Tagesordnungspunkt
TOP Ö 7: Festlegung einer Bagatellgrenze bei der Anrechnung von Zinseinkünften
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 02.12.2002 SZ-04SCIHO |
Beschluss: | noch nicht festgelegt |
Abstimmung: | JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Verw.Amtmann Vill legte dar, daß Sozialhilfeempfänger über
Geldvermögen verfügen können, ohne daß es auf die Sozialhilfe angerechnet
werde, wenn es gewisse Vermögensfreigrenzen nicht übersteige. Diese Freibeträge
belaufen sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt auf 1.279,-- € für den
Haushaltsvorstand, 614,-- € für den Ehegatten und 256,-- € für jede weitere
Person, die vom Hilfesuchenden überwiegend unterhalten werde. Bei Personen ab
dem 60. Lebensjahr sowie bei voll Erwerbsgeminderten erhöhe sich der Betrag für
den Haushaltsvorstand auf 2.301,-- €. Gleiches gelte bei der Hilfe in besonderen
Lebenslagen (§ 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG, Verordnung zu § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG). Eine Familie mit Eltern und zwei
Kindern hätte im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt danach einen
Vermögensfreibetrag von 2.405,-- €, ein Rentnerehepaar über 60 Jahre alt hätte
zusammen eine Vermögensfreigrenze von 2.915,-- €.
Während also beim Vermögen gewisse Freibeträge gesetzlich
zugestanden werden, gelte dies beim Einkommen grundsätzlich nicht: Bis auf
gesetzlich festgelegte Ausnahmen sei das Einkommen vom ersten Cent an bei der
Sozialhilfe zu berücksichtigen (§§ 76 ff BSHG). Trotzdem sei es von jeher bei
vermutlich allen Sozialhilfeträgern gängige Praxis gewesen, beispielsweise
geringfügige Einnahmen aus Kapitalvermögen im Regelfall unberücksichtigt zu
lassen. Grund dafür sei gewesen, daß der mit der Ermittlung dieser Einnahmen
verbundene Verwaltungsaufwand wohl in keinem Verhältnis zu dem damit zu
erzielenden Ergebnis gestanden hätte.
Eine Änderung des § 117 BSHG über den Datenabgleich mit Wirkung ab 15.12.2000 gebe nun Anlaß, über diese jahrzehntelange Praxis nachzudenken. Über den automatisierten Datenabgleich erfahren die Sozialhilfeträger nunmehr die Höhe von Zinserträgen, die aufgrund von Freistellungsaufträgen von der Zinsabschlagsteuer befreit seien. So habe das Sozialamt Miltenberg Anfang des Jahres 2002 im Rahmen des Abgleichs zum Jahresende 2001 in 152 Sozialhilfefällen von Zinserträgen in Höhe von insgesamt 47.413,-- DM (24.241,88 €) erfahren. In mehreren Fällen, in denen höhere Zinserträge mitgeteilt worden seien, seien auch größere Geldvermögen bekannt, die dem Sozialamt seither verschwiegen worden seien, was in Einzelfällen zur Einstellung der Sozialhilfe und zu Rückforderungen geführt habe. Bei der Vielzahl der Fälle handele es sich jedoch um Zinseinnahmen aus bekannten kleineren Sparguthaben im Rahmen der vorgenannten Vermögensfreibeträge. So hätten in 104 von diesen 152 Fällen die jährlichen Gesamtzinserträge unter dem Betrag von 100,-- € bei einer Gesamtsumme von nur 3.114,79 € gelegen.
Unabhängig vom Verwaltungsaufwand, der mit der Verfolgung
niedriger Zinseinkünfte verbunden wäre, würden sich dabei auch rechtliche
Probleme ergeben: Die Einkünfte werden immer nur nachträglich bekannt,
Rückforderungen (wegen Sozialhilfebetrug) seien daher nur möglich, wenn das
Guthaben dem Sozialamt arglistig verschwiegen worden sei. Wenn es sich jedoch
um Zinseinnahmen aus dem Sozialamt bekannten (“geschützten”) Vermögenswerten
handele, wäre zumindest eine Rückforderung für die Vergangenheit überhaupt
nicht zulässig. Nur für die Zukunft könnten z.B. zunächst geschätzte
Zinseinnahmen angerechnet und am Jahresende bei Nachweis eine entsprechende
Abrechnung durchgeführt werden.
Der Arbeitsausschuß der Arbeitsgemeinschaft der
unterfränkischen Sozialhilfeträger habe im April 2002 den unterfränkischen
Sozialhilfeträgern empfohlen, Einkünfte aus Zinserträgen aus geschütztem
Vermögen anrechnungsfrei zu belassen. Im Landkreis Aschaffenburg sei ein
gleichlautender Beschluß bereits im Juli 2002 gefaßt worden. Der Landkreis
Main-Spessart habe die diesbezügliche Empfehlung in der Form konkretisiert, daß
jährliche Zinserträge bis 100,-- € anrechnungsfrei bleiben. Diese konkretere
Regelung erleichtere die praktische Umsetzung bei der Sachbearbeitung. Die
Regelung bewirke, daß beispielsweise eine 5 %-ige Verzinsung eines Kapitals von
bis zu 2.000,-- € (oder eine 4 %-ige Verzinsung eines Kapitals von bis zu
2.500,-- €) anrechnungsfrei bliebe. Es sei davon auszugehen, daß der
Personalaufwand für die Verfolgung der Zinseinnahmen in diesen 104 Fällen
sicher höher läge, als die zu erwartende Sozialhilfeeinsparung bei
anzurechnenden Zinseinnahmen von insgesamt 3.114,79 €. Der Bezirk und die
Regierung von Unterfranken hätten die geplante Regelung im Juli 2002
ausdrücklich begrüßt.
Abschließend müsse klargestellt werden, daß die genannte
Regelung nur den Verzicht auf die Anrechnung der Zinseinnahmen bis zur Grenze
von 100,00 € regeln würde, nicht aber den Verzicht auf den Kapitaleinsatz des
vorhandenen Guthabens, soweit es über der Vermögensfreigrenze liege. Dies
bedeute, daß, auch wenn die Bagatellgrenze von 100,-- € unterschritten sei,
zumindest einmalig nachgefragt werden müsse, wenn die Einnahmen von einem Konto
kommen, das dem Sozialamt Miltenberg nicht bekannt sei.
Durch den Sozialhilfeausschuß wurde einstimmig folgendes
b e s c h l o s s e n :