Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Büchergeld: Entscheidung über die Einstellung (auch Antrag der SPD-Fraktion vom 28.09.2007)

BezeichnungInhalt
Sitzung:08.10.2007   KT/031/2007 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat Schwing führte aus, dass er sofort nach der Präsidiumssitzung des Bayerischen Landkreistages die Leitungen der Landkreisschulen angewiesen habe, die Erhebung von Büchergeld bis zur endgültigen Entscheidung zurückzustellen. Anlässlich eines Gespräches der kommunalen Spitzenverbände mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus am 28.09.2007 sei folgendes Ergebnis erzielt worden:

1.  Die Lernmittelfreiheit soll ab dem Schuljahr 2008/2009 gesetzlich neu geregelt werden. Gemeinsames Ziel ist es, das Büchergeld als Beitrag der Eltern abzuschaffen.

2   Dazu soll die im Gesetz vorgesehene Revision des Gesamtbedarfs vorgezogen werden. Staat und kommunale Spitzenverbände werden die Prüfung gemeinsam vornehmen.

3.  Die Neuregelung ab dem Schuljahr 2008/2009 mit der Aufteilung der gemeinsamen  Finanzierung wird bis zum Jahresende 2007 verhandelt.

4.  Für das laufende Schuljahr 2007/2008 wird die Staatsregierung umgehend eine Gesetzes-änderung einbringen, mit der die Erhebung des Büchergeldes bis zur Höhe von 20,00 € bzw. 40,00 € je Schüler in das Ermessen der Kommunen gestellt wird. Somit ist die Erhebung des Büchergeldes für das Schuljahr 2007/2008 nicht mehr verpflichtend.

 

Bezüglich der Einstellung des Büchergeldes liege auch folgender Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion vom 28.09.2007 vor:

1.  Der Landkreis Miltenberg erhebt ab sofort kein Büchergeld mehr für alle Schulen, deren Sachaufwandsträger er ist.

2.  Der Landrat wird aufgefordert, über den Bayerischen Landkreistag dafür zu sorgen, dass die durch den Wegfall des Büchergeldes auf den Landkreis Miltenberg zukommenden Kosten in vollem Umfang vom Freistaat Bayern übernommen werden.

 

Die Landkreisverwaltung schlage ebenfalls vor, kein Büchergeld mehr zu erheben. Allerdings gehöre der Landkreis Miltenberg nicht zu den Kommunen, die sich mit dem Büchergeld ein „Polster“ geschaffen haben. Es seien keine großen Rücklagen vorhanden. Wenn es nicht gelinge, mit dem Freistaat Bayern zu einer anderen Beteiligung zu kommen, werde das Büchergeld dem Landkreis Miltenberg fehlen.

 

Für den Landkreis Miltenberg liegen folgende Zahlen vor:

-    Im Haushaltsjahr 2006 an Büchergeld eingenommen                                         210.000,00 €

     ausgegeben                                                                                                          213.000,00 €

-    im Haushaltsjahr 2007 an Büchergeld eingenommen                                         249.000,00 €

     bisher ausgegeben                                                                                               192.000,00 €

Bis zum Jahresende 2007 werde der Betrag vollständig ausgegeben sein. Rücklagen seien und hätten nicht gebildet werden können.

 

Der Bedarf für das Jahr 2008 werde sich auf ca. 260.000,00 € belaufen. Der Finanzierungsanteil des Freistaates Bayern betrage 4,00 €/Schüler (= ca. 26.000,00 €).

 

Kreisrätin Münzel erinnerte daran, dass die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen am 13.10.2005 beantragt hätten, dass der Kreistag Miltenberg bezüglich der Einstellung des Büchergeldes eine Resolution erlasse, weil das Büchergeld ein nicht zu gerechtfertigender Beitrag der Eltern sei. Verwaltungsdirektor Fieger habe dazu mitgeteilt, dass das Gesetz über die Erhebung von Büchergeld ordnungsgemäß zustande gekommen sei und keine Veranlassung gesehen werde, dagegen vorzugehen. Umso erfreulicher sei es jetzt, dass die SPD-Fraktion eine Kehrtwende vollziehe und der Landrat und die Verwaltung ebenfalls vorschlagen, künftig kein Büchergeld mehr zu erheben.

