Tagesordnungspunkt
TOP Ö 11: Namensverleihung für die Staatl. Realschule Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 26.02.2007 KA/032/2007 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Regierungsrat
Feil gab davon Kenntnis, dass die Staatl. Realschule Miltenberg eine
Namensgebung anstrebe, um ihr Profil im Sinne der Corporate Identity zu
schärfen.
Rechtsgrundlage
für die Namensgebung sei Art. 29 Satz 3 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs-
und Unterrichtswesen (BayEUG). Danach könne der Schule vom Schulträger mit
Zustimmung des Schulaufwandsträgers, der Lehrerkonferenz, des Elternbeirats und
der Schülermitverantwortung neben der amtlichen Bezeichnung ein Name verliehen
werden.
Nach Angaben der Schule habe eine innerschulische
Diskussion in der Lehrerkonferenz, im Elternbeirat, in der
Schülermitverantwortung und im Schulforum zunächst zu vier Namen von Personen
geführt, die mit der Stadt Miltenberg in enger Verbindung stehen:
- Den Limesforscher Wilhelm Conrady
- den Pädagogikprofessor Johannes Hartung
- den Komponisten Joseph Martin Kraus und
- den Maler Philipp Wirth.
Die
schulischen Gremien hätten übereinstimmend für den Namen des Pädagogen Johannes
Hartung votiert. Das Schulforum und die Schülermitverwaltung hätten sich
einstimmig dafür ausgesprochen, der Elternbeirat mit zwei Enthaltungen
ebenfalls.
Die
Lehrerkonferenz habe sich mit 22 Stimmen für den Namen Johannes Hartung, mit
zwei Stimmen für den Namen Wilhelm Conrady und mit neun Stimmen für die
Beibehaltung der bisherigen Schulbezeichnung ausgesprochen.
Die
Schule habe das Votum für Johannes Hartung wie folgt begründet:
- Hartung
wurde vor 502 Jahren in Miltenberg geboren.
- Er hat sich als späterer Pädagogikprofessor
landesweit einen hervorragenden Ruf erworben, indem er bereits vor
Jahrhunderten die gewaltfreie Schule propagierte. Überdies scheine ein Lehrer
prädestiniert für die Namensgebung einer Schule.
- Hartung war Zeitgenosse Johannes Butzbachs,
eines berühmten Schülers aus Miltenberg, nach dem das benachbarte Gymnasium
benannt ist. Gerade die gute Nachbarschaft beider Schulen soll auch in der Wahl
ihrer Namen versinnbildlicht werden.
- Im vergangenen Jahr hat sich die Schule eine
Verfassung gegeben, in die auch Grundsätze Johannes Hartungs eingearbeitet
wurden.
Die
Stadt Miltenberg, die kein formelles Mitwirkungsrecht bei der Namensgebung
habe, habe sich im Rahmen der Diskussion für eine Benennung nach dem
Komponisten Joseph Martin Kraus ausgesprochen, da dieser einen hohen
Bekanntheitsgrad habe und 2006 sein 250. Geburtstag in der Region gefeiert
worden sei. Die Staatl. Realschule sei diesem Vorschlag nicht gefolgt, da sich
die Schule nicht mit einem barocken Komponisten identifizieren könne. Als
Namensgeber passe er nicht für die Realschule, sondern eher zu einem musischen
Gymnasium. Die Schule habe der Stadt Miltenberg insoweit entgegen kommen
wollen, dass sie mit Rücksicht auf das Krausjahr 2006 eine Namensgebung erst im
Jahr 2007 angestrebt habe.
Mit
Hinweis auf die klaren Beschlüsse der schulischen Gremien habe die Staatl.
Realschule Miltenberg um Zustimmung des Schulaufwandsträgers zur Verleihung des
Namens „Johannes-Hartung-Realschule“ gebeten.
Kreisrat
Bieber (1. Bürgermeister der Stadt Miltenberg) sagte, er sei erstaunt, dass
heute die Entscheidung bezüglich der Namensverleihung für die Staatl.
