Tagesordnungspunkt
TOP Ö 6: Information über die Umsetzung des SGB II im Landkreis Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 07.10.2004 KT/015/2004 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Schwing teilte mit, dass die Umsetzung des SGB
II im Landkreis Miltenberg weitgehend in trockenen Tüchern sei. Wichtig sei,
dass bis zum Beginn (01.01.2005) kein Tag mehr verloren gehe. Im Kreisausschuss
am 29.09.2004 sei bereits mitgeteilt worden, dass der Landkreis Miltenberg ab
Januar bis zum Sommer 2004 mit der Agentur für Arbeit Aschaffenburg und Stadt
und Landkreis Aschaffenburg verhandelt habe. Parallel dazu habe der Landkreis
Miltenberg ab Sommer 2004 mit der Agentur für Arbeit Aschaffenburg Gespräche
geführt, weil man gemerkt habe, dass jede Gebietskörperschaft andere Probleme
habe. Es sei dazu eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Medizinaldirektor Dr.
Dittmeier, Verwaltungsamtmann Vill und Verwaltungsamtmann Beger, gebildet
worden. Die Arbeitsgruppe habe die Gespräche unter enormem Zeitdruck geführt
und das Optimale ausgehandelt. Trotz unterschiedlicher Positionen seien sich
alle einig, dass die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe richtig
sei.
Landrat Schwing erinnerte sodann daran, dass der
Kreistag am 26.07.2004 über die verschiedenen Umsetzungsmöglichkeiten
diskutiert habe. Ihm (Landrat Schwing) wäre die Option am liebsten gewesen.
Leider habe es dafür keine Chance gegeben, weil u.a. der Zeitdruck zu groß
gewesen sei. Die Verhandlungen mit der Agentur für Arbeit seien seitens des
Landkreises Miltenberg aus Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern
aufgenommen worden. Diese hätte nämlich kein Verständnis dafür, wenn man sich
verweigern würde.
Der Kreisausschuss habe sich dann am 29.09.2004
eingehend mit der Umsetzung des SGB II im Landkreis Miltenberg befasst. Die
anwesenden Vertreter der Agentur für Arbeit hätten bestätigt, dass die
Verhandlungsatmosphäre in der Sache konsequent und hart, äußerst konstruktiv
und kompromissbereit, zeitlich und inhaltlich zielführend und in hohem Maße
vertrauensvoll gewesen sei. Die bisherigen Vertragsverhandlungen seien vom
Kreisausschuss einstimmig begrüßt und gebilligt worden. Beschlossen worden sei
- die Errichtung und Ausgestaltung einer
Arbeitsgemeinschaft im Sinne von § 44 b SGB II,
- durch öffentlich-rechtlichen Vertrag ab
01.10.2004 (als sog. “virtuelle ARGE”),
- ab 01.01.2005 räumlich untergebracht im
Nordflügel des Landratsamtes Miltenberg,
- Nutzung der Infrastruktur (Räume, Parkplätze, . . . . . ),
- Nutzung der Serviceeinrichtungen (Hausmeister, Reinigung, . . . .
. ),
- eigener Mietvertrag.
Wesentliche Punkte seien im
Konsens verhandelt worden. Detailfragen der Umsetzung sollen bis 30.11.2004
geklärt sein. Es gebe noch 13 ungeklärte Fragen.
Verwaltungsamtmann Beger gab
folgende wesentliche Inhalte des Vertragsentwurfes bekannt:
- Struktureller
Aufbau der ARGE mit möglichst geringer Kosten- und Personalstruktur,
- das
Personal bleibe beim jeweiligen Dienstherrn, lediglich Personalüberlassung,
- Personalüberlassung über den
eigenen Aufgabenanteil hinaus vereinbar, so dass keine betriebsbedingten
Kündigungen ausgesprochen werden müssen,
- Revisionsklausel für die
Festlegung des Aufgabenanteils (10 % Landkreis Miltenberg, 90 % Agentur für
Arbeit),
- dauerhafte Begleitung durch
“Steuerungsgruppe” (Vorsitz: Landratsamt) und “begleitende Arbeitsgruppe”,
- erster Geschäftsführer von
der Agentur für Arbeit, Stellvertreter vom Landratsamt,
- Detailregelungen zur
vertrauensvollen Zusammenarbeit.
