Tagesordnungspunkt
TOP Ö 4: Sachstandsbericht: Ambulante Frühförderung im Landkreis Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 11.06.2007 KA/034/2007 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Verwaltungsamtsrat Vill gab folgenden Bericht:
Kreisausschussbeschluss vom 27.09.2006
Am 27.09.2006 wurde die Verwaltung ermächtigt, dem
bayerischen Rahmenvertrag zur Frühförderung bei gleichzeitigem Abschluss einer
Zusatzvereinbarung mit dem Verein Lebenshilfe beizutreten. Für den gesicherten
Fall der alsbaldigen Beendigung der Zuständigkeit des örtlichen
Sozialhilfeträgers wurde die Verwaltung weiter ermächtigt, von einzelnen
Punkten der Zusatzvereinbarung Abstand zu nehmen. Insbesondere sollte dann die
beabsichtigte Überprüfung aller Frühförderfälle durch das Gesundheitsamt nicht
erfolgen. Über das Ergebnis sollte berichtet werden.
Seitherige Entwicklung der Diskussion zur
landesrechtlichen Zuständigkeit
Damals war von einem Zuständigkeitswechsel in der
ambulanten Eingliederungshilfe zum 01.01.2007, spätestens zum 01.07.2007
ausgegangen worden. Zu beiden Terminen erfolgte die Zuständigkeitsänderung nicht.
Stattdessen ist nach Mitteilung des Bayerischen Landkreistages ein Gesetzesentwurf
der CSU-Landtagsfraktion geplant, wonach zum 01.01.2008 die Zuständigkeit für
die ambulante Eingliederungshilfe auf die überörtlichen Sozialhilfeträger
übergehen soll. Ob der Wechsel zu diesem Zeitpunkt kommen wird, ist erneut
nicht sicher, weil offenbar nicht vorgesehen ist, gleichzeitig auch Regelungen
für die Zuständigkeit der stationären Hilfe zur Pflege zu treffen, was wiederum
für politische Diskussionen um den Zuständigkeitswechsel in der
Eingliederungshilfe sorgt.
Vertragsabschluss mit dem Verein Lebenshilfe für
Behinderte im Landkreis Miltenberg e.V.
Mit Schreiben vom 29.11.2006 trat der Landkreis
Miltenberg daraufhin dem bayerischen Rahmenvertrag mit Wirkung ab 01.08.2006
bei und zwar befristet bis zur Beendigung der originären Zuständigkeit des
örtlichen Sozialhilfeträgers, längstens aber bis 31.07.2009. Da entgegen der
Erwartung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung mit einer „gesicherten
alsbaldigen“ Beendigung der Zuständigkeit nicht mehr gerechnet werden konnte,
wurde die vollumfängliche Vereinbarung mit dem Verein Lebenshilfe e.V. ohne
Abstriche abgeschlossen, wie sie seinerzeit dem Kreisausschuss vorlag. Dies
bedeutete insbesondere die Festlegung eines jährlichen Budgets von 430.000,00 €
bei Garantie eines budgetunabhängigen Minimalsatzes von 41,00 € (statt 43,95 €
+ 1,40 € Investitionskostenpauschale) sowie eine Überprüfung der
Frühförderanträge durch das Gesundheitsamt.
Überprüfungen durch das Gesundheitsamt
Vom Gesundheitsamt wurden alle gestellten Anträge nach
Aktenlage überprüft. Sofern sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen
sowie den Diagnostik- und Testergebnissen der Frühförderstelle eine eindeutige
und klare Behandlungsnotwendigkeit ergab, wurde dieser ohne weitere Prüfungen bzw.
Untersuchungen zugestimmt. Soweit noch Diagnostik bzw. andere Maßnahmen z.B
weitere fachärztliche Konsultationen und/oder Vorstellungen bei anderen
Fördereinrichtungen vorgeschlagen bzw. für erforderlich gehalten wurden,
erfolgte zunächst eine Befristung der Behandlungsdauer. In nicht eindeutigen
bzw. Zweifelsfällen wurde eine amtsärztliche Untersuchung durchgeführt.
Von Oktober 2006 bis Ende Mai 2007 wurden 307 Erst-
bzw. Wiederholungsanträge gestellt. Von diesen wurde in 20 Fällen (= 6,5 %)
eine amtsärztliche Untersuchung durchgeführt. Dabei konnte lediglich in zwei Fällen
die Bedarfsnotwendigkeit nicht bestätigt werden. In einem Fall erfolgte eine Reduzierung
bei den Behandlungs-/Therapieeinheiten. Dieses Ergebnis bestätigt die
qualifizierte und professionelle Arbeit der Frühförderstelle im Landkreis
Miltenberg.
Finanzielle Auswirkungen für den Landkreis Miltenberg
Es ist absehbar, dass durch die Zusatzvereinbarung
gewährleistet ist, dass der Landkreis Miltenberg keine höheren Leistungen für
die ambulante Frühförderung durch den Rahmenvertrag erbringen muss als in den
Vorjahren. Gleichfalls kann davon ausgegangen werden, dass der Verein Lebenshilfe
e.V. mit dieser Regelung ebenfalls gut leben kann, weil durch die Regelungen
des Rahmenvertrages über die Kostenübernahme der Eingangsdiagnostik durch die
Krankenkassen von dieser Seite zusätzliche Einnahmen von ca. 50.000,00 €
jährlich zu erwarten sind.
