Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Bedarfsanerkennung für Jugendsozialarbeit an den Förderschulen für individuelle Lernförderung im Landkreis Miltenberg

BezeichnungInhalt
Sitzung:26.11.2009   JHA/003/2009 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Jugendamtsleiter Winkler führte aus, dass der Landkreis Miltenberg als Schulaufwandsträger der Janusz-Korczak-Schule Elsenfeld und der Heinrich-Ernst-Stötzner-Schule Miltenberg (Schulen zur individuellen Lernförderung) beabsichtigt, ab 01.09.2010 an beiden Förderschulen Jugendsozialarbeit im Umfang von zusammen einer Vollzeitplanstelle anzubieten. Gleichzeitig soll die Aufnahme in das staatliche Förderprogramm beantragt werden. Entsprechend den Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 04.07.2003, Az. VI 5/7209-2/18/03, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 27.10.2006, Nr. VI 5/7209-2/51/06, sei folgendes Vorgehen geplant:

-    Der öffentliche Träger der Jugendhilfe stelle im Benehmen mit der zuständigen Regierung den Bedarf für die Jugendsozialarbeit fest.

-    Der Bedarf sei vom Jugendhilfeausschuss zu bestätigen.

-    Es sei ein in Federführung des Jugendamtes gemeinsam mit der Regierung von Unterfranken, den beteiligten Schulen vor Ort und dem Träger erarbeitetes Konzept vorzulegen.

-    Zwischen den genannten Beteiligten sei eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen.

-    Die Aufgaben seien mit mindestens 19,25 Wochenstunden in den Räumlichkeiten der Schule wahrzunehmen.

-    Der Antrag auf Förderung sei bis spätestens 01.09. des Vorjahres einzureichen (zur Fristenwahrung bereits erfolgt).

 

Auf Initiative der Heinrich-Ernst-Stötzner-Schule hätten Gespräche zwischen der Regierung von Unterfranken, der Schule und dem Landkreis Miltenberg über die Einführung von Jugendsozialarbeit an der Förderschule stattgefunden. Dabei sei schnell klar geworden, dass der skizzierte Bedarf an beiden Förderschulen im Landkreis Miltenberg besteht. Auf Anregung von Landrat Schwing seien daher beide Schulen in die Bedarfsanalyse eingebunden und von beiden ein Konzept zur Einführung von Jugendsozialarbeit erstellt worden. Beide Schulen hätten als Belastungsfaktoren aufgezeigt, dass ihre Schülerinnen bzw. Schüler in einem erhöhtem Umfang (bis zu 30 %) bei einem alleinerziehenden Elternteil aufwachsen, ihren Lebensunterhalt bis zu 34 % von Hartz IV bestreiten, signifikant erhöht einen Migrationshintergrund hätten und in einem hohen Umfang Hilfen zur Erziehung durch das Jugendamt in Form von Unterbringung in einer Pflegefamilie, Erziehungsbeistandschaft, Sozialpädagogischer Familienhilfe o. ä. erhalten. Auch wenn diese Belastungsfaktoren nicht für jedes Kind gelten, könne doch festgestellt werden, dass die beiden Förderschulen im Landkreis Miltenberg die höchsten Belastungsfaktoren hätten und somit die höchste Priorität beim Bedarf an Jugendsozialarbeit bestehe.

 

Die beiden Förderschulen werden von Kindern aus dem gesamten Landkreis Miltenberg besucht, so dass die Kostenübernahme des kommunalen Anteils durch den Landkreis mit entsprechender Refinanzierung durch die Kommunen über die Kreisumlage gerechtfertigt erscheine.

 

Die Trägerschaft soll im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips an einen freien Träger vergeben werden. Um die Jugendsozialarbeit individuell für jede Schule gestalten, den Abstimmungsbedarf gering und die Präsenz vor Ort angemessen gestalten zu können, sollte die Besetzung der beantragten Vollzeitplanstelle mit zwei Teilzeitkräften erfolgen. Sollte es nicht möglich sein, geeignetes Fachpersonal zu finden, wäre die Besetzung mit einer Vollzeitkraft mit jeweils hälftigem Einsatz an jeder Schule eine Alternative.

