Tagesordnungspunkt

TOP Ö 5: Schreiben des Verwaltungsrates der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg: Übernahme von Defiziten durch den Landkreis Miltenberg (Fassung eines Grundsatzbeschlusses)

BezeichnungInhalt
Sitzung:21.07.2003   KT/008/2003 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat Schwing gab bekannt, daß der Geschäftsführer Büchler Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg mit Schreiben vom 02.07.2003 mitgeteilt habe, daß der Wirtschaftsplan der Krankenhaus-GmbH für das Jahr 2003 ein Defizit in Höhe von 1,875.240,00 € ausweise und der Verwaltungsrat deshalb eine Überschuldung der Gesellschaft befürchte. Das bisher vorliegende Halbjahresergebnis entspreche voll den Ansätzen des Wirtschaftplanes und somit auch den Befürchtungen des Verwaltungsrates.

 

Nachdem die mit der Strukturreform der Krankenhäuser vorgesehenen Einsparungen auch aufgrund des Kompromisses mit der Bürgerinitiative nur teilweise zu realisieren seien, rechne die Krankenhaus-GmbH auch in den nächsten Jahren mit hohen Defiziten. Unter diesen Umständen können die Geschäftsführung und der Verwaltungsrat die Verantwortung für die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft nicht mehr übernehmen. Im Ergebnis bitte die Krankenhaus-GmbH den Landkreis Miltenberg, ihre Defizite zu übernehmen und das bereits aufgelaufene Defizit bald möglich auszugleichen.

 

Der Landkreis Miltenberg sei z.Z. nur bei einem Regie- oder Eigenbetrieb gesetzlich verpflichtet, aufgelaufene Defizite innerhalb von fünf Jahren auszugleichen. Diese Regelung gelte jedoch nicht für eine Eigengesellschaft in Form einer GmbH. Auch wenn bei einer GmbH eine rechtliche Einstandspflicht nicht gegeben sei, sei es jedoch aus kommunalpolitischen Gründen geboten, eine solche Pflicht zumindest beschlußmäßig zu begründen. Die Krankenhaus-GmbH sei bei ihrer Gründung mit dem seinerzeit gesetzlich vorgeschriebenen Mindest-Stammkapital von 50.000,00 DM zuzüglich der Grundstücke und Sachwerte der beiden früheren Kreiskrankenhäuser ausgestattet worden. Der Landkreis Miltenberg sei damals bewußt nicht den Weg anderer Landkreise gegangen, die ihre Krankenhausgesellschaften mit Millionen-Beträgen ausgestattet hätten.

 

Die Landkreisverwaltung schlage deshalb vor, daß sich der Landkreis Miltenberg (obwohl gesetzlich nicht vorgesehen) durch einen Grundsatzbeschluß dazu verpflichte, die Defizite der Krankenhaus-GmbH analog der gesetzlichen Regelung für Regie- und Eigenbetriebe innerhalb von fünf Jahren und entsprechend seiner eigenen Haushaltslage auszugleichen. Im laufenden Haushaltsjahr 2003 soll der Krankenhaus-GmbH eine Abschlagszahlung in Höhe von 145.000,00 € auf das zu erwartende Defizit 2003 gewährt werden.

 

Kreisrat Rüth wies darauf hin, daß die Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg fast ein Jahrzehnt lang hervorragende Arbeit geleistet habe:

-    Für die Bürger und Bürgerinnen sei ein hoher medizinischer Standard erreicht worden,

-    wirtschaftlich bewege sich die GmbH in geordneten Bahnen,

-    alle Herausforderungen seien trotz wechselnder bundespolitischer Rahmenbedingungen gemeistert worden.

 

Die Rahmenbedingungen hätte sich jetzt mit Einführung der Budgetierung, DRG’s-Fallpauschalen sowie Mindestmengen verändert. Um darauf zu reagieren habe der Verwaltungsrat der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg ein Strukturgutachten erstellen lassen, um auch weiterhin eine optimale Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Folge sollte ein Bürgerbegehren sein. Der mit der Bürgerinitiative geschlossene Kompromiß sei eine neue finanzielle Herausforderung für den Landkreis Miltenberg, weil die geplanten Sparmaßnahmen nicht wie geplant umgesetzt werden können.

