Tagesordnungspunkt

TOP Ö 2: Abfallwirtschaftssatzung und Abfallgebührensatzung 2009: Beratung und Entscheidung über die Einführung der Gewerbepflichttonne

BezeichnungInhalt
Sitzung:21.07.2008   NU/040/2008 
DokumenttypBezeichnungAktionen

Landrat Schwing wies darauf hin, dass man im Jahre 2004 schon einmal gewillt gewesen war, eine Gewerbepflichttonne einzuführen. Damals habe sich die IHK dagegen ausgesprochen, da es sich  um eine umstrittene Angelegenheit gehandelt habe und auch dagegen geklagt worden sei. Man habe damals beschlossen, eine gerichtliche Klärung abzuwarten. In der Zwischenzeit sei bis vor das Verfassungsgericht geklagt worden; die Klagen seien abgewiesen worden, so dass es nun rechtlich keine Beschränkungen gegen die Einführung einer solchen Tonne gebe. Das Gewerbe habe sich zwischenzeitlich weitestgehend aus der allgemeinen Müllentsorgung verabschiedet, was bedeute, dass Kleingewerbe, Handwerker und Privatleute die teure Infrastruktur  über die Müllgebühren tragen müssen. Das Gewerbe entsorge sich auf dem privaten Sektor. Da dies auf Dauer nicht so weitergehen könne, wolle man nun vorschlagen, zum 01.01.2009 eine Gewerbepflichttonne einzuführen.

 

Regierungsamtmann Röcklein erläuterte zur Ausgangslage Folgendes:

 

Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung (Restmüll) aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushalten sind verpflichtet, diese Abfälle zur Beseitigung dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz). Leider werden immer mehr Abfälle zur Beseitigung aus diesen Herkunftsbereichen, teilweise vermischt mit Abfällen, zur Verwertung in unerwünschte Entsorgungskanäle geschleust. Der Gesetzgeber hat daher beim Erlass der Gewerbeabfallverordnung reagiert und die  Pflichtrestmülltonne durch § 7 Satz 4 der Gewerbeabfallverordnung vom 19.06.2002 eingeführt. Sie verpflichtet die so genannten Herkunftsbereiche, außerhalb der privaten Haushalte, mindestens ein Restmüllbehältnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorzuhalten und zu nutzen. Die näheren Festlegungen trifft der Entsorgungsträger. Wir haben uns bereits im Jahr 2002 mit der Einführung dieser Gewerbepflichttonne beschäftigt und bereits damals einen Satzungsentwurf erarbeitet.  Aufgrund vielfältiger rechtlicher Fragen haben wir die Entscheidung darüber jedoch in der Sitzung am 03.12.2002 von der Tagesordnung genommen und zurückgestellt. Inzwischen sind die Rechtsfragen geklärt, denn das Bundesverfassungsgericht hat in einer Verfassungsbeschwerde am 19. Juni 2007 die Regelungen des § 7 Gewerbeabfallverordnung und der Satzung des Landkreises Böblingen für rechtmäßig erklärt. Damit ist die Rechtslage klar und wir wollen auch im Landkreis Miltenberg die Bestimmungen der Gewerbeabfallverordnung umsetzen.

 

Dabei wollen wir uns an den Regelungen gerichtlich überprüfter Abfallwirtschaftssatzungen, wie zum Beispiel des Landkreises Böblingen, orientieren.

 

Heute bitten wir Sie um Festlegung der Eckpunkte, die dann in unsere Abfallwirtschaftssatzung einfließen werden.

 

Kreisrat Dr. Fahn sagte, dass er die Einführung der Gewerbepflichttonne  grundsätzlich richtig finde. Er  wolle wissen, ob es noch andere Landkreise gebe, die die Gewerbepflichttonne eingeführt haben und ob es Erfahrungswerte gebe. Weiterhin wolle er wissen, ob eine Ausrichtung nach qm nicht sinnvoller wäre als die Ausrichtung nach Beschäftigten. Abschließend frage er nach der Höhe der Grundgebühr mit Hinweis darauf, dass die Betriebe unterschiedliche Mengen Müll produzieren würden und er ein Problem damit habe, dass alle das Gleiche zahlen müssten.

 

Landrat Schwing entgegnete darauf, dass es darum ginge, eine möglichst unbürokratische und einfache Lösung zu finden. Man wolle nichts verkomplizieren und keine unnötigen Bürokratiekosten erzeugen.

 

Regierungsamtmann Röcklein führte aus, dass bereits viele Landkreise die Gewerbepflichttonne eingeführt haben und auch die Stadt Aschaffenburg dazugehöre. Man selbst  habe damals einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, bestehend aus  Bürgermeister Oettinger, Großheubach, 2 Vertretern der IHK und 2 Vertretern des Handwerks, um ein Konzept auszuarbeiten. Ergebnis sei eine komplizierte Regelung gewesen, welche sich an Mustersatzungen angelehnt habe. Man habe jetzt beschlossen, das Ganze mit der 240-Liter-Restmülltonne als Grundpflicht zu vereinfachen. Es gebe die Möglichkeiten von Befreiungen und die Verpflichtung einer jährlichen Überprüfung  der Betriebe, ob sich die Müllmenge  verändert habe. Natürlich gebe es Betriebe mit unterschiedlichem Müllaufkommen, dafür  sei die Ausnahmeregelung gedacht. Im Prinzip jedoch „schere man alle Betriebe mit der 240-Liter-Mülltonne über einen Kamm.“ Auf die Frage nach der Höhe der Grundgebühr sagte er, dass man erst die Kalkulation abwarten müsse.