- Damit seien alle
Zielsetzungen des Unternehmensleitbildes erreicht.
- Kommunales Innovationszentrum
- eigene kreative Ideen aktiv in Verhandlungen eingebracht.
- Kundenorientierung
- Zielsetzung aller Bestrebungen sei die Bearbeitung “aus einer
Hand”,
- kundennahe Lösung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.
- Mitarbeiterorientierung
- Arbeitsplatzsicherung,
- Erhalt vorhandener Kompetenzen.
- Wirtschaftliche Verwaltung
- hoher Refinanzierungsaspekt durch Personalkostenerstattung und
Mieteinnahmen,
- Übertragung
der Vollzugsaufgaben, Grundsatzentscheidungen kommunaler Aufgaben bleiben
weiterhin im Entscheidungsbereich des Landkreises Miltenberg,
- Revisionsklausel.
- Gleichwertige Lebensbedingungen
- kundenorientierte
und finanzierbare Dienstleistung unter Berücksichtigung regionaler
Interessen,
- gemeinsame
Verantwortung für eine möglichst effektive Umsetzung der “Hartz
IV”-Gesetzgebung.
- Die Verträge seien ausgefertigt und
- die Umsetzungsgespräche angelaufen
- Die offizielle Vertragsunterzeichnung
erfolge am 11.10.2004.
Abschließend stellte
Verwaltungsamtmann Beger das Organigramm der Arbeitsgemeinschaft vor.
Landrat Schwing bemerkte, dass der
Erfolg von der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhänge. Bezüglich
des finanziellen Aspektes gehe es jetzt nur um die Einrichtung und den
laufenden Betrieb der Arbeitsgemeinschaft. Bei den Ausgaben werden die
Leistungen die große Unbekannte sein. Im Gesetz stehe, dass pauschaliert werde.
Der hohe Ausländeranteil des Landkreises Miltenberg werde vermutlich dazu
führen, dass die Spitze nicht abgedeckt werden könne. Unter Umständen müsse
nachgebessert werden.
Kreisrätin Wright dankte für die
Verhandlungen und den Vertrag. Was jetzt vollzogen werden soll, sei die größte
Arbeitsmarktreform, die alle gewollt hätten. Ziel dieser Reform sei die bessere
Vermittlung von Arbeitslosen. Fakt sei, dass damit niemand Erfahrung habe, weil
es noch nie eine solche Zusammenarbeit zwischen einem Landkreis und der Agentur
für Arbeit gegeben habe. Die Bundesregierung habe bezüglich des Vollzugs des
SGB II alle Rechte und Pflichten nach unten abgegeben. Landkreisverwaltung und
Agentur für Arbeit verdienen großes Lob, weil sie das Beste daraus gemacht
hätten. Nach Meinung von Kreisrätin Wright sei es gut, dass keine Option
beschlossen worden sei. Langfristig sollte jedoch die Zusammenarbeit innerhalb
der Region 1 angestrebt werden.
Kreisrätin Wright bat sodann Kreiskämmerer Straub,
sich an den Freistaat Bayern zu halten, damit die für die Umsetzung des SGB II
vom Bund bereitgestellten Mittel heruntergereicht werden.
Kreisrat Dr. Fahn fragte, ob die Bedenken der
SPD-Fraktion mit den Ausführungen von Kreisrätin Wright ausgeräumt seien. Was
die regionale Zusammenarbeit betreffe, sei er der Meinung, dass die für den
Landkreis Miltenberg beschlossene Lösung die bessere sei. Bezüglich
“Steuerungsgruppe” und “begleitende Arbeitsgruppe” fragte Kreisrat Dr. Fahn,
welche Aufgabenkompetenz diese hätten und welche Kompetenzen dem Kreisausschuss
und Kreistag verbleiben.
Landrat Schwing sagte dazu, wie es jetzt aussehe,
gehen die Überlegungen des Landkreises Aschaffenburg in die gleiche Richtung
wie die des Landkreises Miltenberg, nämlich Gründung einer Arbeitsgemeinschaft.
