Tagesordnungspunkt
TOP Ö 8: Antrag der CSU-Fraktion auf Sachstandsbericht über die Neuordnung der Berufsschulen - Bildung von Kompetenzzentren: Stellungnahme zu Äußerungen im Stadtrat Aschaffenburg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 19.12.2005 KT/022/2005 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Verwaltungsdirektor Fieger wies darauf hin, dass Ausgangspunkt
für die Organisationsreform der Berufsschulen der Beschluss des Bayerischen
Landtags vom 05.04.2001 sei. Auf der Grundlage dieses Beschlusses seien die
Regierungen (nicht die Landkreise!) durch das Bayerische Staatsministerium für
Unterricht und Kultus beauftragt worden, die Berufsschulorganisation im
jeweiligen Regierungsbezirk neu zu ordnen.
Der Landtagsbeschluss enthalte zwei wesentliche
Punkte:
1. Die Schaffung von regionalen Kompetenzzentren
(fachliche und örtliche Schwerpunkte von Berufen, Berufsgruppen und
Berufsfeldern) und
2. die
Erhaltung und Stabilisierung der Berufsschulen im ländlichen Raum.
In seiner Umsetzung habe dieser Beschluss zur Folge,
dass eine Region keine Einbahnstraße in Richtung eines Oberzentrums sei,
sondern eine auf Ausgleich angelegte Gemeinschaft.
Mit ihrem vor einem Jahr vorgestellten und im Laufe
des Jahres 2005 umgesetzten Konzept habe die Regierung von Unterfranken vor
allem auf den Rückgang der Schülerzahlen im Berufsschulbereich und auf die
immer spezielleren Ausbildungsanforderungen der Wirtschaft reagiert. Diese
Faktoren verlangen eine mittel- bis langfristige Konzeption der
Berufsschulorganisation in der gesamten Region, um den Aufwandsträgern
Planungssicherheit für künftige Investitionen zu geben.
Die Zahlen der in den vergangenen Jahren nach
Aschaffenburg abgegebenen Berufsschüler verdeutlichen, dass sich die
Berufsschullandschaft in der Region 1 im Vergleich zu früher deutlich verändert
habe. Sie belegen, dass die Berufsschule Miltenberg-Obernburg nach und nach
“ausbluten” würde, wenn nicht durch die Errichtung von Kompetenzzentren gegen
gesteuert würde. Im Schuljahr 2000/2001 hätten 400 Schüler aus dem Landkreis
Miltenberg Berufsschulen in Aschaffenburg besucht. Im Schuljahr 2001/2002 seien
es 510 Schüler, im Schuljahr 2002/2003 474 Schüler, im Schuljahr 2003/2004 500 Schüler und im Schuljahr 2004/2005 473 Schüler gewesen.
Für diese Schüler zahle der Landkreis Miltenberg - ebenfalls
mit steigender Tendenz - Jahr für Jahr Gastschulbeiträge an den die Stadt und
den Landkreis Aschaffenburg. Im Schuljahr 2000/2001 seien 206.825,37 €
(170.555,01 € an die Stadt und 36.270,36 € an den Landkreis Aschaffenburg), im
Schuljahr 2001/2002 258.991,56 €
(211.311,19 € an die Stadt und 47.680,37 € an den Landkreis Aschaffenburg) und
im Schuljahr 2002/2003 267.577,08 € (215.772,70 € an die Stadt und 51.804,38 €
an den Landkreis Aschaffenburg) gezahlt worden. Schließlich hätten im Schuljahr
2003/2004 die Stadt und der Landkreis Aschaffenburg insgesamt 281.996,05 € an
GastschuIbeiträgen erhalten, davon die Stadt 249.523,21 € und der Landkreis
Aschaffenburg 32.472,84 €. In der Summe seien dies 1,015.390,00 € in vier
Jahren.
Zuständig für die Änderungen von Berufsschulsprengeln
sei die Regierung von Unterfranken. Entscheidende Richtschnur für sie sei von
Anfang an der faire Ausgleich zwischen den Berufsschulen, den
Sachaufwandsträgern und den zuständigen Stellen gewesen. Nach dem Prinzip des
“do ut des” und nach den Vorgaben des Landtagsbeschlusses vom 05.04.2001 habe
sie stets darauf geachtet, dass die Aufwandsträger möglichst gleichwertig
belastet, und dass die einzelnen Sprengel in einer “Evolution, nicht in einer
Revolution” geändert werden.
