Tagesordnungspunkt

TOP Ö 4: Diskussion und Beschlussfassung über die Umsetzung des SGB II im Landkreis Miltenberg

BezeichnungInhalt
Sitzung:29.09.2004   KA/011/2004 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat Schwing begrüßte zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Maidhof und Herrn Opolka von der Agentur für Arbeit Aschaffenburg und sagte, die Verhandlungen mit der Agentur für Arbeit Aschaffenburg seien in einem guten Geist und partnerschaftlich erfolgt. Der Landkreis Miltenberg habe dazu eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Medizinaldirektor Dr. Dittmeier, Verwaltungsamtmann Vill und Verwaltungsamtmann Beger, gebildet.

 

Grundsätzlich sei er (Landrat Schwing) schon immer ein Verfechter der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe gewesen. Er habe bereits vor über 10 Jahren im Innovationsring des Deutschen Landkreistages an einem Papier mitgearbeitet, welches zum Ergebnis gekommen sei, dass die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sinnvoll sei, weil damit Synergieeffekte genutzt werden können. Auch die Bundesregierung habe von Anfang an gesagt, dass es sinnvoll sei, Arbeitslosen- und Sozialhilfe in eine Hand zu vergeben und diese Aufgabe bei der Arbeitsverwaltung anzusiedeln. Mit Kompromissvorschlägen sei dann das ursprüngliche Konzept verändert worden. Es habe zu Zeitdruck geführt, weil man sich über Monate politisch nicht habe einigen können. Trotzdem sei am Termin 01.01.2005 festgehalten worden. Viele Fragen seien derzeit noch ungeklärt. Es werde aber auf jeden Fall massive Einschnitte in die bestehenden Strukturen geben.

 

Nach einer Power Point-Präsentation über wesentliche Inhalte des Vertragsentwurfes sowie eines vorgesehenen Organigramms, vorbereitet von Verwaltungsamtmann Beger, erklärte Landrat Schwing, dass, wenn der Kreisausschuss heute zu einem Ergebnis komme, der Landkreis Miltenberg einer der ersten Landkreise Bayerns sein werde, der mit der Agentur für Arbeit einen Vertrag über eine Arbeitsgemeinschaft abschließe.

 

Herr Maidhof dankte ausdrücklich für die wohlwollende Gesprächsatmosphäre zwischen den Mitarbeitern der Agentur für Arbeit und der Landkreisverwaltung Miltenberg. Man habe zwar in der Sache hart verhandelt, sei aber nie abgeglitten. Die Verhandlungen seien insgesamt sehr schwierig, aber erfolgreich gewesen. Das Ergebnis sei ein Vertrag, mit dem beide Seiten gut leben können.

 

Als im Januar 2004 erste Ergebnisse des Vermittlungsausschusses vorgelegen hätten, sei bei der Agentur für Arbeit überlegt worden, wie die Angelegenheit einigermaßen zum Laufen gebracht werden können. Oberste Prämisse sei die beste Lösung für die Hilfeempfänger gewesen. Insofern sei auch von Anfang an klar gewesen, dass mit dem Landkreis Miltenberg eine eigene Arbeitsgemeinschaft gegründet werden sollte, weil nur so eine bürgernahe Betreuung der Hilfeempfänger möglich sei. Schwierig sei die Zusammenführung im Detail. Es müsse aber unter allen Umständen gelingen, dass Hilfeempfänger zum 01.01.2005 die ihnen zustehenden Leistungen ausgezahlt bekommen. Neben EDV-Problemen bestehe das Problem, dass noch zu wenige Anträge zurück kommen. Ohne Antrag können leider keine Leistungen ausgezahlt werden. Die Arbeitsagentur sei derzeit noch in der Lage, Problempunkte zu klären. Sollten sich bis 01.01.2005 noch Änderungen ergeben, werden diese selbstverständlich berücksichtigt.