Selbst wenn für die Region 1 nur eine Lösung beschlossen würde, müsste es
Außenstellen geben. Über das Modell des Landkreises Miltenberg werde übrigens
bereits in anderen Landkreisen nachgedacht.
Die Fragen von Kreisrat Dr. Fahn beantwortete
Verwaltungsamtmann Beger wie folgt: Aufgaben der Steuerungsgruppe, die
mindestens einmal jährlich tage, seien strategische Punkte (z.B.
Personalentscheidungen). Die begleitende Arbeitsgruppe bereite Sitzungen vor
und sei für organisatorische Dinge zuständig.
Kreisrat Ripperger stellte fest, dass die
Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Geburtsstunde einer
Mammutbehörde sei. Frage: Was sollen Menschen arbeiten, die nicht vermittelt
werden können? Solange keine Arbeitsplätze vorhanden seien, könne niemand
vermittelt werden. Schließlich können nicht alle Arbeitslosen 1,00 €-Jobs
annehmen. Kreisrat Ripperger bat zu bedenken, dass von SGB II Millionen
menschliche Schicksale abhängen. Insbesondere wegen der Unterkunftskosten werde
es große soziale Härten geben. Er wünsche sich daher, dass Hilfebedürftige
großzügig behandelt werden.
Landrat Schwing stimmte zu, dass aufgrund der Reform
nicht sofort Arbeitsplätze geschaffen werden. Was die Aussage von Kreisrat
Ripperger bezüglich “Mammutbehörde” betreffe, müsse darauf hingewiesen werden,
dass das Gegenteil der Fall sein werde. Langfristig werde es für
Hilfebedürftige bestimmt Verbesserungen geben. Der Punkt “Unterkunft” werde
nicht sofort umgesetzt werden können, denn wenn keine entsprechenden Wohnungen
zur Verfügung stehen, werden Hilfebedürftige nicht umziehen können.
Kreisrat Andre schloss sich dem Lob und Dank seiner
Vorredner an und wies darauf hin, dass mit dem Vertragsabschluss die Gefahr,
dass Institutionen gegeneinander arbeiten, gebannt sei. Es könne darauf
vertraut werden, dass das Hauptziel, Menschen in Arbeit und Brot zu bringen,
gezielt angegangen werde. Auch wenn nicht sofort Arbeitsplätze zur Verfügung
stehen, müsse der Versuch gestartet werden. Wichtig sei, dass die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialamtes ihre Sachkompetenz einbringen
können.
Kreisrat
Stappel äußerte sich zutiefst enttäuscht über die Berichterstattung der Presse
über die Kreisausschuss-Sitzung vom 29.09.2004. Darin sei ausgeführt, dass sich
sämtliche politische Parteien und Gruppierungen an der Diskussion bezüglich SGB
II beteiligt und Übereinstimmung erzielt hätten. Frage: Wo bleibe in diesem
Bericht die Fraktion Neue Mitte? Es sei gutes Recht der Neuen Mitte, in der
Öffentlichkeit so wie die übrigen Parteien und Gruppierungen präsentiert zu
werden. Dies sei bisher nicht entsprechend erfolgt. Den Mitgliedern der Neuen
Mitte gehe es nicht um Aufwandsentschädigung, sondern um Engagement.
Kreisrat
Dr. Schüren erinnerte daran, dass Kreisausschuss und Kreistag in den letzten
Monaten über die Umsetzung des SGB II kontrovers, aber sachlich diskutiert
hätten. Schließlich gehe es darum, Arbeitslose zu vermitteln, sofern sie dazu
in der Lage seien. Den betroffenen Menschen sollten heute folgendes
signalisiert werden:
- Die bezüglich der Zusammenführung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe errichtete Arbeitsgemeinschaft zwischen dem Landkreis
Miltenberg und der Agentur für Arbeit Aschaffenburg werde funktionieren.
- Das Konzept werde von allen politischen
Parteien und Gruppierungen des Kreistages getragen.
- Über die weiteren Schritte werde zu
gegebener Zeit beraten und entschieden.