Tagesordnungspunkt
TOP Ö 7: Büchergeld: a) Sachstandsbericht b) Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Erlass einer Resolution
Bezeichnung | Inhalt |
---|---|
Sitzung: | 08.12.2005 KA/021/2005 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
---|
Verwaltungsdirektor
Fieger gab folgenden Antrag der Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen vom 13.10.2005
bekannt: „Der Kreistag möge folgende Resolution beschließen: Der Landkreis Miltenberg
fordert den Bayer. Landtag und die Bayer. Staatsregierung auf, die Einführung
des Büchergeldes durch die Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes
und des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes wieder aufzuheben und
die Lernmittelfreiheit an Bayerns Schulen wieder herzustellen.“
Dazu
sei folgendes zu sagen: Die Eigenbeteiligung der Schüler an der Beschaffung von
Schulbüchern, das sog. Büchergeld, sei durch ein Gesetz des Bayer. Landtages
vom 26.07.2005 eingeführt worden. Die entsprechenden Regelungen ergeben sich
aus Art. 21 Bayer. Schulfinanzierungsgesetz. Das Gesetz des Bayer. Landtages
sei ordnungsgemäß zustande gekommen und es bestehe für den Landkreis Miltenberg
keine Veranlassung, dagegen vorzugehen.
Die
Einführung des Büchergeldes werde damit begründet, dass das bisherige System
der Ausstattung mit Schulbüchern dazu geführt habe, dass der Schulbuchbestand
zum Teil nicht mehr ausreichend aktuell oder abgenutzt sei. Dies erschwere
nicht nur einen zeitgemäßen Unterricht, sondern habe in der Vergangenheit auch
zu Beschwerden geführt. Durch das Büchergeld könne der Schulbuchbestand
aktualisiert, erneuert und verbessert werden. Im Übrigen erheben in Deutschland
12 von 16 Bundesländern Büchergeld, das zum Teil erheblich höher liege als in
Bayern. In Berlin z.B. werden bis zu 100,00 € verlangt.
Nach Ansicht des federführend zuständigen Bayer.
Staatsministeriums für Unterricht und Kultus bestehe keine Verpflichtung der
Kommunen zur Erhebung des Büchergeldes. Grundsätzlich stehe es also dem
Landkreis Miltenberg als Träger des Schulaufwands frei, zu entscheiden, ob er
das Büchergeld erheben oder die entsprechenden Kosten selbst übernehmen wolle.
Wenn eine Kommune das Büchergeld selbst übernehmen wolle, sei es ihre Aufgabe,
dies nach den haushaltsrechtlichen Gegebenheiten und der jeweiligen
Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Für den Landkreis Miltenberg komme im
Hinblick auf die Haushaltslage ein Verzicht auf die Erhebung des Büchergeldes
und die Zahlung aus eigenen Mitteln nicht in Betracht.
Zur Höhe des Verwaltungsaufwands, der dem Landratsamt
Miltenberg im Zusammenhang mit der Erhebung des Büchergeldes entstehe, sei zum
jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Aussage möglich, weil die
Unterlagen der Schulen dem Landratsamt noch nicht vollständig vorliegen.
Verwaltungsoberamtsrat
Straub gab folgende Zahlen bekannt:
Hermann-Staudinger-Gymnasium
Elsenfeld:
819
Schülerinnen und Schüler
63 Befreiungen
4 nicht bezahlt
Johannes-Butzbach-Gymnasium
Miltenberg:
850
Schülerinnen und Schüler
72 Befreiungen
9 nicht bezahlt
Julius-Echter-Gymnasium
Elsenfeld:
917
Schülerinnen und Schüler
92 Befreiungen
12 nicht bezahlt
Staatl.
Fachoberschule Obernburg:
225
Schülerinnen und Schüler
25 Befreiungen
3 nicht bezahlt
Staatl.
Realschule Elsenfeld:
1.113
Schülerinnen und Schüler
125 Befreiungen
36 nicht bezahlt
Staatl.
