Tagesordnungspunkt
TOP Ö 6: Annahme von Teilplan 6 der Jugendhilfeplanung (Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder)
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 25.05.2004 KT/012/2004 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Jugendamtsleiter Winkler wies darauf hin, dass die
Träger der öffentlichen Jugendhilfe Planungsverantwortung dafür haben, dass die
Aufgaben des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) erfüllt werden. Sie
“sollen gewährleisten, dass die zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch
erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den
verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und
ausreichend zur Verfügung stehen” (§ 79 Abs. 2 SGB VIII). Folgende konkrete
Aufgaben und Ziele der Jugendhilfeplanung ergeben sich aus § 80 SGB VIII:
1. Die Träger
der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung
1) den Bestand an Einrichtungen und Diensten der Jugendhilfe
festzustellen,
2) den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche,
Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der
Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und
3) die zur
Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu
planen; dabei sei Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf
befriedigt werden könne.
2. Einrichtungen
und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere
1) Kontakte in der
Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,
2) ein möglichst wirksames, vielfältiges und aufeinander abgestimmtes
Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet sei,
3) junge Menschen und Familien
in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden,
4) Mütter und Väter Aufgaben in Familie und Erwerbstätigkeit besser
miteinander verbinden können.
3. Die Träger der öffentlichen
Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen
der Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zweck seien sie vom
Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig seien, im Rahmen der
Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu
hören. Das nähere regle das Landesrecht.
4. Die
Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die
Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen insgesamt den
Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung
tragen.
Am
14.11.1999 sei der Jugendhilfeplan des Landkreises Miltenberg vom Kreistag ohne
den jetzt vorliegenden Teilplan 6 verabschiedet worden. Seit 1995 sorgen die
öffentlichen Jugendhilfeträger für die Eingliederungshilfe seelisch behinderter
und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher. Wegen anfänglich
geringer Fallzahlen und wenig Erfahrungen mit der Thematik im Kreisjugendamt
Miltenberg sei zu Beginn der hiesigen Jugendhilfeplanung 1995 beschlossen
worden, den entsprechenden Teilplan 6 zu einem späteren Zeitpunkt zu erstellen.
Seit Inkrafttreten des SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter
Menschen) am 01.07.2001 sei der Jugendhilfeträger wegen seiner Aufgaben aus §
35 a SGB VIII auch zum Rehabilitationsträger benannt, so dass eine Beplanung
des Bereiches auch hinsichtlich steigender Fallzahlen und –übernahmen aus dem
Bereich des örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträgers, Kranken- und
Rentenversicherungsträger, für den Landkreis Miltenberg nun angezeigt sei.
Seelische Erkrankungen greifen tiefgehend in das Leben
der betroffenen jungen Menschen und ihrer Familien ein. Sie wirken sich nicht
nur in Form von subjektiven und das Umfeld des Kindes einbeziehenden Leiden
aus, sondern bedrohen auch den erfolgreichen Erziehungs- und
Entwicklungsprozess. Eingliederungshilfe ziele daher über die Behandlung von
Krankheitssymptomen hinaus darauf ab, dem jungen Menschen Erziehung und Bildung
sicherzustellen oder wieder zu ermöglichen.
Mit dem Auftrag zur Erstellung des Teilplanes 6 durch
den Ausschuss zur Beratung und Begleitung der örtlichen Jugendhilfeplanung habe
sich am 10.04.2002 eine interdisziplinäre Planungsgruppe unter Beteiligung
folgender Verbände und Institutionen konstituiert:
- Arbeitskreis Legasthenie Bayern e.V.
Frau Petra Korntheuer,
Diplom Psychologin
- Elsava-Schule zur Erziehungshilfe mit heilpädagogischer
Tagesstätte
Herr Hans Schlowak,
Sonderschulrektor
- Evangelische Kinder- und Jugendhilfe
Herr Professor Gunter Adams,
Diplom-Pädagoge/Diplom-Psychologe
- Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
–psychotherapie
Herr Professor Dr. Götz-Erik Trott, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Facharzt für Psychotherapie
- Jugendhilfeausschuss des Kreistages Miltenberg
Frau Waltraud Nutz, Kreisrätin/Fachlehrerin a.D.
