Tagesordnungspunkt

TOP Ö 9: Ambulante Frühförderung -- Verlängerung des Vertrages über die vorläufige Weiterleistung durch die Sozialhilfeträger: Information über den Erhöhungsantrag des Vereins Lebenshilfe für Behinderte im Landkreis Miltenberg e.V.

BezeichnungInhalt
Sitzung:02.12.2002   SZ-04SCIHO 
Beschluss:noch nicht festgelegt
Abstimmung:JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Medizinal-Direktor Dr. Dittmeier erinnerte daran, daß über den Zuständigkeitsstreit für die ambulante Frühförderung bereits in der letztjährigen Sozialhilfeausschußsitzung berichtet worden sei. Durch das Inkrafttreten des Neunten Buches Sozialgesetzbuch “Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen” (SGB IX) ab 01.07.2001 ergebe sich die Rechtsfrage, ob aufgrund der Besonderheiten der interdisziplinierenden Frühförderung in Bayern die Krankenkassen und nicht die Sozialhilfeträger zuständig seien. Die bayerischen kommunalen Spitzenverbände und das Bayer. Sozialministerium vertreten jedenfalls diese Meinung, wohingegen die gesetzlichen Krankenkassen ihre Zuständigkeit bislang ablehnen.

 

Damit der Zuständigkeitsstreit nicht auf dem Rücken der anspruchsberechtigten Kinder und der Träger der Frühförderung ausgetragen werden, erarbeiteten die kommunalen Spitzenverbände und die Spitzenverbände der Krankenkassen eine bayernweit gültige Vereinbarung, wonach die Sozialhilfeträger zunächst für die Zeit vom 01.07.2001 bis 30.06.2002 die Frühförderleistung zunächst weitergewährt hätten; nach Abklärung der Zuständigkeitsfrage sollte dann ggf. Erstattung durch die Krankenkassen erfolgen. Der Landkreis Miltenberg sei dieser Vereinbarung als einer der ersten beigetreten, damit die Fortführung der Frühförderung ungeachtet des Zuständigkeitsstreites übergangslos gewährleistet werden konnte. Nachdem sich sehr bald herausgestellt habe, daß zur rechtlichen Klärung der Zuständigkeitsfrage der Zeitraum bis Juni 2002 nicht ausreichend sein würde, sei auf Initiative der Bayer. Sozialministerin am 26.02.2002 eine Folgevereinbarung entworfen worden, wonach die vorläufige Leistung bis 31.07.2004 verlängert worden sei. Am 29.05.2002 habe der Landkreis Miltenberg auch den Beitritt zur Verlängerung der Vereinbarung erklärt.

 

In der Zeit vom 01.07.2001 bis 30.06.2002 seien gemäß dieser Vereinbarung an die Frühförderstellen (Verein Lebenshilfe für Behinderte im Landkreis Miltenberg e.V. in Elsenfeld, Dr. Karl-Kroiß-Schule für Gehörlose in Würzburg, Blindeninstitutstiftung Würzburg) Frühförderleistungen in Höhe von bislang 439.000,00 € (örtlicher und überörtlicher Träger) in Vorleistung erbracht worden.

 

Mit Schreiben vom 25.10.2002 habe der Verein Lebenshilfe für Behinderte im Landkreis Miltenberg e.V. die Erhöhung der Behandlungssätze für die ambulante Frühförderung beantragt. Der derzeitige Satz für die Behandlungsarbeit (BE) belaufe sich auf 24,15 €. Für die geleisteten Behandlungseinheiten der Jahre 1999 bis 2001 seien folgende Beträge im Rahmen der Sozialhilfe (örtlicher und überörtlicher Träger) erbracht worden bzw. folgendes Defizit entstanden:

 

 

Leistung der Sozialhilfe für LH Elsenfeld /Jahr

BE-Satz

Anzahl BE/Jahr

(LH Elsenf.)

