Tagesordnungspunkt
TOP Ö 5: Sachstandsbericht über das Notfallkonzept des Landkreises Miltenberg (Antrag der FW-Fraktion vom 04.05.2009)
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 20.05.2009 KA/002/2009 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Aufgrund
eines Antrages der FW-Fraktion vom 04.05.2009:
„Die
Freien Wähler beantragen einen Bericht der Verwaltung über das Notfallkonzept
des Landkreises Miltenberg bzw. eine Übersicht über die Maßnahmen, die im Falle
eines Notfalls ergriffen werden müssen. Begründung: Inzwischen wurde mehrmals
in der Presse und auch bei einem Treffen mit den Kreisbrandräten berichtet,
dass es im Raum Aschaffenburg ein solches Notfallkonzept gebe. Daher ist es
wichtig zu wissen, wie sich die Situation im Landkreis Miltenberg darstellt, “
erteilt
Oberregierungsrat Rosel zum Notfallkonzept des Landkreises Miltenberg (sh.
auch eingestellte Powerpointpräsentation im Kreistagsinformationssystem KIS)
folgende Auskünfte:
1.
Zuständigkeit
a.
Zuständigkeit des Landratsamtes
Für
den Katastrophenschutz sind die Länder zuständig. Die
Katastrophenschutzbehörden haben dabei die Aufgabe, Katastrophen abzuwehren und
dafür notwendige, spezielle Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen.
Katastrophenschutz ist eine
staatliche Aufgabe. Katastrophenschutzbehörde im Sinne des
Katastrophenschutzgesetzes sind nicht die einzelnen Gemeinden, sondern die
Kreisverwaltungsbehörden, die Regierungen und das Staatsministerium des Innern
(Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayKSG). Das Landratsamt ist im Vollzug des BayKSG jedoch
nicht als kommunale Verwaltungsbehörde im eigenen Wirkungskreis, sondern als
untere Staatsbehörde tätig (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Landkreisordnung, LKrO).
Insofern bedürfen strategisch-planerische Vorhaben der
Katastrophenschutzbehörde auch nicht der Behandlung durch die Kreisorgane wie
z.B. der Ausschüsse oder den Kreistag (Art. 22 LkrO).
Dreh-
und Angelpunkt für die Zuständigkeit ist der Begriff der Katastrophe, der in
Art 1 Abs 2 Bayerisches Katastrophenschutzgesetz definiert ist:
„Eine
Katastrophe ist ein Geschehen, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von
Menschen oder die natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutende Sachwerte in
ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden und die Gefahr nur
abgewehrt oder die Störung nur unterbunden und beseitigt werden kann, wenn
unter Leitung der Katastrophenschutzbehörde die im Katastrophenschutz mitwirkenden
Behörden, Dienststellen, Organisationen und die eingesetzten Kräfte
zusammenwirken“.
Wenn
eine solche Schadenslage vorliegt, wird das Landratsamt den Katastrophenfall
ausrufen und die Leitung der Schadensbekämpfung übernehmen.
b.
Zuständigkeit der Gemeinden
Davon
abzugrenzen sind Schadensereignisse, die örtlich begrenzt sind, wie z.B.
Brände. Hier gilt der Grundsatz, dass der abwehrende Brandschutz und der
technische Hilfsdienst vor Ort durch die jeweilige gemeindliche Feuerwehr
besorgt wird (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Feuerwehrgesetz, BayFwG). Sofern
eine gemeindeübergreifende Schadenslage vorliegt, wie z.B. bei Starkregen, sind
die gemeindlichen Feuerwehren verpflichtet, bei Bedarf auch außerhalb des
Gemeindegebiets Hilfe zu leisten (Art. 17 Abs. 1 BayFwG).
2.
Die Organisation der Katastrophenschutzbehörde im Landratsamt
2.1
Allgemeines
Um
eine Katastrophe bekämpfen zu können, sind vorbereitende Maßnahmen durch das
Landratsamt nötig. Im Landratsamt sind
deshalb 2 Mitarbeiter des Sachgebietes Öffentliche Sicherheit und Ordnung für den Katastrophenschutz zuständig. Sie
kümmern sich auch um die Beschaffung der für den Katastrophenschutz notwendigen
Ausstattung.
Daneben
ist die Kreisbrandinspektion unter Leitung von Herrn Kreisbrandrat Brunner eng
in die Katastrophenschutzplanung eingebunden.
2.2 Führung und
Einsatzleitung
Die Führung und Einsatzleitung im Katastrophenfall
gliedert sich in drei Führungsebenen:
a. Führungsgruppe Katastrophenschutz
Zur
Bewältigung der Aufgaben im Katastrophenfall bedient sich die
Katastrophenschutzbehörde der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK).
