Tagesordnungspunkt

TOP Ö 10: Information zum Grundsicherungsgesetz

BezeichnungInhalt
Sitzung:02.12.2002   SZ-04SCIHO 
Beschluss:noch nicht festgelegt
Abstimmung:JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
DokumenttypBezeichnungAktionen

Verw.Amtmann Vill wies darauf hin, daß mit dem Haushaltsentwurf 2003 bereits Zahlenmaterial für den Landkreis Miltenberg zum Grundsicherungsgesetz übersandt worden sei. Zum besseren Verständnis nachfolgend einige Erläuterungen zum neuen Gesetz und zur Umsetzung: Mit Wirkung vom 01.01.2003 habe der Gesetzgeber mit diesem Gesetz eine neue Vorschrift geschaffen, nach der alte und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Menschen eine eigenständige soziale Leistung erhalten sollen, die den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt sicherstellen soll. Ziel des Gesetzes soll es sein, die “verschämte Altersarmut” zu bekämpfen.

 

Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz können haben: Personen über 65 Jahre und Personen zwischen 18 und 65, die (in der Regel nach Feststellung des Rentenversicherungsträgers) dauerhaft voll erwerbsgemindert seien. Die Leistungen nach diesem Gesetz berechnen sich von ihrer Höhe her zunächst ähnlich wie die Sozialhilfeleistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Wesentlicher Unterschied sei aber, daß nicht realisierte Unterhaltsansprüche gegenüber Unterhaltspflichtigen nur bei einem sehr hohen Jahreseinkommen der Unterhaltspflichtigen (über 100.000,00 € lt. Steuerbescheid) die Grundsicherungsleistung ausschließen und somit in den meisten Fällen nicht verfolgt werden müssen. Im Gegensatz zur Sozialhilfe werde die Leistung nach dem Grundsicherungsgesetz auch stärker pauschaliert. Sie decke nur einen gewissen festgelegten Grundbedarf ab, könne also in Einzelfällen nicht völlig bedarfsdeckend sein. Wie bei der Sozialhilfe hänge die Leistung aber davon ab, ob der Antragsteller diesen Grundbedarf aus seinem Einkommen (z.B. Rente, Mietzuschuß, sonstige Einkünfte) ganz oder teilweise selbst sicherstellen könne. Ebenso müsse das Vermögen (z.B. Sparbuch, Kapitalversicherungen außerhalb der “Riesterrenten-Vorschriften”) vorrangig für den Lebensunterhalt eingesetzt werden, wenn es einen gewissen Freibetrag übersteige. Einkommen und Vermögen des Ehe- oder Lebenspartners müsse mit berücksichtigt werden.

 

Die Rentenversicherungsträger weisen gemäß gesetzlicher Vorschrift gegenwärtig alle Rentenempfänger, deren monatliches Renteneinkommen unterhalb von 844,-- € liege, auf die Vorschriften nach dem Grundsicherungsgesetz hin und fügen auch einen Leistungsantrag bei. So seien in Unterfranken in den letzten Tagen ca. 120.000 bis 130.000 Rentnerinnen und Rentner von der LVA, BfA und Bundesknappschaft angeschrieben worden. Dies bedeute aber nicht automatisch, daß bei einem Einkommen unterhalb 844,00 € auch immer Leistungsanspruch nach dem Grundsicherungsgesetz bestehe. Nach Einschätzung von Fachleuten erfüllen lediglich ca. 5 % bis 10 % der angeschriebenen Personen die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nach dem Grundsicherungsgesetz. Vor allem sei den Rentenversicherungsträgern zunächst im Regelfall nicht bekannt, ob außer der von dort bezogenen Rente noch weitere Einkünfte bestehen oder ob etwa einzusetzende Vermögenswerte vorhanden seien.

 

Der Grundbedarf, der abgedeckt sein müsse, berechne sich aus

-    dem maßgeblichen Sozialhilferegelsatz (mtl. 284,00 € für den Haushaltsvorstand bzw. 227,00 € für den volljährigen Haushaltsangehörigen),

-    einer zusätzlichen Pauschale von 15 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes (42,60 € je Person),

-    den tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, soweit sie einen angemessenen Betrag nicht übersteigen,

-    im Falle einer freiwilligen Krankenversicherung dem angemessenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag,

-    einem Mehrbedarfszuschlag von 20% des maßgeblichen Regelsatzes bei Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen “G” oder “aG”.

