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TOP Ö 8: Geschäftsordnungsantrag der CSU-Fraktion bezüglich des Presseartikels "Ihnen werden noch die Augen aufgehen - SPD-Kreisvorstand kritisiert Mitarbeiter-Entlassungen im Rhön-Klinikum"

BezeichnungInhalt
Sitzung:24.07.2006   KT/025/2006 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Namens der CSU-Fraktion beantragte Kreisrat Andre unter Hinweis auf die Geschäftsordnung des Kreistages eine Stellungnahme zur personellen Situation in den Krankenhäusern Erlenbach a.Main und Miltenberg. Anlass dafür seien der heute in der Presse erschienene Artikel „Ihnen werden noch die Augen aufgehen – SPD-Kreisvorstand kritisiert Mitarbeiter-Entlassungen im Rhön-Klinikum“ sowie weitere diesbezügliche Presseartikel in letzter Zeit. In diesen Artikeln werde schon jetzt nicht gut über die Krankenhäuser gesprochen. Auch wenn der Kreistag künftig keine Entscheidungen mehr für die Krankenhäuser treffen könne, sollten alle bestrebt sein, sich nicht negativ über die Krankenhäuser zu äußern. Im Vordergrund sollte immer die gute medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Miltenberg stehen.

 

Landrat Schwing erinnerte daran, dass vor dem Verkauf der Krankenhäuser Erlenbach a.Main und Miltenberg folgende Kriterien formuliert worden seien:

1.  Erhalt der beiden Krankenhaus-Standorte Erlenbach a.Main und Miltenberg,

2.  medizinische Grundversorgung auf hohem Niveau und

3.  Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze.

Allein aus dieser Formulierung sei nie der Erhalt aller Arbeitsplätze herauszulesen gewesen. Eine Absicherung der Standorte hätte nur durch eine hohe Investitionssumme erfolgen können.

 

Leider gehen die Strukturveränderungen im Krankenhauswesen weiter:

-    Ambulant vor stationär,

-    Verkürzung der Verweildauer,

-    Budgetkürzung

-    Rückgang der Belegung (Krankenhaus Miltenberg 55 %, Krankenhaus Erlenbach 75 %),

     aber 100 % Belegschaft, das sei nicht haltbar.

 

Der Landkreis Miltenberg habe sehr frühzeitig Strukturveränderungen angegangen. Diese seien durch eine politische und öffentliche Diskussion verwässert und verzögert worden. Es habe ein wesentlich höherer Handlungsdruck bestanden. Bei jeder zur Entscheidung anstehenden Konstellation: Weiterbetrieb, Klinikverbund oder Verkauf wären die gleichen Maßnahmen notwendig gewesen. D.h. dass auch bei einem Fortbestand der Krankenhaus GmbH Entlassungen hätten ausgesprochen werden müssen. Jede Entlassung sei schmerzlich. Die Alternative bzw. die Folge wäre die vollständige Schließung eines oder sogar beider Standorte im Landkreis Miltenberg gewesen. Das hätte niemand gewollt.

 

Bisher habe er (Landrat Schwing) die Verantwortlichen der Rhön-Kliniken AG als kompetente und vertrauenswürdige Partner kennen gelernt. Die selbst gesteckten Ziele hätte der Landkreis Miltenberg mit keinem anderen Partner so gut erreichen können. Das Motto müsse daher lauten: Zuerst einmal die zugesagten und beabsichtigten Investitionen in Miltenberg und Erlenbach a.Main abwarten. Die gemeinsamen Ziele verpflichten zu folgendem:

1.  Erhalt der beiden Krankenhaus-Standorte Erlenbach a.Main und Miltenberg

2.  Medizinische Versorgung auf hohem Niveau

3.  Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze.

 

Landrat Schwing appellierte daher, zur Sachlichkeit zurück zu kehren, denn Ängste von Menschen eignen sich nicht für parteipolitische Profilierung.

 

Abschließend bemerkte Landrat Schwing, dass vom Beirat keine Wunder erwartet werden dürfen. Der Beirat habe keine beschließende Funktion, an ihn werden nur Informationen weitergegeben. Trotzdem sei der Beirat wichtig.

 

Zur Äußerung von Kreisrat Dr. Schüren, ihm sei völlig unklar, warum eine Resolution erlassen werden soll, stellte Landrat Schwing klar, dass Kreisrat Andre keine Resolution beantragt, sondern um eine Stellungnahme zu den in letzter Zeit erschienenen Presseartikeln über die Krankenhäuser gebeten habe.