 

Landrat Schwing erläuterte zur Ausrichtung nach Personen, dass dies einfacher sei als nach qm zu berechnen und wies darauf hin, dass man bei Privathaushalten schließlich auch so verfahre. Jede Lösung habe Vor- und Nachteile, im Endeffekt sei dies die einfachste Lösung.

 

Kreisrätin Münzel sagte, sie sei grundsätzlich auch für die Einführung der Gewerbepflichttonne, da sie sich nicht vorstellen könne, dass es Betriebe gebe, die keinen hausmüllähnlichen Abfall haben. Zu Punkt 8 äußerte sie die Bitte, „Heiminassen“ in „Heimbewohner“ abzuändern, außerdem wolle sie wissen, was mit „Besucherähnlichen Einrichtungen“ gemeint sei.

 

Regierungsamtmann Röcklein führte hierzu als Beispiel das Jugendhaus St. Kilian in Miltenberg mit seinen Übernachtungsgästen an.

 

Kreisrat Eck stimmte im Namen der CSU-Fraktion für die Gewerbepflichttonne, da es die Gleichbehandlung zwischen den privaten Haushalten und den Gewerbebetrieben herstelle. Dass es nicht einfach sei, die Eckpunkte so darzustellen, dass jeder Gewerbebetrieb die gleiche Behandlung erfahre, hänge mit den Strukturen des Landkreises Miltenberg zusammen. Eine einheitliche Lösung zu finden sei unmöglich. Die Beziehung auf die Beschäftigtenzahl sei die richtige Entscheidung, da es in erster Linie um hausmüllähnliche Abfälle gehe.

 

Kreisrat Dr. Steidl fragte, ob mit Betrieben  z.B. auch eine 1-Personen-GmbH gemeint sein könne und ob es eine genaue Definition bzw. eine Mindestpersonenzahl gebe.

 

Regierungsamtmann Röcklein führte als Beispiel eine Avonberaterin, sofern sie selbstständig sei, an, worauf Landrat Schwing meinte, dass die Regelung relativ flexibel gehalten sei.

 

Auf die Frage von Kreisrat Dr. Fahn, um wie viele Betriebe es sich handele, antwortete Regierungsamtmann Röcklein, dass es um rund 8.000 Betriebe gehe.

 

Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz empfahl sodann bei einer Gegenstimme mehrheitlich dem Kreistag folgenden Beschluss (mit Abänderung des Begriffes „Heiminsassen“ in „Heimbewohner“ unter Punkt 8) zu fassen:

 

Beschluss:

 

Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz empfiehlt dem Kreistag die Einführung der Gewerbepflichttonne auf der Grundlage des § 7 der Gewerbeabfallverordnung mit nachfolgenden Eckpunkten:

1.   Die Einführung erfolgt ab dem 01.07.2009.

2.   In die Satzung wird eine Meldeverpflichtung der Betriebe/Einrichtungen aufgenommen. Danach haben diese bei Veränderungen jährlich zum 01. Juli Veränderungen der für den Anschlusszwang maßgebenden Verhältnisse zu melden.

3.   Alle Herkunftsbereiche außerhalb der privaten Haushaltungen sind verpflichtet mindestens eine 240-l-Restmülltonne beim Landkreis Miltenberg, Kommunale Abfallwirtschaft, anzumelden (Anschlusszwang).

4.   Als Grundstück in diesem Sinne zählen auch mehrere, gemeinsam genutzte Grundstücke.

5.   Betriebe und Einrichtungen mit mehr als 50 Beschäftigten müssen ab 51 Beschäftigte eine weitere 240-l-Restmülltonne, ab 101 Beschäftigte zwei weitere, ab 151 Beschäftigte drei weitere usw. Restmülltonnen anmelden.

6.   Der Grundstückseigentümer wird verpflichtet für die Einhaltung der Regelung Sorge zu tragen und wird mit den Betrieben oder Einrichtungen auf seinem Grundstück Gesamtschuldner für die Abfallgebühren.

7.   Bei mehreren Betrieben oder Einrichtungen auf einem Grundstück ist grundsätzlich jeder Betrieb/jede Einrichtung als Erzeuger und Besitzer von Abfällen anschlusspflichtig. Die Beschäftigten verschiedener Betriebe/Einrichtungen auf einem Grundstück können zusammengerechnet werden.

8.   Beschäftigte in diesem Sinne sind auch Schüler, Heimbwohner und Besucher ähnlicher Einrichtungen. Bei Seniorenheimen und gleichartigen Einrichtungen ist die Bettenzahl maßgebend. Bei Bildungseinrichtungen, Pflegeheimen und Krankenhäusern ist die Anzahl der Betten maßgebend. Beschäftigte sind alle Beschäftigte eines Betriebes/einer Einrichtung, auch Teilzeitbeschäftigte.

9.   Für gemischt genutzte Grundstücke wird eine gemeinsame Nutzung ermöglicht.

10. Weist ein Betrieb oder eine Einrichtung nach, dass keine Abfälle zur Beseitigung anfallen, kann die Landkreisverwaltung, ggf. auch befristet, eine Befreiung von der Verpflichtung zur Gewerbepflichttonne erteilen oder eine Reduzierung des erforderlichen Restmüllvolumens vornehmen.

 

 

 

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