Die Summe dieser Positionen sei der Grundbedarf, der damit durchaus unter dem Betrag von 844,00 € liegen könne. Ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen bestehe zunächst vom Einkommensaspekt her im Regelfall in dem Umfang, in dem das einzusetzende Einkommen (z.B. Rente, Wohngeld, sonstige Einkünfte) den obigen Grundbedarf unterschreite. Ein sich so aufgrund des Einkommens errechnender Anspruch wäre aber dann ausgeschlossen, wenn Vermögenswerte (z.B. Sparbuch, Kapitalversicherungen außerhalb der “Riesterrenten-Vorschriften”) vorhanden seien, die die maßgebliche Vermögensfreigrenze überschreiten, welche z.Z. bei Alleinstehenden bei 2.301,00 €  bzw. bei Ehegatten bei insgesamt 2.915,00 € liege. Personen mit Anspruch auf Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz haben (im Gegensatz zu Empfängern von Sozialhilfe zum Lebensunterhalt) nach derzeitigem Rechtsstand keinen Anspruch auf den (vereinfachten) besonderen Mietzuschuß, sondern müssen, wenn Kosten für die Unterkunft anfallen, auch einen Wohngeldantrag über die zuständige Stadt-/Markt-/Gemeindeverwaltung einreichen, der von der Wohngeldstelle des Landratsamtes Miltenberg bearbeitet werde, es sei denn, es werde “ergänzende Sozialhilfe” gezahlt. Der Personenkreis der Kriegsopferfürsorge habe keinen Anspruch auf Grundsicherung, weil die Leistungen der KOF gegenüber dem Grundsicherungsgesetz vorrangig seien. Auch Anspruchsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben keinen Anspruch nach dem Grundsicherungsgesetz.

 

Zuständig für die Bearbeitung der Anträge nach dem  Grundsicherungsgesetz seien im Regelfall die Landkreise und kreisfreien Städte. Nur für Personen, die ergänzende Sozialhilfeleistungen in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung beziehen, werde der Bezirk Unterfranken auch zuständige Grundsicherungsbehörde werden. Das diesbezügliche Bayer. Ausführungsgesetz ist noch nicht erlassen. Für Heimbewohner, die keine ergänzenden Sozialhilfeleistungen beziehen und ihre Heimkosten über dem Zuschußbetrag der Pflegekasse selbst bezahlen (Selbstzahler), seien theoretisch die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Dieser Personenkreis werde aber im Regelfall Einkünfte oder Vermögenswerte haben, die über dem Grundbedarf bzw. der Vermögensfreigrenze liegen und deshalb meistens keinen Anspruch nach diesem Gesetz haben. Die Sachbearbeitung für die Grundsicherung werde im Landratsamt durch den für die/den jeweilige/n Stadt/Markt/Gemeinde zuständigen Sozialhilfesachbearbeiter erfolgen. Zusätzliche Informationen zum Grundsicherungsgesetz können auch über die Internetadresse des Landratsamtes Miltenberg (www.miltenberg.de/....Landkreis.../Informationen und Tipps) bezogen werden. Antragsformulare können vom Bürgerservice angefordert oder ebenfalls dem Internet (www.deutscher-verein.de/Top) entnommen und verwendet werden.

 

Die Anträge brauchen anders als bei der Sozialhilfe nicht zwingend über die Stadt-/Markt-/Gemeindeverwaltung gestellt werden, möglich sei dies aber. Den Städten, Märkten und Gemeinden sei deshalb eine Informationsveranstaltung zum Grundsicherungsgesetz angeboten worden. Nach dem derzeit vorliegenden Entwurf des Bayer. Ausführungsgesetzes (Art. 1 Abs. 3) seien die kreisangehörigen Städte, Märkte und Gemeinden in entsprechender Anwendung von Art. 9 Abs. 1 AGBSHG zur Mitwirkung grundsätzlich verpflichtet.

 

Abschließend werde darauf hingewiesen, daß das Grundsicherungsgesetz, ähnlich wie das Pflegeversicherungsgesetz, keine “Vollkaskoversicherung” sei. Es decke nur einen gewissen pauschalen Grundbedarf ab, der allerdings aufgrund des 15 %-igen Pauschalzuschlages im Regelfall über dem laufenden Sozialhilfebedarfssatz liegen werde. Sollte dennoch in Einzelfällen der sozialhilferechtliche Bedarf höher sein als der Grundsicherungsbedarf, könne im Rahmen der sozialhilferechtlichen Vorschriften geprüft werden, inwieweit ergänzende Sozialhilfe zu gewähren sei. Für derartige Ergänzungen gelten dann aber die bekannten Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes. Weitere Informationen zum Grundsicherungsgesetz, insbesondere Zahlenmaterial, werden anläßlich der Beratung des Haushaltsplanes 2003 gegeben.

 

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