Tagesordnungspunkt
TOP Ö 4: Sachstandsbericht: Umsetzung der Arbeitsmarktreform Hartz IV im Landkreis Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 29.05.2006 KT/024/2006 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Schwing begrüßte zu diesem Punkt den
Geschäftsführer der ARGE Landkreis Miltenberg, Herrn Opolka, und dessen
Stellvertreter, Herrn Henn-Mücke, und erinnerte daran, dass die ARGE seit dem
Jahr 2005 bestehe und dem Kreistag heute einen Bericht über die Umsetzung der
Arbeitsmarktreform Hartz IV im Landkreis Miltenberg gegeben werde.
Herr Opolka und Herr Henn-Mücke gaben sodann den
dieser Niederschrift beiliegenden Bericht.
Landrat Schwing bemerkte, dass über 1.000
Vermittlungen im ersten Jahr eine großartige Leistung sei. Er erinnerte daran,
dass die Kommunen und die Landkreisverwaltung über das Hartz IV-Gesetz sowie
die Auflage, innerhalb kurzer Zeit ein Gemeinschaftswerk mit der Bundesagentur
für Arbeit auf die Beine zu stellen, nicht glücklich gewesen seien. Die
Bedenken seien vor allem in die Richtung gegangen, dass es für eine Kommune,
die eigenständige Entscheidungen auf kurzen Wegen gewohnt sei, schwer sein
werde, künftig mit einer zentral gesteuerten Behörde, bei der die
Entscheidungsträger nicht greifbar seien und die gewohnt sei, Regelungen ohne Berücksichtigung
individueller Gegebenheiten bundeseinheitlich vorzugeben, zusammenzuarbeiten.
Von Anfang an sei aber auch klar gewesen, dass Hartz IV Mehrausgaben für die
Kommunen bedeute. Nach Ablauf des Jahres 2005 lasse sich sagen, dass sich die
kommunalen Mehrausgaben des Landkreises Miltenberg im Vergleich zur früheren
Sozialhilfe auf etwa 1 Mio. € belaufen.
Angesichts dieser eigentlich unglücklichen
Ausgangssituation könne im Nachhinein gesagt werden, dass für den Landkreis
Miltenberg die bestmögliche Lösung gefunden worden sei. In den örtlichen
Vertretern der Bundesagentur, vor allem dem Leiter der Agentur für Arbeit
Aschaffenburg, Herrn Maidhof, habe man Verhandlungspartner gefunden, die trotz
unterschiedlicher Sichtweisen bereit gewesen seien, Lösungen zu finden, die von
beiden Seiten mitgetragen werden können. Schließlich sei der Landkreis
Miltenberg der zweite Landkreis Bayerns gewesen, der einen ARGE-Vertrag
unterzeichnet habe.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt sei die personelle
Besetzung der Geschäftsführerstelle gewesen. Diese sei gemäß den vertraglichen
Regelungen einem Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit vorbehalten gewesen,
weil der Vorsitz in der Steuerungsgruppe, dem entscheidenden Lenkungsgremium
der ARGE, dem Landkreis Miltenberg zugestanden worden sei.
Die im Vergleich mit anderen Arbeitsgemeinschaften
sehr guten Zahlen und die ersten Erfolge beweisen, dass die vom Landkreis
Miltenberg ausdrücklich gewünschte Besetzung der Geschäftsführerstelle mit
Herrn Opolka die absolut richtige Entscheidung gewesen sei. Er habe die ARGE
aufgrund langjähriger Erfahrung am Arbeitsmarkt mit großem Geschick und
Einfühlungsvermögen auf einen deutlich überdurchschnittlichen Stand gebracht. Eingeschlossen
in dieses Lob seien auch Herr Henn-Mücke als sein Stellvertreter und Frau
Bundschuh-Scheurich als zuständige Teamleiterin im Vermittlungsbereich.
