Tagesordnungspunkt

TOP Ö 2: Beratung und Beschlußfassung über die Durchführung sowie die Fragestellung eines Kreistagsbegehrens und eines Stichentscheids

BezeichnungInhalt
Sitzung:30.04.2003   KT/005/2003 
DokumenttypBezeichnungAktionen

Landrat Schwing teilte mit, daß sich sowohl der Verwaltungsrat der Krankenhaus-GmbH, als auch die Vorsitzenden der im Kreistag vertretenen Fraktionen dafür ausgesprochen hätten, heute ein Kreistagsbegehren zu beschließen. Der Text dazu sei im Vorfeld mit allen Fraktionen abgestimmt worden. Im Gegensatz zur Bürgerinitiative werde sich der Kreistag stark am Kreistagsbeschluß vom 16.12.2002 orientieren.

 

Oberregierungsrat Fieger trug vor, daß gemäß Art. 12 a Abs. 2 LKrO der Kreistag beschließen könne, daß über eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises des Landkreises ein Bürgerentscheid stattfinde.

 

Der Kreistag habe am 16.12.2002 mit großer Mehrheit eine Strukturreform der Krankenhäuser Erlenbach a.Main und Miltenberg beschlossen. Er habe damit einen gleichlautenden Beschluß des Verwaltungsrates der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg vom 28.10.2002 sowie des Kreisausschusses vom 09.12.2002 bestätigt.

 

Die derzeitige Struktur der Krankenhaus-GmbH mit einem nahezu identischen Leistungsangebot in den Krankenhäusern Erlenbach a.Main und Miltenberg müsse an die Entwicklungen im Krankenhaus-Bereich angepaßt werden. Die vom Landkreis Miltenberg und von der Krankenhaus-GmbH beschlossenen Strukturveränderungen führen zu einer Profilierung der beiden Häuser und seien die einzige Möglichkeit, die Krankenhäuser in Erlenbach a.Main und Miltenberg auch künftig zu erhalten. Dadurch werde eine leistungsfähige, wohnortnahe und finanzierbare Krankenhausversorgung für die Landkreisbevölkerung gewährleistet.

 

Die Krankenhaus-GmbH, die seit ihrer Gründung im Jahre 1994 bis auf eine Ausnahme stets Überschüsse erwirtschaftet habe, weise für das Jahr 2002 ein Defizit von 1 Mio € aus. Der Wirtschaftsplan für das laufende Jahr 2003, den der Verwaltungsrat erstmals nicht sofort verabschiedet habe, sehe trotz Einsparungen bei Personal- und Sachkosten einen Verlust von 1,9 Mio € vor. Der Gesamtfehlbetrag in Höhe von 2,9 Mio € sei in dem am 13.03.2003 verabschiedeten Haushalt des Landkreises noch nicht berücksichtigt. Er hätte eine deutliche Erhöhung der Kreisumlage und damit eine noch höhere finanzielle Belastung der Städte, Märkte  und Gemeinden des Landkreises zur Folge.

 

Das Bayer. Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen habe mit an die Krankenhaus-GmbH gerichtetem Bescheid vom 26.03.2003 verfügt, daß mit Ablauf des 31.12.2003 beim Krankenhaus Miltenberg der Teilbereich Geburtshilfe der Fachrichtung Gynäkologie und Geburtshilfe nicht mehr in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen werde. Der Bayer. Krankenhausplanungsausschuß als Expertengremium nach Art. 7 BayKrG habe am 17.03.2003 die Konzentration der Geburtshilfe auf einen Standort und die aufeinander abgestimmten Schwerpunktsetzungen in der Fachrichtung Chirurgie an beiden Standorten als richtigen Schritt zu einer alle Bereiche umfassenden Fächerabstimmung befürwortet.

 

Sollen an einem Tag mehrere Bürgerentscheide stattfinden, habe der Kreistag eine Stichfrage für den Fall zu beschließen, daß die gleichzeitig zur Abstimmung gestellten Fragen in einer nicht miteinander zu vereinbarenden Weise beantwortet werden (Stichentscheid), Art. 12 a Abs. 11 Satz 3 LKrO.