 

Unter Hinweis darauf, dass gesagt worden sei, der Freistaat Bayern beteilige sich am Büchergeld mit 4,00 €/Schüler fragte Kreisrätin Münzel, ob die zugesagten Mittel für 2007 bereits eingetroffen seien. Weiter wies Kreisrätin Münzel darauf hin, dass das Gesetz über die Erhebung von Büchergeld erst zum Schuljahr 2008/2009 geändert werden soll. Nachdem die Kommunen kein Büchergeld mehr erheben, entstehe eine Finanzierungslücke. Warum werde das Gesetz nicht schon zum Schuljahr 2007/2008 geändert? Nach Meinung von Kreisrätin Münzel könnte der Bayerische Landtag das Gesetz so schnell ändern, dass es rückwirkend in Kraft treten könnte.

 

Landrat Schwing teilte dazu mit, dass beim Landratsam Miltenberg heute ein Schreiben des Bayerischen Landkreistages mit dem Gesetzesentwurf eingegangen sei. Wie bereits mit dem Bayerischen Kultusministerium vereinbart, sei vorgesehen, die Erhebung von Büchergeld im Schuljahr 2007/2008 in das Ermessen der Kommunen zu stellen und das Büchergeld zum Schuljahr 2008/2009 abzuschaffen. Landrat Schwing bat zu bedenken, dass der Landkreis Miltenberg das Büchergeld immer für die Schüler ausgegeben habe. Wenn die Erhebung von Büchergeld eingestellt werde, verzichte der Landkreis Miltenberg im Schuljahr 2007/2008 auf 234.000,00 €.

 

Kreisrat Dr. Schüren bemerkte, dass das, was Kreisrätin Münzel gesagt habe, zutreffe. Zentraler Aspekt aus Sicht der SPD-Fraktion sei, dass es sich bei der Einstellung bzw. Abschaffung des Büchergeldes um nichts anderes als um ein missglücktes Wahlgeschenk der CSU handele, das von den Kommunen finanziert werden soll. Wenn der Landkreis Miltenberg aufgrund dieses vorgezogenen Wahlgeschenkes auf den Kosten sitzen bleiben sollte, werde sich die SPD-Fraktion entsprechend wehren. Zur Beschlussvorlage der Landkreisverwaltung sei zu sagen, dass der Vorschlag des Kreiskämmerers den Landkreis Miltenberg enorm belaste und keine Logik beinhalte. Dass das Büchergeld abgeschafft werden soll, sei in Ordnung, aber die Motive dazu seien mehr als fragwürdig.

 

Kreisrat Dr. Linduschka sagte, er könne die Äußerung von Kreisrat Dr. Schüren unterstreichen. Lob könne er der Landkreisverwaltung dafür aussprechen, dass sie das eingenommene Büchergeld ausgegeben und keine Rücklagen gebildet habe. Das bestätige, dass die Landkreisschulen wahrgenommen und die Gelder für notwendige Dinge eingesetzt werden. Wenn Konnexität jemals Prinzip gehabt habe, treffe es nach Meinung von Kreisrat Dr. Linduschka bezüglich des Büchergeldes zu. Es müsse klar gestellt werden, dass der Freistaat Bayern und nicht die Kommunen oder der Landkreis die Kosten tragen müssen. Der kombinierte SPD-Antrag sei daher gut. Nach der Beschlussvorlage verzichte der Landkreis Miltenberg auf 234.000,00 €. Dieser Betrag darf nicht am Landkreis Miltenberg hängen bleiben.

 

Landrat Schwing erklärte, dass das Büchergeld mit Konnexität nichts zu tun habe. Das entsprechende Gesetz werde für ganz Bayern und nicht für einzelne Landkreise oder Kommunen. Er wehre sich daher gegen Punkt 2 des vorliegenden SPD-Antrages, wonach der Landrat aufgefordert werden soll, über den Bayerischen Landkreistag dafür zu sorgen, dass die durch den Wegfall des Büchergeldes auf den Landkreis Miltenberg zukommenden Kosten in vollem Umfang vom Freistaat Bayern übernommen werden. Fakt sei, dass Konnexität nur dann gegeben sei, wenn neue Aufgaben zugeteilt werden. Rückwirkend könne Konnexität nicht gefordert werden.

