Tagesordnungspunkt
TOP Ö 3: Überlegungen zum Müllkonzept: Antrag der SPD-Fraktion vom 21.10.08
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 16.12.2008 NU/038/2008 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat
Schwing gab bekannt, dass mit Antrag vom 21.10.2008 die SPD-Kreistagsfraktion
eine Prüfung fordere, ob im Landkreis Miltenberg die Einführung einer
Abfallgebührenstruktur analog dem System des Main-Tauberkreises möglich sei.
Wortlaut
des Antrags:
Die
Verwaltung möge prüfen, zu welchen Gebühren und bis zu welchem Datum eine Einführung
der Abrechnung der Müllgebühren entsprechend dem System im Main-Tauber-Kreis –
Basisgebühr für die graue Tonne in Kombination mit einer zusätzlichen Müllmarke
für die Leerung – im Landkreis Miltenberg möglich ist.
Begründung:
Aufgrund
der beschlossenen Abschaffung der 90-Liter-Tonne im Landkreis Miltenberg
entsteht ein großer Nachteil für Familien mit 5 und 6 Personen, da diese nun
gezwungen sind, eine 120 Liter Tonne zu nehmen. Sie kommen somit kaum in den
Genuss des geplanten Gebührennachlasses und sind außerdem gezwungen, eine
Tonnengröße zu finanzieren, die sie eigentlich nicht benötigen. Gerade dies
widerspricht - neben der Familienunfreundlichkeit – auch dem Grundsatz und
gesetzlichen Auftrag der Müllvermeidung. Nach dem Kombi-Prinzip, wie es auch im
benachbarten Landkreis Main-Tauber praktiziert wird, würde man beiden Aspekten
gerecht. Zum einen ließen sich die Basiskosten für das Müllbehältnis noch
weiter zurücksetzen, so dass auch diese Familien, unabhängig von der Gefäßgröße
von einer Gebührenreduktion profitieren könnten und zum anderen spornt das
Prinzip zur Müllvermeidung an, da man zusätzliche Ausgaben sparen kann, wenn
die Mülltonne weniger häufig geleert werden muss.
Regierungsamtmann
Röcklein informierte darüber, dass sich im Main-Tauberkreis die Abfallgebühr in
eine Grundgebühr und eine Leerungsgebühr teile. Dazu komme eine Grundgebühr für
die Biotonne und zahlreiche weitere Einzelgebühren (Beispiel: Grüngut je cbm 2,--
€, Bauschutt bis 0,5 cbm je 100 l 5,-- €). Die Leerungsgebühr werde über
Banderolen abgerechnet. Diese Banderolen werden von der Kundin bzw. dem Kunden
an die zur Leerung bereitgestellte Mülltonne angehängt und vom Müllwerker
entwertet (abgerissen). Damit könne eine Bürgerin/ein Bürger Leerungsgebühren
sparen, da sie/er die Mülltonne nur dann bereitstelle, wenn sie voll sei oder
aus hygienischen Gründen geleert werden müsse. Einsparungen bei der Müllabfuhr
seien nur in sehr geringem Unfang möglich. Man wolle hier an die diesbezügliche
Stellungnahme des Beratungsbüros Schmidt/Bechtle vom 14.10.2008 erinnern. Dort
werden die möglichen variablen Kosten für den Bereich Restmüll mit 11 %
berechnet. Man könne daher für einzelne BürgerInnen mit einer geringen
Einsparung im einstelligen Bereich rechnen. Andere BürgerInnen, insbesondere
die mit Kleinkindern oder Pflegefällen müssen aber ihre Abfälle aus
hygienischen Gründen zweiwöchentlich bereitstellen.
Zusammenfassend
sei hierzu zu sagen, dass bei Ausgangslage einer Bürgerin/eines Bürgers, die/der
ordentlich sortiere und die Abfälle alle über die Restmülltonne entsorge,
geringfügig Einsparungen bei den Leerungskosten (Handlingkosten vor Ort)
möglich seien. Bei den Logistikkosten und der weiteren Entsorgung sei keine
Einsparung zu erwarten.
Allerdings zeige auch das Beispiel Main-Tauberkreis,
dass dies offensichtlich nicht so sei. Was im bayerischen Bereich der Landkreis
Aschaffenburg mit seiner Verwiegung erreicht habe, sei im Bereich des „Ländles“
in den letzten Jahren der Main-Tauberkreis gewesen. Dieser habe über Jahre
hinweg die „Landesliga Baden-Württemberg“ mit den geringsten Restmüllmengen
angeführt. Für 2007 weise die Abfallbilanz Baden-Württemberg für den
Main-Tauberkreis 75 Kilogramm je EinwohnerIn an Haus-, Geschäftsmüll und
Sperrmüll aus. Im Landkreis Miltenberg seien es 164,6 Kilogramm gewesen.
Dabei sei allerdings zu beachten, dass bei Miltenberg der Geschäftsmüllanteil
durch das Umleerbehältersystem traditionsgemäß sehr hoch sei und auch die Rest-
und Sperrmüllmengen aus den Wertstoffhöfen einfließen (Hol- und Bringsystem).
Dies könne anhand der Daten aus Baden-Württemberg für dort nicht nachvollzogen
werden; und dies obwohl der Landkreis mit sieben Wertstoffhöfen, strategisch
günstig über den Landkreis verteilt, zusätzliche Entsorgungsmöglichkeiten anbiete.