Die kleine, flexible und rasch alarmierbare FüGK setzt sich aus Mitarbeitern
des Landratsamts Miltenberg zusammen. Sie wird bei Bedarf lageabhängig
erweitert durch Vertreter anderer betroffener Behörden und Einrichtungen, durch
Vertreter der an der Katastrophenbewältigung beteiligten Einsatzorganisationen
und durch Sachverständige. Der FüGK obliegt die Warnung und Unterrichtung der
Bevölkerung, die Öffentlichkeitsarbeit, die Anforderung auswärtiger Hilfe und
die Gesamtkoordination der Maßnahmen. Darüber hinaus trifft sie Entscheidungen,
die über die Aufgaben der Örtlichen Einsatzleitung hinausgehen oder denen
besondere Bedeutung zukommt. Leiter der FüGK ist ORR Rosel.
Der Örtliche Einsatzleiter (ÖEL) leitet im Rahmen des
Auftrags und der Weisungen der Katastrophenschutzbehörde alle Einsatzmaßnahmen
vor Ort. Als verlängerter Arm der Katastrophenschutzbehörde hat er ein
Weisungsrecht gegenüber allen eingesetzten Kräften (Art. 6 BayKSG). Als
örtliche Einsatzleiter sind im Landkreis Miltenberg Kreisbrandrat Brunner, die
Kreisbrandinspektoren Reis, Muders, Becker und die Kreisbrandmeister Lebold und
Vornberger benannt.
Die
organisationsinterne Führung der Einsatzkräfte aus den verschiedenen
Organisationen und Aufgabenbereichen stellt die dritte Führungsebene dar. Die
unmittelbare Schadensbekämpfung vor Ort wird von den Einsatzorganisationen
wahrgenommen. Die Führung der Einsatzkräfte richtet sich grundsätzlich nach
organisationsinternen Regelungen (Feuerwehr, Bayerisches Rotes Kreuz, THW, …).
2.3 Helferkreis
Über eine gesetzlich
festgelegte Katastrophenhilfspflicht (Art. 7 BayKSG) können die
Katastrophenschutzbehörden flexibel auf das Potenzial auch anderer Stellen und
Organisationen im Freistaat zugreifen. Dies sind beispielsweise Gemeinden,
Feuerwehren oder das BRK.
2.4
Alarmierungsplanungen
In
Abhängigkeit des jeweiligen Schadensbildes werden die Einsatzkräfte nach
vordefinierten Alarmstufen (1 – 7) alarmiert. Ein Beispiel ist:
Alarmstufe |
Schadensart |
Beispiel |
2 |
Mittelbrand |
Zimmer,
mehrere Fahrzeuge, LKW, Gebäude, kleiner Waldbrand |
Entwickelt
sich ein Schaden zu einer Katastrophe im Sinne des Gesetzes wird die FüGK
alarmiert, die dann die Leitung des Einsatzes übernimmt.
2.5
Allgemeine Katastrophenschutzplanung
Da
Katastrophen nicht vorhersehbar sind, ist es schlicht unmöglich, für alle
Eventualitäten nach strikten, formalen Vorgaben zu handeln. Aus diesem Grund
verfügt das Landratsamt Miltenberg über einen generalisierten
Katastrophenschutzplan, der durch seinen Informationsgehalt den
Verantwortlichen ein Instrument an die Hand gibt, bedarfsgerecht zu
kommunizieren und der jeweiligen Situation angemessen und zügig die jeweils
richtigen Maßnahmen zu treffen. Katastrophenschutz ist ein Prozess, der der
ständigen Weiterentwicklung bedarf. Deshalb wird auch der bereits vorliegende
Katastrophenschutzplan aufgrund gewonnener Erfahrungen aus Übungen und
Einsätzen ständig aktualisiert.
2.6 Katastrophenschutz-Sonderpläne
für Anlagen und Einrichtungen mit besonderem Gefahrenpotenzial
Hinsichtlich
besonderer Örtlichkeiten (Industrieanlagen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial,
Bundeswasserstraße Main, Eisenbahnlinie) und Ereignisse (Flugzeugabsturz,
Naturereignisse wie Hochwasser, Sturm, Waldbrand) existieren im Landratsamt
Miltenberg verschiedene Sonderpläne, in denen über die allgemeinen
Anforderungen hinaus spezielle Maßnahmen und Erreichbarkeiten etc. geregelt
sind.
3.
Aktuelles
3.1
Regelmäßige Treffen der am Katastrophenschutz Beteiligten
Die
Mitglieder der Kreisbrandinspektion (Kreisbrandrat, Kreisbrandinspektoren,
Kreisbrandmeister) treffen sich einmal im Monat.
Mindestens
einmal pro Woche findet ein Austausch zwischen Kreisbrandrat Brunner und dem
Leitungspersonal der FüGK im Landratsamt statt.
In
regelmäßigen Abständen werden durch Besuche des Leitungspersonals der FüGK bei
Übungen, Unterrichtsabenden etc. die Kontakte zu den einzelnen Hilfsorganisationen
gepflegt.
Zweimal
im Jahr treffen sich Vertreter der FüGK mit den im Katastrophenschutz tätigen
Organisationen (BRK, Polizei, Feuerwehr, THW, Notärzte, Wasserwacht, …) zum
„Katastrophenschutzstammtisch“. Aus dieser freiwilligen Runde wurden schon
viele wichtige Projekte entwickelt, unter anderem die Notfallseelsorge.