- Kreisjugendamt Miltenberg, Jugendhilfeplanung
Herr Jürgen Wachtler, Diplom-Sozialarbeiter/Diplom-Sozialpädagoge (FH)
- Kreisjugendamt Miltenberg, Sachgebietsleitung
Herr Peter Winkler, Diplom-Sozialpädagoge (FH)
- Psychologische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern – Erziehungsberatung
Herr Dr. Stefan Schüßler, Diplom-Psychologe
- Staatliches Schulamt im Landkreis Miltenberg
Herr Karl Grün, Schulamtsdirektor.
Die Planungsgruppe habe in insgesamt acht Sitzungen
und Arbeitstreffen sowie mit einer Fragebogenumfrage den Bestand und den Bedarf
an Diensten und Einrichtungen zur Eingliederungshilfe für seelisch behinderte
und von Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche aus dem Landkreis
Miltenberg ermittelt. Als Ergebnis aus den Planungsarbeiten sei folgendes
festgestellt worden: Im Bereich des § 35 a SGB VIII sei der Landkreis
Miltenberg bereits jetzt und auch für die Zukunft sehr gut gestellt. Alle aus
der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII ableitbaren Aufgaben für die
Landkreisverwaltung können mit den vorhandenen Ressourcen des Kreisjugendamtes
in geeigneter und notwendiger Güte erfüllt werden. Es seien keine neuen
Maßnahmen seitens des Jugendhilfeträgers erforderlich. Lediglich
in den der Jugendhilfe vorgelagerten Bereichen medizinisch ambulanter und
stationärer Versorgung sowie bei der Schulversorgung sei von der Planungsgruppe
Bedarf entdeckt worden, dessen Befriedigung nicht in die Zuständigkeit des
Landkreises Miltenberg falle, aber direkte Auswirkung auf die Fallzahlen im
Bereich § 35 a SGB VIII nehme.
Auf Empfehlung des Jugendhilfeausschusses vom
11.05.2004 wurde durch den Kreistag sodann einstimmig, folgendes
b e s c h l o s s e n :
1. Der vorliegende Teilplan 6 der
Jugendhilfeplanung “Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche, die von
seelischer Behinderung bedroht oder betroffen sind”, wird zur Kenntnis
genommen.
2. Mit der Maßgabe, dass in die
Entscheidungsautonomie Dritter, insbesondere der kreisangehörigen Städte,
Märkte und Gemeinden sowie der freien Träger nicht eingegriffen wird, wird
folgendes beschlossen:
2.1. Von den im Teilplan 6 enthaltenen
Handlungsempfehlungen sollen unter dem Vorbehalt zur Verfügung stehender
Haushaltsmittel nachfolgende Maßnahmen umgesetzt bzw. an den für die Umsetzung
verantwortlichen Träger herangetragen werden:
2.1.1. Handlungsempfehlung 1 an die Kassenärztliche
Vereinigung Bayern – KVB:
Niederlassung
einer ambulanten Kinder- und Jugendpsychiatrie mit zwei Fachärzten im Landkreis
Miltenberg.
2.1.2. Handlungsempfehlung
2 an den Bezirk Unterfranken:
Auf-
und Ausbau einer stationären Regel- und Pflichtversorgung der Kinder- und
Jugendpsychiatrie, davon für den Landkreis Miltenberg neun Betten.
2.1.3. Handlungsempfehlung
3 an die Regierung von Unterfranken:
Aufbau
von Förder- und Stützklassen zur Erziehungshilfe zur geschlechtsgemischten
Versorgung von Kindern der 1. bis 4. Jahrgangsstufe im Landkreis Miltenberg an
den bestehenden Förderschulen zur individuellen Lernförderung.
2.1.4. Handlungsempfehlung
4 an die Regierung von Unterfranken:
Den
Lehrkräften an den Schulen des Landkreises Miltenberg sowie den Eltern
betroffener Schüler und Schülerinnen sollen weitergehende Informationen über
die Bekanntmachung zur Förderung von Schülern mit besonderen Schwierigkeiten
beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens des Bayer. Staatsministeriums für
Unterricht und Kultus vom 16.11.1999 (Legasthenie-Erlass) zur Verfügung
gestellt werden.
3. Die
Koordination zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen erfolgt durch die
Jugendhilfeverwaltung.