 

Für die CSU-Fraktion seien folgende  Punkte wichtig:

1.  Sicherstellung der wohnortnahen medizinischen Versorgung der Bevölkerung auch künftig.

2.  Erhalt und Sicherung der Arbeitsplätze der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der beiden Krankenhäuser.

3.  Erhalt der beiden Krankenhaus-Standorte Erlenbach a.Main und Miltenberg.

Die CSU-Fraktion stimme deshalb der Fassung eines Grundsatzbeschlusses zu, natürlich im Wissen, daß damit künftig alle Städte, Märkte und Gemeinden bezüglich der Kreisumlage vor großen Herausforderungen stehen werden. Die CSU-Fraktion danke Geschäftsführer Büchler sowie allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der beiden Krankenhäuser für ihre Arbeit zum Wohl der Bürger und Bürgerinnen des Landkreises Miltenberg.

 

Kreisrat Dr. Fahn teilte mit, daß sich die Freien Wähler mit der Fassung eines Grundsatzbeschlusses schwer tun. Der mit der Bürgerinitiative vereinbarte Kompromiß verursache hohe Kosten. Es sei bekannt, daß der Kreistag bezüglich der Krankenhaus-GmbH nur wenig Mitspracherecht habe, andererseits soll der Kreistag das Defizit abdecken. Es werde befürchtet, daß das Krankenhaus-Defizit künftig noch größer werde mit der Folge, daß die Kreisumlage weiter steige und die Kommunen belastet werden. Zur Aussage, daß das Krankenhauspersonal nach BAT vergütet werde, vertrat Kreisrat Dr. Fahn die Meinung, daß geprüft werden sollte, ob langfristig eine Änderung möglich sei.

 

Landrat Schwing sagte dazu, für ihn sei diese  Wortmeldung nicht verständlich. Die negativen Zahlen seien schon bekannt gewesen, als der Kompromiß geschlossen worden sei. Fakt sei, daß der Landkreis Miltenberg einen Versorgungsauftrag habe und der Kreistag diesen Auftrag der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg übertragen habe. Kreisrat Dr. Fahn habe bereits geäußert, daß die Entscheidung des Kreistages im Jahr 1994 richtig gewesen sei. Die Folge dieses seinerzeitigen Beschlusses sei, daß der Beauftragte in die Lage versetzt werden müsse, den Auftrag ausführen zu können. Was den Vorschlag bezüglich der Änderung der Vergütung des Krankenhauspersonals betreffe, müsse gefragt werden, ob die Freien Wähler 1994 einer Änderung zugestimmt hätten.

 

Kreisrat Trützler teilte mit, daß die Vertreter der Neuen Mitte dem Beschlußvorschlag der Verwaltung zuzustimmen. Sie seien besorgt darüber, daß, sollte das Krankenhausdefizit in den kommenden Jahren weiter ansteigen, die Kommunen in fünf Jahren vielleicht 20 % mehr Kreisumlage zahlen müssen. Kreisrat Trützler schlug vor, sich darüber vor den Haushaltsberatungen der kommenden Jahre Gedanken zu machen.

 

Kreisrat Spinnler äußerte, er verstehe, daß die Krankenhaus-GmbH nicht im Regen stehen gelassen werden könne. Er werde jedoch einem Grundsatzbeschluß nicht zustimmen, obwohl er 1994 der Strukturkommission angehört habe und nach wie vor zu dem seinerzeit vom Kreistag gefaßten Beschluß stehe. Kreisrat Rüth habe richtig gesagt, daß sich zwischenzeitlich die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen geändert hätten. Aus diesem Grund sei ein Strukturgutachten in Auftrag gegeben worden, aus welchem auf Vorschlag des Verwaltungsrates der Krankenhaus-GmbH ein Kompromiß entstanden sei, gegen den er (Kreisrat Spinnler) am 26.05.2003 gestimmt habe. Seiner Meinung nach hätte der Kreistag aufgrund des Stukturgutachtens die Chance gehabt, ein Ende mit Schrecken zu schaffen. Was der Kreistag jedoch am 26.05.2003 entschieden habe, werde ein Schrecken ohne Ende sein. Geschäftsführer Büchler habe schon mitgeteilt, was der mit der Bürgerinitiative geschlossene Kompromiß für die finanzielle Zukunft des Landkreises Miltenberg bedeute.