Das Konzept sei ein ganzheitliches und ausgewogenes
Konzept, d.h. die Herausnahme einzelner Berufsfelder würde sein inneres
Gleichgewicht zerstören. Das Konzept setze bewusst auf einen gleitenden
Übergang mit einer Zielplanung bis zum Jahr 2008. Bei der zeitlichen Umsetzung
einzelner Berufszweige nehme die Regierung auf bislang vorhandene Strukturen
Rücksicht.
Das Konzept sei aber vor allem ein Kompromiss, der im
Dialog mit den Betroffenen erarbeitet worden sei, und kein „politischer
Kuhhandel“. Es gehe dabei weder um das „Prestigedenken des Landrats“ noch um
die Verlagerung von „Premiumberufen“ in den Landkreis Miltenberg. Bereits vor
einem Jahr sei darauf hingewiesen worden, dass diese Diktion eine nicht
hinnehmbare Diskriminierung der traditionellen handwerklichen Berufe bedeute.
Auch aus Miltenberger Sicht lassen sich Berufsfelder nennen, bei denen es sehr
schwer falle, diese an einen anderen Schulort abzugeben. Und schließlich: Das
Argument, dass der Schwerpunkt der Ausbildungsbetriebe im Raum Aschaffenburg
liege und von dort auch die meisten Berufsschüler kommen, sei im Hinblick auf
die Einwohnerzahlen eine Selbstverständlichkeit. Es sei jedoch nicht
zielführend, denn in seiner letzten Konsequenz würde es dazu führen, dass alle
Berufsfelder nach Aschaffenburg verlagert werden müssten. Dies stehe jedoch in
krassem Gegensatz zum Landtagsbeschluss vom 05.04.2001.
In zwei Tranchen habe die Regierung von Unterfranken
mit Bekanntmachungen vom 20.06.2005 und vom 20.09.2005 zahlreiche neue
Fachsprengel gebildet. Von den vorgesehenen Klassen- und Abteilungsverlegungen
seien ca. 18 % der Berufsschüler in der Region 1 betroffen.
Der
Landkreis Miltenberg habe sich bereits auf die anstehenden Sprengeländerungen eingestellt.
So werden im Bereich IT-Technik am Schulort Obernburg bis Ende Dezember 2006
bereits IT-EDV-Lehrsäle mit entsprechender Vernetzung und Hardwareausstattung mit
einer Investitionssumme von 100.000,00 € eingerichtet.
Am
Schulort Miltenberg seien für den Bereich Santiär-Heizung-Klimatechnik die
neuesten, nach den Lehrplänen erforderlichen Hightech–Geräte beschafft worden. Durch
Spenden von Firmen aus dem Berufsfeld Sanitär-Heizung-Klimatechnik seien die
dortigen Labors und Einrichtungen bereits auf dem neuesten Stand der Technik.
Auch hier seien bereits Investitionen in Höhe von ca. 50.000,00 € in die Labors
Sanitär-Klima-Heizungstechnik investiert worden. Das Argument, man habe schon
viel Geld investiert, gelte also auch für den Landkreis Miltenberg.
Als
Fazit bleibe festzuhalten, dass der Landkreis Miltenberg und seine Berufsschule
für die neu geplanten Abteilungen IT-Technik und Heizung-Sanitär-Klimatechnik
schon heute bestens gerüstet sei.
Landrat Schwing bat zu bedenken, dass bezüglich der
Kosten der berufsbildenden Schulen im Gegensatz zu den Kosten der
weiterführenden Schulen eine Spitzabrechnung erfolge. Wenn die Schulsprengel
wie geplant erhalten bleiben, könne entschieden werden, was gebaut werde. Die
Gebietskörperschaften der Region 1 hätten ihre Berufsschulen immer gut
ausgestattet. Sollte der vereinbarte Kompromiss nicht zustande kommen, würde
das das Aus für die Berufsschule Miltenberg-Obernburg bedeute. Die Eskalation
aus dem Stadtrat Aschaffenburg sei daher sehr bedauerlich.
