Tagesordnungspunkt
TOP Ö 4: Information: Kostenheranziehung bei Jugendhilfeleistungen
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 24.11.2005 JHA/013/2005 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Verwaltungsamtmann Berninger informierte über
folgendes:
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und
Jugendhilfe (KICK), wurde die Kostenbeteiligung an Jugendhilfeleistungen
umfassend reformiert. Die §§ 91 ff SGB VIII wurden neu gefasst. In § 91 SGB
VIII wird zunächst festgelegt, zu welchen Leistungen bzw. Maßnahmen eine
Heranziehung erfolgt, wobei in vollstationäre und teilstationäre Maßnahmen
differenziert ist. In § 92 SGB VIII ist geregelt, wer zu welchen Maßnahmen
herangezogen wird. Bei vollstationären Maßnahmen erfolgt in der Regel eine
Heranziehung sowohl der Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen als auch
deren Eltern. Die Elternteile werden auch wenn sie zusammen leben getrennt
herangezogen. Die Heranziehung geschieht durch Erhebung eines Kostenbeitrages,
der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird. Bei Erhebung des Kostenbeitrages
sind Unterhaltsansprüche sonstiger vorrangiger Unterhaltsberechtigter, z.B.
weiterer minderjähriger Kinder zu berücksichtigen. Daneben sind wie bisher Ausnahmetatbestände
beschrieben, unter denen eine Heranziehung unterbleibt, insbesondere bei
Schwangerschaft der Hilfeempfängerin oder Kindesbetreuung bis zum 6. Lebensjahr
durch die Hilfeempfängerin.
In § 93 SGB VIII ist der Begriff des Einkommens
definiert und wie es zu bereinigen ist, d.h., welche Absetzungen vorzunehmen
sind. Die Einkommensdefinition ist sehr stark dem Einkommensbegriff des § 82
SGB XII im Sozialhilferecht angelehnt.
§ 94 SGB VIII regelt den Umfang und die Rangfolge der
Heranziehung. Eltern werden nachrangig herangezogen, Obergrenze für die Kostenbeiträge
sind die tatsächlichen Jugendhilfeaufwendungen. Die jungen Menschen haben ihr
Einkommen, bereinigt gemäß § 93 SGB VII, in vollem Umfang einzusetzen.
Volljährige und volljährige Leistungsberechtigte in Mutter- bzw.
Vater-Kind-Einrichtungen sind zusätzlich aus ihrem Vermögen heranzuziehen.
Bezüglich des Vermögensbegriffs ist auf die sozialhilferechtliche Definition
verwiesen.
Hinsichtlich der Kostenbeitragsfestsetzung von Eltern,
Ehegatten und Lebenspartnern ist die sog. Kostenbeitragsverordnung einschlägig.
Sie beinhaltet 30 Einkommensgruppen und fünf Beitragsstufen. Je nach Zuordnung
zur Einkommensgruppe und ob es sich um eine voll- oder teilstationäre Maßnahme
handelt, ob ein oder mehrere Kinder untergebracht sind bzw. wie lange die
teilstationäre Unterbringung täglich erfolgt, ergibt sich der Kostenbeitrag.
Erst ab einem zu berücksichtigendem Einkommen von monatlich 751,00 € kann ein
Kostenbeitrag gefordert werden. Allerdings ist ein Kostenbeitrag in Höhe des
Kindergeldes bei vollstationären Leistungen zu zahlen, wenn der Elternteil das
Kindergeld für den Jugendhilfeempfänger bezieht und er keinen Kostenbeitrag zu
zahlen hätte bzw. der Kostenbeitrag niedriger als das monatliche Kindergeld
wäre.
§ 4 der Verordnung schreibt vor, wie zu verfahren ist,
wenn weitere gleichrangige Unterhaltsverpflichtungen bestehen. Wenn trotz
Herabstufung in niedrigere Einkommensgruppen die Unterhaltsansprüche vorrangig
Berechtigter geschmälert würden, ist eine zivilrechtliche Vergleichsberechnung,
ggf. bis zu einer sog. Mangelfallberechnung durchzuführen.
Schließlich trifft die Verordnung Regelungen bei
besonders hohem Einkommen, d.h. über der 30. Einkommensgruppe, was monatlich
über 10.000,00 € Einkommen bedeutet und sieht eine Übergangsregelung für
Altfälle bis 30.09.2006 vor. In SGB VIII wiederum ist für die am 01.10.2005
laufenden Fälle bestimmt, dass die Heranziehung bis 31.03.2006 nach den
bisherigen Regelungen zu erfolgen hat.
Im Vergleich zu den bisherigen
Heranziehungsvorschriften sind die Sondervorschriften für bestimmte Hilfeformen
entfallen. Die Heranziehung in Höhe der durch die auswärtige Unterbringung
ersparten Aufwendungen ist ebenso entfallen wie der gesetzliche
Unterhaltsforderungsübergang. Die Kostenbeitrags- bzw. Unterhaltsberechnung aus
den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle mit ihren Altersstufen gehört nach
Verstreichen der Übergangsfrist der Vergangenheit an. Der Kostenbeitrag wird
künftig ausschließlich öffentlich-rechtlich gefordert, einer
Unterhaltsüberleitung z.B. bei Volljährigenhilfe bedarf es nicht mehr. Ob die
Neuregelung bezüglich der Heranziehung zu den entsprechenden
Jugendhilfeleistungen zu einer maßgeblichen Veränderung der Einnahmen bzw.
Ersatzleistungen führen wird, kann z.Z. nicht eingeschätzt werden. Eine größere
Differenzierung ergeben die neuen Bestimmungen, denn die neue Verordnung weist
30 Einkommensgruppen auf, während die Düsseldorfer Tabelle mit nur 13
Einkommensgruppen zu Recht kommt.
Unverändert geblieben ist die Berechnung für die
Beteiligung an der Kindergartengebühr bzw. der Kindertagespflege. Die Regelung
in § 90 SGB VIII besagt, dass die Kosten vom Jugendhilfeträger zu übernehmen
sind, wenn die Belastung den Eltern bzw. dem Elternteil und dem Kind nicht
zuzumuten ist. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung wird auf das SGB
XII, d.h. auf sozialhilferechtliche Bestimmungen verwiesen. Hierbei wird dem
maßgeblichen Einkommen der Bedarfsgemeinschaft eine Einkommensgrenze gegenüber gestellt,
die sich aus dem Grundbetrag (z.Z. 682,00 € monatlich), den Familienzuschlägen
(z.Z. 239,00 € monatlich) und den Unterkunftskosten zusammensetzt. Liegt das
Einkommen unter der Einkommensgrenze, trägt in der Regel das Jugendamt die
Gebühr bzw. die Tagespflegeaufwendungen, liegt das Einkommen über der
Einkommensgrenze, haben der oder die Antragsteller sich an den Aufwendungen zu
beteiligen bzw. sie müssen die Kosten selbst tragen.
Landrat Schwing bemerkte, dass die Auswirkungen des
reformierten Gesetzes auf den Haushalt noch nicht bekannt seien. Die
finanziellen Probleme des Landkreises Miltenberg werden damit vermutlich nicht
gelöst werden können. Eine Verbesserung werde sich jedoch aufgrund der
Möglichkeit der Beteiligung vermögender Eltern an den Kosten ergeben.