 

Finanzielle Auswirkungen: Bei Gesamtkosten von 15.650,00 € verbleiben nach Abzug des staatlichen Zuschusses beim Landkreis Miltenberg im Jahr 2010 Kosten in Höhe von 10.197,00 €. Im Folgejahr werde der Anteil des Landkreises Miltenberg  rd. 30.500,00 € betragen.

 

Kreisrätin Tulke begrüßte Jugendsozialarbeit an Förderschulen und weiteren Schulen und bezeichnete sie als Präventionsaufgabe. Sie sei der Meinung, dass der Landkreis Jugendsozialarbeit anbieten sollte. Es dürfe nicht so sein, dass die Finanzierung auf die Kommunen abgewälzt werde. Die Begründung, dass Jugendsozialarbeit an Hauptschulen keine überörtliche Bedeutung habe, stimme nicht. Was geschehe, wenn künftig an Verbandsschulen und wie angedacht auch an Grundschulen Jugendsozialarbeit eingeführt werde? Diese Schulen werden von Kindern aus mehreren Gemeinden besucht. Wie werde sich der Landkreis dann aus der Verantwortung ziehen?

 

Jugendamtsleiter Winkler wies darauf hin, dass entsprechend den Förderrichtlinien in Bayern 350 Stellen für Jugendsozialarbeit eingerichtet werden. Das bedeute für den Landkreis Miltenberg 1,5 Stellen. Im Rahmen der Jugendhilfeplanung sei festgelegt worden, dass jede Schule, die aktiv werde, eine staatliche Förderung erhalte. Der Landkreis Miltenberg habe durch Schnelligkeit schon mehr Stellen als andere unterfränkische Landkreise erhalten. Wäre der Landkreis in die Förderung eingestiegen, hätten an erster Stelle die Förderschulen und eine weitere Schule gestanden. In Großwallstadt trete der Schulverband und in Kleinwallstadt die Verwaltungsgemeinschaft ein.

 

Landrat Schwing erinnerte daran, dass die Jugendhilfeplanung vom Kreistag verabschiedet worden sei. Wenn die Verwaltung beauftragt werde, Jugendsozialarbeit an jeder Schule einzuführen und die Finanzierung über die Kreisumlage erfolgen soll, habe er keine Einwände. Den Landkreis Miltenberg habe jedoch bisher immer ausgezeichnet, dass er kooperative Wege mit seinen Kommunen gegangen sei und Netzwerke gegründet habe, um Ressourcen zu schonen. Dies sei z.B. beim ÖPNV, bei den Übungsleitern und den Volksbildungswerken der Fall. Seiner Meinung nach wäre es nicht gerecht, Kommunen, die keinen Nutzen davon hätten, jahrelang mitbezahlen zu lassen. Der Antrag der Verbandsschule Klingenberg/Erlenbach/Wörth sei daher unverständlich. Dieser Antrag werde anlässlich der Haushaltsberatung 2010 behandelt und wenn dem Antrag stattgegeben werde, müsse die Kreisumlage erhöhnt werde. Daraufhin werde jede Kommune mit einem Hauptschulstandort Jugendsozialarbeit fordern.

 

Kreisrat Scherf sagte, die Aussage von Landrat Schwing überzeuge ihn nicht. Jugendsozialarbeit sei seiner Meinung nach eine Leistung der Jugendhilfe. Die Bedarfsanerkennung sei kein Problem. Er habe sich mit der Rechtslage auseinander gesetzt, aber von überregionaler Bedeutung sei dort keine Rede. Daher die Frage: Was sei Sinn dieser Regelung? In der Bekanntmachung des Bayer. Sozialministeriums stehe, dass die Finanzierung im Einvernehmen einer Kommune übertragen werden könne. Wenn die Kommune jedoch nicht zur Übernahme der Finanzierung bereit sei, werde der Landkreis nicht die Bedarfsanerkennung bestätigen. Hintergrund dieser Regelung sei folgender: Die Opposition im Bayer. Landtag habe Jugendsozialarbeit gefordert, die vom Freistaat Bayern zu finanzieren sei. Die von der CSU getragene Staatsregierung sage, Jugendsozialarbeit sei notwendig, die Kreistags-CSU dagegen sage, das werde anders durchgeführt. Landrat Schwing sollte nicht den Jugendhilfeausschuss überzeugen wollen, sondern die eigene Partei. Jugendsozialarbeit sei ein wichtiger präventiver Baustein der Jugendhilfe. Deshalb sollte der Landkreis Miltenberg zu seiner Verantwortung stehen und die Finanzierung nicht auf die Kommunen abwälzen. Schließlich werde auch der Tourismus vom Landkreis Miltenberg gefördert.

