Tagesordnungspunkt
TOP Ö 3: Abschlussbericht über das JUMP-Projekt
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 11.11.2004 JHA/011/2004 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Dipl.Sozialpädagogin
(FH) Burger gab folgenden Bericht über das seit 1999 am Kreisjugendamt
bestehende Jugendsofortprogramm JUMP für die Zeit ab Main 2001:
Ziel des Projektes war die dauerhafte
berufliche Integration von am Arbeitsmarkt besonders benachteiligten,
arbeitslosen Jugendlichen im Alter von 15 bis 25 Jahren.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff der
besonderen oder sozialen Benachteiligung?
Viele von den im Landkreis Miltenberg
betreuten Jugendlichen besaßen mehrere oder zumindest einen der folgenden
vermittlungshemmende Faktoren: 27,6 % hatten keine Deutsche
Staatsangehörigkeit, 89 % stammten aus schwierigen Familienverhältnissen oder
einem schlechten sozialen Umfeld, Schulden oder ungeklärte wirtschaftliche
Verhältnissen belasteten 47 % und 32 % hatten eine kriminelle Vergangenheit. Zu
Beginn oder während der Betreuung waren 18,7 % der Klienten ohne festen
Wohnsitz oder obdachlos. Die große Suchtproblematik von 50 %, wobei hier
illegale Drogen und nicht Alkohol vorherrschend waren, begann bei vielen im
Zusammenhang mit ihrer Perspektivlosigkeit. Als benachteiligt gelten auch die
35 % Jugendlichen, die zu Beginn der Beratung keinen Schul- oder Sonderschulabschluss
(9,5 %) besaßen. Zumindest einen Hauptschulabschluss, wenn auch nicht immer
einen guten besaßen 37,9 %. Schul-, Ausbildungs- oder Maßnahmenabbrüche hatten
bereits 53 % der Jugendlichen hinter sich.
Aus den zahlreichen Problemlagen des Klientels
ergab sich folgendes Vorgehen:
In der Anlaufphase des Projektes wurde
verstärkt aufsuchende Arbeit an Jugendhäusern, in Jungarbeiterklassen und
Jugendtreffs geleistet. Durch Mundpropaganda und die hilfreiche Information
durch Institutionen verbreitete sich das Bestehen des Projektes unter den
Jugendlichen sehr schnell. Dadurch entstand bereits nach wenigen Monaten eine
wichtige Anlaufstelle mit Komm-Struktur für junge Menschen mit Problemen. Zu
Beginn eines Kontaktes war der Aufbau einer Vertrauensbasis wichtig.
Motivationsarbeit mit dem Inhalt an den Klienten, dass eine berufliche
Perspektive möglich ist, gehört zum Erstkontakt. Um eine Basis zu schaffen, die
eine berufliche Integration überhaupt möglich macht, müssen zuerst unmittelbare
Hilfen in aktuellen Krisen wie
Wohnungslosigkeit, finanzielle Notlagen o.ä. gegeben werden. Ein
mittelfristiges Ziel war bei vielen jungen Menschen die Arbeit an ihren
sozialen Kompetenzen, da viele nicht gelernt haben, wie man sich in
Konfliktsituationen bei Behörden, in Vorstellungsgesprächen u.ä. verhält. Hier
wurden verstärkt Rollenspiele eingesetzt, oder wie z.B. ein
"normaler" Tagesablauf mit zeitigem Aufstehen zu bewerkstelligen ist.
Generell wurde fast jedem/r Teilnehmer/in ein individuelles Bewerbungstraining
angeboten. In enger Vernetzung mit der Agentur für Arbeit entstand dann in der
Regel die Suche nach einer geeigneten Arbeit, Ausbildung oder
berufsvorbereitenden Maßnahme und die Nachbetreuung nach erfolgreicher
Maßnahme, um Abbrüchen vorzubeugen.
Insgesamt konnten neben zahlreichen hier
nicht erfassten einmaligen Beratungskontakten 282 junge Menschen intensiv
beraten und betreut werden. Aus den angebotenen 294 Vermittlungshilfen
(Mehrfachvermittlungen sind bei diesem Klientel nicht zu vermeiden, da Abbrüche
immer wieder vorkommen) konnten 53 Klienten nachträglich ihren
Hauptschulabschluss erlangen, 22 erwarben extern den Qualifizierenden
Hauptschulabschluss und eine Klientin besitzt inzwischen die allgemeine
Fachhochschulreife. Eine aktuelle Umfrage unter den noch erreichbaren
Teilnehmern des JUMP-Projektes bezüglich ihres beruflichen Verbleibs ergab,
dass sich 31 % noch in Arbeit befinden, 31% eine Ausbildung absolvieren, 9 %
eine weiterführende Schule besuchen und weitere 9 % in einer berufsvorbereitenden
Maßnahme untergekommen sind.
Erwähnt werden soll an dieser Stelle auch
die gute Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit, dem Sozialamt, dem ASD, der
AJH, der Bewährungshilfe, der Caritas, den Berufsschulen, unterschiedlichen
Bildungsträgern und zahlreichen anderen Kooperationspartnern, ohne die der
Erfolg für viele junge Menschen nicht möglich gewesen wäre.
Landrat Schwing dankte für den Bericht und die
geleistete Arbeit. Es sei bekannt, dass es zu Beginn der Maßnahme Probleme
gegeben habe, jedoch seit dem Dienstantritt von Frau Burger eine
Aufwärtsentwicklung erfolgt sei. Frau Burger könne bestätigt werden, dass sie
die ihr übertragene Aufgabe engagiert wahrgenommen habe.
