Tagesordnungspunkt
TOP Ö 7: Informationen zur Schüler-Netzkarte der VAB seit dem 01.08.2004
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 16.12.2004 KA/013/2004 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Herr Betz, Nahverkehrsbeauftragter der Landkreises
Aschaffenburg und Miltenberg, informierte über folgendes:
1. Kostenfreiheit
des Schulweges
a) Beförderungsanspruch nach Art. 1 Abs. 2
SchKfrG
Der Landkreis
Miltenberg hat die notwendige Beförderung zu öffentlichen und staatlich
anerkannten privaten Realschulen, Gymnasien, Berufsfachschulen (ohne
Berufsfachschulen in Teilzeitform), zweistufigen Wirtschaftschulen und drei-
bzw. vierstufigen Wirtschaftsschulen bis einschließlich der Jahrgangsstufe 10
sowie bei Vollzeitunterricht an Berufsschulen sicherzustellen (Art. 1 Abs. 1
Schulwegkostenfreiheitsgesetz – SchKfrG).
b) Erstattungsanspruch nach Art. 3 Abs. 2
SchKfrG
Ab der Jahrgangsstufe 11 besteht bei Schülern an öffentlichen und staatlich anerkannten privaten Gymnasien, Berufsfachschulen (ohne Berufsfachschulen in Teilzeitform) und Wirtschaftsschulen, für Schüler an öffentlichen und staatlich anerkannten privaten Fachoberschulen und Berufsoberschulen sowie für Schüler im Teilzeitunterricht an öffentlichen und staatlich anerkannten privaten Berufsfachschulen nur noch eine Kostenerstattungspflicht (Art. 3 Abs. 2 SchKfrG), d.h. die entstandenen Kosten können am Schuljahresende beim Landratsamt Miltenberg geltend gemacht werden.
Nur Schüler, welche unter
die Kostenerstattung fallen, haben an den Gesamtkosten der Beförderung eine
Familienbelastungsgrenze von 340,00 € je Schuljahr und Familie gemäß Art. 3
Abs. 2 Satz 1 SchKfrG zu tragen. Diese Grenze entfällt, sobald ein
Unterhaltsleistender für drei oder mehr Kinder Kindergeld nach dem
Einkommenssteuergesetz oder Hilfe zum Lebensunterhalt durch laufende Leistungen
nach dem Bundessozialhilfegesetz bezieht (Art. 3 Abs. 2 Satz 6 und 7 SchKfrG).
c) Gesetzliche
Voraussetzungen der Beförderung und Kostenerstattung
Voraussetzung
für die notwendige Beförderung bzw. Kostenerstattung ist, dass die Beförderung
von der Wohnung zur Schule notwendig ist, der Schüler seinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Landkreis Miltenberg hat und die nächstgelegene Schule besucht
wird (Art. 1 Abs. 1 SchKfrG i.V. mit § 1 Schülerbeförderungsverordnung –
SchBefV -).
Die Beförderungspflicht des Landkreises Miltenberg als zuständiger Aufgabenträger besteht für Schüler ab der Jahrgangsstufe 5, soweit der Weg zu dem Ort an dem regelmäßig Unterricht stattfindet in einer Richtung länger als drei Kilometer ist, vorausgesetzt es handelt sich um die nächstgelegene Schule. Schulweg ist die nach den örtlichen Gegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsauffassung zumutbare kürzeste Fußwegstrecke zwischen der Wohnung des Schülers und der Schulanlage. Bis einschließlich der Jahrgangsstufe 4 müssen statt drei Kilometer zwei Kilometer zugrundegelegt werden (§ 2 Abs. 2 SchBefV).
Nächstgelegene Schule ist diejenige Schule der gewählten
Schulart, Ausbildungs- und Fachrichtung, die mit dem kostenmäßig geringsten
Beförderungsaufwand erreichbar ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchBefV). Um
Schulwegekostenfreiheit zu erhalten, darf nur diese oder eine andere Schule,
bei der die Beförderungskosten nicht mehr als 20 % darüber liegen, besucht
werden.
