Tagesordnungspunkt
TOP Ö 5: Kritische Betrachtung des Prognos Familienatlas 2007
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 08.11.2007 JHA/017/2007 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Jugendamtsleiter Winkler trug vor, dass der Prognos
Familienatlas 2007 anhand von 20 Indikatoren in vier Handlungsfeldern ein
Ranking von allen bundesdeutschen 439 kreisfreien Städten und Landkreisen aufgestellt
habe. Die Ergebnisse des Prognos Familienatlasses 2007 seien, wie die
Betrachtung der einzelnen Handlungsfelder zeige, für den Landkreis Miltenberg
weniger erfreulich.
Handlungsfeld 1:
Vereinbarkeit von Familie und Beruf:
Unterdurchschnittlich
Rang
von 439 Indikator
Gesamtrang: 313
Chancen am Arbeitsmarkt 419 0,71
Betreuungsquote der unter 3-Jährigen in % 196 8,9
Ganztagsbetreuung im Kindergartenalter in % 266 13,5
Handlungsfeld 2:
Wohnsituation und Wohnumfeld: Durchschnittlich
Gesamtrang: 160
Erschwinglichkeit von Wohneigentum 306 116
Entfernung zu Mittelzentren in PKW-Minuten 227 8,9
Frei- und Erholungsflächen in qm/Einwohner 256 291
Anteil Familienwohnungen am Wohnungsbestand 81
verunglückte Kinder im Straßenverkehr je 10.000
Einwohner 4 17
Kriminalitätsrate (Körperverl./Einbruch) je 100.000
Einwohner 116 509
Kinderärzte je 100.000 Kinder 289 36
Handlungsfeld 3:
Bildung und Ausbildung: Unterdurchschnittlich
Gesamtrang 399
Schüler-Lehrer-Relation 408 17,3
durchschnittliche Klassengröße in der Primarstufe 387 23,6
durchschnittliche Klassengröße in der Sekundarstufe 282 25,5
wöchentlich erteilte Unterrichtsstunde je Schüler 239 1,38
Ausbildungsplätze je 100 Nachfrager 286 94,3
Handlungsfeld 4:
Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche:
Unterdurchschnittlich
Gesamtrang 350
Betreuungspersonen in der Jugendarbeit je 1.000
Jugendliche 413 1,0
Kinder- und Jugendpartizipation im Sportverein in % 62 67,7
Musikschüleranteil in % 335 3,4
Entleihungen aus öffentlichen Bibliotheken/Einwohner 292 3,0
Kino-Angebot (Leinwände je 100.000 Einwohner) 309 3,8
Bewertung:
Die Zahlen seien zum Teil nachweislich falsch (Betreuungspersonen in der
Jugendarbeit), nicht relevant (Musikschüleranteil - Musikausbildung in Vereinen
und bei Privatlehrern, Kino-Leinwände je 100.000 Einwohner) und unvollständig
(Erwerbsquote von Frauen ohne Beamtinnen und Selbständige).
Fazit: Es lohne sich, evtl. bei der Bildung genauer hinzuschauen und die Zahlen zu überprüfen. Im Bereich der Kinder- Jugend- und Familienhilfe seien die Ergebnisse zu Handlungsfeld 1 längst überholt. Im Handlungsfeld 4 seien in relevanten Teilbereichen (Ferienspiele von Landkreis und Städten/Gemeinden, tatsächliche Betreuerzahl, tatsächliche Musikausbildung, sonstige Angebote der freien Jugendarbeit sowie der Verbände und Vereine, Tanzschulen, Bewegungszentren usw.) sehr gute Angebote vorhanden. Bei der Gesamtbetrachtung der Studie werde deutlich, dass im Vordergrund die Verfügbarkeit von Zahlen nicht deren Aussagekraft gestanden habe. Ebenso erscheine das alleinige Aufstellen eines Ranking mehr die Effekthascherei zum Ziel zu haben. Aussagen zur Qualität der ausgewerteten Indikatoren seien nicht vorhanden. Die Verwertbarkeit der Studie für Kommunalpolitiker und Raumentwickler werde auch dadurch stark in Frage gestellt, dass die neuen Bundesländer bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie durchwegs stark überdurchschnittlich abschneiden, die Familien aber abwandern.
Landrat Schwing betonte, dass es Aufgabe des
Jugendhilfeausschusses sowie des Kreistages sei, die positiven Seiten des
Landkreises Miltenberg zu vermarkten. Teilbereiche des Familienatlasses treffen
für den Landkreis Miltenberg gar nicht zu. Trotzdem werden die Aussagen im
Familienatlas ernst genommen. Leider werden viele Dinge auf den Landkreis
Miltenberg abgeschoben, für die zu einem großen Teil die Städte und Gemeinden
zuständig seien.
Kreisrätin Weitz bemerkte, dass in der Bundesregierung
nicht nur „Deppen“ sitzen. Der Familienatlas werde seit vielen Jahren vom
Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben. Wenn das Ergebnis wirklich so
fraglich wäre, würde die Untersuchung bestimmt von einer anderen Stelle
durchgeführt. Tatsache sei, dass Kinder das größte Kapital seien und alles
getan werden müsse, ihnen gute Erziehungs- und Bildungsmöglichkeiten zu bieten,
wozu der Landkreis die Rahmenbedingungen schaffen müsse.
Landrat Schwing sagte dazu, dass Untersuchungen mit
fragwürdigen Ergebnissen Wirkung hätten. Alle Kommunen stehen im Wettbewerb um
Einwohner. Daher müsse immer wieder darauf hingewiesen werden, dass im
Landkreis Miltenberg gute Verhältnisse für Familien bestehen. Gerade der
Jugendhilfeausschuss könne stolz auf das sein, was er in den letzten Jahren auf
den Weg gebracht habe. Es seien Entwicklungen eingeleitet worden, an die vor 10
Jahren noch niemand gedacht habe, was sich auch im Haushalt niederschlage. An
Schwachstellen werde selbstverständlich gearbeitet.
Kreisrat Reinhard dankte der Verwaltung für die
ausführliche Darstellung. Seiner Meinung nach entspreche der Prognos Familienatlas
2007 nicht der Realität im Landkreis Miltenberg.