Beim JUMP-Projekt handele es sich um ein
Bundesprogramm, welches nicht mehr weitergeführt werde. Nachdem große
Strukturveränderungen anstehen, müsse abgewartet werden, wie es weitergehe.
Kreisrätin Nutz berichtete, dass sie persönlich
erfahren habe, welch gute Arbeit Frau Burger geleistet habe und wie gut die
Zusammenarbeit mit der Berufsschule gewesen sei. Nachdem das JUMP-Projekt nicht
mehr weitergeführt werde und Frau Burger heute einen Abschlussbericht erstattet
habe, sei es ihr (Kreisrätin Nutz) ein Anliegen, zu überlegen, ob das Projekt
in ähnlicher Weise weitergeführt werden könnte, vielleicht als gemeinsames
Projekt von Landkreis Miltenberg und Agentur für Arbeit. Künftig nur
Arbeitsvermittlung sei für junge Menschen zu wenig. Sie sehe zwar auch das
Problem der Finanzierung, aber vielleicht gebe es doch eine Möglichkeit der Weiterführung.
Landrat Schwing erinnerte daran, dass sich der
Landkreis Miltenberg 1999 sofort zur Beteiligung am JUMP-Projekt bereit erklärt
und zwei Sozialpädagoginnen eingestellt habe. Leider habe sich der Hauptsponsor
(der Bund) zwischenzeitlich zurückgezogen. Nun werde darüber diskutiert, ob der
Landkreis Miltenberg das Projekt in eigener Regie weiterführen könne. Tatsache
sei, dass es ab 01.01.2005 andere Strukturen gebe. Ab diesem Zeitpunkt werde
die Arbeitsgemeinschaft, in der eine große Anzahl von Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen der Landkreisverwaltung tätig sein werde, für alle
Arbeitsfähigen zuständig sein. Damit werde die Kompetenz erhalten. Für das
vorgenannte Klientel werde es dann spezielle Fallmanager geben. Es wäre daher
sinnvoll, die Entwicklung abzuwarten. Der Landkreis Miltenberg sei aufgrund
seiner finanziellen Situation außer Stande, die Aufgabe in eigener Regie zu
übernehmen, denn spätestens bei der Haushaltsberatung 2005 werde man hören
können, die Kreisumlage dürfe keinesfalls steigen.
Kreisrätin Almritter erstattete den Dank der
SPD-Fraktion für die gute Umsetzung des JUMP-Projektes. Damit sei im Landkreis
Miltenberg viel Gutes bewirkt worden. Frau Burger habe große Kompetenz und
Fähigkeit, auf Jugendliche zuzugehen, bewiesen. Sie (Kreisrätin Almritter)
möchte daher, dass diese Kompetenz weiter genutzt werde und appelliere an alle,
ein ähnliches Projekt entstehen zu lassen. Die SPD-Fraktion sei jederzeit
bereit, sich einzubringen.
Landrat Schwing sprach sich dafür aus, der Arbeitsgemeinschaft
eine Chance zu geben, die Arbeit aufzunehmen und nicht schon heute
beschlussmäßig festzulegen, was künftig getan werde.
Kreisrat Scherf dankte Frau Burger namens der
Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen für ihren Einsatz. Dem Bericht habe man
entnehmen können, dass sich die Situation und Ausgangslage nicht geändert habe
und weiter großer Betreuungsbedarf für Jugendliche und junge Erwachsene
bestehe. Die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen geben sich deshalb nicht
damit zufrieden, abzuwarten und zu sehen, wie die Arbeitsgemeinschaft ihre
Arbeit verrichte. Sie seien der Meinung, dass es falsch und hoch gefährlich
wäre, jetzt eine Versorgungslücke entstehen zu lassen, denn der
Arbeitsgemeinschaft werde es vermutlich nicht möglich sein, das genannte
Klientel entsprechend zu fördern. Mit der Kreisumlage habe dies alles nichts zu
tun. Um nahtlos helfen zu können, dürfe nicht an Geld gedacht werden. Kreisrat
Scherf erinnerte sodann daran, dass die Union das JUMP-Projekt bei der
Einführung im Jahr 1999 kritisiert habe, aber jetzt die Fortsetzung wolle.
Landrat Schwing bemerkte dazu, dass der Hinweis auf
die Haltung der Union deplaziert sei. Als seinerzeit das JUMP-Projekt aufgelegt
worden sei, habe der Landkreis Miltenberg sofort zwei Stellen beansprucht und
das Projekt bis zum Ende geführt. Was die finanziellen Mittel für eine
Weiterführung des Projektes betreffe, müsse gesagt werden, dass man sich auf
die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen noch nie habe verlassen können, wenn
es um die Kreisumlage gegangen sei. Die letzten Jahre hätten sie noch nie dem
Haushaltsplan zugestimmt. Es wäre wirklich verfrüht, wenn der Landkreis
Miltenberg schon jetzt ein eigenes Programm auflegen würde, weil es hier um
eine Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft gehe.
Kreisrätin Hotz sagte, man könne stolz darauf sein,
dass mit dem JUMP-Projekt eine so große Anzahl von Jugendlichen von der Straße
geholt worden sei. Auch die Freien Wähler danken Frau Burger für ihre gute
Arbeiten.