Realschule Miltenberg anstehe. Die Stadt Miltenberg habe aufgrund eines
Stadtratsbeschlusses angeregt, dieser Schule den Namen „Joseph Martin Kraus-Realschule“
zu verleihen, zumal letztes Jahr der 250. Geburtstag dieses Komponisten
gefeiert worden sei. Gleichzeitig habe man erfahren, dass die Schule den Namen
Johannes Hartung wünsche. Realschulrektor Schneider sei darauf hingewiesen
worden, dass es andere Bestrebungen gebe und um ein Gespräch gebeten worden. In
diesem Gespräch sei von Landrat Schwing vorgeschlagen worden, die Schule nach
dem Komponisten Joseph Martin Kraus zu benennen. Darüber hinaus sei auch ein
Gespräch mit der Lehrerkonferenz und dem Schulforum angeboten worden. Kurz
darauf habe Realschulrektor Schneider in einem Schreiben mitgeteilt, dass die
Entscheidung bereits schulintern getroffen worden sei und kein Gespräch
gewünscht werde. Daraufhin habe ein Gespräch, an welchem Landrat Schwing,
Bürgermeister Bieber, Realschulrektor Schneider sowie der
Ministerialbeauftragte teilgenommen hätten, stattgefunden. Der
Ministerialbeauftragte habe dabei ein weiteres Gespräch zwischen Landrat
Schwing, Realschulrektor Schneider und Bürgermeister Bieber vorgeschlagen. Die
Einladung zu diesem Gespräch sei von Realschulrektor Schneider zu einem
unmöglichen Termin erfolgt. Der Bitte, diesen Termin zu ändern, sei nicht
entsprochen worden. Stattdessen stehe heute die Entscheidung über die
Namensverleihung an. So gehe es nicht. Die Schule habe vollendete Tatsachen
geschaffen und sei auf den Schulaufwandsträger überhaupt nicht eingegangen.
Es
stimme, dass Johannes Hartung ein großer Sohn der Stadt Miltenberg sei. Er sei
Humanist für Griechisch gewesen, im Ulmer Münster sei ihm zu Ehren sogar eine
Gedenktafel angebracht. Der Stadt Miltenberg erscheine jedoch der Namen „Joseph
Martin Kraus-Realschule“ sinnvoller zu sein. Im Hinblick auf die Vorgehensweise
der Schule und die Meinung des Stadtrates Miltenberg werde er (Kreisrat Bieber)
dem Namen „Johannes Hartung-Realschule“ nicht zustimmen.
Kreisrat
Dr. Schüren erklärte, er unterstreiche jedes von Kreisrat Bieber geäußerte
Wort. Die SPD-Fraktion werde der Namensverleihung „Johannes Hartung-Realschule“
nicht zustimmen. Nachdem nur vier Namen zur Diskussion stehen, dürfte es klar
sein, dass nur der Namen Joseph Martin Kraus gewählt werden könne, weil dieser
Komponist die einzige Persönlichkeit sei, die nicht nur in Miltenberg, sondern
darüber hinaus in Bayern und der Bundesrepublik Deutschland bekannt sei. Er
(Kreisrat Dr. Schüren) habe wegen der Namensverleihung für die Staatl.
Realschule Miltenberg Gespräche mit einem befreundeten Professor sowie
Kreisheimatpfleger Dr. Trost geführt und sei daraufhin der Meinung, dass die
Begründung der Schule für den Namen Johannes Hartung nicht stimme.
Weiter
bat Kreisrat Dr. Schüren folgendes zu bedenken: Der Landkreis Miltenberg sei im
Verbund mit der ZENTEC GmbH dabei, bezüglich des Tourismus dafür zu sorgen,
dass der Landkreis Miltenberg ein Image erhalte, das ihm eine Alleinstellung
gebe. Außerdem sei der Landkreis Miltenberg in gewisser Weise auch
Schullandkreis und Schulnamen hätten Außenwirkung.
Kreisrat
Scherf vertrat die Meinung, dass bezüglich der Kommunikation in den vergangenen
1 ½ Jahren einiges schief gelaufen sein müsse. Er schlage daher vor, mit
Realschulrektor Schneider noch einmal ein klärendes Gespräch zu führen.
Kreisrat
Andre teilte mit, dass er auch für den Namen „Joseph Martin Kraus-Realschule“,
ersatzweise „Wilhelm Conrady-Realschule“ sei. Grundsätzlich sei die
Namensgebung einer Schule eine gute Sache. Es sei bedauerlich, dass es im
vorliegenden Fall zu so großen Unstimmigkeiten gekommen sei. Er sei ebenfalls
der Meinung, dass nochmals versucht werden sollte, ein klärendes Gespräch zu
führen und zu einem Kompromiss zu kommen. In diesem Gespräch sollten auf jeden
Fall die Interessen des Landkreises Miltenberg als Schulaufwandsträger deutlich
dargelegt werden.
Landrat
Schwing äußerte, dass es keinen Sinn habe, wenn alle Beteiligten auf ihrer
Meinung beharren. Wenn der Kreisausschuss heute den Vorschlag der Staatl.
Realschule ablehne, werden die Probleme weitergehen. Er neige daher dazu, den
Vorschlag der Kreisräte Scherf und Andre aufzugreifen und heute nicht zu
entscheiden, sondern nochmals ein Gespräch mit Realschulrektor Schneider zu
führen.
Der
Kreisausschuss erklärte sich damit einstimmig einverstanden.