 

Verwaltungsoberamtsrat Straub teilte mit, dass der Freistaat Bayern seinen Finanzierungsanteil in Höhe von 4,00 €/Schüler für das Schuljahr 2007/2008 noch nicht gezahlte habe. Er gehe davon aus, dass dies bis Ende Oktober 2007 erfolge. Vor Erhebung von Büchergeld seien im Kreishaushalt jährlich 160.000,00 € für die Landkreisschulen enthalten gewesen. Vom Freistaat Bayern seien dem Landkreis Miltenberg als Sachaufwandsträger der Landkreisschulen jährlich ca. 66 % erstattet worden, der Anteil des Landkreises Miltenberg habe ca. 33 % betragen. Seit Büchergeld erhoben werde, erhalte der Landkreis Miltenberg vom Freistaat Bayern jährlich 26.000,00 €. Nachdem der Bedarf an Büchergeld für das Schuljahr 2008/2009 ca. 260.000,00 € betragen werde, müssen im Haushalt 2008 ca. 234.000,00 € bereitgestellt werden.

 

Kreisrat Dr. Kaiser begrüßte es, dass das Büchergeld entfallen soll. Er widersprach jedoch der Aussage des Landrats, dass das Büchergeld erst zum Schuljahr 2008/2009 abgeschafft werden soll. Es wäre durchaus möglich, innerhalb weniger Wochen den alten Zustand herzustellen. Kritik übte Kreisrat Dr. Kaiser weiter an der Informationspolitik von Landrat Schwing. Nachdem der Landrat des Landkreises Cham bereits alle Schulen Niederbayerns angewiesen hatte, die Erhebung von Büchergeld einzustellen, hätte  Landrat Schwing zumindest die Presse informieren können. Nach Meinung von Kreisrat Dr. Kaiser sollte der Kreistag heute die Erwartung zum Ausdruck bringen, dass der Gesetzgeber einen Ausgleich schaffe und zwar sofort.

 

Landrat Schwing stellte richtig, dass er sofort nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses des Gespräches zwischen den vier Präsidenten der Spitzenverbände und dem Kultusministerium die Landkreisschulen angewiesen habe, kein Büchergeld einzusammeln. Außerdem habe er die Presse verständigt, für deren verspätete Berichterstattung er jedoch nicht verantwortlich sei.

 

Kreisrat Rüth wies darauf hin, dass es, als das Büchergeld eingeführt worden sei, Klagen gegeben habe. Daraufhin sei festgelegt worden, dass nach drei Jahren eine Überprüfung erfolge. Diese Zeit sei vorüber. Die Frage, welche Vorteile das Büchergeld habe, könne wie folgt beantwortet werden: In SPD-regierten Städten München, Nürnberg und Augsburg bestehe kein guter Bücherbestand. Das Büchergeld sei daher besonders diesen Schülerinnen und Schülern zugute gekommen. Die CSU im Bayerischen Landtag wäre durchaus in der Lage, ein Nachtragsgesetz zu beschließen. Da der Freistaat Bayern an der Finanzierung beteiligt sei, sei dies aber ohne Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände nicht möglich. Der Kreistag Miltenberg soll heute beschließen, dass die Erhebung von Büchergeld eingestellt werde, um eine stärkere Beteiligung des Freistaates Bayern zu erreichen. Es müsse jetzt auf dem Verhandlungsweg versucht werden, so viel Geld wie möglich vom Freistaat Bayern zu erhalten.

 

Kreisrat Scherf wies darauf hin, dass das Büchergeld zum Austausch des alten Bücherbestandes gedacht gewesen sei und zwar auf Kosten der Familien. Seiner Meinung nach müsse das Büchergeld wieder abgeschafft werden, aber nicht auf Kosten der Kommunen. Der Freistaat Bayern habe mit dem Büchergeld ein Chaos verursacht und wolle jetzt den Schwarzen Peter an die Kommunen weitergeben. Dagegen müsse der Kreistag Miltenberg geschlossen vorgehen.

 

Unter Hinweis darauf, dass die Mitglieder der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen die Belastung der Familien durch das Büchergeld in den Raum stellen, bemerkte Kreisrat Ripperger, dass im Landkreis Miltenberg rd. 600 Familien von der Zahlung von Büchergeld freigestellt seien.

 

Durch den Kreistag wurde sodann einstimmig folgendes

 

b e s c h l o s s e n :

 

Die Erhebung des Büchergeldes von Schülerinnen und Schülern aller Schulen, deren Sachaufwandsträger der Landkreis Miltenberg ist, wird für das laufende Schuljahr 2007/2008 eingestellt.

 

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