Gesamtkosten der LH Elsenfeld lt. Antrag

Gesamtdefizit der LH Elsenfeld lt. Antrag

Kostendeckender Behandlungssatz lt. Antrag:

1999

272.852,86 €

23,67 €

11.526

406.636,47 €

121.525,54 €

35,28 €

2000

282.007,08 €

23,67 /24,15 €

11.744

436.614,84 €

141.911,21 €

37,18 €

2001

321.804,34 €

24,15 €

13.326

389.012,55 €

55.822,07 €

29,19 €

 

 

 

Mittelwert:

410.754,62 €

106.419,61 €

33,88 €

 

Die beantragte Erhöhung belaufe sich somit auf 36 % des derzeitigen Behandlungssatzes. Eine Festsetzung der Behandlungssätze des Vereins Lebenshilfe e.V. nach den tatsächlichen Kosten des Trägers sei letztmals 1993 (damals noch durch die Pflegesatzkommission des Bezirks Unterfranken) erfolgt. Seitdem seien wie bei anderen Trägern der Frühförderung keine individuell berechneten Anpassungen der Pflegesätze mehr erfolgt, weil ein Gremium aus Vertretern aller Beteiligten seit damals daran arbeite, eine bayernweit gültige Rahmenvereinbarung zur Festlegung der Behandlungssätze zu erstellen. Nachdem die langwierigen Verhandlungen im Jahr 2001 bereits relativ weit fortgeschritten gewesen seien, seien Streitigkeiten über die Zuständigkeit durch Inkrafttreten des SGB IX aufgekommen und die Verhandlungen über die Rahmenvereinbarung ohne Ergebnis vertagt worden. Seit 1993 seien jedoch immer wieder bayernweit lineare Anhebungen der Frühfördersätze erfolgt, die in Höhe eines gleichen Prozentsatzes gleichermaßen für alle Träger der Frühförderung gegolten hätten. Diese linearen Erhöhungen hätten jedoch offenbar nicht ausgereicht, um das Kostendefizit der Frühförderstelle Elsenfeld aufzufangen. Insoweit sei der Erhöhungsantrag des Vereins Lebenshilfe e.V. aus dortiger Sicht gut nachvollziehbar. Aus der Sicht der Kommunen müsse allerdings auf die knappen Haushaltsmittel verwiesen werden. Bekanntlich werde auch im Landkreis Miltenberg für 2003 eine Erhöhung der Kreisumlage aufgrund der knappen Finanzsituation unvermeidlich sein. Das Jahr 2004 werde nach Einschätzung von Fachleuten noch schwieriger werden.

 

In einer gemeinsamen Erklärung hätten der Bayer. Städtetag und der Bayer. Landkreistag am 01.08.2002 das Verlangen der bayerischen Frühfördereinrichtungen nach einer erneuten linearen Erhöhung um bayernweit einheitlich 7 % zurückgewiesen. Vielmehr bestehe angesichts der dramatischen Finanzentwicklung bei allen Kommunen und wegen des auch für die Städte und Landkreise verbindlichen europäischen Stabilitäspaktes keinerlei Verhandlungsspielraum für Pflegesatzerhöhungen. Nach diesem landesweiten Signal der kommunalen Spitzenverbände seien in vielen Kommunen Einzelanträge auf Pflegesatzerhöhungen durch die Frühförderstellen gestellt worden, so auch im Landkreis Miltenberg. Dazu sei zunächst anzumerken, daß nach der vertraglichen Übergangsvereinbarung eine Erhöhung jedenfalls nur im Einvernehmen mit den Krankenkassenverbänden erfolgen könne. Im unterfränkischen Vergleich sei dem Verein  Lebenshilfe e.V. allerdings auch zu bestätigen, daß der dortige Behandlungssatz tatsächlich im unteren Bereich in Unterfranken liege. Andererseits müsse festgestellt werden, daß die Anzahl der im Landkreis Miltenberg jährlich bewilligten Behandlungseinheiten stets im oberen Bereich gelegen habe. In den Jahren 1997 und 1998 habe der Landkreis Miltenberg bei den allgemeinen Frühförderstellen die Spitze in Unterfranken belegt. In der Folge werde man nun versuchen müssen, die gegenseitigen Verhandlungspositionen zu einer gemeinsamen Lösung zusammenzubringen. Es sei auch für den Landkreis Miltenberg ein unabdingbares Ziel, daß der anspruchsberechtigte Personenkreis, nämlich körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behinderte Kinder bzw. Kinder, die von einer derartigen wesentlichen Behinderung bedroht seien, weiterhin die notwendigen Frühförderleistungen erhalte. Mit Rundschreiben vom 13.11.2002 habe der Bayer. Landkreistag vorgeschlagen, die allerorts schwierige Situation im Rahmen von Budgetierungen zu regeln. Ob dies die Lösung des Problems sei, müssen die weiteren Verhandlungen ergeben.

 

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