 

Landrat Schwing bemerkte, dass Kreisrat Scherf einige Dinge durcheinander bringe. Tatsache sei, dass Geld, das ausgegeben werde, verdienst werden müsse. Der Landrat werde sich auch künftig für den Tourismus engagieren, aber auch für optimale Zustände an den Schulen einsetzen, obwohl er dafür nicht zuständig sei. Man lebe allerdings in einem Rechtsstaat, in dem die Regierung entscheide. Er (Landrat Schwing) sei in erster Linie gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Miltenberg verpflichtet und trete dafür ein, dass die Finanzen des Landkreises und seiner Kommunen nicht überstrapaziert werden. Es gebe in Unterfranken und in Bayern nicht viele Landkreise, die bezüglich Jugendsozialarbeit schon so weit seien wie der Landkreis Miltenberg. Im Übrigen könne der Landrat nur das ausführen, was der Jugendhilfeausschuss einstimmig beschlossen habe. Es wäre interessant zu erfahren, wie die Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmen würden, wenn die Kreisumlage erhöht werden müsste.

 

Herr Prof. Dr. Adams sagte, es gebe zwar gewisse Gründe, Jugendsozialarbeit dem Kultusministerium anzugliedern, die Anbindung an das Sozialministerium sei jedoch die bessere Alternative. In Unterfranken sei Jugendsozialarbeit an Schulen schon sehr gut ausgebaut, im Landkreis Miltenberg sei dies vorbildlich. Er gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass es in Unterfranken die einzige Fachhochschule gebe, die dafür einen eigenen Studienlehrgang anbiete. Weiter sprach er sich für die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schulen aus. Dieser Weg werde im Landkreis Miltenberg beschritten. Dass Jugendsozialarbeit beim Sozialministerium angesiedelt sei, helfe den Schulen, sich weiter zu entwickeln.

 

Kreisrat Scherf bemerkte, dass er nicht gefordert habe, das Jugendsozialarbeit zum Kultusministerium komme, sondern dass der Freistaat für die Finanzierung aufkomme. Ohne die Leistung des Landkreises Miltenberg schmälern zu wollen, sei er der Meinung, dass die Jugendsozialarbeit noch nicht vorbildlich sei, denn der Bedarf dafür sei größer als das Angebot. Es stimmt nicht, dass Jugendsozialarbeit an den Hauptschulen in Großwallstadt und Kleinwallstadt nicht von überörtlicher Bedeutung sei.

 

Landrat Schwing sagte dazu, selbst wenn es so wäre wie Kreisrat Scherf behaupte, würde das nicht automatisch dazu führen, dass der Landkreis Miltenberg die Kosten übernehmen müsse. Bevor an andere Schule gedacht werden könne, müssen die Landkreisschulen mit Jugendsozialarbeit versorgt werden.

 

Durch den Jugendhilfeausschuss wurde einstimmig folgender

 

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Der Bedarf für Jugendsozialarbeit an der Janusz-Korczak-Schule Elsenfeld und der Heinrich-Ernst-Stötzner-Schule Miltenberg (Schulen zur individuellen Lernförderung) wird bestätigt. Der Landkreis Miltenberg übernimmt als Schulaufwandsträger den kommunalen Anteil für die Vollzeitplanstelle.

 

© 2011 Landratsamt Miltenberg | Brückenstr. 2 | 63897 Miltenberg | Tel: 09371 501-0
Fernwartung