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TOP Ö 5: Sachstandsbericht: Organisationsreform der Berufsschulen

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Sitzung:11.06.2007   KA/034/2007 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat Schwing wies darauf hin, dass bezüglich der Organisationsreform an den Berufsschulen in der Presse von einigen Irritationen zu lesen gewesen sei. Richtig sei, dass nach langen Verhandlungen mit Aschaffenburg und der Regierung von Unterfranken ein guter Kompromiss gefunden worden sei. Ausgangspunkt für die Organisationsreform an den Berufsschulen sei ein Beschluss des Bayerischen Landtages vom 05.04.2001. Danach sollte das Konzept für eine langfristige strukturelle Fortentwicklung der Berufsschulorganisation zum einen die Zusammenfassung beruflicher Schularten zu beruflichen Kompetenzzentren vorsehen, zum anderen sollte bei der Ausarbeitung des Konzepts ein besonderes Augenmerk auf den ländlichen Raum gelegt werden, um die schleichende Auszehrung der Berufsschulen im ländlichen Raum zugunsten der Berufsschulen in Ballungszentren zu stoppen.

 

Die Regierung von Unterfranken habe diesen Landtagsbeschluss mit der Fachsprengelbildung der Berufsschulen durch Bekanntmachungen vom 20.06.2005 und 20.09.2005 umgesetzt. Der Landkreis Miltenberg habe dem Konzept zugestimmt, da es ausgewogen sei und die Belange aller drei Gebietskörperschaften in der Region I Bayerischer Untermain angemessen berücksichtige.

 

Im Rahmen der Organisationsreform der Berufsschulen habe die Regierung u.a. bestimmt, dass mit Wirkung zum 01.08.2008 die Ausbildungsberufe  Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und IT an die Berufsschule Miltenberg-Obernburg verlagert werden. Gegen diese Sprengelbildung habe die Stadt Aschaffenburg geklagt.

 

Das Verwaltungsgericht Würzburg habe der Klage mit Entscheidung vom 31.01.2007 stattgegeben und die angefochtene Sprengelbildung aufgehoben. Das Verwaltungsgericht habe sich in seiner Urteilsbegründung jedoch nicht inhaltlich mit der Sprengelbildung auseinandergesetzt, sondern die Sprengelbildung nur aus rein formalen Gründen aufgehoben, ohne die fachlichen Entscheidungsgrundlagen zu beanstanden. Es habe nur den von der Stadt Aschaffenburg angegriffenen Teil der Sprengelbildung aufgehoben, nicht aber die Bekanntmachung insgesamt für nichtig erklärt.

 

Die Regierung von Unterfranken habe mit Schreiben vom 27.03.2007 mitgeteilt, dass sie auf eine Berufung verzichte. Das Bayerische Kultusministerium sei dabei, eine Änderung der Rechtsgrundlagen für die Sprengelbildung in die Wege zu leiten. Auf dieser Grundlage beabsichtige die Regierung dann bis zum geplanten Datum der Umsprengelung (01.08.2008) eine entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen, die die vom Verwaltungsgericht geforderten formalen Kriterien erfülle. Die Regierung gehe davon aus, dass die vorgesehene Sprengeländerung für die betroffenen Berufsgruppen nach diesem Zeitplan termingerecht durchgeführt werden könne. Auf jeden Fall sei es das Anliegen der Regierung, den Auftrag des Bayerischen Landtages, die Berufsschulen im ländlichen Raum zu stärken, zu erfüllen und den geplanten Ausgleich zwischen den Berufsschulen Aschaffenburg und Miltenberg-Obernburg zu realisieren.

 

Der Landkreis Miltenberg hatte seine Zustimmung zur Sprengeländerung davon abhängig gemacht, dass es zu einem fairen Ausgleich komme. Dieser Ausgleich sei derzeit nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg nicht mehr gegeben, da die Sprengelbildung an der Berufsschule Miltenberg-Obernburg für die Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und die IT-Berufe zum 01.08.2008 aufgehoben worden sei.

 

Für das Schuljahr 2007/2008 bestehe folgende Situation:

 

-    Die Ausbildungsberufe Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sollten im Vorgriff auf die Sprengeländerung im Rahmen von Gastschulverhältnissen bereits 2007 an der Berufsschule Miltenberg beschult werden. Das sei nun hinfällig. Die Regierung von Unterfranken werde, solange das Verfahren in der Schwebe sei, keine Gastschulverhältnisse bilden. Für die Berufsschule Miltenberg-Obernburg habe die Regierung für das nächste Schuljahr wieder eine eigene Klasse genehmigt, auch wenn die Schülerzahl wahrscheinlich an der Untergrenze liegen werde. An der Berufsschule Miltenberg-Obernburg bestehe pro Jahrgang eine Klasse Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (= 3 Klassen).

 

-    Die Regelungen für die Abgabe von Klassen nach Aschaffenburg, die nicht gerichtlich angegriffen worden seien, bleiben dagegen auch nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg gültig. Im September 2007 sollen zwei Klassen Elektrotechniker nach Aschaffenburg abgegeben werden.