Das Landratsamt als Schulwegkostenträger (staatliche
Aufgabe) bestellt und bezahlt die Fahrkarten der anspruchsberechtigten Schüler.
Die Kosten macht er gegenüber dem Freistaat Bayern geltend und erhält eine
Erstattung, die im Laufe der Jahre auf mittlerweile ca. 60 % gesunken ist.
2. Schülerbeförderung
im öffentlichen Linienverkehr
Die Verkehrsunternehmen im ÖPNV erhalten für die
Schülerbeförderung den Erlös der verkauften Fahrscheine für Schüler. Die Preise
der Fahrscheine für Schüler und Auszubildende sind gegenüber den Preisen für
Berufstätige oder Erwachsene ermäßigt.
Im Gegenzug zur Abgabe der Schülerkarten zu
Sozialtarifen haben die Unternehmen einen Rechtsanspruch auf Ausgleich von
Seiten des Freistaates Bayern gemäß § 45a PBefG. In einer Ausgleichsverordnung
ist hierfür eine komplexe Formel zur Berechnung des Anspruchs hinterlegt.
3. Bisherige
Praxis
Bis einschließlich des Schuljahres 2003/2004 wurden die Schüler im Rahmen der Schulwegkostenfreiheit mit jeweils 11 relationsbezogenen Monatskarten ausgestattet, die im Rahmen ihrer räumlichen Gültigkeit beliebig viele Fahrten auch in der Freizeit zuließen.
Mit dem Ende der Schulwegkostenfreiheit ab der 11.
Klasse suchten sich die Schüler überwiegend andere Verkehrsmittel für den Weg
zur Schule (Mofa, Fahrrad, Auto). Es wurden nur eine begrenzte Zahl an
Schülermonatskarten an “Selbstzahler” verkauft. Die relationsbezogenen
Monatskarten übten hier keine Attraktivität auf die Schüler aus.
4. Veränderungsanlass
Durch eine Änderung der o.g. Ausgleichsverordnung
beabsichtigt der Freistaat Bayern, den Anspruch der Unternehmen zu beschneiden.
Die angekündigte Änderung hätte für die VAB-Unternehmen einen Erlösausfall in
Höhe von 1,4 Mio € zur Folge, der Wegfall der sog. Kooperationsförderung macht
weitere 0,6 Mio € aus. Der Erlösausfall beträgt bereits in diesem Jahr rund 0,8
Mio €.
5. Reaktion der
VAB-Verkehrsunternehmen
Um den angekündigten Erlösausfall auszugleichen,
hätten die Verkehrsunternehmen die Schülermonatskarten in allen Preisstufen um
ca. 15 % erhöhen müssen, folglich wäre auch der Kostenaufwand bei den
Landkreisen als Schulwegekostenträger um diesen Faktor gestiegen. Gleichzeitig
wäre die Attraktivität für selbstzahlende Schüler weiter gesunken.
Die VAB-Unternehmen haben sich für einen anderen Weg
entschieden und haben mit den neuen Netzkarten ein marktorientiertes Angebot
kreiert, das auf eine langfristige Kundenbindung ausgerichtet ist. Die
VAB folgt damit dem Vorbild des benachbarten Verkehrsverbundes Rhein-Neckar
(VRN) bzw. den benachbarten hessischen Landkreisen Darmstadt-Dieburg und
Odenwaldkreis.
6. Argumente für
die Netzkarte
Die Kosten der Verkehrsunternehmen werden im
Wesentlichen diktiert von den Aufwendungen in den Spitzenzeiten des
Schülerverkehrs. Der Ausschluss von Fahrten in der Freizeit von Schülern würde
keinen Cent sparen. In den Nebenzeiten haben die Verkehrsunternehmen keine
Kapazitätsprobleme, die Möglichkeit einer stärkeren Nutzung der Fahrten durch
Schüler in deren Freizeit verursacht keine höheren Kosten, erhöht jedoch die
Attraktivität des ÖPNV für diese “wählenden” Kunden von Morgen.