 

Unter Hinweis darauf, dass gefragt worden sei, welche Situation in Aschaffenburg bestehe, teilte Herr Maidhof mit, dass dort die Verhandlungen noch nicht beendet seien. Stadt und Landkreis Aschaffenburg wünschen ebenfalls eine bürgernahe Betreuung. Ob dies letztendlich möglich sei, sei derzeit noch nicht bekannt.

 

Kreisrat Andre äußerte sich erfreut, dass die Angelegenheit bisher so gut gelaufen sei. Die Verwirrungen bezüglich SGB II habe der Landkreis Miltenberg nicht zu verantworten. Die Verhandlungen zwischen der Agentur für Arbeit und dem Landkreis Miltenberg seien von Mitarbeitern geführt worden, die etwas von der Sache verstehen. Das Ergebnis sei der Erfolg. Die drohende Gefahr sei gebannt, bayernweit sei der Landkreis Miltenberg mit am weitesten. Landrat Schwing habe bereits gesagt, dass im Innovationsring des Deutschen Landkreistages viele Vorarbeiten geleistet, die von Hartz übernommen worden seien. Einige Grundideen hätten in den Vertrag eingearbeitet werden können. Der vorliegende Vertrag sei gut und sollte beschlossen werden. Gut sei auch, dass unterschiedliche Lösungen möglich seien und nah am Bürger entschieden werden konnte. Außerdem können eine Menge Synergieeffekte (z.B. Räumlichkeiten, Sachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) genutzt werden.

 

Kreisrat Scherf sagte, Tatsache sei, dass auch die CSU Verwirrung gestiftet habe. Er (Kreisrat Scherf) sei daher erleichtert, dass die Horrorprophezeiungen heute nicht mehr existieren. Die mehrheitliche Zustimmung des Kreisausschusses zum vorliegenden Vertrag stehe außer Frage. Am notwendigen Erfolg gebe es keine Zweifel. Lt. Gesetz gehe es darum, die beste Förderung Arbeitsloser zu erreichen und Sozialhilfeempfänger in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Die vorgeschlagene Lösung, eine Kooperation zwischen Agentur für Arbeit und Landkreis Miltenberg, sei gut. Es komme jetzt nur noch auf die Umsetzung an.

 

Kreisrat Scherf erinnerte sodann daran, dass der Kreisausschuss am 26.07.2004 vom Kreistag gegen die Stimmen der Mitglieder von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ermächtigt worden sei, über den Vertrag zu entscheiden. Argument dafür sei gewesen, dass in der Sommerpause 2004 eine Entscheidung getroffen werden müsse. Dieses Argument sei zwischenzeitlich entfallen. Nach Meinung von Kreisrat Scherf sei eine Entscheidung von so großer Bedeutung eine Angelegenheit des gesamten Kreistages, der bereits in einer Woche, am 07.10.2004, zusammentreten werde. Schließlich müssten alle Kreistagsmitglieder Verantwortung für diese weitreichende Entscheidung tragen.

 

Landrat Schwing bemerkte, dass der Kreistag mit großer Mehrheit die Zuständigkeit auf den Kreisausschuss übertragen habe und der Kreisausschuss diese Ermächtigung wahrnehmen werde. Es sei schon verwunderlich, dass der Landrat und die Verwaltung vor ein paar Wochen kritisiert worden seien, dass die Angelegenheit zu langsam und zu spät entschieden werde und es heute offensichtlich schon wieder zu schnell gehe. Er (Landrat Schwing) habe bereits gesagt, dass die Entscheidung eilig sei und kein Tag mehr verloren gehen dürfe. Was die angesprochene Verwirrung betreffe, hätte sich der Landrat mehr Lernfähigkeit und Einsicht erwartet. Er habe nur deutlich machen wollen, dass Hartz IV extreme Einschnitt für Hilfsbedürftige bedeute. Alle diese Befürchtungen seien eingetreten. Wenn dem Vorschlag von Frau MdB Wright gefolgt worden wäre, würde den Kommunen heute ca. 1 Mrd € fehlen. Außerdem gäbe es keine Revisionsklausel. Er (Landrat Schwing) habe das Gefühl, dass einige Kreistagsmitglieder noch nicht wissen, um was es eigentlich gehe. Von Hartz IV seien mehrere Millionen Menschen betroffen. Darüber, wie sich die Angelegenheit finanziell für den Landkreis Miltenberg auswirken werde, sei noch nicht gesprochen worden. Es werde befürchtet, dass es den Landkreis Miltenberg besonders stark treffen werde, allein aufgrund des hohen Ausländeranteils. Die Landkreisverwaltung könne derzeit noch keinen Haushaltsplan für 2005 aufstellen.