Bei den Wertstoffmengen sei der Landkreis mit Miltenberg
vergleichbar. Bei Papier haben beide Landkreise im Jahr 2007 eine Sammelmenge
von 83 Kilogramm je Einwohner melden können. Bei Bio- und Grünabfällen habe der
Main-Tauberkreis 2007 154 Kilogramm je Einwohner ausgewiesen, während
Miltenberg trotz Eigenkompostierernachlass 165 Kilogramm verwertet habe.
Das bedeute, die geringeren Restmüllmengen haben die
Wertstoffmengen nicht erhöht. Wo der Restmüll verblieben sei, könne man weder
im Falle des Main-Tauberkreises noch des Landkreises Aschaffenburg aufklären. Aber auch hierzu müsse man anmerken, dass die
BürgerInnen aus Freudenberg sicherlich kein signifikant anderes Konsumverhalten
haben wie ihre Nachbarinnen/Nachbarn im bayerischen Bürgstadt oder Collenberg.
Bisher seien sich die Parteien im eigenen Landkreis
mehrheitlich darüber einig gewesen, dass Wiegesysteme oder ähnliche Systeme
nicht zu einer Verringerung der Abfälle und zum Schutz der Umwelt beitragen.
Der Antrag der SPD-Fraktion vom 21.10.2008 habe insbesondere deshalb
überrascht, weil die SPD-Fraktion in dieser Sache über die letzten Jahre hinweg
eine andere Meinung vertreten habe und auch weil sich die Landkreisverwaltung in
den Wochen im September und Oktober sowohl mit der Problematik „Ordnungsgemäße
Abfallentsorgung und Zahlen der Nachbarlandkreise“ als auch mit den Kosten und
der Gebührenkalkulation ausführlich beschäftigt habe.
Die Landkreisverwaltung gehe davon aus, dass zurzeit
kein weiterer Handlungsbedarf bestehe.
Kreisrätin Almritter merkte an, dass sie das
beschriebene System nicht nur aus dem Main-Tauberkreis kenne und man mit diesem
nicht nur das Wegwerfverhalten der Leute beeinflussen könne, sondern auch das
Einkaufsverhalten. Der Auslöser für den
Antrag der SPD-Fraktion sei die Abschaffung der 90-l-Tonne gewesen. Man wolle
den Familien die Möglichkeit einräumen, die größeren Gefäße in einem anderen
Rhythmus entleeren zu lassen, wodurch Kosten eingespart werden könnten und die
Umwelt geschont werden könnte. Nach wie vor sei sie der Meinung, dass dieses System
auch für den Landkreis Miltenberg praktikabel wäre und der Landkreis Miltenberg
dazu beitragen könnte, die BürgerInnen zur Müllvermeidung zu erziehen, was das
allererste Prinzip sein müsse.
Kreisrat Dr. Steidl führte aus, dass die CSU-Fraktion
vom Antrag der SPD-Fraktion überrascht sei und der Ausschuss für Natur- und
Umweltschutz bereits vor eineinhalb Jahren ein Gutachten zur
Gebührenkalkulation in Auftrag gegeben habe. Eine erneute Überprüfung würde
weitere Kosten verursachen. Die Abfallgebührenstruktur könne zwar geringfügig
gerechter werden, jedoch müssten dann alle mehr zahlen.
Landrat Schwing betonte, dass er nicht verstehe, warum
die SPD-Fraktion zu diesem Zeitpunkt solch einen Antrag anbringe. Man habe sich
in den vergangen Jahren des Öfteren im Umweltausschuss darüber unterhalten und
gerade der ehemalige Kreisrat Kern sei Gegner der mengenmäßigen Erfassung
gewesen. Einstimmig habe der Ausschuss gegen Verwiegung gestimmt. Seit eineinhalb
Jahren habe man sich nun bedingt durch die neuen Gebühren mit dieser Thematik
beschäftigt. Mit dem Beratungsbüro Schmidt/Bechtle habe man einen Fachmann
beauftragt, u.a. auch die Wirtschaftlichkeit des Systems zu untersuchen. Zu
einem Zeitpunkt, da die Ausschreibung erfolgt und der Auftrag bereits vergeben
worden sei und man sich in der Umsetzung befinde, wünsche die SPD-Fraktion nun
eine Änderung. Dann, in ein paar Jahren, wenn eine neue Ausschreibung anstehe,
könne man erneut darüber beraten, ein anderes System einzuführen. Das
komfortable und erfolgreiche System, welches man im Landkreis Miltenberg habe,
sei über einen Zeitraum von insgesamt 20 Jahren entwickelt worden und auch wenn
man nicht immer einer Meinung gewesen sei, könne man damit weitgehend die
Bedürfnisse der BürgerInnen abdecken. Letztendlich würde eine Änderung des
Systems dazu führen, dass alle mehr bezahlen müssten.
Kreisrat Dr. Fahn äußerte, dass der Antrag der
SPD-Fraktion zu spät im Kalenderjahr 2008 eingereicht worden sei, er diesen
aber nicht als negativ empfinde, da man immer wieder nach
Verbesserungsmöglichkeiten suchen könne.
Kreisrat Klimmer meinte ebenfalls, dass der Zeitpunkt
des Antrags falsch gewählt sei und zu gegebenem Zeitpunkt erneut darüber
beraten werden könne.
Kreisrätin Almritter stellte klar, dass es ihr nicht
um das Gewicht des Mülls, sondern die Menge gehe. Sie befürchte, dass jemand,
der ein zu großes Müllgefäß habe, kurz vor der Leerung diese mit „gesuchtem“
Müll voll mache, was z. B. auch eine Erklärung für die große Müllmenge im
Landkreis Miltenberg im Vergleich zu anderen Landkreisen sei.
Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz nahm von diesen
Ausführungen zustimmend Kenntnis.