Der Preis der Netzkarten und damit auch die Kosten des
Schulaufwandsträgers Landkreis wurden in einer Mischkalkulation ermittelt. In
der Einzelbetrachtung ist es natürlich so, dass kürzere Distanzen teurer,
längere dafür billiger wurden, entscheidend ist jedoch die Gesamtbetrachtung
aus Sicht des Kostenträgers. Der Preis der Netzkarten entspricht dem
bisher von den Landkreisen bezahlten Mittelwert über alle Schüler, versehen mit
einem Aufschlag von ca. 7 %, d.h. auch der Aufwand bei den Landkreisen
steigt nur um diesen Faktor und nicht um den genannten Faktor 15 %.
Zur Entscheidungsfindung über die Einführung der
Netzkarten im Mai 2004 wurde eine vergleichende Betrachtung der
Schülerbeförderungskosten bei Anwendung des bisherigen Verfahrens (11
Monatskarten) und der neuen Netzkarten anhand der Schülerzahlen 2003/2004
vorgenommen. Im Ergebnis stellten sich die Netzkarten als rd. 65.000,00 €
günstiger dar als die alte Verfahrensweise.
Gleichzeitig wird der Verwaltungsaufwand bei
den Landkreisen durch den deutlich vereinfachten Prüfaufwand (alle Schulen
innerhalb der VAB können für die gleichen Kosten erreicht werden) nicht
unerheblich vermindert.
Für die Schüler entsteht eine größere Wahlfreiheit
bezüglich der gewünschten Schule, da Ablehnungen aufgrund des Kriteriums
“nächstgelegene Schule” nicht mehr erfolgen. Ausgenommen hiervon sind solche
Schüler, deren Wohnsitz weniger als drei Kilometer von der nächstgelegenen
vergleichbaren Schule entfernt ist.
Die Attraktivität des ÖPNV für selbstzahlende
Schüler und Auszubildende hat durch das neue Angebot erheblich zugenommen.
Wurden im letzten Jahr im Regionalverkehr der VAB noch durchschnittlich 590
Monatskarten pro Monat an diese Kundengruppe verkauft, so haben
mittlerweile 1.300 selbstzahlende Schüler und Auszubildende ein eigenes Abonnement
für die Netzkarte abgeschlossen (Stand Mitte Oktober, Tendenz noch immer
steigend). Daneben wurden im September 2004 auch noch 860 Monatskarten
an selbstzahlende Schüler/Auszubildende verkauft. Mittelfristig wird davon
ausgegangen, dass sich die Zahl der Netzkartenabonnenten weiter erhöhen, dafür
die Zahl der Monatskartenkäufer auf ca. 400 abnehmen wird. In der Summe kann
man sagen, dass sich die Nachfrage in dieser Kundengruppe durch die neuen
Netzkarten mehr als verdreifacht hat und dabei über das Abonnement eine
längerfristige Bindung erreicht wurde.
Für Schüler, die nicht unter die
Schulwegkostenfreiheit fallen, weil sie zu nah an der Schule wohnen oder am
Wohnort zur Schule gehen, wurde mit dem “Junior-Ticket” ebenfalls ein
sehr attraktives Angebot geschaffen. Für nur 9,90 €/Monat können sich diese
Schüler außerhalb der regulären Schulzeit (ab 14.00 Uhr an Schultagen, an allen
anderen Tagen ab 9.00 Uhr) ebenfalls in der gesamte Region völlig frei bewegen.
Im September 2004 nutzten immerhin bereits rd. 150 Schüler dieses neue
Angebot der VAB.
7. Aufwand des Landkreises Miltenberg für die Schülerbeförderung
Im
Schuljahr 2004/2005 erhielten 5.713 Schüler eine Fahrkarte
vom Landkreis Miltenberg (Stand 01.10.2004, bei Berufsschulen Stand
15.11.2004). Hiervon wurden 5.666 Schülern die Netzkarte, 47 Schülern eine
Fahrkarte der Bahn bzw. der OVF oder für den Übergangs- und Anschlusstarif der
VAB/VRN ausgehändigt.