 

Nachdem Landrat Schwing den mit den Fraktionsvorsitzenden erarbeiteten Wortlaut des Beschlußvorschlages bekanntgegeben hatte, sagte Kreisrat Scherf, er habe Verständnis dafür, daß dem Bürgerbegehren ein Kreistagsbegehen entgegengestellt werde. In Gesprächen mit Bürgern sei ihm allerdings aufgefallen, daß den Bürgern bisher die nötige Transparenz gefehlt habe. Gegenüber der Krankenhaus-GmbH herrsche großes Mißtrauen. Dies sollte der Kreistag bei künftigen Reformvorhaben bedenken. Es wäre jetzt wichtig, mit der Bürgerinitiative  zusammenzuarbeiten. Die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen stimmen dem Kreistagsbegehren zu, werden jedoch Tagesordnungspunkt 4 “Beratung und Beschlußfassung über amtliche Informationen zum Kreistagsbegehren” ablehnen. Es werde nämlich befürchtet, daß die Verwaltung in den nächsten Wochen nur über das Kreistagsbegehren informiere und daraufhin der Eindruck entstehe, mit der Bürgerinitiative werde unfair umgegangen. Ablehnung seitens Bündnis 90/Die Grünen deshalb, weil man wolle, daß die Krankenhausreform erfolgreich werde.

 

Landrat Schwing sagte dazu, der Kreistag Miltenberg habe 1994 eine bewußte Entscheidung getroffen und die Kreiskrankenhäuser Erlenbach a.Main und Miltenberg in eine GmbH überführt. Dabei sei klar gewesen, daß bestimmte Tätigkeit auf die Krankenhaus-GmbH übertragen werden. Zu diesem Beschluß müsse der Kreistag stehen.

 

Kreisrat Dr. Linduschka bemerkte, ihn störe die vorgeschlagen Formulierung des Kreistagsbeschlusses. Er schlug vor, nicht den Kreistagsbeschluß vom 16.12.2002, sondern den Kompromißvorschlag der Bürgerinitiative zum Gegenbegehren zu erheben. Was der Kreistag am 16.12.2002 angeboten habe, sei nämlich für die meisten Bürger keine Alternative. Bei Zustimmung zum Beschlußvorschlag bestehe außerdem die Gefahr, daß der Entwurf der Bürgerinitiative durchgehe.

 

Kreisrat Dr. Schüren sagte, er sehe das von Kreisrat Dr.  Linduschka angesprochen Problem auch, bitte aber zu bedenken, daß es einen Kreistagsbeschluß gebe, der nicht umformuliert werden könne. Wenn der Kreistag das tun wollte, bräuchte er einen Kreistagsbeschluß. Mit der Bürgerinitiative, deren Ideen durchaus sinnvoll seien, seien zwischenzeitlich konstruktive geführt worden. Er glaube, daß die Verwaltung und die Krankenhaus-GmbH Ideen der Bürgerinitiative aufgenommen habe, so daß letzten Endes nur die Frage der Geburtshilfe offenbleibe. Dies Frage sei bereits entschieden, das Ergebnis müsse zur Kenntnis genommen werden. Es wäre daher sinnvoll, wenn auch die Bürgerinitiative die Entscheidung bezüglich der Geburtshilfe “schlucken”, die ganze Aktion abblasen und dem Landkreis Miltenberg damit viel Geld sparen würde.

