Tagesordnungspunkt
TOP Ö 7: Antrag der SPD-Fraktion: Resolution an den Bezirk Unterfranken bezüglich der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 01.04.2004 KT/011/2004 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Schwing gab folgenden Antrag der SPD-Fraktion
vom 20.03.2004 bekannt: “Der Kreistag Miltenberg fordert den Bezirkstag
Unterfranken auf, einen Nachtragshaushalt zu verabschieden mit dem Ziel, die
unterfränkischen Landkreise durch eine Senkung der Bezirksumlage finanziell zu
entlasten.”
Landrat Schwing bemerkte, dass der Antrag auf
Entlastung der Umlagezahler abziele. Dies wäre jedoch nur möglich, wenn der
Bezirkstag Unterfranken und der Kreistag Miltenberg bis 30.06.2004 je einen
Nachtragshaushalt verabschieden würden. Nach diesem Zeitpunkt könne keine
Veränderung der Kreisumlage mehr erfolgen. Die Zeitspanne von drei Monaten sei
daher absolut illusorisch.
Kreisrat Dr. Schüren wies auf folgende
Antragsbegründung hin: “Der Bezirk Unterfranken verfügt im Gegensatz zu den
Landkreisen über erhebliche finanzielle Mittel in der Rücklage und darüber
hinaus über ein millionenschweres Vermögen, das wesentlich aus den Beiträgen
seiner Umlagezahler besteht.” In seiner Haushaltsrede namens der SPD-Fraktion
habe er dazu bereits einiges gesagt und die übrigen Fraktionen hätten sich auch
entsprechend geäußert.
Kreisrat Dr. Fahn erinnerte daran, dass die Freien
Wähler bereits im Kreisausschuss einen analogen Antrag eingebracht hätten und
nannte folgende Beispiele für das unsolidarische Verhalten des Bezirks bzw. des
Bezirkstages:
- Zu
hohe Rücklagen: Der Bezirk habe
erhebliche Zuführungen des Verwaltungshaushalts zum Vermögenshaushalt (z.B.
15,5 Mio € in 2002). Die allgemeine Rücklage zum 01.01.2004 betrage 12,611 Mio
€ (Mindestrücklage nur 3,234 Mio €).
- Portkasse
übervoll: Zusätzlich habe der Bezirk
riesige Kassenguthaben. Für diese kurzfristigen Gelder habe er in 2002 ca. 1 Mio € Zinsen eingenommen. Dies passe
zur gegenwärtigen Finanzlage der Kommunen in Unterfranken überhaupt nicht. Seit
Jahren müsse der Bezirk aufgrund seiner hervorragenden Finanzlage auf
Neukredite verzichten.
- Markanter
Abbau der Schulden zulasten der Umlagezahler: Ferner habe der Bezirk seine Verschuldung von 19 Mio € (1995) auf 5,3
Mio € (2004) reduzieren können. Auf die finanziellen Probleme seiner
Umlagezahler habe er dabei keine Rücksicht genommen. Dies sei nur vordergründig
positiv und zwar deshalb, weil dies durch viel zu hohe Umlagen “erkauft” worden
sei.
- Kulturstiftung
horte zu hohe Geldbeträge und verschwende öffentliche Gelder: Zusätzlich habe der Bezirk durch den Verkauf von
EON-Anteilen in 2001 inzwischen 207 Mio € in einer Kulturstiftung angelegt. Die
jährlichen Kapitalerträge belaufen sich derzeit auf 12,8 Mio €. Die Mittel
dieser Kulturstiftung seien den Umlagezahlern in früheren Jahren durch überhöhte
Bezirksumlagen entzogen worden. Ein Beispiel für Verschwendung von öffentlichen
Geldern: Römerausstellung in Wörth a.Main. Der Stadtrat Wörth a.Main habe am
15.01.2004 mit den Stimmen von CSU und SPD ein kleines Museum im Bürgerhaus
beschlossen. Kreisheimatpfleger Dr. Trost dazu: “Ich halte das Projekt für
überflüssig und eine Fehlinvestition, weil im benachbarten Obernburg a.Main
bereits ein Römermuseum vorhanden ist und sich auch in Miltenberg eine analoge
Sammlung befindet.” Das Bayer. Innenministerium habe im Rahmen einer
haushaltsrechtlichen Würdigung des Bezirkshaushalts und der Kulturstiftung die
Erwartung geäußert, dass die Erträge dieser Stiftung auch den Umlagezahlern zugute kommen. Der Bezirk werde
somit aufgefordert, seiner Verantwortung gegenüber den Umlagezahlern
nachzukommen und gegenüber den unterfränkischen Landkreisen und Kommunen ein
Mindestmaß an Solidarität zu zeigen und die hohen Zuführungen zum
Vermögenshaushalt sowie die Rücklagen zu reduzieren. Damit würde es dem
Landkreis Miltenberg ermöglicht, über eine entsprechend abgesenkte
Bezirksumlage Gelder zurückerstattet zu bekommen.
- Auch
die Mitglieder des Bezirkstages bedienen sich kräftig: Bisher habe der Bezirk jeglichen Sparwillen vermissen
lassen. Im Gegenteil: Im Januar 2004 sei eine Erhöhung der
Aufwandsentschädigung der Bezirkstagsmitglieder um 14 % beschlossen worden.
