Tagesordnungspunkt

TOP Ö 7: Büchergeld: a) Sachstandsbericht b) Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Erlass einer Resolution

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Sitzung:19.12.2005   KT/022/2005 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Verwaltungsdirektor Fieger gab folgenden Antrag der Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen vom 13.10.2005 bekannt: „Der Kreistag möge folgende Resolution beschließen: Der Landkreis Miltenberg fordert den Bayer. Landtag und die Bayer. Staatsregierung auf, die Einführung des Büchergeldes durch die Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes und des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes wieder aufzuheben und die Lernmittelfreiheit an Bayerns Schulen wieder herzustellen.“

 

Dazu sei folgendes zu sagen: Die Eigenbeteiligung der Schüler an der Beschaffung von Schulbüchern, das sog. Büchergeld, sei durch ein Gesetz des Bayer. Landtages vom 26.07.2005 eingeführt worden. Die entsprechenden Regelungen ergeben sich aus Art. 21 Bayer. Schulfinanzierungsgesetz. Das Gesetz des Bayer. Landtages sei ordnungsgemäß zustande gekommen und es bestehe für den Landkreis Miltenberg keine Veranlassung, dagegen vorzugehen.

 

Die Einführung des Büchergeldes werde damit begründet, dass das bisherige System der Ausstattung mit Schulbüchern dazu geführt habe, dass der Schulbuchbestand zum Teil nicht mehr ausreichend aktuell oder abgenutzt sei. Dies erschwere nicht nur einen zeitgemäßen Unterricht, sondern habe in der Vergangenheit auch zu Beschwerden geführt. Durch das Büchergeld könne der Schulbuchbestand aktualisiert, erneuert und verbessert werden. In Deutschland erheben 12 von 16 Ländern Büchergeld, das zum Teil erheblich höher liege als in Bayern. In Berlin z.B. werden bis zu 100,00 € verlangt.

 

Nach Ansicht des federführend zuständigen Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus bestehe keine Verpflichtung der Kommunen zur Erhebung des Büchergeldes. Grundsätzlich stehe es also dem Landkreis Miltenberg als Träger des Schulaufwands frei, zu entscheiden, ob er das Büchergeld erheben oder die entsprechenden Kosten selbst übernehmen wolle. Wenn eine Kommune das Büchergeld selbst übernehmen wolle, sei es ihre Aufgabe, dies nach den haushaltsrechtlichen Gegebenheiten und der jeweiligen Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Für den Landkreis Miltenberg komme im Hinblick auf die Haushaltslage ein Verzicht auf die Erhebung des Büchergeldes und die Zahlung aus eigenen Mitteln nicht in Betracht.

 

Zur Höhe des Verwaltungsaufwands, der dem Landratsamt Miltenberg im Zusammenhang mit der Erhebung des Büchergeldes entstehe, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Aussage möglich, weil die Unterlagen der Schulen noch nicht vollständig vorliegen.

 

Verwaltungsoberamtsrat Straub gab folgende Zahlen bekannt:

 

Hermann-Staudinger-Gymnasium Erlenbach:

819 Schülerinnen und Schüler

  63 Befreiungen

    4 nicht bezahlt

 

Johannes-Butzbach-Gymnasium Miltenberg:

850 Schülerinnen und Schüler

  72 Befreiungen

    9 nicht bezahlt

 

Julius-Echter-Gymnasium Elsenfeld:

917 Schülerinnen und Schüler

  92 Befreiungen

  12 nicht bezahlt

 

Staatl. Fachoberschule Obernburg:

225 Schülerinnen und Schüler

  25 Befreiungen

    3 nicht bezahlt

 

Staatl. Realschule Elsenfeld:

1.113 Schülerinnen und Schüler

   125 Befreiungen

     36 nicht bezahlt

 

Staatl. Realschule Miltenberg:

665 Schülerinnen und Schüler

  61 Befreiungen

    4 nicht bezahlt

 

Staatl. Realschule Obernburg:

704 Schülerinnen und Schüler

  55 Befreiungen

    3 nicht bezahlt

 

Janusz-Korczak-Schule Elsenfeld:

178 Schülerinnen und Schüler

   45 Befreiungen

   17 nicht bezahlt

 

Heinrich-Ernst-Stötzner-Schule Miltenberg:

185 Schülerinnen und Schüler

  49 Befreiungen

  10 nicht bezahlt

 

Staatl. Berufsschule Miltenberg:

998 Schülerinnen und Schüler

  45 Befreiungen

  33 nicht bezahlt

 

Staatl. Berufsschule Obernburg:

931 Schülerinnen und Schüler

  30 Befreiungen

  85 nicht gezahlt

 

Weiter gab Verwaltungsoberamtsrat Straub bekannt, dass im Haushaltsplan 2005  168.000,00 € eingestellt seien und der Landkreis Miltenberg vom Freistaat Bayern 101.000,00 € erhalte. Die Differenz sei der Anteil des Landkreises Miltenberg.