Kreisrat Andre sagte, wenn man argumentiere, dass
Aschaffenburg die meisten Auszubildenden habe, könnten die Berufsschulen im
Landkreis Miltenberg geschlossen werden. Besonders verwunderlich sei, dass sich
zwei Aschaffenburger Abgeordnete, die das Gesetz bezüglich der
Organisationsreform der Berufsschulen mit beschlossen haben an der Diskussion
beteiligt hätten. Offenbar haben diese beiden Abgeordneten den Beschluss nicht
verstanden. Was in diesem Zusammenhang über Landrat Schwing geäußert worden
sei, sei reine Polemik. Der Vorwurf „politische Seilschaften“ sei ein Rückfall
in alte Zeiten. Der Landkreis Miltenberg habe sich immer an Absprachen gehalten
und nicht versucht, diese zu ändern. Außerdem sei es nicht mehr so, dass alle
Infrastrukturen in Oberzentren konzentriert sein müssen. Es sei erfreulich,
dass die Landräte Schwing und Dr. Reuter sowie Oberbürgermeister Herzog auch so
denken. Die CSU-Fraktion danke Landrat Schwing für sein Engagement und die
erzielten Erfolge.
Kreisrat Dr. Linduschka stimmte den Äußerungen von
Kreisrat Andre zu und meinte, Appelle an Aschaffenburg dürften keinen Sinn
haben. Es gehe darum, die Region 1 zu stärken. D.h., dass der Kompromiss
akzeptiert werden müsse, um die Ausbildung junger Menschen vor Ort zu sichern.
Wenn die Berufsschulen Miltenberg und Obernburg wegbrechen würden, wäre das
auch für Aschaffenburg nicht gut. Mit dem geplanten Kompromiss könne jede
Gebietskörperschaft gut leben.
Kreisrat Stappel berichtete, dass Handwerker,
Vertreter der Schulen und Landrat Schwing in den letzten zwei Jahren
hervorragende Fortschritte bezüglich der Schaffung von Kompetenzzentren erzielt
hätten. Der besondere Dank gelte Landrat Schwing für die geschickte
Verhandlungsführung. Für die Zukunft des Landkreises Miltenberg sei es wichtig,
dass die beiden Berufsschulen Miltenberg und Obernburg erhalten bleiben. Nur so
könne die Wirtschaftskraft des Landkreises Miltenberg gestärkt werden. Er
(Kreisrat Stappel) danke allen Kreistagsmitgliedern dafür, dass bisher noch
keine negativen Äußerungen über die getroffenen Entscheidungen getan worden
seien. Der weitere Dank gelte den Vertretern der freien Wirtschaft und des
Handwerks für die faire Behandlung der Angelegenheit. Nach Meinung von Kreisrat
Stappel werde eine Klage von Aschaffenburg keine Chance haben.
Kreisrat Dr. Schüren sagte, er verstehe die
Redebeiträge und Aufgeregtheit nicht. Schließlich sei man doch über alle
Fraktionen hinweg der Meinung, dass der gefundene Kompromiss sinnvoll sei. Dass
zwei Abgeordnete einmal für sich gesprochen hätten werde nun als
Majestätsbeleidigung des Landrats ausgelegt und Kreisrat Andre möchte Landrat
Schwing den Rücken stärken. Das sei unnötig, denn der gesamte Kreistag sei
daran interessiert, dass die Berufsschulen des Landkreises Miltenberg nicht
ausbluten. Im Übrigen sei die Meinung der Presse in dieser Angelegenheit nicht
die Meinung der Mehrheit des Stadtrates Aschaffenburg einschließlich des
Oberbürgermeisters.
Landrat Schwing erklärte dazu, persönlich fühle er
sich nicht beleidigt, jedoch beunruhigt über die Äußerungen der beiden
Abgeordneten. Ihm gehe es hauptsächlich darum, dass die Berufsschulen
Miltenberg und Obernburg nicht ausbluten. Er könne bestätigen, dass es
bezüglich des Kompromisses keine Probleme zwischen ihm und Oberbürgermeister
Herzog und Landrat Dr. Reuter gebe. Allen sei an einer guten Zusammenarbeit
innerhalb der Region 1 gelegen.