Trotz einer bestehenden guten Basis werde weiter
versucht, die Situation in der ARGE zu optimieren. Für den Landkreis Miltenberg
bestehe vor allem noch das Ziel, möglichst einheitliche Arbeitsregelungen für
das in der ARGE beschäftigte Personal zu schaffen. Dies gestalte sich jedoch
aufgrund unterschiedlicher arbeitsrechtlicher Rechtsvorschriften beider
Behörden zum Teil äußerst schwierig. Ein weiterer aktueller Punkt sei das
Bestreben beider Vertragspartner, dem Geschäftsführer vor Ort mehr dezentrale
Entscheidungsbefugnisse einzuräumen, damit ein individuelles Eingehen auf die
regionale Arbeitsmarktsituation noch besser möglich sei. Dieses Ziel werde von
den Kommunen engagiert mitgetragen. Dazu wäre eine Umgestaltung der ARGE zu
einer Behörde mit Selbstverwaltungsmöglichkeit mit einer Lenkungsgruppe als
oberstem Entscheidungsgremium und einer Bindung ausschließlich an die
gesetzlichen Vorschriften sowie die Möglichkeit der EDV-Auswertung nach
individuellen Bedürfnissen anzustreben. Die Arbeitsagentur-Zentrale verknüpfe
das Angebot höherer Entscheidungsbefugnis der Arbeitsgemeinschaften vor Ort
zwar mit dem Zugeständnis einer kommunalen Stimmenmehrheit im Steuerungsgremium,
aber mit dem Vorbehalt, Zielsetzungen und Mindeststandards der ARGE einseitig
und ohne Abstimmung mit den Kommunen vorgeben zu dürfen. Im Hinblick auf die
hiermit verbundene Schwächung des kommunalen Mitspracherechts sei leider noch
keine gemeinsame Lösung gefunden worden. Aufgrund der ausgezeichneten
Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit in der Region könne man aber
zuversichtlich sein, dass für alle Beteiligten eine gute Lösung gefunden werde.
Das Hartz IV-Gesetz sei für viele Bürger und
Bürgerinnen mit deutlichen Einschnitten in die seitherige Lebenssituation
verbunden. Die dramatische öffentliche Kassenlage werde vermutlich weitere
Einschränkungen fordern. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der ARGE
Landkreis Miltenberg hätten die nicht einfache Aufgabe, den Kunden die
teilweise harte politische Botschaft des Gesetzes zu vermitteln. Unter oftmals
schwierigen Arbeitsbedingungen und begrenztem Budget leisten alle
ARGE-Mitarbeiter und –Mitarbeiterinnen hervorragende Arbeit. Landrat Schwing
bat Herrn Opolka, allen den ausdrücklichen Dank des Kreistages zu überbringen.
Unter Hinweis auf einen Bericht im „Main-Echo“ fragte
Kreisrätin Münzel, wie es im Landkreis Miltenberg mit berufsvorbereitenden
Maßnahmen aussehe und welche Erfahrungen es mit den Trägern von
Qualifizierungsmaßnahmen gebe, nachdem in letzter Zeit die Mittel hierfür
gekürzt worden seien und die Bildungsträger nicht mehr zahlen wollen.
Herr Opolka teilte dazu mit, dass die ARGE Landkreis
Miltenberg sofort reagiere, wenn sie erkenne, dass es in einer Maßnahme
Defizite gebe. Die Kunden werden dann aus einer solchen Maßnahme
herausgenommen.
Kreisrat Dr. Linduschka bezeichnete es als
unverständlich, dass der Dienstleistungsbereich im Landkreis Miltenberg
unterpräsentiert sei und fragte, ob bei Ausweitung dieses Bereiches
Arbeitsmarktchancen zu erwarten seien.
Herr Opolka gab dazu bekannt, dass im Tourismusbereich
Arbeitsplätze, insbesondere für Frauen, angeboten werden können.
Kreisrätin Weitz dankte namens der SPD-Fraktion für
den Bericht und wies auf den negativen Punkt Technik/EDV hin. Dieses Problem
sei schon bei Gründung der ARGE Landkreis Miltenberg kritisiert worden und bis
heute nicht gelöst. Bedauerlich sei, dass dieses Problem Arbeitskraftressourcen
beanspruche.