 

Kreisrat Dr. Schüren wies darauf hin, dass Landrat Schwing vor einigen Monaten so argumentiert habe, als sei das, was heute vorliege, ein Teufelswerk. Tatsache sei, dass ein mehr oder weniger geglückter Kompromiss vorliege, an welchem beide Seiten ihren Anteil hätten. Dass die Positionen im Vorfeld unterschiedlich gewesen seien, sei verständlich. Kreistagsmitglieder, die gleichzeitig Abgeordnete seien, hätten auch das Bedürfnis, ihre politische Schiene einzubringen. Im Nachhinein könne man sage, dass die Horrorszenarien von seinerzeit so nicht eintreten können und werden.

 

Zu den Äußerungen von Kreisrat Andre bemerkte Kreisrat Dr. Schüren, es sei falsch, dass SGB II dazu diene, Synergieeffekte zu erzielen. Richtig sei, dass soziale Leistungen drastisch gekürzt werden sollen. Zentraler Punkt sei, dass die SPD-Fraktion von Anfang an gesagt habe, die vernünftigste Lösung wäre eine Arbeitsgemeinschaft. Das Optionsmodell wäre vermutlich nicht durchzusetzen gewesen. Selbstverständlich sei die SPD-Fraktion auch froh, dass es zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft gekommen sei. Dass der Vertrag noch offene Stellen habe, sei kein Nachteil, eher ein Vorteil.

 

Kreisrat Dr. Schüren wies sodann darauf hin, dass die SPD-Fraktion als Überlegung in den Raum gestellt habe, ob es angesichts des politischen Handelns auf Regionsebene nicht sinnvoll wäre, nur eine Arbeitsgemeinschaft in der Region 1 zu bilden. Herr Maidhof habe dazu gesagt, dass aus geographischen Gründen zwei Arbeitsgemeinschaften sinnvoll wären.

 

Auf Befragen von Kreisrat Dr. Schüren bezüglich des Vertrages teilte Landrat Schwing mit, dass er über diesen einen ausführlichen Vortrag in einer Bürgermeister-Dienstbesprechung und im Kreistag gehalten habe. Im Kreistag sei der Vorwurf erhoben worden, dass keine ausführliche Information erfolgt sei. Das stimme nicht. Richtig sei, dass der Landrat immer alle Informationen weitergegeben und nie parteipolitisch argumentiert habe. Als Verfechter der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe habe er immer gesagt, dass der Ansatz richtig sei, jedoch die Umsetzung Probleme bereite. Jetzt gebe es eine Lösung, mit der alle leben können.

 

Herr Maidhof erinnerte daran, dass er bereits gesagt habe, dass, um flächendeckend bürgernah zu sein, im Landkreis Miltenberg eine Arbeitsgemeinschaft erforderlich sei. Überlegungen hinsichtlich der räumliche Anbindung, örtlicher Besonderheiten und unterschiedlicher Strukturen an Hilfeempfängern hätten bei der Agentur für Arbeit zu der heute vorliegenden Lösung geführt.

 

Fragen von Kreisrätin Weitz bezüglich der Umsetzung der Reform in der Praxis beantwortete Herr Maidhof dahingehend, dass er zuversichtlich sei, dass alles rechtzeitig funktionieren werde.

 

Landrat Schwing stellte sodann fest, dass noch vier Wortmeldungen vorliegen und fragte, ob danach die Redeliste geschlossen werden könne.

 

Die Mitglieder des Kreisausschusses erklärten sich damit einstimmig einverstanden.