 

Landrat Schwing wies darauf hin, dass bekannt sei, wie die einzelnen Fraktionen und Gruppierungen des Kreistages zum Büchergeld stehen. Er bitte daher, die Diskussion nur auf den Landkreis Miltenberg zu beziehen. Wichtig sei die Frage der Konnexität und die Frage, welche Kosten durch Eltern, die die Zahlung des Büchergeldes verweigern, entstehen.

 

Kreisrat Scherf erklärte, dass für ihn die Einführung des Büchergeldes gleichbedeutend mit der Aufhebung der Lernmittelfreiheit in Bayern und daher eine Angelegenheit des Kreistages sei. Da das diesbezügliche Gesetz dem Konnexitätsprinzip widerspreche, sollte der Kreistag die von den Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen beantragte Resolution erlassen. Es könne schließlich nicht angehen, dass der Bayer. Landtag ein Gesetz beschließe und die Kommunen zahlen müssen. Mit dem Büchergeld werden die Eltern massiv belastet. Es werde ihnen das aufgebürdet, was bisher Staatsauftrag gewesen sei. Dagegen müsse angegangen werden. Der Kreistag sollte sich keinesfalls darüber freuen, dass jetzt neue Bücher beschafft werden können. Ein Vergleich mit Berlin, wo Eltern ein Büchergeld in Höhe von 100,00 € zahlen müssen, sei nicht nachvollziehbar, denn dort regiere die PDS. Ein weiterer Punkt sei die enorme Benachteiligung der Förderschulen, denen viel weniger Büchergeld zur Verfügung stehe als den weiterführenden Schulen.

 

Kreisrat Dr. Linduschka vertrat die Meinung, dass der Freistaat Bayern in den Fällen, in denen Eltern nicht in der Lage seien, das Büchergeld zu zahlen, in die Pflicht genommen werden müsse. Es sei nicht Sache des Kreistages, eine Resolution gegen ein Gesetz des Bayer. Landtages zu erlassen. Einziger Punkt sei die Benachteiligung der Förderschulen. Diesbezüglich sollte man auf die Einsicht der Bayer. Staatsregierung vertrauen.

 

Landrat Schwing bemerkte, dass bereits im Kreisausschuss am 08.12.2005 gesagt worden sei, dass, nachdem noch keine verlässlichen Zahlen vorliegen, abgewartet werden sollte. Sofern es gravierende Unterschiede gebe, werden sich die kommunalen Spitzenverbände damit befassen. Zum Konnexitätprinzip sei zu sagen, dass dieses nur dann beansprucht werden könne, wenn nachweislich höhere Kosten als vorher entstehen. Es bestehe daher keine Notwendigkeit zum Erlass einer Resolution.

 

Kreisrat Dr. Fahn wies auf die Benachteiligung der Schülerinnen und Schüler von G 9 hin. Sie müssten Büchergeld zahlen und erhalten keine neuen Bücher. Dafür müsste es eine Sonderregelung geben. Zum vorliegenden Antrag der Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen vertrat Kreisrat Dr. Fahn die Meinung, dass es nicht Aufgabe des Kreistages sei, zu allen Gesetzen Resolutionen zu erlassen. Die Freien Wähler werden diesem Antrag daher nicht zustimmen.

 

Kreisrätin Almritter bemerkte, dass Schülerinnen und Schüler von Förderschulen keinesfalls benachteiligt werden dürfen, weil diese auf gute Lernmittel angewiesen seien. Nach Ablauf der Anlaufphase wäre es interessant zu erfahren, welche Kosten aufgrund von Mahnverfahren und welcher Zeit- und Kostenaufwand durch den Personaleinsatz entstanden seien.

 

Verwaltungsoberamtsrat Straub teilte daraufhin mit, dass der Ansatz 2005 für Förderschulen 5.000,00 € betrage. Eingenommen worden seien bisher 3.800,00 €, so dass keine Resolution erforderlich sei. Bezüglich der Mahnungen werde mitgeteilt, dass zunächst 216 Eltern kein Büchergeld gezahlt hätten, ein Großteil davon jedoch zwischenzeitlich gezahlt habe. Mahnbescheide seien bisher noch keine versandt worden.

 

Kreisrat Rüth erklärte, es stimme nicht, dass es mit Einführung des Büchergeldes um die Abschaffung der Lernmittelfreiheit in Bayern gehe. Tatsache sei, dass in Bundesländern mit rot-grüner Regierung die Lernmittelfreiheit abgeschafft worden sei. Dies werde in Bayern nicht geschehen. Grund für den Verwaltungsaufwand in Bayern sei die soziale Komponente, wonach kinderreiche Familien von der Zahlung des Büchergeldes befreit seien. Bezüglich der angesprochenen Benachteiligung von G 9-Schülerinnen und Schülern wies Kreisrat Rüth darauf hin, dass für diese die Möglichkeit bestehe, Bücher für 40,00 € selbst zu erwerben.

 

Mit Stimmenmehrheit fasste der Kreistag sodann auf Empfehlung des Kreisausschusses vom 08.12.2005 folgenden

 

B e s c h l u s s

 

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 13.10.2005 auf Erlass einer Resolution wegen Einführung des Büchergeldes wird abgelehnt.

 

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