Der Freistaat Bayern gewährt Gemeinden und Gemeindeverbänden (Aufgabenträger) pauschale Zuweisungen zu den Kosten der notwendigen Schülerbeförderung. Bei der Bemessung dieser Zuweisungen sind die Belastungen der Aufgabenträger angemessen zu berücksichtigen und werden wie folgt ermittelt (Verordnung zur Durchführung des Art. 10 a FAG und des Art. 4 SchKfrG - DVFAG/SchKfrG):
- Es werden getrennte Massen für die vier verschiedenen Aufgabenträger (Bezirke, Landkreise, kreisfreie Städte, kreisangehörige Gemeinden incl. Schulverbände) nach tatsächlichem Beförderungsaufwand des vorvorhergehenden Jahres gebildet;
- eine Hälfte der Zuwendung wird nach der Zahl der Schüler mit Beförderungsanspruch des vorhergehenden Jahres (Stichtag 01.10., bei Berufsschulen 15.11.) verteilt,
- die andere Hälfte der Zuwendung wird nach den Beförderungsausgaben im vorvorhergehenden Jahr verteilt.
Oberregierungsrat Fieger verwies auf die den Ausschussmitgliedern ausgehändigte Tabelle 2, die die aktuellen Schülerzahlen, aufgeteilt in einzelne Tarifzonen, enthalte. Ab Tarifzone 4 bis 7 betrage die Einsparung für den Landkreis Miltenberg 22.350,00 €.
Kreisrat Dr. Fahn sagte, er sehe die Sache differenziert. Er habe Oberregierungsrat Fieger einen Fragenkatalog übersandt, jedoch noch keine Antwort erhalten. Was in der heutigen Presse über die Schülernetzkarte berichtet werde, sei diskussionswürdig. Nach Meinung von Kreisrat Dr. Fahn entstehe aufgrund der Schülernetzkarte eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Schüler, deren Schulweg weniger als 3 km betrage, erhalten nichts, alle übrigen Schüler alles. Diese könnten mit der Netzkarte unbegrenzt von Aschaffenburg bis Wertheim fahren. Eltern befürchten nun, dass ihre Kinder willkürlich herumfahren. Fazit: Für Schüler der 11. bis 13. Klasse sei die Netzkarte zu begrüßen, insgesamt sei die Netzkarte jedoch diskussionswürdig. Frage: Wo in Bayern gebe es noch so etwas? Nach Meinung von Kreisrat Dr. Fahn wäre es sinnvoll gewesen, wenn über die Netzkarte vor deren Einführung im Arbeitskreis ÖPNV informiert worden wäre. Insgesamt sei er nicht gegen den ÖPNV, er habe heute nur auf das Problem mit der Netzkarte aufmerksam machen wollen.
Landrat Schwing sagte dazu, er verstehe Kreisrat Dr. Fahn nicht. In der Vergangenheit sei er immer ein Befürworter des ÖPNV gewesen Vermutlich suche er hier das “Haar in der Suppe”. Für die Netzkarte spreche, dass sie billiger sei, von dreimal so vielen Schülern erworben werde und auch die VAB Einsparungen erziele. Der Punkt 3 km-Grenze habe mit dieser Sache nichts zu tun. Für diese Schüler ändere sich nichts. Der Hinweis, dass einige Schüler mit der Netzkarte mehr als vorher die Bahn benutze, sei nicht Sache des Landkreises Miltenberg.
Kreisrat Dr. Schüren bot an, das von Kreisrat Dr. Fahn angsprochene Problem mit besorgten Eltern in einer Sprechstunde zu erörtern. Was Kreisrat Dr. Fahn kritisiere, sei schließlich eine Frage der Erziehung.
Kreisrat Scherf bezeichnete die Netzkarte als eine gute Idee, die 3 km-Begrenzung für Schüler jedoch problematisch.
Oberregierungsrat Fieger versprach, dass alle Informationen zur Schüler-Netzkarte der VAB in der Niederschrift über die heutige Sitzung zu lesen sein werden. Sollte es danach noch Fragen geben, sei er zu Erklärungen gerne bereit.