Tagesordnungspunkt
TOP Ö 2: Information: Gewerbeabfall-Verordnung vom 19.06.2002
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 10.10.2002 SZ-04PIS1D |
Beschluss: | noch nicht festgelegt |
Abstimmung: | JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Schwing führte aus, daß das Kreislaufwirtschafts-
und Abfallgesetz aus dem Jahr 1994, in Kraft getreten 1996, einige Unklarheiten
enthalte, die sich in den letzten Jahren überwiegend zum Nachteil der
kommunalen, öffentlich-rechtlichen entsorgungspflichtigen Körperschaften ausgewirkt
hätten. Während große Teile der privaten Entsorgungswirtschaft bereits vor dem
Inkrafttreten des Gesetzes die Grauzonen besetzt hätten, seien dem Landkreis
Miltenberg aus rechtlichen Gründen die Hände gebunden gewesen. Man habe
jahrelang zuschauen müssen, wie das Abfallgeschäft aus den Händen gleite. Unter
dem Deckmantel “Verwertung” seien große Abfallmengen abgewandert und noch heute
gehen aus dem Landkreis Miltenberg freiberufliche Handelsvertreter auf die
“Jagd” nach Abfallkunden.
Im Gegenzug sei der Landkreis Miltenberg allerdings bis
heute gesetzlich verpflichtet, eine Deponie mit mindestens sechs Jahren
Laufzeit vorzuhalten. Weiter müsse man Einrichtungen wie
Wertstofferfassungssysteme schaffen und unterhalten, seit 1993 die Umsetzung
der Techn. Anleitung Siedlungsabfall durch Umrüsten der Deponien (z.B. Bau von
Sickerwasserreinigungsanlagen) vorantreiben und für die brennbaren Abfälle
Kapazitäten zur ordnungsgemäßen Behandlung (Müllverbrennung) schaffen. Und dies
alles zu Zeiten, zu denen der Gewerbemüll aus den öffentlich-rechtlichen
Entsorgungssystemen abspringe und damit
die Auslastung und die finanzielle Deckung der auch für diese Gewerbeabfälle
geschaffenen Anlagen ins Wanken gerate.
Zahlreiche Körperschaften, auch der Landkreis Miltenberg,
hätten nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes mit den
Mitteln des Rechtsstaates versucht, gegen die Ausnutzung der Lücken des
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorzugehen. Während die unteren
Verwaltungsgerichte die Kommunen anfangs in ihrem Bemühen, eine ordnungemäße
Abfallentsorgung zu gewährleisten, unterstützt hätten, hätten die
Oberverwaltungsgerichte, zuletzt auch das Bundesverwaltungsgericht, mit dem
inzwischen berühmt gewordenen Urteil vom 21.06.2001 umgeschwenkt und die
Verantwortung für die auch von den Gerichten eingeräumten Gesetzeslücken der
Politik zugeschoben.
Reg.Amtmann Röcklein berichtete, daß verschiedene gute und
weniger gute Ansätze zur Lösung dieses Problems in den Jahren 1998 bis 2001
schließlich zu einem Kompromiß auf kleinem Nenner, der Gewerbeabfallverordnung
vom 19.06.2002, die allerdings erst am 01.01.2003 in Kraft treten werde,
geführt hätten. Diese Verordnung wolle mit verschiedenen Maßnahmen, so z.B.
Mindestsortierquoten für Sortieranlagen, die Scheinverwertung, die in
Deutschland einen erheblichen Anteil in der Entsorgungswirtschaft erreicht
habe, zurückdrängen und wieder die ursprünglichen Ziele der Abfallwirtschaft,
nämlich ortsnahe, ordnungsgemäße Entsorgung mit den Stufen
- Vermeidung
- Verwertung (energetische und stoffliche Verwertung)
- Abfallbehandlung
- Ablagerung der verbleibenden Restabfälle
in den Vordergrund rücken. Die Vertreter des
Bundesumweltministeriums hätten in jüngster Zeit sogar das Ziel vorgegeben,
innerhalb der nächsten 20 Jahre die Abfallwirtschaft so weit voranzubringen,
daß Deponien völlig überflüssig werden. Aber die Gewerbeabfallverordnung
enthalte auch eine Regelung, die für die kommunalen Entsorgungsträger von
großer Bedeutung sei. § 7 der
Gewerbeabfallverordnung schreibe in Satz 4 jedem Abfallerzeuger vor “eine
Restmülltonne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in angemessenem
Umfang nach den näheren Festlegungen des öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgers, mindestens aber einen Behälter, zu nutzen”. Diese
Vorschrift bedeute, daß der Landkreis Miltenberg festlege, wie sich die
betroffenen Abfallerzeuger mit ihrer Restmüllentsorgung, den “Abfällen zur
Beseitigung” an die kommunale Müllabfuhr anschließen müssen. Betroffene
Abfallerzeuger seien alle Abfallerzeuger mit Ausnahme der privaten
Haushaltungen, die bereits nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetz einem engen Anschluß- und Benutzungszwang für ihre Abfälle zur
Beseitigung und ihrer Abfälle zur Verwertung unterliegen, also das gesamte
Gewerbe, die Freiberufler, die Land- und Forstwirtschaft. Allerdings gelte die
Verpflichtung nach § 7 Abs. 4 GewAbfVO i.V. mit § 13 Abs. 1 Satz 2
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nur für Abfälle zur Beseitigung, d.h.