Realschule Miltenberg:
665
Schülerinnen und Schüler
61 Befreiungen
4 nicht bezahlt
Staatl.
Realschule Obernburg:
704
Schülerinnen und Schüler
55 Befreiungen
3 nicht bezahlt
Janusz-Korczak-Schule
Elsenfeld:
178
Schülerinnen und Schüler
45 Befreiungen
17 nicht bezahlt
Heinrich-Ernst-Stötzner-Schule
Miltenberg:
185
Schülerinnen und Schüler
49 Befreiungen
10 nicht bezahlt
Staatl.
Berufsschule Miltenberg:
931
Schülerinnen und Schüler
45 Befreiungen
33 nicht bezahlt
Staatl.
Berufsschule Obernburg:
931
Schülerinnen und Schüler
30 Befreiungen
85 nicht gezahlt
Landrat
Schwing bemerkte, dass das Büchergeld besser als befürchtet gezahlt werde. Es
handele sich hierbei um Geld, das die Schulen entsprechend einsetzen können,
wodurch sich die Rahmenbedingungen verbessern werden. Das Geld helfe langfristig
auch dem Landkreis Miltenberg bei den in den nächsten Jahren anstehenden
gewaltigen Investitionen. Zum vorliegenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sei
er der Meinung, dass, nachdem bereits in 12 von 16 Bundesländern Büchergeld
erhoben werde, nicht argumentiert werden könne, dass in Bayern die
Lernmittelfreiheit abgeschafft werde. Bezüglich des Verwaltungsaufwands gebe es
bereits Gespräche zwischen dem Freistaat Bayern und den Kommunalen
Spitzenverbänden. Dazu sei keine Resolution erforderlich. Eine Resolution würde
weder den Schulen, noch den Kommunen helfen.
Kreisrat
Scherf begründete den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Erlass einer
Resolution wie folgt: Die Einführung des Büchergeldes und die damit verbundene
Aufhebung der Lernmittelfreiheit sei eine für die Bürgerinnen und Bürger des
Landkreises Miltenberg wichtige Entscheidung und deshalb Sache des Kreistages.
Unsolidarisch sei der Transfer der Lasten für Kinder und Bildung weg von allen
Bürgerinnen und Bürgern allein auf die Schultern der Eltern. Unsolidarisch sei
weiter die Benachteiligung von Schulen mit einer problematischen sozialen
Struktur, die Förderschulen. Während an Gymnasien und Realschulen nur ein
Zehntel der Eltern von der Zahlung des Büchergeldes befreit sei bzw. dieses nicht
zahle, sei es an den Förderschulen knapp ein Drittel. Neben den zusätzlichen
Verwaltungslasten sollte der Landkreis Miltenberg gegen diese Benachteiligung
der Eltern protestieren und deshalb eine Resolution gegen dieses Büchergeld
verabschieden.
Auf
Befragen von Kreisrat Scherf teilte
Landrat Schwing teilte, dass noch nicht gesagt werden könne, wie hoch der
Verwaltungsaufwand sei. Er sei der Meinung, dass der Freistaat Bayern den
Verwaltungsaufwand erstatten müsse.
Kreisrat
Dr. Schüren wies darauf hin, dass die SPD flächendeckend gegen das Büchergeld
sei. Zentraler Punkt des vorliegenden Antrages sei seiner Meinung nach, dass
der Verwaltungsaufwand hierfür nicht bei den Kommunen hängen bleiben dürfe.
Auch dürfe nicht der Zustand eintreten, dass einige Schulen aufgrund der
sozialen Komponente ihrer Schülerinnen und Schüler über keinen so guten
Bücherbestand verfügen. Hier müsse zur Not der Landkreis helfen. Im Übrigen sei
er der Auffassung, dass es für das Büchergeld gute Gründe gebe: Die
Schülerinnen und Schüler werden künftig pfleglicher mit den Büchern umgehen,
weil sie zum ersten Mal neue Bücher hätten.