 

Kreisrat Dr. Schüren wies sodann darauf hin, dass diejenigen, die seinerzeit dem Verkauf der Krankenhäuser zugestimmt hätten, jetzt zu erklären versuchen, warum diese Entscheidung richtig gewesen sei. Damit, dass jetzt 119 Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterstellen wegrationalisiert werden, habe er (Kreisrat Dr. Schüren) kein Problem. Als die Mitglieder der SPD-Fraktion aus unterschiedlichen Gründen gegen den Verkauf der Krankenhäuser gestimmt hätten, sei klar gewesen, dass es zu erheblichem Personalabbau kommen müsse, weil das Personal ein wesentlicher Kostenpunkt sei. Dass der Personalabbau so schnell vollzogen werde, habe seinerzeit niemand wissen können. Der Kreistag befinde sich jetzt in der Lage, dass er außer guten Worten nichts mehr bewirken könne. Er könnte höchstens etwas unternehmen, wenn der Rhön-Klinikum AG nachgewiesen werden könnte, dass sie den gesetzlichen Auftrag nicht ausreichend erfülle.

 

Unter Hinweis auf die seinerzeitige Aussage des Betriebsrates der Krankenhäuser, dass der Verkauf der Häuser die beste Lösung sei, vertrat Kreisrat Dr. Schüren die Meinung, dass der Betriebsrat jetzt die Suppe auslöffeln soll.

 

Landrat Schwing erklärte dazu, dass sich der Betriebsrat seinerzeit absolut korrekt verhalten habe. Es gebe keine Alternative; auf den Rückgang der Belegung müsse reagiert werden.

 

Kreisrat Stappel bemerkte, dass es im Landkreis Miltenberg zwei funktionsfähige Krankenhäuser gebe und ein weiteres Krankenhaus in der Planung sei. Er gehe davon aus, dass mit Eröffnung des neuen Hauses wieder Arbeitsplätze geschaffen werden. Er stehe dazu, dass der Verkauf der beiden Krankenhäuser Erlenbach a.Main und Miltenberg die richtig Entscheidung zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger gewesen sei. Seiner Meinung nach sollten sich die Kreistagsmitglieder künftig etwas distanzierter verhalten und Äußerungen, die gar nicht stimmen, unterlassen.

 

Kreisrat Dr. Linduschka sagte, es wäre schön, wenn die von Kreisrat Stappel geäußerte Hoffnung Wirklichkeit würde. Beim Verkauf der Krankenhäuser habe jedes Kreistagsmitglied gewusst, dass es der Rhön-Klinken AG darum gehe, in die Gewinnzone zu gelangen. Dazu müsse Personal abgebaut werden. Was den angesprochenen Presseartikel betreffe, sei er der Meinung, dass es keinen Sinn habe, mit Horrorszenarien hausieren zu gehen. Ziel der Rhön-Kliniken AG werde es sein, Vertrauen bei der Bevölkerung zu erzeugen. Sollte der Druck auf das Personal so groß werden, dass es sich gegenüber Patienten äußere, werde die Geschäftsführung darauf reagieren.

 

Landrat Schwing erklärte, er sehe die Angelegenheit nicht so dramatisch. Die Rhön-Kliniken AG betreibe nicht nur zwei Krankenhäuser im Landkreis Miltenberg, sondern über 40 Krankenhäuser in Deutschland. Die Leitung der Rhön-Kliniken AG lebe von zufriedenen Patienten und wisse genau, dass man Personal nicht überfordern dürfe. Auch der Landkreis Miltenberg hätte Krankenhauspersonal entlassen müssen, wenn seine beiden Häuser nicht verkauft worden wären, denn kein Krankenhaus könne sich auf Dauer Defizite leisten. Und negative Betriebsergebnisse hätten auch Auswirkungen auf die Kreisumlage gehabt. Er (Landrat Schwing) sei daher nach wie vor der Meinung, dass der Verkauf der Krankenhäuser die richtige Entscheidung gewesen sei.

 

Kreisrat Scherf äußerte sich erstaunt über den Antrag der CSU-Fraktion. Schließlich habe die CSU-Fraktion den Verkauf der Krankenhäuser beschlossen und damit die Verantwortung des Landkreises Miltenberg abgegeben. Wunsch der Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen sei der Erhalt der Verantwortung gewesen, um notwendige Reformen einleiten zu können. Reformen seien in den letzten Jahren nicht gewollt oder verhindert worden. Die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass der Kreistag nicht einfach sage, es müsse halt Personal entlassen werden. Die beabsichtigten Entlassungen gehen nämlich zulasten von jungen Menschen und Frauen-Teilzeitkräften. Nachdem der Kreistag darauf jetzt keinen Einfluss mehr nehmen könne, könne man nur hoffen, dass sich die bestehende Situation verbessern werde.