 

Kreisrat Bieber kündigte an, daß er gegen die Formulierung des Kreistagsbegehrens stimmen werde. Was heute vorliege, entspreche dem Kreistagsbeschluß vom 16.12.2002, gegen den er ebenfalls gestimmt habe. Nachdem ihm bekannt sei, daß in der Zwischenzeit die Suche nach einem Kompromiß begonnen habe, bezweifle er, ob zum jetzigen Zeitpunkt schon ein konkreter Beschluß formuliert werden könne. Schließlich müsse erst mit allen Verantwortlichen eine Vereinbarung getroffen werden. Zu den Ausführungen von Landrat Schwing bemerkte Kreisrat Bieber, daß die Beschlußlücken noch nicht geschlossen seien. Bisher gebe es nur die Ankündigung, daß etwas geschehen soll, Vereinbarungen seien jedoch noch nicht unter Dach und Fach. Die Bürgerinitiative sei jedoch erst dann zu einem Kompromiß bereit, wenn erkennbar sei, daß Lücken geschlossen werden. Die Schließung der Geburtshilfeabteilung am Krankenhaus Miltenberg könne er (Kreisrat Bieber) nicht ganz akzeptieren. Warum müsse das, was der Krankenhausplanungsausschuß verkündet habe, hingenommen werden. Er habe Landrat Schwing gebeten, im Hinblick auf die Tatsache, daß sich über 10.000 Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt dieser Abteilung ausgesprochen hätten, aus Gründen der Fristwahrung Klage zu erheben. Auf diesen Vorschlag sei der Landrat nicht eingegangen.

 

Landrat Schwing sagte dazu, er verstehe die Vorwürfe von Kreisrat Bieber nicht. Es sei bekannt, daß es für die Zulassung eines Bürgerbegehrens enge Fristen gebe und Gespräche mit Verantwortlichen nicht von heute auf morgen geführt werden können. Er habe die Angelegenheit “Geburtshilfeabteilung am Krankenhaus Miltenberg” mit den Fraktionsvorsitzenden besprochen. Diese hätten gesagt, es liege ein Beschuß vor und es wäre das falsche Signal, gegen diesen Beschluß Klage zu erheben.

 

Kreisrat Andre wies darauf hin, daß der Kreistagsbeschluß vom 16.12.2002 mit überwältigender Mehrheit gefaßt worden sei. Der Kreistag habe damit für die Strukturreform gestimmt, die der Verwaltungsrat der Krankenhaus-GmbH beschlossen habe und sei jetzt verpflichtet, diese Reform durchzuführen. Zu dem mit überwältigender Mehrheit gefaßten Beschluß gehöre auch der Wille, zu einem Kompromiß mit der Bürgerinitiative zu kommen. Gespräche mit der Bürgerinitiative hätten gezeigt, daß ein Kompromiß nicht unmöglich sei. Sollte es zu einem Kompromiß kommen, werde kein Kreistagsbegehren stattfinden. Die CSU-Fraktion werde einen Kompromiß mittragen.

 

Landrat Schwing bemerkte, daß der Kreistag heute zusätzlich folgendes beschließen soll: “Dieser Bürgerentscheid findet nicht statt, sofern die vertretungsberchtigten Personen des Bürgerbegehrens ihren Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheid bis spätestens zum Versand der schriftlichen Benachrichtigung der Stimmberechtigten zurücknehmen.”

 

Kreisrat Dr. Fahn erinnerte an die Haushaltsberatungen 2003 mit großen Diskussionen um eine Erhöhung der Kreisumlage. Nach bisherigen Berechnungen betrage das Krankenhausdefizit 2002 1 Mio €, für 2003 seien 1,9 Mio € Defizit prognostiziert. Aus den Einsparvorschlägen der Bürgerinitiative sei leider kein entscheidender Einsparvorschlag erkennbar. Lt. FAZ habe Kreisrat Bieber gesagt, 80.000,00 € könnten für die Stadt Miltenberg toleriert werden. Bei den übrigen Kommunen im Landkreis Miltenberg sehe dies aber anders aus. Die Freien Wähler seien der Meinung, es wäre sinnvoll gewesen, wenn die öffentliche Diskussion früher geführt worden wäre. Für gut befunden werde, daß die Bürgerinitiative über 11.000 Unterschriften gesammelt habe, was vermutlich auf die Worte “Sind Sie für den dauerhaften Erhalt Miltenberger Krankenhauses” zurückzuführen sei. Viele Bürger hätten dann nicht mehr weitergelesen, sondern sofort unterschrieben.

