Tagesordnungspunkt
TOP Ö 9: Veröffentlichung von Sitzungsvorlagen im Internet
Bezeichnung | Inhalt |
---|---|
Sitzung: | 17.10.2002 SZ-04Q6K58 |
Beschluss: | noch nicht festgelegt |
Abstimmung: | JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
---|
Oberregierungsrat Fieger wies darauf hin, daß Satz 2 des §
28 der vom Kreistag am 02.05.2002 beschlossenen Geschäftsordnung für den
Kreistag, den Kreisausschuß und weitere Ausschüsse des Landkreises Miltenberg
wie folgt laute: “In öffentlichen Sitzungen gefaßte Beschlüsse können im
Internet veröffentlicht werden.”
Mit Schreiben vom 30.09.2002 habe der Bayer. Landkreistag
den bayerischen Landkreisen den in der Zeitschrift “KomunalPraxis BY Nr. 9/2002
veröffentlichten Beitrag von Frau Regierungsrätin Rehmsmeier, Referentin im
Sachgebiet “Kommunales Verfassungs- und Wahlrecht, Kommunalaufsicht” des Bayer.
Staatsministeriums des Innern, betreffend die Veröffentlichung von
Sitzungsvorlagen im Internet, übersandt. Danach gehen in letzter Zeit immer
mehr Gemeinden und Landkreise dazu über, ihre Bürger und Bürgerinnen auch im
Internet über die Arbeit des Gemeinderates bzw. Kreistages zu informieren,
indem sie bspw. auf Sitzungen sowie die jeweiligen Tagesordnungen hinweisen. In
einigen Gemeinden gebe es auch Überlegungen, die Sitzungsvorlagen für
öffentliche Sitzungen ins Internet einzustellen. Aus datenschutzrechtlicher und
kommunalrechtlicher Sicht sei dazu folgendes zu sagen:
1. Beurteilung
aus datenschutzrechtlicher Sicht
Es bestehe die Gefahr, daß die auf dem
Internet-Server gespeicherten Daten verändert, zumindest teilweise unterdrückt
oder gelöscht werden. Es könne daher nicht sichergestellt werden, daß der/die
Bürger/in jederzeit auf vollständige und unverfälschte Sitzungsvorlagen
zurückgreifen könne. In diesem Zusammenhang könnten sich für die Gemeinden und
Landkreise u.U. auch haftungsrechtliche Probleme ergeben.
Soweit die Sitzungsvorlagen
personenbezogene Daten enthalten, komme aus datenschutzrechtlicher Sicht eine
Weitergabe an Dritte (hier: weltweit an eine Vielzahl unbestimmter Personen)
nur unter den Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 1 BayDSG in Betracht. Nach Art.
19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG sei die Übermittlung personenbezogener Daten an
nichtöffentliche Stellen zulässig, wenn die nichtöffentliche Stelle ein
berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft
darlege und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse am Ausschluß der
Übermittlung habe. Ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der
Kenntnis der Sitzungsvorlagen mit personenbezogenem Inhalt bestehe jedoch
nicht, zumal die Sitzungsvorlagen grundsätzlich zur internen Information der
Gemeinderats- bzw. Kreistagsmitglieder bestimmt seien.
Ergebnis: Aus datenschutzrechtlicher Sicht
sei eine Veröffentlichung von Sitzungsvorlagen im Internet daher nur dann
zulässig, wenn diese durch Kürzen und/oder Schwärzen so abgeändert seien, daß
sie nur noch die Informationen enthalten, die ohne Bedenken der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden dürfen.
2. Beurteilung aus kommunalrechtlicher Sicht:
Gemäß Art. 46 Abs. 2 Satz 1 GO bereite der
1. Bürgermeister, gemäß Art. 40 Abs. 3
LkrO i.V. mit der Geschäftsordnung für den Kreistag der Landrat, die
Beratungsgegenstände der Gemeinderats- bzw. Kreistagssitzungen vor. Zur Vorbereitung
gehöre, daß er alle maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte
sowie mögliche Entscheidungsalternativen aufkläre. Im Rahmen des
Selbstverwaltungsrechts könne der Gemeinderat bzw. Kreistag in seiner
Geschäftsordnung nähere Regelungen zur Art der Vorbereitung der
Beratungsgegenstände treffen, insbesondere die Fertigung von Sitzungsvorlagen
vorschreiben. Die maßgeblichen Gesichtspunkte und mögliche
Entscheidungsalternativen zu den jeweiligen Beratungsgegenständen werden dann
schriftlich in diesen Sitzungsvorlagen dargestellt. Bei den Sitzungsvorlagen
handele es sich demnach grundsätzlich um Ausarbeitungen, die zur internen
Information der Gemeinderats- bzw. Kreistagsmitglieder bestimmt seien. Eine
Veröffentlichung der Sitzungsvorlagen sei allenfalls dann zulässig, wenn sowohl
der Bürgermeister bzw. der Landrat, als auch der Gemeinderat bzw. der Kreistag
der Veröffentlichung zugestimmt haben und die Sitzungsvorlagen nur Tatsachen
enthalten, die entweder offenkundig seien oder ihrer Bedeutung nach keiner
Geheimhaltung bedürfen. Die
Sitzungsvorlagen müssen daher jeweils individuell auf ihre
Veröffentlichungsfähigkeit überprüft werden. Ggf. müssen sie durch Kürzen
und/oder Schwärzen so abgeändert werden,
bis sie nur noch die Informationen enthalten, die ohne Bedenken der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Dies gelte insbesondere für
Sitzungsvorlagen, in denen personenbezogene Daten enthalten seien. Aber auch
die Veröffentlichung derart “bereinigter” Sitzungsvorlagen werfe einige
grundsätzliche Probleme auf: Diese
Ausführungen zeigen, daß es eines hohen Verwaltungaufwandes bedürfe,
sämtliche Sitzungsvorlagen so zu “bereinigen”, daß sie der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden können. Auch steige das Risiko, daß geheimhaltungsbedürftige
Angelegenheiten aus Versehen veröffentlicht werden oder daß unrichtige
Sachverhaltsdarstellungen nicht mehr so einfach richtiggestellt werden können
wie durch einen entsprechenden Hinweis in der jeweiligen Sitzung. Werden
Sitzungsvorlagen vor der Sitzung im Internet veröffentlicht, werde die
Diskussion zu den Tagesordnungspunkten in der Öffentlichkeit auch bereits vor
der betreffenden Gemeinderats- bzw. Kreistagssitzung anhand der
Sitzungsvorlagen geführt werden. Dadurch steige die Gefahr, daß die öffentliche
Meinung bereits in hohem Maße durch die Medien detailliert festgelegt werde und
eine freie, ungezwungene Beratung und Beschlußfassung im Gemeinderat bzw.
Kreistag erheblich erschwert werde.
Ergebnis: Aus kommunalrechtlicher Sicht sei
die Veröffentlichung von Sitzungsvorlagen im Internet zwar grundsätzlich
rechtlich nicht unzulässig, wenn die Vorgaben beachtet werden; eine
Veröffentlichung sei jedoch nicht zu empfehlen.
Landrat Schwing vertrat die Meinung,
daß angesichts der genannten Schwierigkeiten mit der Veröffentlichung von
Sitzungsvorlagen im Internet sehr sorgfältig umgegangen werden müsse.