Verwertungsabfälle wie Papier, Altschrott, Bioabfall und Grüngut werden nicht
erfaßt.
Nach einer im Auftrag der privaten Entsorgungswirtschaft
erstellten Studie belaufe sich die Menge an hausmüllähnlichem Gewerbeabfall auf
durchschnittlich 3 kg bis 3,5 kg/Beschäf-tigtem/ Woche, also eine sehr große
Menge, die mit den hausmüllähnlichen Gewerbabfällen (Umleerbehältern) aus den
Jahren vor 1996 übereinstimme.
Für die Ausgestaltung der Satzungsregelungen hätten der
Deutsche Landkreistag und der Verband Kommunale Abfallwirtschaft und Städtereinigung
e.V. bereits Vorschläge ausgearbeitet. Auch der Bayer. Landkreistag habe eine
Arbeitsgruppe eingesetzt. Nach einhelliger Rechtsauffassung der Verbände müssen
die entsorgungspflichtigen Körperschaften die Gewerbeabfallverordnung umsetzen,
da sie hierzu gesetzlich verpflichtet seien und die Nichtausschöpfung von
Einnahmemöglichkeiten die Gebührenkalkulationen angreifbar machen. Allerdings
sei die Umsetzung des § 7 Gewerbeabfallverordnung auch eine Selbstverpflichtung
für die kommunalen Entsorgungsträger. Hier seien ihre Forderungen hinsichtlich
einer gerechteren Verteilung der Bau- und Vorhaltekosten für ihre
Abfallwirtschaftsanlagen wenigstens teilweise erfüllt. Die Ehrlichkeit und
Glaubwürdigkeit der Verbände und die des Landkreises Miltenberg erfordern dies.
Die Landkreisverwaltung schlage daher heute vor, für den
Landkreis Miltenberg die Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung wie folgt in
Angriff zu nehmen:
1. Der Ausschuß für Natur- und Umweltschutz gibt
heute den Startschuß zur Ausarbeitung eines Satzungsvorschlages und eines
Gebührenmodells.
2. Hierzu wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die
unter Beteiligung der Industrie- und Handelskammer, der Kreishandwerkerschaft,
des Kreisverbandes des Bayer. Gemeindetages, den Städten, Märkten und Gemeinden
und dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Miltenberg den
Satzungsvorschlag erarbeitet.
3. Im Dezember 2002 werden die erforderlichen
Änderungen der Abfallwirtschaftssatzung und der Abfallgebührensatzung
beschlossen und können gemeinsam mit der Gewerbeabfallverordnung am 01.01.2003
in Kraft treten.
4. Im ersten Halbjahr 2003 werden von über 6.000
betroffenen Abfallerzeugern die erforderlichen Daten erhoben, so daß ab
01.07.2003 die Verpflichtung zur Benutzung der Restmüllabfuhr des Landkreises
Miltenberg in Kraft treten könne.
Hier nur einige Punkte, die unter Beteiligung der
Betroffenen diskutiert werden müssen:
- Abrechnungsmodus
(Grundgebühr, Mitarbeiterzahl, Verkaufs- oder Betriebsfläche),
- welche
Entsorgungsleistungen sollen mit angeboten werden (Sperrmüllabfuhr?),
- Regelungen
für Grundstücke mit Mischnutzung,
- Abweichung
von Festlegungen nach erfolgter Abfallberatung.
Landrat Schwing bemerkte, daß heute
keine Entscheidung getroffen, sondern nur über die neuen Vorgaben und das, was
die Verwaltung zu tun gedenke, informiert werden soll. Eine Entscheidung soll
erst im Dezember 2002 fallen.
Der Ausschuß für Natur- und
Umweltschutz nahm sodann die Vorschläge der Landkreisverwaltung zur Umsetzung
der Gewerbeabfallverordnung im Landkreis Miltenberg einstimmig zustimmend zur
Kenntnis.