 

Kreisrat Stappel bemerkte, daß beide Krankenhäuser im Landkreis Miltenberg erhalten bleiben sollen. 1 Mio € Defizit für 2002 und 1,9 Mio € für 2003 sollten jedem Kreistagsmitglied zu denken geben. Trotz Schließung der Geburtshilfeabteilung werde das Krankenhaus Miltenberg auch zukünftig voll funktionsfähig sein. Der Kreistag wolle seien Bürger zufriedenstellen, müsse aber auch Kosten sparen. Die Erhöhung der Kreisumlage 2003 um 0,7 % sei äußerst umkämpft gewesen. Wenn der Kreistag nicht bei seiner Entscheidung vom 16.12.2002 bleibe, werde er sich wundern, in welche Höhe die Kreisumlage steigen werde. Es sei daher wichtig, die Bürger darüber aufzuklären, daß sie künftig keine Nachteile haben werden, der Kreistag aber auch mit dem Rechenstift umgehen müsse.

 

Kreisrat  Trützler sagte, er habe kein Verständnis dafür, daß jetzt groß auf Kompromißsuche gegangen werde. Der Kreistag habe sich bereits zu einem Kompromiß durchgerungen. Was er beschlossen habe, diene dem Erhalt der beiden Krankenhäuser Miltenberg und Erlenbach a.Main. Dies müsse zu vernünftigen Kosten möglich sein. Nach Gespräche mit Bürgern hätten diese eingesehen, daß der Landkreis Miltenberg mit den zur Verfügung stehenden Mitteln sparsam umgehen müsse. Nach Meinung von Kreisrat Trützler sollte man jetzt die Bürger entscheiden lassen.

 

Durch den Kreistag wurde sodann bei fünf Gegenstimmen folgendes

 

b e s c h l o s s e n :

 

Über die künftige Struktur der Krankenhaus-GmbH Landkreis Miltenberg findet ebenfalls ein Bürgerentscheid statt.

 

Bei dem Bürgerentscheid wird folgende Fragestellung zur Abstimmung gestellt:

 

“Sind Sie dafür, dass zur Sicherung der beiden Krankenhäuser Miltenberg und Erlenbach a.Main folgende Aufgabenverteilung erfolgt und der Landkreis Miltenberg hierzu alle erforderlichen rechtlichen Maßnahmen veranlaßt. Diese Maßnahmen lauten wie folgt:

 

Innere Medizin:

Die Innere Medizin bleibt wie bisher mit je einer Abteilung in Miltenberg und Erlenbach a.Main.

 

Chirurgie:

Die planbaren orthopädischen Eingriffe erfolgen ausschließlich im Krankenhaus Miltenberg. Die Bauch- und Gefäßchirurgie wird im Krankenhaus Erlenbach a.Main konzentriert. Die sonstige Unfallchirurgie bleibt wie bisher in Miltenberg und Erlenbach a.Main. In Miltenberg wird diese zeitlich begrenzt auf die normale tägliche Arbeitszeit (Montag bis Freitag).

 

Gynäkologie/Geburtshilfe:

Die Gynäkologie bleibt wie bisher in Erlenbach a.Main (Hauptabteilung) und in Miltenberg (Belegabteilung) Die Geburtshilfe wird im Krankenhaus Erlenbach a.Main konzentriert.

 

Das Begehren des Kreistages trägt den Titel: “Erhalt der Krankenhäuser in Miltenberg und Erlenbach a.Main: Sicher in die Zukunft mit der besseren Krankenhausreform.”

 

Für den erforderlichen Stichentscheid lautet die Fragestellung wie folgt: “Wenn sowohl Bürgerentscheid 1 als auch Bürgerentscheid 2 erfolgreich sein sollten: Welche Entscheidung soll dann gelten?”

 

Dieser Bürgerentscheid findet nicht statt, sofern die vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens ihren Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids bis spätestens zum Versand der schriftlichen Benachrichtigung der Stimmberechtigten zurücknehmen.

 

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