Tagesordnungspunkt
TOP Ö 5: Änderung der Richtlinien des Landkreises Miltenberg für den Behindertenfahrdienst
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 24.11.2003 SHA/001/2003 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Verwaltungsamtmann Vill trug vor, daß der örtliche Sozialhilfeträger im Rahmen des Behindertenfahrdienstes Behinderten bis zu einer gewissen km-Obergrenze die Fahrtkosten erstatte, damit diese an Veranstaltungen teilnehmen können, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen, vor allem auch zusammen mit nichtbehinderten Menschen. Die Hilfegewährung erfolge im Rahmen der Eingliederungshilfe als Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (§ 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG). Sie sei u.a. auch abhängig vom Einkommen und Vermögen des Antragstellers, seines nicht getrennt lebenden Ehegatten und, wenn er minderjährig und unverheiratet sei, auch seiner Eltern. Im einzelnen werde auf den vorliegenden Richtlinienentwurf verwiesen, welcher in dieser Form bereits seit 1984 angewandt werde.
Die Hilfe werde z.Z. in 21 Fällen gewährt; im Jahr
2002 hätten sich die Kosten auf 14.523,40 € belaufen. Träger des
Behindertenfahrdienstes seien das Bayer. Rote Kreuz, die
Johanniter-Unfallhilfe, der Verein Lebenshilfe für Behinderte e.V. sowie die
Arbeiterwohlfahrt. Die Träger erhalten pro Nutzkilometer einen Vergütungssatz
von 1,28 €.
Im Jahre 1993 seien die Richtlinien abweichend von den
üblichen sozialhilferechtlichen Vorschriften zugunsten der Antragsteller
abgeändert worden:
1. Nach allgemeinem Sozialhilferecht (§ 1 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. b) der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG) gelte bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen hinsichtlich des Vermögens ein geschützter Freibetrag von 2.301,00 € für den Antragsteller zzgl. 614,00 € für den Ehegatten zzgl. 256,00 € für jede Person, die vom Hilfesuchenden oder seines Ehegatten überwiegend unterhalten werde. Die Richtlinien (Ziff. 5.2) hätten diesen Betrag für den Behindertenfahrdienst aus Härtegründen pauschal auf das Fünffache erhöht.
2. Nach § 92 c BSHG seien die Erben eines
Sozialhilfeempfängers verpflichtet, den Sozialhilfeaufwand der letzten 10 Jahre
vor dem Tod zu ersetzen, soweit die Sozialhilfeleistungen den Betrag von z.Z.
1.706,00 € übersteigen und der Reinnachlaß diesen Betrag übersteige. Kostenersatzfälle nach § 92 c BSHG seien
allerdings sehr selten, weil ein Sozialhilfeempfänger im Regelfall nichts
hinterlasse, sondern sein Vermögen schon zu Lebzeiten habe einsetzen müsse. Die
Richtlinien (Ziff. 5.4) regelten beim Behindertenfahrdienst einen Ausschluß der
Anwendung des § 92 c BSHG im Regelfall aus Härtegründen und aus Gründen der
Verwaltungsökonomie.
3. Schließlich erklären die Richtlinien (Ziff. 5.1) zugunsten der Antragsteller hinsichtlich des Einkommenseinsatzes auch den sog. “mittleren Grundbetrag” (§ 81 Abs. 1 BSHG, z.Z. 853,00 €) für anwendbar, grundsätzlich würde zunächst der “kleine Grundbetrag” (§ 79 Abs. 1 und 2 BSHG, z.Z. 569,00 €) gelten.
Im Rahmen der überörtlichen Sozialhilferechnungsprüfung durch den Bayer. Kommunalen Prüfungsverband seien die obigen Regelungen zum Vermögenseinsatz sowie zum Kostenersatz durch Erben beanstandet worden, weil sie über das hinausgehen, was im Rahmen der allgemeinen rechtlichen Vorschriften gewährt werden könne. Lt. Prüfungsverband sei es nicht zulässig, ganze Fallgruppen pauschal als Härtefälle zu betrachten. Härten könnten nur bezogen auf Einzelfälle begründet werden. Der Prüfer habe deshalb dazu aufgefordert, diese beiden Regelungen (Nr. 1 und 2) aus den Richtlinien zu streichen. Falls der Landkreis Miltenberg dennoch eine Aufrechterhaltung der Regelungen wünsche, müsse dies ausdrücklich als freiwillige Leistung deklariert werden. Hierzu müßten dann aber auch diejenigen Fälle, die nicht vom Sozialhilferecht abgedeckt seien, separat erfaßt und gesondert bearbeitet und dem Statistischen Landesamt nicht als Sozialhilfefälle gemeldet werden. Die Anwendung des “mittleren Grundbetrages” beim Einkommen (Nr. 3) sei nicht beanstandet worden, weil das Gesetz (§ 79 Abs. 4 BSHG) dies in das Ermessen des Sozialhilfeträgers stelle.
Zunächst sei zu bemerken, daß sowohl die Vermögensregelung in § 88 BSHG, als auch die Kostenersatzregelung nach § 92 c BSHG jeweils erlauben, Härtefälle in Einzelfällen gesondert zu behandeln. Nach Einschätzung des Sozialamtes würden bei Reduzierung der Vermögensfreigrenze auf den gesetzlichen Betrag ca. zwei/drei Fälle aus der Hilfegewährung herausfallen. Vor dem Hintergrund der derzeitigen kommunalen Haushaltssituation werde deshalb vorgeschlagen, der Aufforderung des Bayer. Kommunalen Prüfungsverbandes Folge zu leisten und die Leistungen im Behindertenfahrdienst ab 01.01.2004 ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu erbringen.
Insoweit werde auf den Richtlinienentwurf verwiesen.
Außer der Streichung des zweiten Halbsatzes in Ziff. 5.2 und der vollständigen
Streichung der Ziff. 5.4 handele es sich bei den sonstigen Änderungen
ausschließlich um redaktionelle Änderungen bzw. Anpassungen an Änderungen im
BSHG. Daneben sei lediglich noch die Regelung über die Behandlung von Heimfällen
herausgestrichen worden, weil der örtliche Sozialhilfeträger seit Übernahme der
Zuständigkeit für die Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen durch den
Bezirk hierfür im Regelfall nicht mehr zuständig sei. Sollten ausnahmsweise
Heimfälle, bei denen keine Sozialhilfegewährung durch den Bezirk erfolge, aber
gleichwohl Anspruch auf Eingliederungshilfe nach diesen Richtlinien bestehe,
zur Entscheidung anstehen (in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen und auch
künftig nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen denkbar), wären diese nach den
gesetzlichen Vorschriften im Einzelfall zu entscheiden. Die (großzügigere)
Einkommensprüfung auf der Grundlage des “mittleren Grundbetrages” (Nr. 3)
bleibe nach dem vorliegenden Entwurf unverändert.
Der Sozialhilfeausschuß faßte einstimmig folgenden
B e s c h l u ß :
Den vorliegenden “Richtlinien des Landkreises
Miltenberg für den Behindertenfahrdienst” wird mit Wirkung vom 01.01.2004
zugestimmt.