3.2
Einführung des Einsatzprotokollsystems „EPSKweb“
Seit
einigen Monaten ist die Einführung des elektronischen, webbasierenden
Einsatzprotokollsystem „EPSKweb“ zur Steuerung, Kommunikation und Dokumentation
von Einsätzen anhängig. Nach der Installation der Hardware werden zurzeit alle
beteiligten Hilfsorganisationen (Feuerwehren, BRK, THW, Bundeswehr, Polizei, …)
geschult. Regelmäßige Übungen stellen sicher, dass die Anwender mit der
Bedienung des Programms vertraut bleiben.
3.3
Durchführung von Übungen mit überörtlichem Charakter
Neben
den zahlreichen Übungen der Feuerwehren in den einzelnen Gemeinden finden in
unregelmäßigen Abständen gemeindeübergreifende Übungen statt. So wurde am
Samstag, den 25.04.09 von den beiden Feuerwehren Miltenberg und Großheubach die
neue Ölsperre eingeschwommen.
Aktuell
haben Vertreter der FüGK und der einzelnen Hilfsorganisationen (FFW, BRK, …) am
08.05.09 auf Einladung der Tunnelbetreiber an einer routinemäßigen
Sicherheitsbesprechung teilgenommen.
Darüber
hinaus wird im Herbst noch eine Übung zur In-Marsch-Setzung der neu
aufgestellten Hilfeleistungskontingente stattfinden.
3.4
Notstromversorgung
Aus den Erfahrungen des länger andauernden
Stromausfalls im Münsterland 2005 wurde ein Maßnahmenpaket „Notstromversorgung“
formuliert, das u.a. folgende Elemente vorsieht:
- Abfrage an alle Gemeinden im Landkreis
Miltenberg, welche öffentliche Gebäude bei Stromausfall ersatzstromversorgt
werden können bzw. über eine Einspeiseeinrichtung verfügen und welche
Notstromaggregate in den Gemeinden vorhanden sind
- Realisierung einer „Insellösung“ in Elsenfeld,
die dort vorhandenen öffentlichen Einrichtungen (Schwimmbad, Sporthallen,
Tankstellen, …) von der öffentlichen Stromversorgung unabhängig betreiben
und im Katastrophenfall als Hilfeleistungszentren für die Bevölkerung im
nördlichen Landkreis nutzen zu können (analog der Situation in Miltenberg
mit der Gebäudegruppe Mehrzweckhalle, Schwimmbad, Parkhaus,
ESSO-Tankstelle, Altenheim Maria Regina)
- Einrichtung stromunabhängiger
Kommunikationszentren in den einzelnen Gemeinden (z.B. Rathäuser,
Feuerwehrhäuser, …)
- Information an alle Alten- und Pflegeheime im
Landkreis Miltenberg über die Risiken und Folgen eines längerfristigen
Stromausfalls mit der Anregung, Vorsorge zu treffen
3.5
Neue Alarmierungsplanung
Mit
der Einführung der integrierten Leitstelle
ändert sich auch die Alarmierungsplanung grundlegend. Entgegen der
pauschalen Alarmierung ganzer Feuerwehren gem. den bisherigen Alarmstufen wird
es in Abhängigkeit des jeweiligen Schadensereignisses künftig nur noch eine
bedarfsorientierte Alarmierung der benötigten Mannschaften und Geräte geben.
Diesem aufwendigen Planungsprozess gehen mehrere Lehrgänge an der Staatl.
Feuerwehrschule in Geretsried voraus, die von den Führungsdienstgraden der
Kreisbrandinspektion und der FüGK besucht werden.
3.6
Funkversorgung
Die
vormals schwierige Funkversorgung im Bereich Sulzbach und Leidersbach konnte
aktuell, durch zahlreiche und langwierige Versuche, durch die Installation
einer Antenne auf dem Pfaffenberg auf Dauer optimal sichergestellt werden.
Darüber
hinaus steht die Einführung des Digitalfunks im Raum. Auch hier hat bereits die
Kreisbrandinspektion mit der Planung (Auswahl der Senderstandorte, …) begonnen.
Kreisrat
Dr. Fahn bedankt sich für die Darstellung des Notfallkonzeptes. Auf seine
Fragen, wie die Vernetzung bei großflächigen Schadensereignissen wie z. B.
Hochwasser, mit den Kommunen vor Ort aussehe und ob Bürgermeister an den
regelmäßigen Treffen der am Katastrophenschutz Beteiligten mit eingebunden
würden, antwortet Oberregierungsrat Rosel, dass man bei Einsätzen vor Ort die
örtlichen Einsatzleiter heranziehe, die den Kontakt zu den Kräften vor Ort
herstellten. Bei den halb- bzw. jährlichen Kommandantendienstversammlungen, bei
denen wichtige Themen besprochen würden, seien neben den Feuerwehrkommandanten
und der Kreisbrandinspektion auch die Bürgermeisterinnen/die Bürgermeister geladen.
Bei Themen wie z.B. der Notstromversorgung erfolge die Einbindung der Gemeinden
über Anschreiben.
Die Mitglieder des Kreisausschusses nehmen von den
Informationen zustimmend Kenntnis.