Auf Befragen von Kreisrätin Weitz nach Fehlern in
Leistungsberechnungen gab Herr Opolka zu, dass dies anfangs der Fall gewesen
sei, weil das Hartz IV-Gesetz sehr schnell habe umgesetzt werden müssen. Die
seinerzeitigen Fehler seien mittlerweile korrigiert. Derzeit gebe es noch
Fehler, weil Kunden aus Unwissenheit falsche Angaben machen. Bei der ARGE
Landkreis Miltenberg gebe es aber weniger derartige Fälle als in Großstädten.
Kreisrat Ripperger sprach Dankesworte der
CSU-Fraktion. Er wies auf den hohen Missbauch hin und gab zu bedenken, dass es
Menschen gebe, die noch nichts beantragt hätten. Er stellte sodann folgende
Fragen: Wie werde auf die gestiegenen Heizkosten reagiert? Ändere sich aufgrund
des Gesetzes über Unterkunftskostenbeteiligung etwas für die Kommunen?
Die Frage von Kreisrat Ripperger, was bei einer Ich-AG
angerechnet werde, beantwortete Herr Opolka dahingehend, dass die ARGE
Landkreis Miltenberg keine Ich-AG fördere.
Kreisrätin Almritter bedauerte, dass Menschen immer
„gläserner“ werden müssen, damit Missbrauch verhindert werden könne. Sie bat um
Auskunft, wie man beweisen könne, dass man keine Bedarfsgemeinschaft sei.
Kreisrat Stappel überbrachte den Dank der Fraktion
Neue Mitte für die gute Arbeit der ARGE Landkreis Miltenberg und bat um
Auskunft, wie viele Vermittler im Projekt „Leila 50 +“ zusätzlich damit
beschäftigt seien, bis zum Projektende im September 2007 die angestrebten 250
Integrationen in den Ersten Arbeitsmarkt für langzeitarbeitslose Ältere zu
erreichen. Weiter verwies er darauf, dass heute der Tag der Ausbildung sei. Da
die Ausbildung von Jugendlichen große Sorge bereite, wäre es interessant zu
erfahren, wie der Ausbildungsstand in der Region sei.
Unter Hinweis darauf, dass von Kundenorientierung
gesprochen worden sei, gab Kreisrat Andre zu bedenken, dass Arbeitgeber auch
Kunden seien. Einige Arbeitgeber klagen darüber, dass es schwer sei, bei der
ARGE einen Ansprechpartner zu erreichen. Was Bildungsmaßnahmen betreffe, sollte
der Schwerpunkt bei den Jugendlichen gesetzt werden.
Bezüglich des von Kreisrat Ripperger angesprochenen
Missbrauchs teilte Landrat Schwing mit, dass eine politische Lösung kommen
werde. Die Regierungsparteien würden sich bereits mit diesem Problem befassen.
Herr Henn-Mücke antwortete auf die Frage nach
Übernahme von höheren Heizkosten aufgrund gestiegener Ölpreise, dass nach SGB
II die tatsächlich entstandenen Heizkosten übernommen werden müssen. Was
Bedarfsgemeinschaften betreffe, könne davon ausgegangen werden, dass jemand von
dem Partner, mit dem er ein Jahr lang zusammen lebe, finanziell unterstützt
werde.
Bezüglich der Fragen von Kreisrat Stappel gab Herr
Opolka bekannt, dass sechs ältere Langzeitarbeitslose ausgesucht worden seien,
die die Aufgabe (Vermittlung Älterer durch Ältere) übernehmen. Sie seien/werden
auf diese selbständige Tätigkeit vorbereitet und gehen schrittweise (endgültig
ab September 2006) in die Selbständigkeit. Natürlich werden sie unterstützt durch
die Stamm-Vermittler der drei ARGEN in der Region Bayerischer Untermain. An den
Tag der Ausbildung habe sich die ARGE Landkreis Miltenberg auch angeschlossen,
Zahlen können allerdings nicht genannt werden. Zu dem von Kreisrat Andre
angesprochenen Punkt „Arbeitgeber sind auch Kunden“ sei beabsichtigt, über die
Gemeinden an die Arbeitgeber heranzukommen.