Kreisrat
Dr. Schüren sprach sich sodann dafür aus, dass jeder einzelne der 3 % Fälle, in
denen sich die Eltern weigern, Büchergeld zu zahlen, abgearbeitet werde. Es
handele sich in diesen Fällen oftmals um Eltern, die Büchergeld zahlen könnten.
Würde diesen Fällen nicht nachgegangen, würde ein Ventil geöffnet, das nicht
mehr geschlossen werden könnte.
Verwaltungsoberamtsrat
Straub teilte dazu mit, dass die Eltern, die sich weigern Büchergeld zu zahlen,
bereits angeschrieben worden seien. Daraufhin seien schon einige Zahlungen eingegangen.
Gegen Eltern die sich weiterhin weigern, Büchergeld zu zahlen, werde
erforderlichenfalls gerichtlich vorgegangen.
Kreisrat
Oberle wies darauf hin, dass sich die Rahmenbedingungen geändert hätten und
darauf reagiert werden müsse. In Elsenfeld (620 Schülerinnen und Schülern) habe
nur in sechs Fällen die Zahlung von Büchergeld angemahnt werden müssen. Positiv
sei, dass sich der Versorgungszustand der Schülerinnen und Schüler durch das
Büchergeld verbessere. Die durch das Büchergeld eingesparten Mittel werden in
Elsenfeld in den Schulhaus-Neubau einfließen.
Kreisrat
Dr. Fahn bestätigte die Aussage von Kreisrat Dr. Schüren und teilte mit, dass
es am Hermann-Staudinger-Gymnasium Erlenbach a.Main noch Schulbücher aus dem
Jahr 1975 gebe. Ein Problem sei, dass die Schülerinnen und Schüler des G 9
benachteiligt werden. Sie müssen Büchergeld zahlen und erhalten keine neuen
Bücher. MdL Rüth habe auf die diesbezügliche Frage keine Antwort geben können.
Kreisrat Dr. Fahn bat daher Landrat Schwing, diesen Punkt aufzugreifen.
Bezüglich des vorliegenden Antrages bemerkte Kreisrat Dr. Fahn, dass ihm nicht
klar sei, was eine Resolution bewirken könne. Wichtiger wäre es seiner Meinung
nach, pragmatische Lösungen zu suchen.
Landrat
Schwing teilte mit, dass das Problem der G 9-Schülerinnen und –Schüler in den
Kommunalen Spitzenverbänden diskutiert werde.
Kreisrat
Neuser bestätigte ebenfalls, dass man in Amorbach über die geringe Anzahl der
Nichtzahler und den geringen Verwaltungsaufwand überrascht sei. Es sei
festgestellt worden, dass ein erheblicher Nachholbedarf bestehe, der ohne
Büchergeld nicht verbessert werden könnte.
Kreisrat
Scherf wies darauf hin, dass sich die Lehrkräfte über neue Bücher und die
Bürgermeister über Geld für Investitionen freuen. Die Kreistagsmitglieder
sollten jedoch nicht als Lehrer oder Bürgermeister, sondern als Kreisrätinnen
und Kreisräte entscheiden. Er sei überrascht, dass Bayern mit Berlin verglichen
werde. So wie Kreisrat Dr. Schüren wünsche auch er sich, dass die Förderschulen
entsprechend berücksichtigt werden. Nach Meinung von Kreisrat Scherf seien
Lernmittel nicht Angelegenheit der Eltern, sondern des Staates. Das neue Gesetz
schaffe die Lernmittelfreiheit in Bayern ab und übertrage die Kosten auf die
Eltern. Er bitte daher nochmals um Zustimmung zum vorliegenden Antrag von
Bündnis 90/Die Grünen.
Nachdem
Landrat Schwing Ablehnung des Antrages vorgeschlagen hatte, empfahl der
Kreisausschuss dem Kreistag mit Stimmenmehrheit, folgenden
B e s c h l u s s
zu fassen:
Der
Antrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 13.10.2005 auf Erlass einer Resolution
wegen Einführung des Büchergeldes wird abgelehnt.