 

Kreisrat Dr. Kaiser bemerkte, dass Landrat Schwing den Eindruck zu erwecken versuche, dass alle kommunale Krankenhäuser Defizite hätten. Es sollte in diesem Zusammenhang bedacht werden, dass die Rhön-Kliniken AG börsennotiert sei und daher Gewinne benötige. Wenn es zu einem Verbund mit dem Klinikum Aschaffenburg gekommen wäre, würde der Landkreis Miltenberg jetzt nicht unter einem so großen Druck stehen.

 

Nach Meinung von Kreisrat Dr. Kaiser sei es notwendig, dass die Bevölkerung über den Verlust von Arbeitsplätzen in den Krankenhäusern informiert werde. Tatsache sei, dass der gesetzliche Auftrag, eine ordentliche medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, nach wie vor Aufgabe des Landkreises und des Kreistages sei. Sollten die Einschnitte beim Personal so groß werden, dass sich das auf die Qualität auswirke, werde sich der Kreistag damit befassen müssen. Denn wer Verantwortung abgebe, müsse auch die Verantwortung dafür tragen.

 

Landrat Schwing bemerkte dazu, dass sich eine Belegung von 55 % bis 75 % zwangsläufig auf den Personalstand auswirken müsse. Das habe nichts mit dem Versorgungsauftrag zu tun.

 

Kreisrat Dr. Fahn teilte mit, dass er über den heutigen Presseartikel auch erstaunt sei, denn der Betriebsübergang sei erst vor einem Jahr erfolgt. Kreisrat Scherf habe richtig gesagt, dass in den letzten Jahre ein Reformstau entstanden sei. Negativ wirke sich aber auch aus, dass immer mehr ambulante Behandlungen durchgeführt werden und die Verweildauer kürzer werde. Wie hätte der Landkreis Miltenberg da die beiden Krankenhäuser weiterführen sollen? Wenn die Verschuldung angestiegen wäre, hätte die Kreisumlage erhöht oder das Krankenhaus Miltenberg geschlossen werden müsse. Eine Verbundlösung mit dem Klinikum Aschaffenburg sei zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen, weil man dort noch nicht so weit wie im Landkreis Miltenberg gewesen sei. Der Kreistag Miltenberg habe daher keine andere Wahl gehabt, als die Krankenhäuser Erlenbach a.Main und Miltenberg zu verkaufen. Die Freien Wähler bedauern die Einzelschicksale aufgrund der Personalentlassungen. Vielleicht gebe es noch die Möglichkeit, dass durch Arbeitszeitreduzierungen die Anzahl der zu entlassenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduziert werden könne.

 

Der Beirat, sagte Kreisrat Dr. Fahn, habe erstmals in der 29. Kalenderwoche getagt. Er habe keine Entscheidungskompetenz. Die Freien Wähler seien davon ausgegangen, dass der Beirat jeweils vor Entscheidungen informiert werde. Dies müsste verbessert werden.

 

Fazit: Die Freien Wähler hätten für den Verkauf der Krankenhäuser gestimmt und seien auch heute noch der Meinung, dass dies der richtige Schritt gewesen sei.

 

Landrat Schwing teilte mit, das aufgrund eines Sozialplanes und von Stundenreduzierungen die Anzahl der Kündigungen wahrscheinlich deutlich unter 119 liegen werde.

 

Zum Antrag von Kreisrätin Weitz auf Ende der Debatte, bat Landrat Schwing, noch zwei vorliegende Wortmeldungen abzuhandeln.

 

Der Kreistag erklärte sich damit einstimmig einverstanden.

 

Unter Hinweis darauf, dass ein privates Unternehmen mit zwei Krankenhäusern Gewinne erzielen wolle, fragte Kreisrätin Almritter, warum der Landkreis Miltenberg dazu nicht fähig sei.

 

Kreisrat Andre stellte richtig, dass Auslöser für die Bitte um Stellungnahme nicht nur der heutige Presseartikel, sondern auch die Artikelserie mit negativer Tendenz in Bezug auf das Krankenhaus Miltenberg gewesen sei.

 

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