Überregionale Frühförderstellen
Die Frühförderstelle der Blindeninstitutsstiftung
Würzburg (Außenstelle Niedernberg) hatte zunächst darum gebeten, die
Rahmenvereinbarung aufgrund vielfältiger Umsetzungsschwierigkeiten und
ungeklärter Fragen zunächst nicht anzuwenden und bis zum 31.12.2008 zunächst
die Regelungen vor Inkrafttreten der Rahmenvereinbarung beizubehalten. Eine solche Vereinbarung wurde
am 02.03.2007 auch abgeschlossen, dann jedoch auf massiven Druck seitens der Krankenkassen
im beidseitigen Einvernehmen am 27.04.2007 wieder aufgelöst. Inzwischen wird auch
gegenüber der Blindeninstitutsstiftung Würzburg und der Dr. Karl-Kroiß-Schule
für Hörgeschädigte die Rahmenvereinbarung angewandt. Blindeninstitut und Dr.
Karl-Kroiß-Schule verursachen insgesamt nur etwa 15 % für Frühförderausgaben
aus. Mit wesentlichen Kostenverschiebungen wird auch in diesem Bereich nicht
gerechnet.
Weitere Entwicklung
Gegenwärtig wird die Zuständigkeitsverlagerung auf den
überörtlichen Sozialhilfeträger zum 01.01.2008 als wahrscheinlich angesehen.
Die örtlichen Sozialhilfeträger Unterfrankens beabsichtigen, mit dem Bezirk
Unterfranken eine verwaltungsvereinfachende Absprache zu treffen, wonach
insbesondere schuljahresbezogene Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe
(dazu gehört vor allem auch die Frühförderung) von den örtlichen Trägern nicht
auf den 31.12.2007 begrenzt, sondern noch bis Schuljahresende zunächst
weitergewährt und uneingeschränkt vom Bezirk erstattet werden. Damit soll allen
Beteiligten ein etwaiger Zuständigkeitswechsel erleichtert werden.
Kreisrat Scherf erklärte, dass er sich in seiner
seinerzeitigen Aussage, dass die Überprüfung von 307 Anträge durch das
Gesundheitsamt unsinnig sei, bestätigt fühle, denn von 307 überprüften Fällen
seien nur zwei Fälle mit „nicht gerechtfertigt“ beurteilt worden. Es wäre
interessant zu erfahren, was die Überprüfung an Arbeit und Geld gekostet habe.
Erfreulich sei jedoch, dass es jetzt ein Amtssiegel gebe, dass die
Frühförderstelle des Vereins Lebenshilfe e.V. effektiv arbeite.
Landrat Schwing bemerkte unter Hinweis auf die hohe
Anzahl der Fälle im Landkreis Miltenberg, dass die Überprüfung durch das
Gesundheitsamt wichtig gewesen sei, zumal man keine Erklärung dafür habe, warum
es so viele Fälle gebe. Nach erfolgter Überprüfung können nun guten Gewissens
gesagt werden, dass die Frühförderstelle des Vereins Lebenshilfe e.V. gute
Arbeit leiste. Für die Überprüfung sei übrigens kein weiteres Personal beim
Gesundheitsamt eingestellt worden. Wenn es nach dem Wunsch des Landkreises
Miltenberg und des Bezirks Unterfranken gegangen wäre, wäre die Umstellung
schon zum 01.01.2007 erfolgt. Über den Zeitpunkt der Umstellung entscheide
jedoch der Bayerische Landtag.
Kreisrat Dotzel informierte darüber, dass die
ambulante Eingliederungshilfe ab 01.01.2008 Aufgabe der Bezirke sein werde. Für
den Bezirk Unterfranken bedeute das einen Aufwand von 10 Mio. €.
Kreisrat Scherf erinnerte daran, dass Landrat Schwing
ihm seinerzeit vorgeworfen habe, er habe gegen den Verein Lebenshilfe e.V.
gestimmt. Der Vereinsvorsitzende habe dies allerdings nicht so aufgefasst.
Weiter fragte Kreisrat Scherf, ob es möglich sei, vom Verein Lebenshilfe e.V.
einen Sachstandsbericht zu erhalten, der einen Einblick in die Arbeit dieses Vereins
gewähre.
Landrat Schwing bat, sich dieserhalb persönlich an den
Verein Lebenshilfe e.V. zu wenden. Weiter stellt er richtig, dass er seinerzeit
nicht verstanden habe, warum Kreisrat Scherf gegen einen Beschluss gestimmt
habe, der dem Verein Lebenshilfe e.V. jährlich 50.000,00 € beschert habe.
Kreisrat Oberle vertrat die Meinung, dass aufgrund der
hohen Anzahl der Fälle, die im Landkreis Miltenberg höher als in anderen
Regionen sei, die erfolgte Überprüfung richtig gewesen sei. Er gab zu bedenken,
dass die hohe Fallzahl möglicherweise etwas mit der Bevölkerungszusammensetzung
zu tun habe, denn im Landkreis Miltenberg lebe eine hohe Anzahl von Migranten.