- Zu
früh verabschiedeter Haushalt habe dem Bezirk und damit auch den Umlagezahlern
geschadet: Obwohl noch völlig unklar gewesen sei, wie hoch die
FAG-Mittel des Freistaates Bayern zum Ausgleich der Kosten im sozialen Bereich
seien, habe der Bezirkstag trotz Warnung seitens der Freien Wähler bereits am
16.12.2003 den Bezirkshaushalt verabschiedet. Insgesamt hätten die bayerischen
Bezirke 600 Mio € vom Freistaat Bayern gewollt, aber nur 440 Mio € bekommen,
immerhin 140 Mio € mehr als 2003. Der Bezirk Unterfranken habe von diesem
“Kuchen” mit 35,1 Mio € am wenigsten erhalten und zwar deshalb, weil er bereits
seinen Haushalt verabschiedet und somit keinen Grund gehabt habe, zusätzlichen
Finanzbedarf anzumelden. Dies sei, so Landrätin Bischof, ein schwerer
taktischer Fehler zum Schaden der
Umlagezahler gewesen. Damit seien einige Mio € verschenkt worden.
- Einige
Beispiele der Verschwendung von Steuergeldern durch den Bezirk:
- 1,5
neue Stellen für die Registratur (bei 300 Beschäftigten unnötig)
- sechsstellige
Ansätze für eine Personaldeckungsreserve
- 1,6
Mio € für das Freilandmuseum Fladungen
- sechs
Vollzeit-Arbeitskräfte für die Fischereiberatung.
- Bezirksumlage
könnte um 1 % gesenkt werden: 1 % Bezirksumlage entspreche 8,987 Mio €. Wenn der
Bezirk lediglich seine allgemeinen Rücklagen zur Senkung der Bezirksumlage
einsetzen würde, könnte die Bezirksumlage um 1,6 % gesenkt werden. Die
Bezirksumlage 2004 des Landkreises Miltenberg würde um 1,093 € sinken, was
einem Kreisumlagehebesatz von ebenfalls 1,6 % entspreche.
Kreisrat Dr. Kaiser erklärte, dass der SPD-Antrag
bereits auf die Haushaltsberatungen 2005 abziele. Kreisrat Dotzel sei zwar der
Meinung, dass der Bezirk alles richtig mache, aber das stimme nicht. Ihm
(Kreisrat Dr. Kaiser) sei bekannt, dass unterfränkische Landräte und
Oberbürgermeister den Bezirkstagspräsidenten gebeten hätten, den Haushalt des
Bezirks nicht so frühzeitig zu verabschieden, weil dies ihre Position gegenüber
dem Freistaat Bayern schwächen würde. Der Bezirkstag habe diese Ratschläge
allerdings nicht befolgt und seinen Haushaltsplan frühzeitig verabschiedet.
Dadurch seien ca. 15 Mio € zusätzliche Einnahmen verschenkt worden.
Kreisrat Dotzel sagte dazu, der SPD-Antrag sei das
Papier nicht wert, auf dem er geschrieben sei. Es werde argumentiert, der
Bezirk soll seine Rücklage einsetzen. Der Bezirk Unterfranken verfüge über 3,2
Mio € Mindestrücklage und habe alles eingesetzt, um den Haushalt 2004 zu
entlasten. Nur so sei es möglich gewesen, einen ausgeglichenen Haushalt zu
erstellen. Und wenn die Kulturstiftung des Bezirks kritisiert werde, müsse
darauf hingewiesen werden, dass er in diese ebenso wie der Landkreis Miltenberg
in seine Stiftung Altenhilfe nicht eingreifen könne. Was den Zeitpunkt der
Haushaltsverabschiedung betreffe, könne mitgeteilt werden, dass die
Vorberatungen bereits im Oktober 2003 erfolgt und die Meinung vertreten worden
sei, dass der Bezirkshaushalt jedes Jahr termingerecht im Dezember
verabschiedet werden sollte.
Landrat Schwing gab bekannt, dass der Bezirk
Unterfranken folgendes zugesagt habe: Wenn es eine Verbesserung im laufenden
Finanzausgleich gebe, werde diese über einen Nachtragshaushalt an die Landkreise
und Städte weitergegeben.
Kreisrat Scherf erklärte, dass die Mitglieder von
Bündnis 90/Die Grünen hinter dem vorliegenden Antrag stehen. Ihrer Meinung nach
wäre es an der Zeit, im Interesse des Landkreises Miltenberg über Parteigrenzen
hinweg ein Zeichen zu setzen.
Kreisrat Andre fragte, was der Landkreis Miltenberg
tun würde, wenn seine Städte und Gemeinden einen Nachtragshaushalt fordern
würden. Anlässlich der Vorbesprechung des SPD-Antrages sei die Meinung
vertreten worden, dass man bestrebt sein müsse, dass der Haushaltsplan 2005
besser werde. Die CSU-Fraktion lehne den vorliegenden Antrag ab und werde
versuchen, in den kommenden Wochen etwas durch taugliche Alternativen zu
erreichen, damit der Landkreis Miltenberg im Jahr 2005 nicht erneut in eine
solche Enge komme.
In der sodann erfolgten Abstimmung wurde der
vorliegende Antrag der SPD-Fraktion mit Stimmenmehrheit abgelehnt.
Landrat Schwing sagte abschließend zu, dass durch
Gespräche mit dem Bezirk Unterfranken versucht werde, im Jahr 2005 zu einem
besseren Haushaltsplan zu kommen.