeführten Messungen und Gefährdungsabschätzungen hätten jedoch gezeigt, dass sowohl für die Mitarbeiter, als auch für die Bevölkerung und die Umwelt keine Gefahren durch diese Schwermetalle zu erwarten seien.

 

Am 23.02.2010 habe ein weiterer großer Behördentermin stattgefunden. Als Ergebnis habe der Landkreis Miltenberg den Abtransport von Deponiesickerwasser zur Gemeinschaftskläranlage Bayerischer Untermain aufgenommen, der bis zum 28.04.2010 fortgesetzt worden sei. Dazu seien ein Miet-LKW, die vorhandenen Tankcontainer und Personal der Müllumladestation eingesetzt worden. Die Müllumladestation wiederum sei in dieser Zeit auf der Basis des Leiharbeitnehmervertrages von Mitarbeitern der Mainsite sevices unterstützt worden. Zweite Maßnahme sei die Suche nach fachlicher Unterstützung gewesen, die die Verwaltung auf Ratschlag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt bei Prof. Weigand von der Fachhochschule Gießen gefunden habe.

 

Bereits beim Behördengespräch am 23.02.2010 sei vereinbart worden, dass nach Vorliegen aller Daten über die Belastung des Deponiesickerwassers und des Oberflächenwassers mit Arsen sowie zur möglichen Strahlenbelastung an die Öffentlichkeit gegangen und diese umfassend informiert werde. Nachdem am 01.03.2010 die letzten erwarteten Laborwerte beim Landratsamt Miltenberg eingegangen seien, sei noch am gleichen Tag die Presse informiert worden, die dann am 02.03.2010 ausführlich berichtet habe. Die Fraktionsvorsitzenden und Sprecher der im Kreistag vertretenen Parteien und Gruppierungen seien bereits am 25.02.2010 zu einer Informationsrunde eingeladen worden.

 

Da das abfließende Oberflächenwasser aus der DK 0-Deponie und den sonstigen Bereichen des Deponiegrundstückes nicht messtechnisch erfasst worden sei, seien zwischenzeitlich auch Messeinrichtungen nachgerüstet worden, die einen Überblick über die Wassermengen verschaffen und bei einer Behandlung des Oberflächenwassers helfen sollen. Auch diese Maßnahme gehe auf Anraten der Fachbehörden zurück.

 

Seit Anfang Februar 2010 seien hunderte von Wasser- und Feststoffproben gezogen worden. Diese seien überwiegend im Labor der Mainsite services, aber auch bei der Fa. AGROLAB und beim LfU untersucht worden

 

Inzwischen sei das Deponielabor in Guggenberg soweit ausgerüstet, dass dort auch auf Arsen untersucht werden könne, allerdings nicht DIN-gerecht, aber analog zu verschiedenen internationalen Messregelwerken. Seit 01.04.2010 könne in der Deponiesickerwasserreinigungsanlage der behördlich festgesetzte Arsengrenzwert sicher eingehalten werden. Dazu werde mit Hilfe von Ozon das dreiwertige Arsen in fünfwertiges Arsen umgewandelt und sowohl im biologischen als auch im chemischen Teil der Anlage ausgefällt. Vor Ablauf werde das gereinigte Deponiesickerwasser über den vor einigen Jahren im Rahmen eines Chrom-Problems angeschafften Sandfilter geleitet. Seit 14.04.2010 werde auch das Oberflächenwasser aus der DK 0-Deponie in die Pufferteiche der Deponiesickerwasserreinigungsanlage geleitet, da dort inzwischen dank der Abfuhr zur Kläranlage und der günstigen Frühjahrswitterung genügend Puffervolumen bestehe.

 

Die Verwaltung müsse darauf hinweisen, dass sie bei Bekanntwerden des Problems sofort verfügt habe, dass bis auf weiteres keine Abfälle auf die DK 0-Deponie gebracht werden dürfen. Auf dieser Deponiefläche mit rd. 18.000 qm liege bisher noch kein Abfall. Was dort abfließe, wäre ohne das Arsenproblem sauberes Regenwasser.

 

Inzwischen sei mit Prof. Weigand und der Fachhochschule Gießen ein Vertrag über ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben abgeschlossen worden. Es werde eine Alternative zur Ausfällung des Arsens benötigt. Wenn auch derzeit mit Hilfe des Eisen-III-Chlorid gute Reinigungswerte erreicht werden, könne das kein Dauerzustand sein, da Eisen-III-Chlorid Stahl angreife und daher schnellstmöglich wieder von diesem Mittel weggekommen werden müsse. Ansonsten müssen Schäden an der  Deponiesickerwasserreinigungsanlage befürchtet werden.

 

Nach Meinung der Verwaltung sei der Schotter für die Drainageschicht einer Deponie ungeeignet, wahrscheinlich sei er sogar für den Einsatz als Baustoff generell ungeeignet. Der Schotter auf der Deponie enthalte natürlich bedingt Arsengehalte, die seine Ablagerung als Abfall auf der Deponie verbieten würden. Selbstverständlich sei der Baumangel frühzeitig bei der Arbeitsgemeinschaft Deponie Guggenberg angemeldet und auch juristische Beratung über eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei eingeholt worden, die den Landkreis Miltenberg inzwischen in diesem Fall vertrete. Derzeit werde auf den Beginn des gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens gewartet, das beim Landgericht Aschaffenburg beantragt worden sei.

 

Die Verwaltung bitte um Verständnis dafür, dass auf diesen Teil des Problems in öffentlicher Sitzung nicht weiter eingegangen werden können.

 

Kreisrätin Almritter wies darauf hin, dass dem Steinbruchbetreiber die Arsenbelastung bekannt sein müsste und fragte, welche Kosten dem Landkreis Miltenberg entstehen werden.

 

Landrat Schwing teilte dazu mit, dass der Landkreis Miltenberg mit dem Steinbruch nichts zu tun, sondern den Auftrag der ARGE Kreismülldeponie Guggenberg erteilt habe. Der besagte Schotter gelte als hochwertig. Das Zertifikat, das die Baufirma vorgelegt habe, sei absolut rein. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Baufirma nicht bekannt gewesen sei, was sie einbaue. Aufgabe des Landkreises Miltenberg sei es, darauf zu achten, dass ein mängelfreies Bauwerk abgeliefert werde. Der Landkreis Miltenberg sei in dieser Angelegenheit weder Verursacher noch Schädiger, sondern der Geschädigte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abfallwirtschaft hätten rund um die Uhr großartige Arbeit geleistet. Zum Glück seien auf der DK 0-Deponie noch keine Ablagerungen erfolgt. Der Landkreis Miltenberg habe ein Anwaltsbüro eingeschaltet und werde versuchen, alle Kosten erstattet zu bekommen.

 

Verwaltungsoberamtsrat Rüth gab zu bedenken, dass nicht alle Bereiche des Steinbruchs belastet seien, der zur Kreismülldeponie Guggenberg verbrachte Schotter jedoch möglicherweise aus einem belasteten Bereich stamme.

 

Herr Prof. Dr. Weigand gab sodann ausführliche fachliche Informationen zum Sickerwasserproblem auf der Kreismülldeponie Guggenberg und beantwortete die Fragen der Ausschussmitglieder.

 

Landrat Schwing bemerkte abschließend, dass nach diesen Informationen ein Überblick über die Situation bestehe. Sobald die Untersuchungsergebnisse vorliegen, werde der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz erneut mit der Angelegenheit befasst.

 

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