 

Kreisrat Dr. Fahn bemerkte, dass es in den letzten Monaten genügend Informationen gegeben habe. Die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe werde auch von den Freien Wählern positiv beurteilt. Das Argument von Landrat Schwing und Herrn Maidhof, dass die Zusammenarbeit auf örtlicher Ebene von Vorteil sei, sei verständlich. Das Thema SGB II sei so wichtig, dass eine Ablehnung fatal wäre. Es werde gehofft, dass die noch offenen Fragen schnell geklärt werden.

 

Kreisrat Dotzel meinte, eine Diskussion darüber, ob der Kreistag ausreichend informiert worden sei, sei der falsche Ansatz. Richtig sei, dass SGB II ein Bundesgesetz sei, welches der Öffentlichkeit über die Medien vermittelt worden sei. Nachdem der Kreistag den Kreisausschuss mehrheitlich zur Entscheidung ermächtigt habe, sollte der Kreisausschuss dieser Verpflichtung heute nachkommen, so dass die Hilfeempfänger rechtzeitig die ihnen zustehenden Leistungen erhalten.

 

Kreisrat Dr. Schüren erinnerte daran, dass der  Kreistag am 26.07.2004 gegen seine Stimme die Übertragung der Entscheidung auf den Kreisausschuss beschlossen habe, weil Landrat Schwing argumentiert habe, dass während der Sommerpause 2004 weitere Entscheidungen getroffen werden müssen. Nachdem dieses Argument entfallen sei, beantrage er, dass der Kreisausschuss heute nur einen Empfehlungsbeschluss fasse und die endgültige Entscheidung dem Kreistag in seiner Sitzung am 07.10.2004 überlasse. Ihm gehe darum, dass der Kreistag ernst genommen und nicht nur informiert werde.

 

Kreisrat Stappel wies auf den Wirrwarr bezüglich SGB II zu Beginn des Jahres 2004 hin. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht bekannt gewesen, wie es weitergehen werde. Nach den heutigen Äußerungen von Herrn Maidhof und Landrat Schwing müsse man sage, dass bereits ein großer Fortschritt gelungen sei, selbst wenn es noch einige zu klärende Probleme gebe. Die Mitglieder der Fraktion Neue Mitte seien daher dafür, dass der Kreisausschuss heute eine positive Entscheidung treffe, damit unverzüglich mit dem Vorarbeiten begonnen werden könne. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Hilfeempfänger ab 01.01.2005 die ihnen zustehenden Leistungen erhalten.

 

Landrat Schwing stellte fest, dass Kreisrat Dr. Schüren einen Geschäftsordnungsantrag gestellt habe und fragte, wer dagegen reden wolle.

 

Kreisrat Dr. Andre meldete sich zu Wort und sagte, der Kreistag habe am 26.07.2004 mehrheitlich die Entscheidung auf den Kreisausschuss übertragen. Wenn doch alle Kreisausschussmitglieder in der Sache einer Meinung seien, wäre es reines Theater, wenn heute nur ein Empfehlungsbeschluss gefasst und die endgültige Entscheidung auf den Kreistag zurück übertragen würde. Nach Meinung von Kreisrat Andre sei der Kreisausschuss ausführlich und rechtzeitig informiert worden. Außerdem habe er die Kompetenz zur endgültigen Entscheidung.

 

In der daraufhin erfolgten Abstimmung wurde der Geschäftsordnungsantrag von Kreisrat Dr. Schüren, heute nur einen Empfehlungsbeschluss zu fassen und die endgültige Entscheidung dem Kreistag in seiner Sitzung am 07.10.2004 zu überlassen, mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

 

Einstimmig fasste der Kreisausschuss sodann folgenden

 

B e s c h l u s s :

 

Die Verhandlungen und Ergebnisse werden gebilligt. Der Landkreis Miltenberg entscheidet sich bezüglich der Umsetzung des SGB II im Landkreis Miltenberg für eine Arbeitsgemeinschaft mit der Agentur für Arbeit Aschaffenburg.

 

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