Tagesordnungspunkt
TOP Ö 3: Beitritt des Landkreises Miltenberg zur Rahmenvereinbarung nach § 264 SGB V
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 22.11.2004 SHA/002/2004 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Medizinaldirektor Dr. Dittmeier trug vor, dass bedürftige Personen, welche nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert seien, bis Ende 2003 bei Krankheit vom Sozialhilfeträger die sog. “Hilfe bei Krankheit” (früher Krankenhilfe) erhalten hätten. Das Sozialamt habe wie eine gesetzliche Krankenkasse die Leistungen der Krankenbehandlung an die Kassenärztliche bzw. Kassenzahnärztliche Vereinigung aufgrund der dort abgerechneten Krankenscheine gezahlt.
Die mit dem Gesundheitsreformgesetz seit 01.01.2004
gültige Neuregelung (§ 264 SGB V) sehe vor, dass Empfänger von “Hilfe bei
Krankheit” seitdem stattdessen grundsätzlich Leistungen von einer Krankenkasse
ihrer Wahl erhalten, welche dann diese Leistungen vom zuständigen
Sozialhilfeträger zuzüglich eines Verwaltungskostenzuschlages von bis zu 5 %
zurückerstattet bekomme. Die Neuregelung sei zu begrüßen, weil in der
Vergangenheit vielfach kritisiert worden sei, dass Sozialhilfeempfänger
deutlich bessere Krankenversorgungsleistungen als Kassenpatienten erhalten.
Dieser Vorwurf, ob berechtigt oder nicht, werde künftig nicht mehr möglich
sein, weil Sozialhilfeempfänger nun durch die Krankenkassen die gleiche
Behandlung wie die übrigen Kassenpatienten erfahren. Auch die Regelungen über
die “Hilfe bei Krankheit” (§ 38 BSHG) seien nun ausnahmslos dem Leistungsrahmen
der gesetzlichen Krankenversicherung angepasst. Mehrkosten werden durch die
Neuregelung für den Sozialhilfeträger nicht erwartet, weil davon ausgegangen
werden könne, dass der Verwaltungskostenzuschlag von 5 % durch die
Leistungseinschränkungen im Rahmen des Gesundheitsreformgesetzes, die
professionellere Hilfegewährung durch die Krankenkasse sowie durch
(langfristige) Personaleinsparungen ausgeglichen werde. Diese Regelung habe nur
zeitlich beschränkt wesentliche Bedeutung, weil durch das Inkrafttreten des SGB
II ab 01.01.2005 ca. 90 % der seitherigen Sozialhilfeempfänger eine “echte”
Krankenversicherung über das Arbeitslosengeld II erhalten. Das geschätzte
jährliche Gesamtkostenvolumen in diesem Bereich dürfte sich ab 2005 dann noch
auf ca. 20.000,00 € bis 30.000,00 € belaufen.
Zur Regelung des Anmelde- und Erstattungsverfahrens nach § 264 SGB V hätten die kommunalen Spitzenverbände und die Spitzenverbände der Krankenkassen eine Rahmenvereinbarung getroffen. Der Bayer. Landkreistag empfehle seinen Mitgliedern den Beitritt rückwirkend ab 01.01.2004. In Ermangelung anderer Regelungen finden die Inhalte der Vereinbarung in der Praxis bereits Anwendung. Die gesamte Vereinbarung umfasse 18 Seiten. Nachfolgend werden die wesentlichen Inhalte dargestellt:
§ 1 Gegenstand
Umsetzung des Anmelde- und Erstattungsverfahrens nach
§ 264 SGB V.
§ 2 Meldeverfahren
Anmeldung durch den Sozialhilfeträger, Inhalte der
Anmeldung.
§ 3 Wahlrecht
Der Hilfeempfänger hat das Recht, die Krankenkasse
frei zu wählen.
§ 4 Krankenversichertenkarte
Der Hilfeempfänger erhält eine
Krankenversichertenkarte, die auch zeitlich befristet werden kann. Eine “echte”
Krankenversicherung wird dadurch aber nicht begründet. Für missbräuchliche
Verwendung haftet (lt. Gesetz) der Sozialhilfeträger.
§ 5 Einzug der
Krankenversichertenkarte
Für den Einzug der Karte bei Beendigung des
Sozialhilfebezugs ist (lt. Gesetz) das Sozialamt verantwortlich.
§ 6 Grundlagen der Leistung
Die Leistungen entsprechen nach Art, Umfang, Inhalt
und Höhe der Leistung der gesetzlichen Krankenkasse.
§ 7 Besonderheiten
U.a.: Ein Wahlrecht auf Kostenerstattung besteht
nicht. Behandlungen im Ausland können nur nach vorheriger Abstimmung mit dem
Sozialamt erfolgen. Entgeltersatzleistungen (Krankengeld, Mutterschaftsgeld)
stehen nicht zu.
§ 8 Abrechnungsverfahren
Die Krankenkasse, die die Leistung erbracht hat,
rechnet mit dem Sozialhilfeträger ab, der die Anmeldung abgegeben hat.
§ 9 Abschlagszahlungen
Das Sozialamt muss Krankenkassenabschlagszahlungen in
Höhe von 600,00 € für jeden gemeldeten Hilfeempfänger je Quartal vorauszahlen.
Hinsichtlich der stationären Kosten beteiligt sich der Bezirk im Umfang von 60
% an den Abschlagszahlungen.
§ 10 Verwaltungskostenpauschale
5 %.
§§ 11 bis 14 Durchsetzung von Ersatzansprüchen, Wirksamwerden, Geltungsdauer, Kündigung, salvatorische Klausel
Hinsichtlich der Zuständigkeit des überörtlichen
Sozialhilfeträgers für stationäre Krankenhilfeleistungen hätten sich die
unterfränkischen Sozialhilfeträger bereits im Februar 2004 darauf verständigt,
dass diese Kosten einschließlich der Verwaltungskostenpauschale vom Bezirk ohne
Einzelfallprüfung erstattet werden. Im Haushaltsjahr 2004 seien durch die
Abschlagsregelung bislang vorschüssliche Kosten in Höhe von ca. 600.000,00 € entstanden,
die sich jedoch nach Abrechnung der Leistungen durch die gesetzlichen
Krankenkassen wesentlich reduzieren müssten. Bislang hätten die Kassen
allerdings noch nicht einmal das 1. Quartal 2004 abgerechnet.
Anzumerken bleibe noch, dass Asylbewerber von der
Neuregelung nicht betroffen seien.
Durch den Sozialhilfeausschuss wurde einstimmig
folgendes
b e s c h l o s s e n :
Der Landkreis Miltenberg tritt der rückwirkend ab
01.01.2004 gültigen Rahmenvereinbarung nach § 264 SGB V, wie sie von den bayerischen
kommunalen Spitzenverbänden und den Spitzenverbänden der Krankenkassen
ausgehandelt und vorgelegt wurde, bei.