 

Aus Sicht der Verwaltung sei es insbesondere im Hinblick auf das Schreiben der Regierung von Unterfranken, nach dem diese von einer Umsetzung der noch offenen Teile der Berufsschulorganisation durch eine neue Rechtsverordnung zum ursprünglichen Termin 01.08.2008 ausgehe, hinnehmbar, für das Schuljahr 2007/2008 mit der Abgabe von zwei Klassen in Vorleistung zu gehen.

 

Im Rahmen des Vollzugs der Berufsschulreform habe die Berufsschule Miltenberg-Obernburg dafür bereits zum 01.08.2006 auf Gastschulbasis im Vorgriff auf die Umsprengelung zum 01.08.2008 die Klempner-Klassen von Aschaffenburg erhalten. Der Zeitraum der Sprengelneubildungen im Rahmen der Organisationsreform erstrecke sich vom 01.08.2005 bis 01.08.2008.

 

Kreisrat Fischer sprach sich dafür aus, nicht einfach nachzugeben, sondern zu versuchen, die besagten Klassen an der Berufsschule Miltenberg-Obernburg zu halten.

 

Kreisrat Dr. Schüren sagte, wenn er es richtig verstanden habe, müssen Ausbildungsrichtungen, die besonders zukunftsträchtig seien, nach Aschaffenburg abgegeben werden. Er habe das Gefühl, dass Aschaffenburg nur deswegen dem Kompromiss zugestimmt habe. Das sei ärgerlich. Alle politischen Fraktionen seien nämlich dafür, dass die Berufsschule Miltenberg-Obernburg durch zukunftsrelevante Ausbildungsberufe gestärkt werde.

 

Landrat Schwing teilte mit, dass die Stadt Aschaffenburg gegen die Verlagerung der IT-Berufe klage, die nach dem Willen des Landkreises Miltenberg an der Berufsschule Miltenberg-Obernburg beschult werden sollten. Der Landkreis Miltenberg wünsche, dass der Kompromiss umgesetzt werde, was auch die Regierung von Unterfranken und das Bayerische Kultusministerium wollen. Es erhebe sich die Frage, ob dagegen etwas unternommen werden soll.

 

Kreisrat Bieber bemerkte, dass über den Kompromiss, der hinnehmbar sei, lange diskutiert worden sei. Geben und nehmen werde jetzt in Frage gestellt. Den Aschaffenburger Berufsschulen gehe es ebenfalls um die Qualität der Schulsprengel. Sie sehen nicht ein, dass Berufsschüler zum Unterricht von Aschaffenburg nach Obernburg bzw. Miltenberg fahren sollen. In Aschaffenburg sollte man jedoch bedenken, dass schon seit vielen Jahren Berufsschüler von Miltenberg nach Aschaffenburg fahren. Leider fehle in Aschaffenburg die Einsicht, dass man zum Kompromiss stehen und Schüler abgeben müsse. Er (Kreisrat Bieber) schlage vor, dass Landrat Schwing den Regierungspräsidenten bitte, den Kompromiss auszusetzen, bis die Reform komme.

 

Landrat Schwing sagte dazu, wenn der Kreisausschuss einverstanden sei, werde er dem Regierungspräsidenten mitteilen, dass der Landkreis Miltenberg zum Kompromiss stehe. Wenn dieser allerdings nur in eine Richtung gehe, werde gebeten, den Kompromiss auszusetzen, bis die rechtliche Situation für die Umsetzung Organisationsreform der Berufsschulen bestehe.

 

Oberstudiendirektor Stelzig erklärte, er gehe mit dem Vorschlag von Landrat Schwing und Kreisrat Bieber, dem Regierungspräsidenten die Meinung des Kreisausschusses Miltenberg mitzuteilen, konform. Zur Qualität der Berufsschulen könne er folgendes sagen: Die Klage von Aschaffenburg komme nicht von ungefähr. IT-Berufe hätten einen sehr hohen technischen Stand. Deshalb möchte Aschaffenburg diese Berufe nicht abgeben. Die Ausbildungsberufe Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik seien aber auch zukunftsfähig. Wenn diese an die Berufsschule Miltenberg-Obernburg verlagert werden, sei diese Schule ebenfalls „schlagkräftig“. Ein großes Problem sei nach Meinung von Oberstudiendirektor Stelzig, dass es in Deutschland 380 Ausbildungsberufe gebe. Die Zersplitterung sei der Grund für die Organisationsreform. Sogar Bundesbildungsministerin Schawan sage, dass 100 Ausbildungsberufe ausreichend wären. Die Diskussion darüber hätte jedoch schon früher geführt werden müssen.

 

Einstimmig beauftragte der Kreisausschuss sodann Landrat Schwing, Regierungspräsident Dr. Beinhofer zu bitten, den Kompromiss bezüglich der Organisationsreform der Berufsschulen bis zum Vorliegen der rechtlichen Rahmenbedingungen auszusetzen.

 

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