 

Landrat Schwing bat zu bedenken, daß sich Politik nach den Möglichkeiten ausrichten müsse. Wenn der Kreistag am Bürgerentscheid festgehalten hätte, hätte er die Krankenhaus-GmbH schwer geschädigt und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Krankenhäusern im Regen stehen lassen. Genau das wäre geschehen, wenn dem Vorschlag von Kreisrat Spinnler entsprochen worden wäre.

 

Kreisrat Dr. Schüren erklärte namens der SPD-Fraktion, daß dem Beschlußvorschlag zugestimmt werde, weil es keine Alternative gebe.

 

Kreisrätin Becker-Scharrer erinnerte daran, daß die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen 1994 der Umwandlung der Krankenhäuser des Landkreises Miltenberg in eine GmbH nicht zugestimmt hätten. Danach hätten sie aber alle Beschlüsse mitgetragen und mit nach Lösungen gesucht. Die Freien Wähler bat Kreisrätin-Becker zu bedenken, daß, wenn keine GmbH gegründet worden wäre, der Kreistag schon lange Krankenhausdefizite hätte mittragen müssen.

 

Kreisrätin Becker-Scharrer fragte sodann, ob es der Weisheit letzter Schluß sei, daß die Abdeckung von Krankenhaus-Defiziten nur über die Kreisumlage möglich sei. Nachdem gesagt worden sei, es seien 260.000,00 € Restmittel vorhanden, könnte vielleicht ein Limit eingebaut werden. Für den Fall, daß das Limit überschritten werde, müßte sich der Kreistag mit der Angelegenheit befassen.

 

Landrat Schwing sagte dazu, er halte diesen Vorschlag nicht für zwingend. Schließlich müsse ein Defizitausgleich bei jeder Haushaltsberatung neu beschlossen werden. Eine Verschiebung von Restmitteln löse zudem keine Probleme. Der Kreistag werde sich nichts vergeben, wenn er heute dem Beschlußvorschlag zustimme.

 

Kreisrat Dr. Linduschka bat zu bedenken, daß Verwaltungsrat und Personal der Krankenhaus-GmbH darauf vertraut hätten, daß der 1994 gefaßte Beschluß Bestand habe. Wenn klar sei, daß das Krankenhaus-Defizit 2003 rd. 2 Mio € betragen werde, werde der Kreistag gezwungen sein, sich mit einige Vorschlägen aus dem Gutachten, die noch nicht umgesetzt seien, zu befassen. Reformen werden künftig notwendig sein. Es wäre jedoch schädlich, vorschnell nach Schuldigen zu suchen.

 

Landrat Schwing bemerkte abschließend die Kreistagsmitglieder, bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen, daß es auch um das Sicherheitsbedürfnis der ca. 840 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg gehe. Daher die herzliche Bitte an Kreisrat Spinnler, dem Beschlußvorschlag ebenfalls zuzustimmen.

 

Der Kreistag faßte sodann bei einer Gegenstimme folgenden

 

Grundsatzbeschluß:

 

Der Landkreis Miltenberg verpflichtet sich, die Defizite der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg innerhalb von fünf Jahren auszugleichen. Im laufenden Haushaltsjahr 2003 wird der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg eine Abschlagszahlung in Höhe von 145.000,00 € auf das zu erwartende Defizit 2003 gewährt.

 

© 2011 Landratsamt Miltenberg | Brückenstr. 2 | 63897 Miltenberg | Tel: 09371 501-0
Fernwartung